TE Vfgh Erkenntnis 1996/3/5 B750/92

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.03.1996
beobachten
merken

Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Leitsatz

Anlaßfallwirkung der Aufhebung einer Abänderung des Flächenwidmungsplans der Gemeinde Gresten mit E v 05.03.96, V166/95.

Spruch

Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Das Land Niederösterreich ist schuldig, den Beschwerdeführern zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit S 16.800,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Gresten vom 10. Juli 1991 wurde der J W OHG die baubehördliche Bewilligung zum Neubau von Produktionshallen, Sozialräumen und einer Energiezentrale auf dem Grundstück Nr. 2110/1, EZ 724, KG Gresten, unter Vorschreibung bestimmter Auflagen erteilt.

Die von diesem Grundstück gebildete Fläche ist nach dem Flächenwidmungsplan der Gemeinde Gresten, in der Fassung der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Gresten vom 17. Dezember 1990, womit der Flächenwidmungsplan der Gemeinde Gresten geändert wird, als "Bauland-Industriegebiet" gewidmet.

Der gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung der nunmehrigen Beschwerdeführer, die Anrainer dieses Grundstückes sind, gab der Gemeinderat der Gemeinde Gresten insoweit Folge, als der Bescheid des Bürgermeisters hinsichtlich der Energiezentrale aufgehoben und diese Angelegenheit insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Baubehörde erster Instanz verwiesen wurde; im übrigen wurde der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Die Niederösterreichische Landesregierung wies die Vorstellung der nunmehrigen Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Gemeinderates als unbegründet ab.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, mit der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentums sowie der Sache nach die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt wird. Begründend wird dazu ausgeführt, daß die Errichtung der erwähnten Industrieanlage wegen der damit verbundenen Lärmbelastung die Beschwerdeführer in ihrem Eigentumsrecht verletze; auch sei die vorliegende Änderung des Flächenwidmungsplanes gesetzwidrig erfolgt, weil die im Gesetz genannten Voraussetzungen hiefür nicht vorlägen, die achtwöchige Frist für die Auflage des Entwurfes des geänderten Flächenwidmungsplanes zur allgemeinen Einsicht nicht eingehalten und das gesetzliche Gebot, wonach bei der Festlegung von Industriegebieten Störungen für das Wohnbauland weitestgehend zu vermeiden sind, nicht beachtet worden sei.

Der von den Beschwerdeführern gleichzeitig gestellte, auf Art139 Abs1 dritter Satz B-VG gestützte Antrag, die Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Gresten vom 17. Dezember 1990, womit der Flächenwidmungsplan der Gemeinde Gresten geändert wird, zur Gänze, in eventu hinsichtlich des Grundstückes 2110/1, EZ 724, KG Gresten, als gesetzwidrig aufzuheben, wurde mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 26. September 1995, V80/93, zurückgewiesen.

3. Die Niederösterreichische Landesregierung als belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde. Die Gemeinde Gresten trat in einer Stellungnahme des Bürgermeisters der Behauptung der Beschwerdeführer, daß die achtwöchige Auflagefrist für den Entwurf der Veränderung des Flächenwidmungsplanes nicht eingehalten worden sei, entgegen und legte Kopien der diesbezüglichen Kundmachungen vor. Die J W OHG trat in einer Stellungnahme der Behauptung der Beschwerdeführer entgegen, der Entwurf der Änderung des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Gresten wäre nicht durch acht Wochen zur allgemeinen Ansicht aufgelegen und verstoße auch im übrigen gegen tragende Bestimmungen des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat aus Anlaß dieser - zulässigen - Beschwerde beschlossen, gemäß Art139 Abs1 B-VG die Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Gresten vom 17. Dezember 1990, mit der der Flächenwidmungsplan der Gemeinde Gresten abgeändert wird, genehmigt mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 7. März 1991, R/1-R-176/009, von Amts wegen zu prüfen.

Mit Erkenntnis vom 5. März 1996, V166/95, hat der Verfassungsgerichtshof die in Prüfung gezogene Verordnung zur Gänze als gesetzwidrig aufgehoben.

Wie aus den Entscheidungsgründen des oben erwähnten Erkenntnisses hervorgeht, hat die belangte Behörde eine gesetzwidrige Verordnung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführer nachteilig war.

Die Beschwerdeführer wurden also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10303/1984, 10515/1985).

Der Bescheid war daher aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 2.800,-- enthalten.

Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1996:B750.1992

Dokumentnummer

JFT_10039695_92B00750_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten