TE Vwgh Beschluss 2020/7/16 Ra 2020/19/0086

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Veröffentlicht am 16.07.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache des M Y, vertreten durch Mag. Barbara Bach-Kresbach, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Wipplingerstraße 29/9, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Jänner 2020, W111 2221791-1/5E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Bescheid vom 23. März 2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers, eines Staatsangehörigen Somalias, vom 19. Mai 2014 auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte ihm jedoch den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung.

2        Mit Bescheid des BFA vom 26. Juni 2019 wurde dem Revisionswerber der ihm zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt sowie die befristete Aufenthaltsberechtigung entzogen. Das BFA erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Somalia zulässig sei, und setzte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest. Den Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung wies das BFA ab und erließ ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot.

3        Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wurde mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis vom 30. Jänner 2020 abgewiesen und ausgesprochen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7        Zur Zulässigkeit der Revision wird vorgebracht, es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob im Anwendungsbereich des § 9 BFA-VG eine Interessenabwägung zwischen den öffentlichen Interessen einerseits und den persönlichen Interessen des Asylwerbers andererseits ausreiche oder ob im Sinn einer verfassungskonformen Interpretation des § 9 BFA-VG im Hinblick auf Art. 53 EMRK „höhere österreichische Grundrechtsstandards“ zu berücksichtigen seien und vor dem Hintergrund des Art. 8 EMRK, auf welchen § 9 BFA-VG verweise, die „Schranken-Schranke-Dogmatik zu forcieren“ sei.

8        Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. etwa VwGH 7.5.2020, Ra 2020/19/0103, mwN). Mit dem bloßen Verweis auf fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einer näher bezeichneten Frage wird nicht dargelegt, dass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Rahmen der Entscheidung über die Revision zu lösen wäre (vgl. VwGH 9.11.2016, Ra 2016/19/0296, mwN). Um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen, ist auf die vorliegende Rechtssache bezogen darzulegen, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der Lösung dieser Rechtsfrage abhängt. Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zuständig (vgl. VwGH 25.5.2020, Ra 2020/20/0151, mwN).

9        Diesen Anforderungen wird die vorliegende Revision, die in ihrer Zulässigkeitsbegründung - wie im Übrigen auch in den Revisionsgründen - keinen Bezug zum vorliegenden Fall herstellt, nicht gerecht. Soweit die Revision insbesondere eine Interpretation des § 9 BFA-VG nach „höheren österreichischen Grundrechtsstandards“ anspricht, legt sie weder konkret dar, welche weitergehenden Standards hinsichtlich des Grundrechtsschutzes konkret zur Anwendung zu bringen gewesen wären, noch warum dies bei der Erlassung des Einreiseverbotes und der Rückkehrentscheidung im vorliegenden Fall Bedeutung erlangen hätte können. Die Revision stellt somit nicht dar, dass ihr Schicksal von der Lösung einer Rechtsfrage abhinge, zu der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt.

10       In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war somit gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 16. Juli 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020190086.L00

Im RIS seit

01.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

01.09.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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