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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
BVergG 1997 §101 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, in der Beschwerdesache der R Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Heinz Robathin, Rechtsanwalt in Wien I, Kärntnerstraße 12, gegen den Bescheid des Bundesvergabeamtes vom 28. Oktober 1997, Zl. N-24/97-9, betreffend die Nichtigerklärung der Entscheidung des Bundesministers für Landesverteidigung i.A. der Vergabe von Mannschaftsspinden, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Auf Grund der Beschwerde und des vorgelegten angefochtenen Bescheides geht der Verwaltungsgerichtshof von Folgendem aus:
Die beschwerdeführende Partei beteiligte sich an einem Ausschreibungsverfahren im Bereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung über die Lieferung von Mannschaftsspinden aus Stahlblech.
Da die beschwerdeführende Partei nicht den Zuschlag erhielt, beantragte sie - nach Befassung der Bundes-Vergabekontrollkommission - am 26. September 1997 die Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens gemäß §§ 113 ff des Bundesvergabegesetzes.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Nichtigerklärung der Entscheidung des Bundesministers für Landesverteidigung vom 15. Juli 1997 abgewiesen.
In der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides heißt es, daß gegen diesen Bescheid ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig sei. Dem folgt der Hinweis, daß Beschwerde (nur) an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte Beschwerde.
Nach § 99 Abs. 1 des Bundesvergabegesetzes (BVergG), BGBl. I Nr. 56/1997, sind beim Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten eine Bundes-Vergabekontrollkommission und ein Bundesvergabeamt einzurichten. Bescheide des Bundesvergabeamtes unterliegen nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg. Die Bundes-Vergabekontrollkommission und das Bundesvergabeamt üben nach der Verfassungsbestimmung des Abs. 2 die ihnen auf Grund dieses Bundesgesetzes zugewiesenen Zuständigkeiten in erster und letzter Instanz aus.
Das Bundesvergabeamt und die Bundes-Vergabekontrollkommission bestehen nach Abs. 4 jeweils aus dem Vorsitzenden und der erforderlichen Zahl von Stellvertretern sowie sonstigen Mitgliedern, die über Vorschlag der Bundesregierung vom Bundespräsidenten für die Dauer von fünf Jahren bestellt werden. Wiederbestellungen sind zulässig. Der Vorsitzende und seine Stellvertreter sind im Falle des Bundesvergabeamtes aus dem Richterstand zu ernennen und dürfen im Falle der Bundes-Vergabekontrollkommission weder der Auftragnehmer- noch der Auftraggeberseite angehören.
Nach der Verfassungsbestimmung des § 101 Abs. 1 BVergG sind die Mitglieder in Ausübung ihres Amtes unabhängig und an keine Weisungen gebunden.
Nach Art. 133 Z. 4 B-VG sind die Angelegenheiten, über die in oberster Instanz die Entscheidung einer Kollegialbehörde zusteht, wenn nach dem die Einrichtung dieser Behörde regelnden Bundes- oder Landesgesetz unter den Mitgliedern sich wenigstens ein Richter befindet, auch die übrigen Mitglieder in Ausübung dieses Amtes an keine Weisungen gebunden sind, die Bescheide der Behörde nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg unterliegen und nicht, ungeachtet des Zutreffens dieser Bedingungen, die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes ausdrücklich für zulässig erklärt ist, von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen.
Im Allgemeinen Teil der Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage des Bundesvergabegesetzes (vgl. 972 BlgNR XVIII. GP) ist hinsichtlich des Bundesvergabeamtes ausgeführt, daß für die Nachprüfungsverfahren die Zuständigkeit einer eigens zu errichtenden Bundesbehörde im Sinne des Art. 133 Z. 4 B-VG vorgesehen ist. Damit werde den im Begutachtungsverfahren geäußerten Bedenken verschiedener Länder entsprochen, diese Zuständigkeit den unabhängigen Verwaltungssenaten zu übertragen. Ferner werde durch die Einrichtung einer bundeseinheitlichen Behörde die mit einer Zuständigkeit der UVS möglicherweise verbundene Zersplitterung des Rechtsschutzes vermieden.
Die im Art. 133 Z. 4 B-VG genannten Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag können vom einfachen Bundes- oder Landesgesetzgeber als weisungsfreie Verwaltungsbehörden eingerichtet werden. Ihre besondere Organisationsform (Mitwirkung wenigstens eines Richters, Weisungsfreiheit) ließ eine Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof als überflüssig erscheinen (vgl. H. Mayer, B-VG, 2. Aufl., zu Art. 133, III. 1).
Da es sich beim angefochtenen Bescheid um eine letztinstanzliche Entscheidung des Bundesvergabeamtes handelt und hinsichtlich des Bundesvergabeamtes die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 133 Z. 4 B-VG gegeben sind, ist die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes in dieser Angelegenheit ausgeschlossen. Die belangte Behörde hat in ihrem Hinweis im Anschluß an die Rechtsmittelbelehrung zutreffend nur die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof für zulässig bezeichnet.
Die an den Verwaltungsgerichtshof gerichtete Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid des Bundesvergabeamtes war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Schlagworte
Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Bescheide von Kollegialbehörden iSd B-VG Art133 Z4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998120006.X00Im RIS seit
20.11.2000