Entscheidungsdatum
05.06.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
L521 2170253-1/16E
L521 2170255-1/19E
L521 2170258-1/13E
L521 2170260-1/13E
L521 2170261-1/13E
L521 2201029-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
I. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Mathias Kopf, LL.M. über die Beschwerden XXXX , alle Staatsangehörigkeit Irak, alle vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, 1170 Wien, Wattgasse 48, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.08.2017, Zlen. 1100705009-152086109, 1100705107-152086125, 1100705303-152086150, 1100705205-152086141 und 1100705401-152086168, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 06.02.2019 zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerden werden mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 3 FPG 2005 mit 6 Monaten ab Rechtskraft der angefochtenen Bescheide neu festgesetzt wird.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Mathias Kopf, LL.M. über die Beschwerde XXXX , Staatsangehörigkeit Irak, gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX , diese vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, 1170 Wien, Wattgasse 48, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.05.2018, Zl. 1192249608-180486145, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 06.02.2019 zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde werden mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 3 FPG 2005 mit 6 Monaten ab Rechtskraft des angefochtenen Bescheides neu festgesetzt wird.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Erstbeschwerdeführer ist mit der Zweitbeschwerdeführerin verheiratet, der minderjährige Drittbeschwerdeführer, der minderjährige Viertbeschwerdeführer, die minderjährige Fünftbeschwerdeführerin und der minderjährige Sechstbeschwerdeführer sind die ehelichen Kinder der Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin.
Sämtliche Beschwerdeführer sind Staatsangehörige des Irak und gehören der kurdischen Volksgruppe an.
2.1. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin stellten am 31.12.2015 in für sich und als gesetzliche Vertreter ihrer mitgereisten Kinder, nämlich des Drittbeschwerdeführers, des Viertbeschwerdeführers und der Fünftbeschwerdeführerin im Gefolge ihrer schlepperunterstützten unrechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen der niederschriftlichen Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Polizeiinspektion Leopoldschlag am Tag der Antragstellung legte der Erstbeschwerdeführer dar, den Namen XXXX zu führen. Er sei am XXXX in XXXX geboren, Angehöriger der kurdischen Volksgruppe und bekenne sich zum Islam. Zuletzt habe er in Erbil gelebt und als Hilfsarbeiter gearbeitet.
Im Hinblick auf den Reiseweg brachte der Erstbeschwerdeführer zusammengefasst vor, den Irak am 10.12.2015 mit der Zweitbeschwerdeführerin und den gemeinsamen Kindern legal von Erbil ausgehend auf dem Landweg in die Türkei verlassen zu haben. In der Folge sei er schlepperunterstützt auf dem Seeweg nach Griechenland gelangt und von dort aus auf dem Landweg zunächst nach Deutschland und dann nach Österreich gelangt.
Zu den Gründen der Ausreise befragt, führte der Erstbeschwerdeführer aus, er habe im Irak unter Armut gelitten und keine Arbeit gefunden. Im Fall der Rückkehr fürchte er sich vor der Armut. Einer seiner Söhne würde außerdem eine medizinische Operation benötigen, die er sich im Irak nicht habe leisten können.
2.2. Die Zweitbeschwerdeführerin brachte im Rahmen der niederschriftlichen Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Polizeiinspektion Leopoldschlag vor, den Namen XXXX zu führen. Sie sei am XXXX in XXXX geboren, Angehörige der kurdischen Volksgruppe und bekenne sich zum Islam. Zuletzt habe sie in Erbil gelebt und den Haushalt geführt.
Zu den Gründen der Ausreise befragt, führte die Zweitbeschwerdeführerin aus, den Irak aufgrund von Armut und Arbeitslosigkeit verlassen zu haben. Der Viertbeschwerdeführer benötige außerdem eine medizinische Operation, für die das Geld fehle.
2.3. Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.08.2016 und vom 07.08.2016, Zlen. 1100705009-15208652086109, 1100705107-152086125, 1100705303-152086150, 1100705205-152086141 und 1100705401-152086168, wurden die Anträge des Erstbeschwerdeführers, der Zweitbeschwerdeführerin, des Drittbeschwerdeführers, des Viertbeschwerdeführers und der Fünftbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass gemäß Art. 13 Abs. 1 iVm Art. 22 Abs. 7 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates Kroatien für die Prüfung der Anträge zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung der Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG 2005 angeordnet und festgestellt, dass deren Abschiebung nach Kroatien gemäß § 61 Abs. 2 FPG 2005 zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Der Erstbeschwerdeführer, die Zweitbeschwerdeführerin, der Drittbeschwerdeführer, der Viertbeschwerdeführer und die Fünftbeschwerdeführerin erhoben dagegen fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
Das Bundesverwaltungsgericht gab den Beschwerden mit Erkenntnis vom 07.11.2016 gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG wegen Ablaufs der Überstellungsfrist Folge, behob die angefochtenen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.08.2016 und vom 07.08.2016 und ließ die Anträge internationalen Schutz zu.
2.4. Nach Zulassung der Verfahren wurde der Erstbeschwerdeführer am 10.08.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland, im Beisein eines gerichtlich beeideten Dolmetschers in der Sprache Sorani niederschriftlich vor dem zur Entscheidung berufenen Organwalter einvernommen.
Eingangs bestätigte der Erstbeschwerdeführer, einvernahmefähig zu sein und die Sprache Sorani zu verstehen. Zu seiner Person legte er konkretisierend dar, den Namen XXXX zu führen und sich zum Islam der sunnitischen Glaubensrichtung zu bekennen. Seine Mutter sei verstorben, sein Vater lebe ebenso wie seine drei Schwestern und ein Bruder in Erbil. Zwei Brüder hielten sich in Österreich auf. Im Irak habe er zuletzt als Peschmerga gedient und nebenbei als Tischler auf Baustellen gearbeitet. Mit der Zweitbeschwerdeführerin sei er seit dem 12.06.2009 verheiratet.
Befragt nach dem Grund für das Verlassen des Heimatstaates gab der Erstbeschwerdeführer an, er habe in Erbil kein normales Leben führen und regelmäßig die Unterkunft wechseln müssen, da er die Miete nicht bezahlen habe können. Er sei mit seiner Familie oft "auf die Straße gesetzt" worden und habe dann die Nach auf der Straße verbringen müssen. Sein Gehalt als Peschmerga habe er nur unregelmäßig erhalten und sich deshalb nebenbei als Arbeiter verdingen müssen.
Auf Nachfrage legte der Erstbeschwerdeführer dar, nach seiner Ankunft in Österreich seinen Kommandanten telefonisch darüber informiert zu haben, dass er nicht mehr als Peschmerga arbeiten wolle. Der Kommandant habe ihm daraufhin mitgeteilt, dass er ihn in Kurdistan nicht mehr sehen wolle. Auf neuerliche Nachfrage legte der Erstbeschwerdeführer außerdem dar, die Peschmerga hätten seinen Vater festgenommen und diesen verhört. Der Kommandant habe ihm, dem Erstbeschwerdeführer, telefonisch ferner mitgeteilt, dass er im Fall einer Rückkehr festgenommen würde. Seinen Ausweis als Peschmerga könne er nicht vorweisen, da er ihn im Irak zurückgelassen habe.
Nach nochmaliger Nachfrage legte der Erstbeschwerdeführer konkretisierend dar, ein Leibwächter seines Kommandanten ihn nach der Einreise angerufen. Dieser habe dann sein Mobiltelefon dem Kommandanten übergeben, der ihn nach dem Grund seiner Ausreise befragt habe. Daraufhin sei ihm eine lebenslange Inhaftierung angedroht worden. Wenn er nun in den Irak zurückkehren würde, müsse er entweder weiterhin seinen Dienst als Peschmerga versehen oder er werde inhaftiert. Die Zweitbeschwerdeführerin und die gemeinsamen Kinder wären im Rückkehrfall keinen Schwierigkeiten ausgesetzt, jedoch sei die Versorgung mit Nahrung und Unterkunft schwierig.
2.5. Die Zweitbeschwerdeführerin wurde ebenfalls am 10.08.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland, im Beisein eines gerichtlich beeideten Dolmetschers in der Sprache Sorani niederschriftlich vor dem zur Entscheidung berufenen Organwalter einvernommen.
Auch die Zweitbeschwerdeführerin bestätigte eingangs, einvernahmefähig zu sein und die Sprache Sorani zu verstehen. Zu ihrer Person legte sie konkretisierend dar, den Namen XXXX zu führen und sich zum Islam der sunnitischen Glaubensrichtung zu bekennen. Ihr Vater sei verstorben, ihre Mutter lebe ebenso wie ihre drei Schwestern und ihres zwei Brüder in Erbil bzw. in der Umgebung von Erbil in der autonomen Region Kurdistan. Im Irak habe sie einige Monate als Friseurin gearbeitet und nach der Eheschließung bis zur Ausreise den Haushalt geführt.
Befragt nach dem Grund für das Verlassen des Heimatstaates legte die Zweitbeschwerdeführerin dar, dass im Irak kriegerische Auseinandersetzungen vorherrschen würden. Der Erstbeschwerdeführer habe als Peschmerga an Kampfhandlungen teilnehmen müssen. Die gesamte Familie habe in einem kleinen gemieteten Haus gelebt und schwierige Lebensumstände gewärtigen müssen. Für eine Operation des Viertbeschwerdeführers an dessen Augen habe sie leihen müssen. Der Viertbeschwerdeführer habe in Österreich eine weitere Operation benötigt, da er an einer Hasenscharte leiden würde. Ein anderer Sohn habe aufgrund eines Unfalls am Auge operiert werden müssen.
Auf Nachfrage bekräftigte die Zweitbeschwerdeführerin außerdem, keine eigenen Fluchtgründe vorbringen zu wollen. Im Fall einer Rückkehr in den Irak würde sie jedoch keine Existenzgrundlage vorfinden, was auch für die gemeinsamen Kinder gelten würde. Sie werde auch im Fall einer negativen Entscheidung in Österreich bleiben.
2.6. Mit den angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.08.2017, Zlen. 1100705009-152086109, 1100705107-152086125, 1100705303-152086150, 1100705205-152086141 und 1100705401-152086168, wurden die Anträge des Erstbeschwerdeführers, der Zweitbeschwerdeführerin, des Drittbeschwerdeführers, des Viertbeschwerdeführers und der Fünftbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten jeweils gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak jeweils gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wider die Beschwerdeführer jeweils eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 unter einem festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer in den Irak gemäß § 46 FPG 2005 zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2005 betrage die Frist für eine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).
Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen aus, die vorgebrachte Desertion des Erstbeschwerdeführers von den kurdischen Peschmerga und die damit zusammenhängende und von seinem ehemaligen Kommandanten ausgehende Gefährdung werde als nicht glaubhaft erachtet. Die Zweitbeschwerdeführerin habe keine eigenen Ausreisegründe vorgebracht.
Eine Rückkehr in den Irak sei den Beschwerdeführern möglich und zumutbar, da der Erstbeschwerdeführer gesund und arbeitsfähig sei und er im Fall einer Rückkehr in die autonome Region Kurdistan den Lebensunterhalt seiner Familie sicherstellen könne. Darüber hinaus bestünden familiäre Anknüpfungspunkte aufgrund der in der autonome Region Kurdistan lebenden Verwandten des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin. Der Drittbeschwerdeführer, der Viertbeschwerdeführer und die Fünftbeschwerdeführerin würden an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen leiden, ihre weitere medizinische Versorgung sei im Irak gewährleistet.
2.7. Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.08.2017 wurde dem Erstbeschwerdeführer, der Zweitbeschwerdeführerin, dem Drittbeschwerdeführer, dem Viertbeschwerdeführers und der Fünftbeschwerdeführerin gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.
2.8. Gegen die dem Erstbeschwerdeführer, der Zweitbeschwerdeführerin, dem Drittbeschwerdeführer, dem Viertbeschwerdeführers und der Fünftbeschwerdeführerin am 29.08.2017 durch Hinterlegung zugestellten Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.08.2017, Zlen. 1100705009-152086109, 1100705107-152086125, 1100705303-152086150, 1100705205-152086141 und 1100705401-152086168 richtet sich die im Wege der beigegebenen Rechtsberatungsorganisation fristgerecht eingebrachte gemeinsame Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
In dieser wird inhaltliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide sowie Verletzung von Verfahrensvorschriften moniert und beantragt, die angefochtenen Bescheide abzuändern und dem Antrag auf internationalen Schutz Folge zu geben und dem Erstbeschwerdeführer, der Zweitbeschwerdeführerin, dem Drittbeschwerdeführer, dem Viertbeschwerdeführers und der Fünftbeschwerdeführerin den Status eines Asylberechtigten oder hilfsweise den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen oder hilfsweise festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 vorliegen und den Beschwerdeführern einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen und schließlich festzustellen, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig sei und festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 AsylG 2005 vorliegen und den Beschwerdeführern eine Aufenthaltsberechtigung (plus) gemäß § 55 AsylG 2005 zu erteilen. Eventualiter wird ein Aufhebungsantrag gestellt und jedenfalls eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht begehrt.
In der Sache wird im Wesentlichen vorgebracht, das belangte Bundesamt habe die angefochtenen Bescheide auf unzureichende Länderinformationen gestützt und insbesondere die Einholung von Berichten zur Lage von Kämpfern der Peschmerga, die den Dienst beenden und denen deshalb Verfolgung drohen würde unterlassen. Darüber hinaus habe das belangte Bundesamt nur oberflächliche Berichte über die allgemeine Lage und die Sicherheitslage in der Herkunftsregion der Beschwerdeführer herangezogen und es gänzlich unterlassen, die Lage der Beschwerdeführer als fünfköpfige Familie im Irak zu berücksichtigen.
In der Folge werden in der Beschwerde über mehrere Seiten länderkundliche Berichte über die allgemeine Lage im Herkunftsstaat, die Schutzunwilligkeit der irakischen Behörden, die Empfehlung des Hochkommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge zu innerstaatlichen Fluchtalternativen sowie zur Rückkehr in den Irak und schließlich zur Desertion auszugsweise zitiert. Den Berichten zufolge drohe den Beschwerdeführern im Fall einer Rückkehr in den Irak asylrelevante Verfolgung.
Im Hinblick auf die Beweiswürdigung bringen die Beschwerdeführer zusammengefasst vor, die Beweiswürdigung des belangten Bundesamtes beschränke sich auf pauschale Aussagen und Behauptungen, die nicht mit nachvollziehbaren Argumenten unterlegt wären. Das Vorbringen der Beschwerdeführer sei detailliert und lebensnah gestaltet. Soweit das Bundesamt auf Widersprüche gegenüber der Erstbefragung hinweise, sei die Verwertung solcher Widersprüche nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts nicht zulässig.
2.9. Die Beschwerdevorlage langte am 11.09.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Rechtssache wurde in weiterer Folge der nun zur Entscheidung berufenen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichts zugewiesen.
3.1. Der Sechstbeschwerdeführer wurde am XXXX in XXXX im Bundesgebiet geboren. Er stellte durch die Zweitbeschwerdeführerin als seine gesetzliche Vertreterin am 23.05.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz.
3.2. Nach Zulassung des Verfahrens wurde der Antrag des Sechstbeschwerdeführers auf internationalen Schutz mit dem hier angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.05.2018, Zl. 1192249608-180486145, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wider den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 wurde außerdem festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Irak gemäß § 46 FPG 2005 zulässig sei (Spruchpunkt V.) Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2005 betrage die Frist für eine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).
3.3. Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.05.2018 wurde dem Sechstbeschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.
3.4. Der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.05.2018, Zl. 1192249608-180486145, wurde der Zweibeschwerdeführerin als gesetzliche Vertreterin des Sechstbeschwerdeführers am 01.06.2018 durch Hinterlegung zugestellte. Eine Beschwerde wurde dagegen nicht erhoben.
3.5. Mit Erledigung vom 09.07.2018 wurde der Verwaltungsakt seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl unter Hinweis auf die anhängigen Beschwerdeverfahren der Familienmitglieder des Sechstbeschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
Die Beschwerdevorlage langte am 16.07.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Rechtssache wurde in weiterer Folge der nun zur Entscheidung berufenen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichts zugewiesen.
4. Mit Note des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.01.2019 wurden der rechtsfreundlichen Vertretung der Beschwerdeführer aktuelle Länderdokumentationsunterlagen zur allgemeinen Lage im Irak, eine Anfragebeantwortung von ACCORD vom 22.08.2016 betreffen Einberufungsbefehle zum Militärdienst und drohende Strafen bei Verweigerung, eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 07.12.2015 betreffend Austritt und Desertion von den Peschmerga, Zusammenstellungen sicherheitsrelevanter Vorfälle im zweiten und dritten Quartal 2018 des Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED) sowie Anfragebeantwortungen von ACCORD vom 21.03.2017 und vom 29.03.2018 zur Sicherheitslage, zur sozioökonomischen Lage und zur Menschenrechtssituation in der autonomen Region Kurdistan zur Vorbereitung der für den 06.02.2019 anberaumten mündlichen Verhandlung übermittelt und die Möglichkeit einer Stellungnahme freigestellt.
Innerhalb der eingeräumten Frist langte keine Stellungnahme beim Bundesverwaltungsgericht ein.
5. Am 06.02.2019 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung im Beisein des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin, ihrer rechtsfreundlichen Vertretung und eines Dolmetschers für die Sprache Sorani durchgeführt. Im Verlauf dieser Verhandlung wurde dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin - auch in ihrer Eigenschaft als gesetzliche Vertreter ihrer minderjährigen Kinder - einerseits Gelegenheit gegeben, neuerlich ihre Ausreisemotivation sowie ihre Rückkehrbefürchtungen umfassend darzulegen sowie die aktuelle Lageentwicklung im Irak anhand der im Vorfeld übermittelten Länderdokumentationsunterlagen und Anfragebeantwortungen erörtert.
6. Am 11.02.2019 brachten die Beschwerdeführer ergänzend zu ihren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung in Entsprechung eines ihnen erteilen Auftrages ein Urkundenkonvolut in Vorlage.
7. Mit Note des Bundesverwaltungsgerichts vom 08.03.2019 wurden der rechtsfreundlichen Vertretung der Beschwerdeführer weitere aktuelle Länderdokumentationsunterlagen, nämlich aktualisierte Anfragebeantwortungen von ACCORD vom 21.02.2019 zur Sicherheitslage, zur sozioökonomischen Lage und zur Menschenrechtssituation in der autonomen Region Kurdistan sowie eine Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 07.01.2019 zu den kurdischen Peschmerga zur Abgabe einer Stellungnahme übermittelt.
8. Mit Note des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.03.2019 wurden der rechtsfreundlichen Vertretung der Beschwerdeführer weitere aktuelle Länderdokumentationsunterlagen, nämlich eine zur Lage von Kindern in der autonomen Region Kurdistan eingeholte Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 25.03.2019 sowie den Bericht von ACCORD zum irakischen Schulsystem vom Mai 2017 zur Abgabe einer Stellungnahme übermittelt.
9. Ebenfalls am 25.03.2019 langte eine abschließende Stellungnahme der Beschwerdeführer zu den ihnen übermittelten Länderdokumentationsunterlagen beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person der Beschwerdeführer:
1.1.1. Der Erstbeschwerdeführer führt den Namen XXXX , er ist Staatsangehöriger des Irak und Angehörige der kurdischen Volksgruppe. Er wurde am XXXX in Erbil geboren und lebte dort gemeinsam mit seiner Familie bis zur Ausreise in einem gemieteten Haus im Stadtteil XXXX . Der Erstbeschwerdeführer ist Moslemin und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam, er ist mit der Zweitbeschwerdeführerin seit dem 12.06.2009 verheiratet und der leibliche Vater des Drittbeschwerdeführers, des Viertbeschwerdeführers, der Fünftbeschwerdeführerin und des Sechstbeschwerdeführers.
Der Erstbeschwerdeführer ist gesund und steht nicht in medizinischer Behandlung. Aufgrund einer im Irak eingetretenen Schädigung der Trommelfelle nimmt er fallweise Ohrentropfen ein.
Die Erstbeschwerdeführer besuchte im Irak die Grundschule im Ausmaß von sechs Jahren. Im Alter von 17 Jahren trat er als Arbeiter in das Erwerbsleben ein. Ab dem Jahr 2003 diente der Erstbeschwerdeführer außerdem als Berufssoldat bei den kurdischen Peschmerga, zuletzt als Korporal. Während der dienstfreien Zeit war der Erstbeschwerdeführer weiterhin als Arbeiter und Tischler auf Baustellen sowie als Taxifahrer tätig. Der Erstbeschwerdeführer verfügt über einen Führerschein für Personen- und Lastkraftfahrzeuge und schwere Anhänger.
Die Mutter des Erstbeschwerdeführers verstarb im Jahr 2009 eines natürlichen Todes. Sein Vater lebt in der autonomen Region Kurdistan in der Stadt Erbil gemeinsam mit zwei der drei Schwestern des Erstbeschwerdeführers, er betreibt dort einen Handel mit Altwaren. Eine weitere Schwester des Erstbeschwerdeführers ist verheiratet, sie lebt mit ihrem Ehemann und den drei Kindern ebenfalls in Erbil. In Erbil lebt schließlich einer der drei Brüder des Beschwerdeführers, er ist verheiratet, hat sechs Kinder und ist beruflich als Bauarbeiter erwerbstätig.
Zwei weitere Brüder des Erstbeschwerdeführers leben im Bundesgebiet. Seinem Bruder XXXX , wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.04.2015 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Sein Bruder XXXX , hält sich aufgrund eines am 03.09.2015 gestellten Asylantrages als Asylwerber im Bundesgebiet auf, wobei der Asylantrag seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vollumfänglich abgewiesen wurde und dagegen eine - noch nicht erledigte - Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben wurde.
Am 12.12.2015 verließ der Erstbeschwerdeführer den Irak von Erbil ausgehend gemeinsam mit seiner Familie mit dem Reisebus in die Türkei und gelangte in der Folge schlepperunterstützt auf dem Seeweg nach Griechenland und weiter nach Österreich, wo er am 31.12.2015 in Linz festgenommen wurde und in weiterer Folge einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Für die Ausreise und die anschließende Schleppung wendete der Erstbeschwerdeführer ca. USD 10.000,00 auf.
1.1.2. Die Zweitbeschwerdeführerin führt den Namen XXXX , sie ist Staatsangehörige des Irak und Angehörige der kurdischen Volksgruppe. Sie wurde am XXXX in Erbil geboren lebte dort gemeinsam mit ihrer Familie bis zur Ausreise in einem gemieteten Haus im Stadtteil XXXX . Die Zweitbeschwerdeführerin ist Moslemin und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam, sie ist mit dem Erstbeschwerdeführer seit dem 12.06.2009 verheiratet und die leibliche Mutter des Drittbeschwerdeführers, des Viertbeschwerdeführers, der Fünftbeschwerdeführerin und des Sechstbeschwerdeführers.
Die Zweitbeschwerdeführerin ist gesund und steht nicht in medizinischer Behandlung. Sie ist eigenen Angaben zufolge schwanger und erwartet im Frühsommer ihr fünftes Kind, brachte jedoch keine diesbezüglichen Bestätigungen bei und setzte das Bundesverwaltungsgericht bis zum Entscheidungszeitpunkt auch nicht über eine Geburt in Kenntnis.
Die Zweitbeschwerdeführerin besuchte im Irak die Grundschule in nicht feststellbarem Ausmaß. Sie ist des Lesens und des Schreibens mächtig. Sie erlernte den Beruf des Friseurs, trat jedoch nicht in das Erwerbsleben ein und widmete sich nach ihrer Eheschließung der Führung des Haushaltes und der Erziehung der Kinder.
Der Vater der Zweitbeschwerdeführerin verstarb im Jahr 2008 eines natürlichen Todes. Ihre Mutter lebt in der autonomen Region Kurdistan in der Ortschaft XXXX nördlich von Erbil, sie bezieht eine Witwenpension und ist dadurch finanziell abgesichert. Die Zweitbeschwerdeführerin hat drei Schwestern, die allesamt verheiratet sind, den Haushalt ihrer Familie führen und in der autonomen Region Kurdistan leben. Eine Schwester lebt mit ihrer Familie in der Ortschaft XXXX nördlich von Erbil, sie hat drei Kindern. Eine weitere Schwester lebt in der Ortschaft XXXX nordöstlich von Erbil, sie hat sechs Kinder. Die dritte Schwester lebt in der Stadt Erbil, sie hat fünf Kinder. Die Zweitbeschwerdeführerin außerdem zwei Brüder, die in der in der Ortschaft XXXX nördlich von Erbil leben. Einer der Brüder ist alleinstehend, der andere verheiratet und Vater zweier Kinder. Ein Bruder dient als Soldat bei den Peschmerga, der zweite Bruder ist derzeit erwerbslos.
Am 12.12.2015 verließ die Zweitbeschwerdeführerin den Irak von Erbil ausgehend gemeinsam mit ihrer Familie mit dem Reisebus in die Türkei und gelangte in der Folge schlepperunterstützt auf dem Seeweg nach Griechenland und weiter nach Österreich, wo sie am 31.12.2015 in Linz festgenommen wurde und in weiterer Folge einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
1.1.3. Der Drittbeschwerdeführer führt den Namen XXXX , er ist Staatsangehöriger des Irak und Angehöriger der kurdischen Volksgruppe. Er wurde am XXXX in Erbil geboren und lebte dort gemeinsam mit seiner Familie bis zur Ausreise in einem gemieteten Haus im Stadtteil XXXX . Der Drittbeschwerdeführer verließ den Irak noch vor Erreichen des schulpflichtigen Alters. Er beherrscht Sorani und Deutsch.
Der Drittbeschwerdeführer zog sich am 28.08.2016 beim Spielen eine Verletzung des linken Auges mit einem Holzstück zu und wurde an diesem Tag von der Universitätsaugenklinik des Landeskrankenhauses Graz eine penetrierende Wunde des Augapfels ohne Fremdkörper linksseitig S05.6 diagnostiziert. Der Drittbeschwerdeführer wurde am 28.08.2016 operativ behandelt und am 03.09.2016 entlassen. Nach Sehverschlechterung und Schmerzen wurde der Drittbeschwerdeführer vom 29.08.206 bis zum 03.09.2016 neuerlich stationär behandelt, jedoch ohne weiteren Eingriff. Am 22.12.2016 wurde die Hornhautnaht linksseitig operativ entfernt. Die Operation gestaltete sich einschließlich des postoperativen Verlaufes komplikationslos. Am 24.09.2018 wurde der Drittbeschwerdeführer zuletzt einer scleralen Fixation an der intraokularen Linse linksseitig an der Universitätsaugenklinik des Landeskrankenhauses Graz unterzogen. Die Operation gestaltete sich einschließlich des postoperativen Verlaufes komplikationslos.
Der Drittbeschwerdeführer leidet gegenwärtig an Strabismus concomitans divergens H50.1 (Schielen linksseitig), einer Obliquus-Dysfunktion (Dyfunktion der Augenmuskeln), Pseudophakie (Ersatz der natürlichen Linse des Auges durch eine Kunstlinse linksseitig) und Amblyopie (Schwachsichtigkeit des Auges linksseitig) und ist deshalb in der Schielambulanz des Landeskrankenhauses Graz in Behandlung. Eine vom Erstbeschwerdeführer gewünschte Schieloperation wurde nicht durchgeführt.
Feststellungen hinsichtlich einer erforderlichen regelmäßigen Medikation oder erforderlicher Heilbehelfe oder Therapien können nicht getroffen werden. Eine Okklusionstherapie wurde im Oktober 2017 beendet. Der Drittbeschwerdeführer verfügt derzeit über eine Brille, trägt diese aber nicht mehr.
Ansonsten ist der Drittbeschwerdeführer gesund und steht nicht in medizinischer Behandlung. Anlässlich einer kinderärztlichen Untersuchung am 20.12.2016 wurde dem Drittbeschwerdeführer ein guter Allgemeinzustand attestiert.
Am 12.12.2015 verließ der Drittbeschwerdeführer den Irak von Erbil ausgehend gemeinsam mit seiner Familie mit dem Reisebus in die Türkei und gelangte in der Folge schlepperunterstützt auf dem Seeweg nach Griechenland und weiter nach Österreich, wo er am 31.12.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
1.1.4. Der Viertbeschwerdeführer führt den Namen XXXX , er ist Staatsangehöriger des Irak und Angehöriger der kurdischen Volksgruppe. Er wurde am XXXX in Erbil geboren und lebte dort gemeinsam mit seiner Familie bis zur Ausreise in einem gemieteten Haus im Stadtteil XXXX . Der Viertbeschwerdeführer verließ den Irak noch vor Erreichen des schulpflichtigen Alters. Er beherrscht Sorani und Deutsch.
Der Viertbeschwerdeführer leidet an einer Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte Q35.7. Er unterzog sich am 19.01.2017 einer kieferchirurgischen Korrekturoperation samt Restlochverschluss. Die Operation gestaltete sich einschließlich des postoperativen Verlaufes komplikationslos. Seit der Operation am 19.01.2017 waren keine weiteren medizinischen Behandlungen erforderlich.
Feststellungen hinsichtlich einer erforderlichen regelmäßigen Medikation oder erforderlicher Heilbehelfe oder Therapien können nicht getroffen werden.
Ansonsten ist der Viertbeschwerdeführer gesund und steht nicht in medizinischer Behandlung. Im Entlassungsbrief vom 22.01.2017 wird dem Viertbeschwerdeführer ein guter Allgemeinzustand attestiert.
Am 12.12.2015 verließ der Viertbeschwerdeführer den Irak von Erbil ausgehend gemeinsam mit seiner Familie mit dem Reisebus in die Türkei und gelangte in der Folge schlepperunterstützt auf dem Seeweg nach Griechenland und weiter nach Österreich, wo er am 31.12.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
1.1.5. Die Fünftbeschwerdeführerin führt den Namen XXXX , sie ist Staatsangehörige des Irak und Angehörige der kurdischen Volksgruppe. Sie wurde am XXXX in Erbil geboren und lebte dort gemeinsam mit seiner Familie bis zur Ausreise in einem gemieteten Haus im Stadtteil XXXX . Die Fünftbeschwerdeführerin verließ den Irak noch vor Erreichen des schulpflichtigen Alters. Die Fünftbeschwerdeführerin ist gesund und steht nicht in medizinischer Behandlung.
Am 12.12.2015 verließ die Fünftbeschwerdeführerin den Irak von Erbil ausgehend gemeinsam mit ihrer Familie mit dem Reisebus in die Türkei und gelangte in der Folge schlepperunterstützt auf dem Seeweg nach Griechenland und weiter nach Österreich, wo sie am 31.12.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
1.1.6. Der Sechstbeschwerdeführer führt den Namen XXXX , er ist Staatsangehöriger des Irak und Angehöriger der kurdischen Volksgruppe. Er wurde am XXXX in XXXX im Bundesgebiet geboren.
Der Sechstbeschwerdeführer ist gesund und steht nicht in medizinischer Behandlung. Er stellte am 23.05.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz.
1.1.7. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweibeschwerdeführerin verfügen über irakische Ausweisdokumente im Original, nämlich Staatsbürgerschaftsnachweise und Personalausweise. Der Drittbeschwerdeführer, der Viertbeschwerdeführer und die Fünftbeschwerdeführerin verfügen über irakische Personalausweise im Original.
1.2. Zu den Ausreisegründen der Beschwerdeführer und zur Rückkehrgefährdung:
1.2.1. Die Beschwerdeführer gehören keiner politischen Partei oder politisch aktiven Gruppierung an und hatte in seinem Herkunftsstaat keine Schwierigkeiten aufgrund ihrer kurdischen Volksgruppenzugehörigkeit oder aufgrund ihres sunnitischen Religionsbekenntnisses zu gewärtigen.
1.2.2. Die Zweibeschwerdeführerin, der Drittbeschwerdeführer, der Viertbeschwerdeführer, die Fünftbeschwerdeführerin und der Sechstbeschwerdeführer brachten keine eigenen asylrelevanten Ausreisegründe vor.
1.2.3. Es kann nicht festgestellt werden, dass sich der Erstbeschwerdeführer vor der Ausreise unbefugt vom Dienst bei den kurdischen Peschmerga entfernte und er nunmehr deshalb oder aus anderweitigen Gründen einer von seinem ehemaligen Kommandanten ausgehenden individuellen Gefährdung ausgesetzt wäre oder ihm aus diesem Grund im Fall einer Rückkehr in den Irak und dort in der autonomen Region Kurdistan Strafverfolgung drohen würde.
Es kann ferner nicht festgestellt werden, dass der Vater des Erstbeschwerdeführers nach der Ausreise des Erstbeschwerdeführers aufgrund der Umstände seines Ausscheidens aus dem Dienst bei den kurdischen Peschmerga festgenommen und inhaftiert sowie aus der autonomen Region Kurdistan vertrieben wurde.
1.2.4. Es kann nicht festgestellt werden, dass die minderjährigen Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr in den Irak und dort in der autonomen Region Kurdistan maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von geschlechtsspezifischer Gewalt, Zwangsrekrutierung, Zwangsarbeit oder Zwangsehe betroffen wären.
1.2.5. Es kann schließlich nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer vor ihrer Ausreise aus ihrem Herkunftsstaat einer anderweitigen individuellen Gefährdung oder psychischer und/oder physischer Gewalt in seinem Herkunftsstaat durch staatliche Organe oder durch Dritte ausgesetzt waren oder sie im Falle einer Rückkehr dorthin einer solchen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wären. Den Beschwerdeführern droht außerdem im Rückkehrfall keine strafrechtliche Verfolgung.
1.2.6. Es kann nicht festgestellt werden, dass den Beschwerdeführern im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat die Todesstrafe droht. Ebenso kann keine anderweitige individuelle Gefährdung der Beschwerdeführer festgestellt werden, insbesondere im Hinblick auf eine im Irak und dort in der autonomen Region Kurdistan drohende unmenschliche Behandlung, Folter oder Strafe sowie im Hinblick auf kriegerische Ereignisse, extremistische Anschläge, stammesbezogene Gewalt oder organisierte kriminelle Handlungen.
1.2.7. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer vor ihrer Ausreise in ihrem Herkunftsstaat von einer existentiellen Notlage und/oder Obdachlosigkeit betroffen waren.
Die Beschwerdeführer verfügen über eine - wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherte Existenzgrundlage in ihrer Herkunftsregion Erbil sowie über familiäre Anknüpfungspunkte in ihrer Herkunftsregion Erbil in Gestalt der dort lebenden zahlreichen Familienangehörigen.
Der Erstbeschwerdeführer ist ein junger, gesunder, arbeits- und anpassungsfähiger Mensch mit grundlegender Ausbildung in der Schule sowie mit im Herkunftsstaat erworbener Berufserfahrung im als Arbeiter und Tischler in der Bauwirtschaft sowie als Berufssoldat. Ihm ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zur Sicherstellung des Familienauskommens im Rückkehrfall möglich und zumutbar.
Die Zweitbeschwerdeführerin ist ebenfalls ein junger, gesunder, arbeits- und anpassungsfähiger Mensch mit einer im Herkunftsstaat erworbenen Ausbildung als Friseurin. Auch der Zweitbeschwerdeführerin ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zur Sicherstellung des Familienauskommens im Rückkehrfall - soweit es die Betreuungspflicht in Ansehung der minderjährigen Beschwerdeführer zulässt - grundsätzlich möglich und zumutbar.
1.2.8. Der minderjährige Drittbeschwerdeführer, der minderjährige Viertbeschwerdeführer, die minderjährige Fünftbeschwerdeführerin und der minderjährige Sechstbeschwerdeführer verfügen in ihrer Herkunftsregion Erbil über eine - wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherte Existenzgrundlage, ferner ist eine hinreichende Betreuung durch ihre Eltern und den Familienverband und eine hinreichende Absicherung in ihren altersentsprechenden Grundbedürfnissen gegeben. Den minderjährigen Beschwerdeführern steht ferner kostenfreier und nichtdiskriminierender Zugang zum öffentlichen Schulwesen sowie leistbarer und nichtdiskriminierender Zugang zu einer adäquaten medizinischen Versorgung in der autonomen Region Kurdistan zur Verfügung.
1.2.9. Die in der autonomen Region Kurdistan ist im Luftweg direkt mit Linienflügen (Schwechat-Erbil) gefahrlos erreichbar.
1.3. Zur Lage der Beschwerdeführer im Bundesgebiet:
1.3.1. Der Erstbeschwerdeführer, die Zweitbeschwerdeführerin, der Drittbeschwerdeführer, der Viertbeschwerdeführer und die Fünftbeschwerdeführerin halten sich seit dem 31.12.2015 im Bundesgebiet auf. Sie reisten rechtswidrig in das Bundesgebiet ein, ist seither Asylwerber und verfügen über keinen anderen Aufenthaltstitel.
Der Sechstbeschwerdeführer wurde am XXXX im Bundesgebiet geboren, er stellte am 23.05.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz und ist seither Asylwerber und verfügt ebenfalls über keinen anderen Aufenthaltstitel.
Die Beschwerdeführer leben nach einer anfänglichen Unterbringung in Übergangsquartieren des Bundes seit dem 18.03.2016 in einer Unterkunft für Asylwerber in der Stadtgemeinde XXXX im Burgenland. Die Beschwerdeführer bezieht seit der Antragstellung bis dato Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber und sind nicht erwerbstätig. Weder der Erstbeschwerdeführer, noch die Zweitbeschwerdeführerin haben eine Erwerbstätigkeit am regulären Arbeitsmarkt in Aussicht.
Der Erstbeschwerdeführer besuchte Qualifizierungsmaßnahmen zum Erwerb der deutschen Sprache und absolvierte am 18.12.2018 die Prüfung auf dem Niveau A1. Er verfügt über grundlegende Kenntnisse der deutschen Sprache. Die Zweitbeschwerdeführerin besuchte keine Qualifizierungsmaßnahmen zum Erwerb der deutschen Sprache, sie beherrscht die deutsche Sprache nur in rudimentäre Ausmaß.
Der Drittbeschwerdeführer besucht im gegenwärtigen Schuljahr die zweite Klasse der Volksschule XXXX . Der Viertbeschwerdeführer besucht im gegenwärtigen Schuljahr die erste Klasse der Volksschule XXXX . Die schulpflichtigen Beschwerdeführer verfügen über altersadäquate Kenntnisse der deutschen Sprache und pflegen einen altersentsprechenden Umgang mit Freunden und Mitschülern. Die Fünftbeschwerdeführerin besucht den Kindergarten in XXXX , der Sechstbeschwerdeführer wird von der Zweitbeschwerdeführerin betreut.
Ein Betreuer des Erstbeschwerdeführers attestiert ihm Hilfsbereitschaft und Pünktlichkeit, Interesse am Erwerb der deutschen Sprache und soziale Kompetenz sowie das Interesse, seinen im Irak ausgeübten Beruf eines Taxilenkers auch in Österreich ausüben zu können. Eine weitere Betreuerin attestiert dem Erstbeschwerdeführer Pünktlichkeit und interessierte Mitarbeit beim Deutschunterricht sowie eine gewissenhafte Erledigung der Hausaufgaben. Ein Verein in XXXX bescheinigt dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin eine regelmäßige Kontaktaufnahme sowie den regelmäßigen Besuch des "LernCafe" und der Veranstaltungen des "ElternKindZentrums".
1.3.2. Die Zweitbeschwerdeführerin hat - von den Verfahrensbeteiligten Familienangehörigen abgesehen - im Bundesgebiet keine Verwandten. In Ansehung des Erstbeschwerdeführers halten sich zwei seiner Brüder mit ihren Familien im Bundesgebiet auf. Die Brüder des Erstbeschwerdeführers leben in Oberösterreich. Sie besuchen den Erstbeschwerdeführer und dessen Familie etwa einmal, allenfalls zweimal monatlich und unterstützen den Erstbeschwerdeführer in Form der Überlassung von Bekleidung für die minderjährigen Beschwerdeführer und fallweise durch finanzielle Zuwendungen. Darüberhinausgehende Merkmale einer ein- oder wechselseitigen Abhängigkeit sind nicht feststellbar.
1.3.3. Die Beschwerdeführer sind in Österreich strafrechtlich unbescholten. Der Aufenthalt der Beschwerdeführer im Bundesgebiet war und ist nicht nach § 46a Abs. 1 Z. 1 oder Abs. 1a FPG 2005 geduldet. Ihr Aufenthalt ist nicht zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig. Sie wurden nicht Opfer von Gewalt im Sinn der §§ 382b oder 382e EO.
1.4. Zur Lage im Herkunftsstaat:
1.4.1. Zur aktuellen Lage im Irak werden folgende Feststellungen unter Heranziehung der abgekürzt zitierten und gegenüber dem Beschwerdeführer offengelegten Quellen getroffen:
1. Aktuelle Ereignisse
27.06.2018: Papst Franziskus kreierte Patriarch Mar Louis I Sako, Oberhaupt der Chaldäisch Katholischen Kirche, als Kardinal. Ägypten betonte, dass es sich weiter am Wiederaufbau und an der Stabilisierung des Irak beteiligen wird. Muqtada al-Sadr gab bekannt, dass er alle Operationen seiner Miliz Saraya al-Salam in Basra einstellen lassen wird, nachdem es Zwischenfälle mit den örtlichen Kräften gegeben hatte.
01.07.2018: Die nationale irakische Ölgesellschaft kündigte an, dass sie mit Zustimmung der OPEC eine schwimmende Ölspeicherplattform bauen wird um ihre Kapazität auf sechs Millionen Barrel zu erhöhen.
02.07.2018: Die Sicherheitssituation an der irakisch-syrischen Grenze entspannt sich wegen der Militäroperationen gegen die konzentrierten IS-Zellen in der Region.
02.0.7./04.07.2018: Die Bundespolizei verlegte einige ihrer Truppen in die Provinz Kirkuk um die Sicherheit zu gewährleisten, da sich IS-Kämpfer im Süden formierten. Die irakischen Sicherheitskräfte (ISF), die PMUs und die Peshmerga starteten eine gemeinsame Offensive in der Region.
10.07.2018: Gemäß einer Aussage von Premier Abadi habe sich die Sicherheitssituation in Mosul seit dem erklärten Sieg über den IS im Dezember 2017 massiv verbessert.
13.07.2018: Laut den Aussagen von PMU-Patrouillen bleibt die Sicherheitssituation in der Region westlich von Bayji wegen der IS-Zellen angespannt.
16.07./17.07.2018: Der irakische Elektrizitätsminister kündigte an, dass Teheran keine Elektrizität mehr in den Irak exportieren wird. Daraufhin reiste der irakische Minister für Planung nach Jeddah um die Energiekrise mit einer saudischen Delegation zu besprechen.
23.07.2018: Kuwait bot dem Irak mit der Sendung von mobilen Generatoren Hilfe an um seine Energiekrise zu lösen.
14.08.2018: Die Türkei und der Irak einigten sich auf ein Abkommen um einen neuen Grenzübergang nahe dem Grenzübergang Fish-Khabour zu eröffnen. Jordanien unterzeichnete mit dem Irak ein Sicherheitsabkommen um die Straße zwischen Amman und Bagdad und um die Grenze zu öffnen.
16.08./21.08.2018: Durch das Wiederinkrafttreten der Iransanktionen ist der damals amtierende Premierminister Abadi bemüht das Verhältnis zwischen den Vereinigten Staaten und dem Iran auszubalancieren. Dank einer intensiven wirtschaftlichen Kooperation reiste eine irakische Delegation nach Washington um Ausnahmen von den Sanktionen zu verhandeln.
19.08.2018: Die irakische Zentralregierung und die kurdische Regionalregierung einigten sich mittels eines Abkommens darauf gemeinsame Checkpoints an der Straße von Erbil nach Kirkuk einzurichten um die Straße öffnen zu können.
20.08.2018: Die Türkei und der Irak unterzeichneten ein Energieabkommen, in dem festgehalten wurde, dass die Türkei dem Irak Elektrizität liefern werde und bei der Entwicklung der lokalen Infrastruktur Unterstützung leisten wird.
20.10.2018/21.10.2018: Die irakischen Streitkräfte setzen ihre Militäroperationen gegen den IS fort. So töteten Sicherheitskräfte am 20.10.18 vier Extremisten in ihrem Versteck in Hit, drei Extremisten in Kirkuk und zwei Extremisten in der Provinz Diyala. Mindestens 23 Menschen wurden bei jüngsten sicherheitsrelevanten Vorfällen getötet. So kamen am 21.10.18 mindestens vier irakische Polizisten bei zwei Bombenexplosionen ums Leben, die von den Kämpfern des IS in den Regionen al-Shoura und Makhmour verübt wurden. Ebenfalls am 21.10.18 wurde eine turkmenische Familie von unbekannten bewaffneten Männern im Distrikt Hawija, rund 55 Kilometer südwestlich von Kirkuk, getötet. Auch in Jalawla, Provinz Diyala, töteten Unbekannte eine Familie.
25.11.2018: Am 25.11.18 verkündete das Gesundheitsministerium, dass bei starken Regenfällen mindestens 21 Menschen ums Leben gekommen und etwa 180 Personen verletzt worden seien. Laut der UN-Mission im Irak (UNAMI) sind in Salah ad-Din etwa 10.000 und in Ninewa etwa 15.000 Menschen in Folge der Fluten auf Unterstützung angewiesen. Am stärksten betroffen seien der Distrikt Shirqat (Provinz Salah ad-Din) und die Vertriebenenlager Qayyarah und Jedda (Provinz Ninewa). Flutschäden wurden auch in einigen südlichen Provinzen gemeldet. Häuser und Viehbestände seien hier zerstört sowie Brücken und Dörfer überschwemmt worden. UNAMI beteiligt sich an einer Notfallunterstützungsmission.
03.12.2018: Die Demokratische Partei Kurdistans (DPK) nominiert Nechviran Barzani als Präsidentschaftskandidaten für die autonome Region Kurdistan. Sein Nachfolger für das Amt des Ministerpräsidenten soll Masrur Barzani (Sohn des langjährigen Präsidenten Massud Barsani) werden.
04.12.2018: Laut Medienberichten unterbrachen Parlamentsabgeordnete am 04.12.18 eine Parlamentssitzung, die zu einer Regierungsbildung nach der Wahl im Mai 2018 führen sollte. Die Posten u.a. für das Innen- und Verteidigungsministerium bleiben unbesetzt. Dem Stillstand liegt eine Spaltung zwischen den zwei schiitischen Hauptblöcken von Moqtada Sadr und dem Milizenführer Hadi al-Amiri zugrunde.
07.12.2018: Massive Regenfälle haben in weiten Teilen des Landes zu Zerstörungen und Beschädigungen von Infrastruktur sowie Wohnhäusern geführt. Besonders betroffen sind intern Vertriebene in den Provinzen Salah ad-Din und Ninewa (Mosul, Nimrud, Sinjar Gebirge). Lokalen Medien zufolge wurden etwa 80 Familien aus dem Dorf Zanazel (Provinz Ninewa) evakuiert. Das Krisenkoordinierungszentrum des kurdischen Innenministeriums (Joint Crisis Coordination Centre) meldete am 07.12.18, dass im Vertriebenenlager Dibaga 2 in der Provinz Erbil etwa 700 intern Vertriebene auf Notfallhilfe angewiesen seien.
2. Politische Lage
Die politische Landschaft des Irak hat sich seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 enorm verändert (KAS 2.5.2018). Gemäß der Verfassung ist der Irak ein demokratischer, föderaler und parlamentarisch-republikanischer Staat (AA 12.02.2018), der aus 18 Provinzen (muhafazät) besteht (Fanack 27.9.2018). Artikel 47 der Verfassung sieht eine Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und Judikative vor (RoI 15.10.2005). Die Autonome Region Kurdistan ist Teil der Bundesrepublik Irak und besteht aus den drei nördlichen Provinzen Dohuk, Erbil und Sulaymaniya. Sie wird von einer Regionalverwaltung, der kurdischen Regionalregierung, verwaltet und verfügt über eigene Streitkräfte (Fanack 27.9.2018).
An der Spitze der Exekutive steht der irakische Präsident, der auch das Staatsoberhaupt ist. Der Präsident wird mit einer Zweidrittelmehrheit des irakischen Parlaments (majlis al-nuwwab, engl.: Council of Representatives, dt.: Repräsentantenrat), für eine Amtszeit von vier Jahren gewählt und genehmigt Gesetze, die vom Parlament verabschiedet werden. Der Präsident wird von zwei Vizepräsidenten unterstützt. Zusammen bilden sie den Präsidialrat (Fanack 27.9.2018).
Teil der Exekutive ist auch der Ministerrat, der sich aus dem Premierminister und anderen Ministern der jeweiligen Bundesregierung zusammensetzt (Fanack 27.9.2018; vgl. RoI 15.10.2005). Der Premierminister wird vom Präsidenten designiert und vom Parlament bestätigt (RoI 15.10.2005). Am 002.10.2018 wählte das neu zusammengetretene irakische Parlament den moderaten kurdischen Politiker Barham Salih zum Präsidenten des Irak (DW 02.10.2018). Dieser wiederum ernannte den schiitischen Politik-Veteranen Adel Abd al-Mahdi zum Premierminister und beauftragte ihn mit der Regierungsbildung (BBC 3.10.2018). Abd al-Mahdi ist seit 2005 der erste Premier, der nicht die Linie der schiitischen Da'wa-Partei vertritt, die seit dem Ende des Krieges eine zentrale Rolle in der Geschichte Landes übernommen hat. Er unterhält gute Beziehungen zu den USA. Der Iran hat sich seiner Ernennung nicht entgegengestellt (Guardian 3.10.2018).
Der Premierminister führt den Vorsitz im Ministerrat und leitet damit die tägliche Politik (Fanack 27.9.2018) Im Gegensatz zum Präsidenten, dessen Rolle weitgehend zeremoniell ist, liegt beim Premierminister damit die eigentliche Exekutivgewalt (Guardian 3.10.2018). Die gesetzgebende Gewalt, die Legislative, wird vom irakischen Repräsentantenrat (Parlament) ausgeübt (Fanack 27.9.2018). Er besteht aus 329 Abgeordneten (CIA 17.10.2018). Die konfessionell/ethnische Verteilung der politischen Spitzenposten ist nicht in der irakischen Verfassung festgeschrieben, aber seit 2005 üblich (Standard 3.10.2018). So ist der Parlamentspräsident gewöhnlich ein Sunnite, der Premierminister ist ein Schiite und der Präsident der Republik ein Kurde (Al Jazeera 15.9.2018).
In weiten Teilen der irakischen Bevölkerung herrscht erhebliche Desillusion gegenüber der politischen Führung (LSE 7.2018; vgl. IRIS 11.5.2018). Politikverdrossenheit ist weit verbreitet (Standard 13.5.2018). Dies hat sich auch in der niedrigen Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen im Mai 2018 gezeigt (WZ 12.5.2018). Der Konfessionalismus und die sogennante "Muhassasa", das komplizierte Proporzsystem, nach dem bisher Macht und Geld unter den Religionsgruppen, Ethnien und wichtigsten Stämmen im Irak verteilt wurden, gelten als Grund für Bereicherung, überbordende Korruption und einen Staat, der seinen Bürgern kaum Dienstleistungen wie Strom- und Wasserversorgung, ein Gesundheitswesen oder ein Bildungssystem bereitstellt (TA 12.5.2018).
Viele sunnitische Iraker stehen der schiitischen Dominanz im politischen System kritisch gegenüber. Die Machtverteilungsarrangements zwischen Sunniten und Schiiten sowie Kurden festigen den Einfluss ethnisch-religiöser Identitäten und verhindern die Herausbildung eines politischen Prozesses, der auf die Bewältigung politischer Sachfragen abzielt (AA 12.02.2018).
Die Zeit des Wahlkampfs im Frühjahr 2018 war nichtsdestotrotz von einem Moment des verhaltenen Optimismus gekennzeichnet, nach dem Sieg über den sogenannten Islamischen Staat (IS) im Dezember 2017 (ICG 9.5.2018). Am 09.12.2017 hatte Haider al-Abadi, der damalige irakische Premierminister, das Ende des Krieges gegen den IS ausgerufen (BBC 9.12.2017). Irakische Sicherheitskräfte hatten zuvor die letzten IS-Hochburgen in den Provinzen Anbar, Salah al-Din und Ninewa unter ihre Kontrolle gebracht. (UNSC 17.1.2018).
Im Irak leben ca. 36 Millionen Einwohner, wobei die diesbezüglichen Schätzungen unterschiedlich sind. Die letzte Volkszählung wurde 1997 durchgeführt. Im Gouvernement Bagdad leben ca. 7,6 Millionen Einwohner. Geschätzte 99% der Einwohner sind Moslems, wovon ca. 60%-65% der schiitischen und ca. 32%-37% der sunnitischen Glaubensrichtung angehören (CIA World Factbook 2014-2015, AA 12.02.2018). Die ethnische und religiöse Zusammensetzung der einzelnen Regionen des Irak ist aus der Grafik im Punkt Minderheiten ersichtlich.
2.1. Parteienlandschaft
Es gibt vier große schiitische politische Gruppierungen im Irak: die Islamische Da'wa-Partei, den Obersten Islamischen Rat im Irak (OIRI) (jetzt durch die Bildung der Hikma-Bewegung zersplittert), die Sadr-Bewegung und die Badr-Organisation. Diese Gruppen sind islamistischer Natur, sie halten die meisten Sitze im Parlament und stehen in Konkurrenz zueinander - eine Konkurrenz, die sich, trotz des gemeinsamen konfessionellen Hintergrunds und der gemeinsamen Geschichte im Kampf gegen Saddam Hussein, bisweilen auch in Gewalt niedergeschlagen hat (KAS 2.5.2018).
Die politische Landschaft der Autonomen Region Kurdistan ist historisch von zwei großen Parteien geprägt: der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) und der Patriotischen Union Kurdistans (PUK). Dazu kommen Gorran ("Wandel"), eine 2009 gegründete Bewegung, die sich auf den Kampf gegen Korruption und Nepotismus konzentriert, sowie eine Reihe kleinere islamistische Parteien (KAS 2.5.2018).
2.2. Protestbewegung
Die Protestbewegung, die es schon seit 2014 gibt, gewinnt derzeit an Bedeutung. Zumeist junge Leute gehen in Scharen auf die Straße, fordern bessere Lebensbedingungen, Arbeitsplätze, Reformen, einen effektiven Kampf gegen Korruption und die Abkehr vom religiösen Fundamentalismus (WZ 9.10.2018). Im Juli 2018 brachen im Süden des Landes, in Basra, nahe den Ölfeldern West Qurna und Zubayr Proteste aus. Diese eskalierten, nachdem die Polizei in West Qurna auf Demonstranten schoss (ICG 31.7.2018). Reich an Ölvorkommen, liefert die Provinz Basra 80 Prozent der Staatseinnahmen des Irak. Unter den Einwohnern der Provinz wächst jedoch das Bewusstsein des Gegensatzes zwischen dem enormem Reichtum und ihrer eigenen täglichen Realität von Armut, Vernachlässigung, einer maroden Infrastruktur, Strom- und Trinkwasserknappheit (Carnegie 19.9.2018; vgl. NPR 27.9.2018).
Die Proteste im Juli weiteten sich schnell auf andere Städte und Provinzen im Süd- und Zentralirak aus (DW 15.7.2018; vgl. Presse 15.7.2018, CNN 17.7.2018, Daily Star 19.7.2018). So gingen tausende Menschen in Dhi Qar, Maysan, Najaf und Karbala auf die Straße, um gegen steigende Arbeitslosigkeit, Korruption und eine schlechte Regierungsführung, sowie die iranische Einmischung in die irakische Politik zu protestieren (Al Jazeera 22.7.2018). Die Proteste erreichten auch die Hauptstadt Bagdad (Joel Wing 25.7.2018; vgl. Joel Wing 17.7.2018). Am 20.7. wurden Proteste in 10 Provinzen verzeichnet (Joel Wing 21.7.2018). Demonstranten setzten die Bürogebäude der Da'wa-Partei, der Badr-Organisation und des Obersten Islamischen Rats in Brand; praktisch jede politische Partei wurde angegriffen (Al Jazeera 22.7.2018). Es kam zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften, sowie zu Todesfällen (Kurier 15.7.2018; vgl. CNN 17.7.2018, HRW 24.7.2018). Ende August war ein Nachlassen der Demonstrationen zu verzeichnen (Al Jazeera 3.8.2018). Im September flammten die Demonstrationen wieder auf. Dabei wurden in Basra Regierungsgebäude, die staatliche Fernsehstation, das iranische Konsulat, sowie die Hauptquartiere fast aller Milizen, die vom Iran unterstützt werden, angegriffen. Mindestens 12 Demonstranten wurden getötet (Vox 8.9.2018; vgl. NPR 27.9.2018).
2.3. Autonome Region Kurdistan
Ein Teil des föderalen Staates Irak ist die Autonome Region Kurdistan, das im Nordosten des Iraks angesiedelt ist. Die Autonome Region Kurdistan hat weitgehende Souveränität. Sie verfügt über eigene exekutive, legislative und judikative Organe und besitzt seit 2009 eine eigene Verfassung. Gemäß Art. 121 der irakischen Verfassung üben kurdische Sicherheitskräfte (insbesondere die militärisch organisierten Peschmerga und die Sicherheitspolizei Asayish) die Sicherheitsverantwortung in den Provinzen Erbil, Sulaimaniyya, Dohuk und Halabdscha aus; diese Kräfte kontrollieren darüber hinaus de facto Teile der Provinzen Diyala, Kirkuk und Ninawa. Die Autonome Region Kurdistan betreibt außerdem eine eigenständige Wirtschafts- und Außenpolitik und regelt Fragen der Grenzkontrolle selbst - hierzu gehört auch die von zentralirakischen Behörden unabhängige Vergabe von Visa.
Bis heute ist die Region faktisch zwischen KDP (Kurdistan Democratic Party) und PUK (Patriotic Union of Kurdistan) aufgeteilt - wobei die PUK in den letzten Jahren Einfluss an Goran abgeben musste. Innerhalb der autonomen Kurdenregion gibt es immer wieder Konflikte zwischen den drei großen irakisch-kurdischen Parteien KDP, Goran und PUK. Grund dafür ist unter anderem die Wirtschaftskrise und die weit verbreitete Korruption und Vetternwirtschaft, die im Kurdengebiet vorherrschen. Darüber hinaus sorgte der Streit um die Präsidentschaft Mas?ud Barzanis für Spannungen, dessen (bereits außertourlich verlängerte) Amtszeit schon im August 2015 abgelaufen war. Die Waffenlieferungen des Westens und anderer Verbündeter an die Kurden haben zudem den Effekt, dass die kurdische Politik insgesamt zwar an Bedeutung gewinnt, sich jedoch dadurch die Spannungen zwischen den kurdischen Fraktionen weiter erhöhen. KDP und PUK sind durch ihre jeweiligen Bündnisse mit mächtigen - teilweise gegensätzlichen - Partnern gespalten: Die KDP mit Mas'ud Barzani, dem Präsidenten der KRG (Kurdish Regional Government - die Regionalregierung in der KRI) wird vorrangig vom Westen unterstützt und steht der Türkei nahe, während die PUK vorrangig vom Iran unterstützt wird und der türkischen PKK sowie der irakischen Regierung in Bagdad nahesteht. Beide Parteien haben ihre jeweils eigenen Militäreinheiten (Peschmerga), die im Kampf gegen den IS oftmals in einem starken Konkurrenzverhältnis zueinander stehen.
Das Verhältnis der Zentralregierung zur kurdischen Autonomieregion, die einen semi-autonomen Status innehat, hat sich seit der Durchführung eines Unabhängigkeitsreferendums in der Autonomieregion und einer Reihe zwischen Bagdad und Erbil umstrittener Gebiete am 25.09.2017 deutlich verschlechtert (AA 12.02.2018). Die Kurden konnten das von ihnen kontrollierte Territorium im Irak in Folge der Siege gegen den IS zunächst ausdehnen. Mit dem Referendum am 25.09.2017 versuchte die kurdische Regional-Regierung unter Präsident Masud Barzani, ihren Anspruch auch auf die von ihr kontrollierten Gebiete außerhalb der drei kurdischen Provinzen zu bekräftigen und ihre Verhandlungsposition gegenüber der Zentralregierung in Bagdad zu stärken (BPB 24.1.2018).
Bagdad reagierte mit der militärischen Einnahme eines Großteils der umstrittenen Gebiete, die während des Kampfes gegen den IS von kurdischen Peshmerga übernommen worden waren, angefangen mit der ölreichen Region um Kirkuk (AA 12.02.2018). Die schnelle militärische Rückeroberung der umstrittenen Gebiete durch die irakische Armee, einschließlich der Erdöl- und Erdgasfördergebiete um Kirkuk, mit massiver iranischer Unterstützung, bedeutete für die kurdischen Ambitionen einen Dämpfer. Präsident Barzani erklärte als Reaktion darauf am 29.10.2017 seinen Rücktritt. Der kampflose Rückzug der kurdischen Peshmerga scheint auch auf zunehmende Differenzen zwischen den kurdischen Parteien hinzudeuten (BPB 24.1.2018).
Grundlegende Fragen wie Öleinnahmen, Haushaltsfragen und die Zukunft der umstrittenen Gebiete sind weiterhin ungelöst zwischen Bagdad und der kurdischen Autonomieregion (AA 12.02.2018). Im Dezember 2017 forderte die gewaltsame Auflösung von Demonstrationen gegen die Regionalregierung in Sulaymaniya mehrere Todesopfer. Daraufhi