Entscheidungsdatum
05.07.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z4Spruch
L521 2213774-1/35E
Schriftliche Ausfertigung des am 11.06.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Mathias Kopf, LL.M. über die Beschwerde des XXXX , Staatsangehörigkeit Irak, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, 1090 Wien, Alser Straße 20, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.01.2019, Zl. 1070602502-181007580, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 11.06.2019 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Irak sunnitischen Glaubens und Angehöriger der kurdischen Volksgruppe, stellte im Gefolge einer unrechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet am 01.07.2009 unter Verwendung des Namens XXXX einen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Er brachte dabei im Wesentlichen vor, den Irak verlassen zu haben, da er eine außereheliche Beziehung mit einer Frau unterhalten habe. Er sei dabei von einem Bruder dieser Frau gemeinsam mit ihr gesehen worden und fürchte nunmehr, dass der Vater der Frau ihm "weh tun" werde.
Der Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.04.2010, Zl. 09 07.775-BAL, vollumfänglich abgewiesen und der Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Der Beschwerdeführer erhob dagegen zunächst das Rechtsmittel der Beschwerde an den Asylgerichtshof.
Am 16.08.2010 verließ der Beschwerdeführer freiwillig unter Gewährung von Rückkehrhilfe das Bundesgebiet und kehrte in den Herkunftsstaat zurück. Der Antrag auf internationalen Schutz wurde infolgedessen mit Verfahrensanordnung des Asylgerichtshofes vom 25.08.2010, E8 413.127-1/2010-4E, gemäß § 25 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 in der damals anzuwendenden Fassung als gegenstandslos abgelegt.
2. Am 24.05.2015 stellte der Beschwerdeführer im Gefolge einer neuerlichen unrechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen der niederschriftlichen Erstbefragung am 26.05.2015 legte der Beschwerdeführer an, den im Spruch genannten Namen zu führen und Staatsangehöriger des Irak zu sein. Er sei am XXXX in XXXX geboren und habe dort zuletzt auch gelebt, Angehöriger der kurdischen Volksgruppe, Moslem und ledig.
Im Hinblick auf seinen Reiseweg brachte der Beschwerdeführer zusammengefasst vor, den Irak im Mai 2015 legal von Dohuk ausgehend mit dem Personenkraftwagen in die Türkei verlassen zu haben. Nach einem kurzen Aufenthalt sei er schlepperunterstützt auf dem Landweg mittels verschiedener Fahrzeuge nach Österreich verbracht und zuletzt im Bundesgebiet von der Polizei aufgegriffen worden.
Zu den Gründen seiner Ausreise befragt führte der Beschwerdeführer aus, er habe als Regisseur eines Fernsehsenders Kurzfilme über die Verwicklung einer kurdischen Partei in Ölgeschäfte mit der Türkei gedreht. Infolgedessen sei er bedroht worden und habe das Land verlassen.
3. Am 01.10.2015 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, im Beisein eines geeigneten Dolmetschers in arabischer Sprache niederschriftlich vor dem zur Entscheidung berufenen Organwalter einvernommen.
Eingangs bestätigte der Beschwerdeführer, die arabische Sprache zu verstehen und außerdem der kurdischen, der englischen und auch der deutschen Sprache mächtig zu sein. Er könne nunmehr seinen irakischen Reisepass im Original vorlegen, um sich zu legitimieren. Darüber hinaus konkretisierte der Beschwerdeführer hinsichtlich seines religiösen Bekenntnisses, sich zum Islam der sunnitischen Glaubensrichtung zu bekennen.
Im Irak habe er zuletzt in der Umgebung der Stadt Dohuk in der gleichnamigen Provinz gemeinsam mit seinem Bruder in einem in seinem Eigentum stehenden Wohnhaus gelebt. Er habe im Herkunftsstaat die Grundschule und die Mittelschule besucht und zuletzt als Produzent beim Fernsehsender " XXXX " und als "technischer Leiter für die sozialen Medien" beim Fernsehsender " XXXX " gearbeitet. Seine Eltern wären verstorben. Im Irak lebten derzeit seine zwischen Schwestern und sein Bruder, wobei sein Bruder zwischen der Türkei und dem Gouvernement Dohuk pendeln würde. Er halte sich jedoch hauptsächlich im Heimatort auf. Mit seinen Geschwistern stehe er in Kontakt.
Befragt nach dem Grund für das Verlassen des Heimatstaates gab der Beschwerdeführer an, er habe im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit Dokumentarfilme gedreht und zuletzt eine Dokumentation über die Grenzregion zwischen der autonomen Region Kurdistan und der Türkei produziert. Dabei habe er über die Aktivitäten von Banden im Grenzgebiet berichtet, genauer über Erdölschmuggel, in welchen Teile der türkischen und irakischen Behörden ebenso involviert wären, wie XXXX und die PKK, die zusammenarbeiten würden. Er sei dann in der Folge in den Monaten April und Mai 2015 vier oder fünfmal telefonisch bedroht worden. Nachdem ein Kollege aus der Journalistenbranche von Milizen ermordet worden sei, mit dem er eine Dokumentation über Christen im Nordirak gedreht habe, habe er den Irak verlassen. Bereits nach der Ausstrahlung dieser Dokumentation sei er von der Regierung gemaßregelt worden, da er die Realität unrichtig dargestellt habe. Ein anderer Kollege, mit dem er gemeinsam die Dokumentation über den Erdölschmuggel gedreht habe, sei mittlerweile festgenommen und in einem Gefängnis inhaftiert worden.
Er habe sich außerdem bei den Milizen des Islamischen Staates unbeliebt gemacht, da er Berichte von Selbstmordattentaten und Kampfhandlungen angefertigt und dabei den Islamischen Staat kritisiert habe.
Im Fall einer Rückkehr befürchte er, inhaftiert und getötet zu werden.
4. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.11.2015, Zl. 1070602502-150554882, wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 AsylG 2005 stattgegeben und dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.
Der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.11.2015, Zl. 1070602502-150554882, enthält unter Verweis auf § 58 Abs. 2 AVG keine nähere Begründung.
In einem auf den 04.11.2015 datierten Aktenvermerkt hält das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur (beabsichtigten) Zuerkennung des Status des Asylberechtigten allerdings fest, dass der Beschwerdeführer einen Dokumentarfilm über die Beteiligung türkischer und irakischer Behördenvertreter an Schmuggelaktivitäten der PKK angefertigt habe und im Abspann der Produktion als Produzent aufscheine. Aufgrund der in der Dokumentation erhobenen Korruptionsvorwürfe sei der Beschwerdeführer bedroht und ein Koproduzent inhaftiert worden. Im Fall einer Rückkehr drohe dem Beschwerdeführer aufgrund der ihm unterstellten kritischen Haltung gegenüber irakischen Behörden und der kurdischen Autonomieverwaltung eine unverhältnismäßige Bestrafung.
5. Der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.11.2015, Zl. 1070602502-150554882, wurde dem Beschwerdeführer gemeinsam mit seinem irakischen Reisepass am 16.11.2015 zugestellt und erwuchs in Rechtskraft.
6. Am 07.07.2017 wurde der Beschwerdeführer am Flughafen München einer Kontrolle durch die deutsche Bundespolizei unterzogen und dabei vom Beschwerdeführer ausgeführt, dass er zum Zweck des Familienbesuches und zu Urlaubszwecken in den Herkunftsstaat reisen würde.
Der Beschwerdeführer legitimierte sich bei dieser Kontrolle mit seinem am 23.11.2015 vom des Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ausgestelltem Konventionspass und gab gegenüber den einschreitenden Beamten an, mit dem Konventionspass in den Irak einreisen zu wollen. Nach Belehrung, dass der Konventionspass für den Irak nicht gültig sei, beharrte der Beschwerdeführer auf seinen Absichten und wurde ihm in der Folge die Ausreise nach Istanbul gestattet.
Der entsprechende Bericht der deutschen Bundespolizei wurde dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 26.07.2017 übermittelt.
7. Mit Aktenvermerk vom 22.10.2018 wurde die amtswegige Einleitung eines Aberkennungsverfahrens seitens des Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verfügt. Dazu wurde der Beschwerdeführer am 07.11.2018 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich, im Beisein eines geeigneten Dolmetschers in arabischer Sprache niederschriftlich vor dem zur Entscheidung berufenen Organwalter einvernommen.
Der Beschwerdeführer legte dabei nach Vorhalt des Berichts der deutschen Bundespolizei über seine Befragung am Flughafen München am 07.07.2017 dar, in der Folge in den Irak gereist zu sein. Es habe sich um einen einmaligen Aufenthalt gehandelt. Er habe den Herkunftsstaat aufgesucht, da er sich in eine Frau verliebt habe. Aus traditionellen Gründen habe er persönlich um ihre Hand anhalten müssen. Er habe sich im Juli 2017 etwa 14 Tage im Irak aufgehalten. Für einen längeren Aufenthalt habe der Urlaubsanspruch nicht ausgereicht, im Fall eines höheren Urlaubsanspruches wäre er auch länger geblieben. Zwischenzeitlich habe er bereits die Ehe geschlossen und die Familienzusammenführung beantragt.
Auf Nachfrage legte der Beschwerdeführer dar, seine Braut nicht persönlich getroffen zu haben. Vielmehr habe er mit ihrem Bruder gesprochen, der als Oberleutnant bei der Polizei arbeiten würde. Dieser habe sich einen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen wollen, da viele Männer um die Hand seiner Schwester angehalten hätten. Zur standesamtlichen Eheschließung habe er sich nicht neuerlich in den Irak begeben, sondern seinen Onkel väterlicherseits als seinen Stellvertreter bevollmächtigt.
In den Irak sei er mit seinem Konventionsreisepass eingereist, da er seinen irakischen Reisepass bei der Ausstellung des Konventionsreisepasses habe abgeben müssen. Bei der irakischen Botschaft in Wien habe er zwar die neuerliche Ausstellung eines irakischen Reisepasses betrieben, dabei jedoch auf die Vertretungsbehörde des Irak in der Bundesrepublik Deutschland verwiesen worden. Bei der Einreise in der autonomen Region Kurdistan mit dem Konventionsreisepass sei dieser nicht abgestempelt worden, da Kurden bei der Einreise einen "gelben Zettel" erhalten würden, der bei der Ausreise wieder eingezogen werden.
8. Mit dem hier angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.01.2019 wurde der dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.11.2015, Zl. 1070602502-150554882, zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z. 2 AsylG 2005 aberkannt und unter einem gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt, dass dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Z. 2 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde wider den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 3 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Irak gemäß § 46 FPG 2005 zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2005 betrage die Frist für eine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).
Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei für zwei Wochen in den Irak zurückgekehrt, um die Eheschließung mit seiner nunmehrigen Ehefrau anzubahnen. Der Umstand, dass er die Ehe bei den irakischen Behörden habe registrieren lassen, zeuge von einer engen Bindung zum Herkunftsstaat. Der Beschwerdeführer habe außerdem erkennen lassen, jederzeit wieder in den Irak reisen zu wollen, wenn dies zur Fortsetzung der Beziehung zu seiner Ehefrau notwendig sei. Er habe schließlich auch Kontakt mit der irakischen Botschaft in Wien aufgenommen, um sich einen Reisepass ausstellen zu lassen, wobei ihm dies nicht grundsätzlich verweigert worden sei, sondern der Beschwerdeführer nur an eine andere zuständige Stelle verwiesen worden sei. Umstände, die gegen eine freiwillige Unterschutzstellung sprechen würden, wären im Verfahren nicht hervorgekommen. Der dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.11.2015, Zl. 1070602502-150554882, zuerkannte Status des Asylberechtigten sei daher gemäß § 7 Abs. 1 Z. 2 AsylG 2005 abzuerkennen.
9. Mit Verfahrensanordnung vom 11.01.2019 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben und der Beschwerdeführer ferner gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG darüber informiert, dass er verpflichtet sei, ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen.
10. Gegen den dem Beschwerdeführer am 14.01.2019 durch Hinterlegung zugestellten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl richtet sich die im Wege der dem Beschwerdeführer beigegebenen und von ihm bevollmächtigte Rechtsberatungsorganisation fristgerecht eingebrachte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
In dieser wird inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids sowie Verletzung von Verfahrensvorschriften moniert und beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und festzustellen, dass dem Beschwerdeführer weiterhin der Status eines Asylberechtigten zukomme. Hilfsweise wird beantragt, dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, die Rückkehrentscheidung aufzuheben und dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 ff AsylG 2005 zu erteilen bzw. festzustellen, dass die Abschiebung in den Irak unzulässig sei. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt und jedenfalls die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht begehrt.
In der Sache bringt der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge könne aus der bloßen Anwesenheit auf dem Territorium des Herkunftsstaates nicht ohne weiteres auf die Inanspruchnahme von Schutz geschlossen werden. Darüber hinaus lasse eine temporäre Unterschutzstellung zum Zweck von Besuchsreise nicht den Schluss einer dauerhaften Wiederherstellung von Beziehungen zum Herkunftsstaat zu. Mit dem einmaligen Aufenthalt habe der Beschwerdeführer keine Normalisierung seiner Beziehung zum Herkunftsstaat bezweckt und sich auch nicht unter den Schutz seines Herkunftsstaates begeben. Aufgrund der Einmaligkeit, der kurzen Aufenthaltsdauer sowie des in familiären Verpflichtungen gelegenen Grundes der Reise sei der Sachverhalt nicht unter Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention zu subsumieren.
11. Die Beschwerdevorlage langte am 29.01.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Rechtssache wurde in weiterer Folge der nun zur Entscheidung berufenen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichts zugewiesen.
12. Das Bundesverwaltungsgericht veranlasste am 12.02.2019 eine Recherche der Staatendokumentation zu den vom Beschwerdeführer im Verfahren erster Instanz geschilderten Einreisemodalitäten in der autonomen Region Kurdistan. Die bezughabende Anfragebeantwortung vom 28.02.2019 langte am 01.03.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
13. Mit Note des Bundesverwaltungsgerichtes ebenfalls vom 12.02.2019 wurde der Verwaltungsakt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl betreffend die am 23.11.2015 erfolgte Ausstellung eines Konventionspasses angefordert. Der Akt langte am 15.02.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Über Nachfrage wurde seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gesondert bekannt gegeben, dass der irakische Reisepass des Beschwerdeführers beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht aufliegen und dieser auch nicht bei der Ausstellung des Konventionspasses abgenommen worden sei.
14. Zur Vorbereitung der für den 09.04.2019 anberaumten mündlichen Verhandlung wurden der rechtsfreundlichen Vertretung des Beschwerdeführers mit Note des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.03.2019 aktuelle Länderdokumentationsunterlagen zur allgemeinen Lage im Irak und in der autonomen Region Kurdistan sowie die eingeholte Anfragebeantwortung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen vom 28.02.2019 zur Einreise mit einem Konventionsreisepass in die autonome Region Kurdistan zur Wahrung des Parteiengehörs übermittelt und die Möglichkeit eingeräumt, dazu innerhalb einer Frist schriftlich Stellung zu nehmen.
Eine Stellungnahme zu den übermittelten Länderberichten wurde seitens des Beschwerdeführers nicht abgegeben. Anstatt dessen äußerte sich der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 19.03.2019 nochmals zur behaupteten Abnahme seines irakischen Reisepasses.
15. Am 04.04.2019 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung im Beisein des Beschwerdeführers, seiner rechtsfreundlichen Vertretung und eines Dolmetschers für die Sprache Kurmancî durchgeführt. Im Verlauf dieser Verhandlung wurde dem Beschwerdeführer einerseits Gelegenheit gegeben, neuerlich seine die Motivation seiner Reise in den Herkunftsstaat im Juli 2017 umfassend darzulegen sowie die aktuelle Lageentwicklung im Irak anhand der dem Beschwerdeführer im Vorfeld übermittelnden Länderdokumentationsunterlagen erörtert.
Die Verhandlung wurde schließlich zur Ladung eines Zeugen vertragt.
16. Am 11.06.2019 wurde die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht im Beisein des Beschwerdeführers, seiner rechtsfreundlichen Vertretung und eines Dolmetschers für die Sprache Kurmancî fortgesetzte und ein Bediensteter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl als Zeuge einvernommen.
Im Anschluss an die mündliche Verhandlung wurde das gegenständliche Erkenntnis samt den wesentlichen Entscheidungsgründen mündlich verkündet und seitens des Beschwerdeführers mit Eingabe vom 12.06.2019 die Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung des Erkenntnisses beantragt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX , er ist Staatsangehöriger des Irak und Angehöriger der kurdischen Volksgruppe. Er wurde am XXXX in der Stadt XXXX im gleichnamigen Gouvernement der autonomen Region Kurdistan geboren und lebte dort - von einem Aufenthalt im Bundesgebiet in den Jahren 2009 und 2010 unterbrochen - bis zur Ausreise in einem in seinem Eigentum stehenden Wohnhaus in der Umgebung der Stadt Dohuk. Der Beschwerdeführer ist Moslem und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Er hat keine Kinder.
Der Beschwerdeführer führte bis zum 26.11.2014 den Namen XXXX . Mit rechtskräftigem Beschluss des Personenstandsgerichtes in XXXX vom 26.11.2014 wurde die vom Beschwerdeführer beantragte Namensänderung des Vornamens von " XXXX " auf " XXXX " bewilligt.
Der Beschwerdeführer besuchte in XXXX die Grundschule und anschließend eine weiterführende Schule im Gesamtausmaß von neun Jahren. Nach dem Schulbesuch belegte der Beschwerdeführer Ausbildungen im Bereich audiovisuelle Medien. Bis zur Ausreise im Mai 2015 war der Beschwerdeführer im Medienbereich als Produzent bzw. Redakteur audiovisueller Werke zweier kurdischer Privatfernsehsender (davon ein Sportsender) tätig, wobei er für einen dieser Fernsehsender auch Auftritte in sozialen Medien betreute. Der Beschwerdeführer war dabei eigenen Angaben zufolge Vorgesetzter von 45 Personen und führte den Titel eines "Technical Director".
Die Eltern des Beschwerdeführers sind verstorben. Sein Bruder XXXX hält sich in der Bundesrepublik Deutschland auf. In der autonomen Region Kurdistan und dort im Gouvernement Dohuk verfügt der Beschwerdeführer über zwei Schwestern, die beide verheiratet und erwerbstätig sind. Eine Schwester des Beschwerdeführers arbeitet als Lehrerin, die andere Schwester des Beschwerdeführers arbeitet als Betreuerin in einem Kindergarten. Nicht festgestellt werden kann, dass eine der Schwestern des Beschwerdeführers an Krebs erkrankt ist. Im Gouvernement Dohuk leben außerdem drei Onkel des Beschwerdeführers und vier Tanten. Die Tanten des Beschwerdeführers sind allesamt verheiratet, führen den Haushalt und werden von ihren Ehemännern versorgt. Ein Onkel des Beschwerdeführers ist Sänger, ein weiterer Onkel im Ruhestand und ein dritter Onkel bei der staatlichen Rundfunkanstalt erwerbstätig. Der Beschwerdeführer steht mit seinen Angehörigen in der autonomen Region Kurdistan in regelmäßigem Kontakt.
1.2. Der Beschwerdeführer stellte erstmals am 01.07.2009 unter Verwendung des Namens XXXX einen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Er brachte dabei im Wesentlichen vor, den Irak verlassen zu haben, da er eine außereheliche Beziehung mit einer Frau unterhalten habe. Er sei dabei von einem Bruder dieser Frau gemeinsam mit ihr gesehen worden und fürchte nunmehr, dass der Vater der Frau ihm "weh tun" werde.
Der Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.04.2010, Zl. 09 07.775-BAL, vollumfänglich abgewiesen und der Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Der Beschwerdeführer erhob dagegen zunächst das Rechtsmittel der Beschwerde an den Asylgerichtshof, verließ jedoch in der Folge am 16.08.2010 freiwillig unter Gewährung von Rückkehrhilfe das Bundesgebiet und kehrte in den Herkunftsstaat zurück. Der Antrag auf internationalen Schutz wurde infolgedessen mit Verfahrensanordnung des Asylgerichtshofes vom 25.08.2010, E8 413.127-1/2010-4E, gemäß § 25 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 in der damals anzuwendenden Fassung als gegenstandslos abgelegt.
1.3. An einem nicht feststellbaren Tag im Mai 2015 verließ der Beschwerdeführer neuerlich den Irak legal auf dem Landweg in die Türkei und gelangte in der Folge schlepperunterstützt nach Österreich, wo er am 24.05.2015 nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz stellte
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.11.2015, Zl. 1070602502-150554882, wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 AsylG 2005 stattgegeben und dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme. Der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.11.2015, Zl. 1070602502-150554882, wurde durch Zustellung an den Beschwerdeführer am 16.11.2015 erlassen und erwuchs in der Folge in Rechtskraft. Dem Beschwerdeführer wurde unter einem sein im Verfahren vorgelegter irakischer Reisepass im Original retourniert.
In einem auf den 04.11.2015 datierten Aktenvermerkt hält das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Zuerkennung des Status des Asylberechtigten fest, dass der Beschwerdeführer einen Dokumentarfilm über die Beteiligung türkischer und irakischer Behördenvertreter an Schmuggelaktivitäten der Partiya Karkerên Kurdistanê angefertigt habe und im Abspann der Produktion als Produzent aufscheine. Aufgrund der in der Dokumentation erhobenen Korruptionsvorwürfe sei der Beschwerdeführer bedroht und ein Koproduzent inhaftiert worden. Im Fall einer Rückkehr drohe dem Beschwerdeführer aufgrund der ihm unterstellten kritischen Haltung gegenüber irakischen Behörden und der kurdischen Autonomieverwaltung eine unverhältnismäßige Bestrafung.
1.4. Der Beschwerdeführer unterhält eigenen Angaben zufolge seit dem Jahr 2005 eine Beziehung mit der irakischen Staatsangehörigen kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit XXXX . Er ist mit ihr eigenen Angaben zufolge seit dem 17.09.2013 verlobt. Am 11.07.2018 schloss der Beschwerdeführer mit XXXX vor dem Personenstandsgericht in Dohuk im Wege der Stellvertretung die Ehe. Er hatte dazu mit Vollmacht vom 13.03.2018, amtlich beglaubigt von der Konsularabteilung der irakischen Botschaft in Wien am selben Tag, seinen Onkel XXXX bevollmächtigt.
Der Beschwerdeführer selbst sieht sich aus traditionellen Gründen derzeit ungeachtet der erfolgten standesamtlichen Eheschließung als unverheiratet an und bezeichnet seine Ehefrau weiterhin als seine Verlobte, da er mit ihr noch keinen Geschlechtsverkehr durchgeführt hat.
XXXX lebt derzeit in der autonomen Region Kurdistan und ist als Lehrerin erwerbstätig. Sie hat am 30.08.2018 bei der österreichischen Botschaft in Amman die Familienzusammenführung beantragt. Das Verfahren ist derzeit in erster Instanz unerledigt anhängig.
1.5. Der Beschwerdeführer reise am 07.07.2017 vom Flughafen München ausgehend über Istanbul im Luftweg gemeinsam mit weiteren irakischen Staatsangehörigen nach Erbil um dort Familienangehörige und Freunde zu besuchen und um dort zu Urlauben und traf dort in den Nachtstunden des 08.07.2017 ein. Er passierte im Anschluss die polizeiliche Einreisekontrolle auf dem Flughafen in Erbil, ohne behelligt zu werden und wirkte an den behördlichen Formalitäten bei der Einreise mit. Dabei legitimierte sich der Beschwerdeführer mit seinem (noch bis zum Jahr 2023 gültigen) irakischen Reisepass. Die Einreise in den Irak ist für irakische Staatsbürger nur mit einem gültigen Reisepass oder einem von der irakischen Vertretungsbehörde ausgestellten laissez-passer möglich.
Bereits bei der Ausreise in München wurde der Beschwerdeführer einer polizeilichen Kontrolle unterzogen. Er legitimierte sich dabei mit seinem vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ausgestelltem Konventionspass und wurde infolgedessen von den einschreitenden Beamten auf die Unzulässigkeit einer Reise in den Herkunftsstaat hingewiesen. Der Beschwerdeführer setzte dennoch seine Reise fort.
Während seines Aufenthaltes in der autonomen Region Kurdistan hielt sich der Beschwerdeführer seinen eigenen, nicht überprüfbaren Angaben zufolge bei zwei Freunden in deren Haus in der Umgebung von Dohuk auf, mit welchen er vor der Ausreise bei einem Fernsehsender zusammenarbeitete. Dort empfing er nach ausführlichen Unterhaltungen mit seinen Freunden zunächst am 08.07.2017 Besuch von einer Schwester. Nicht festgestellt werden kann, dass sich der Beschwerdeführer ausschließlich auf dem Anwesen seiner Freunde aufhielt und dort Besuche empfing, fernsah oder über familiäre Schwierigkeiten nachdachte. Die vom Beschwerdeführer tatsächlich gesetzten Aktivitäten sind mangels entsprechender Mitwirkung des Beschwerdeführers nicht feststellbar.
An einem der Tage seines Aufenthaltes in der autonomen Region Kurdistan traf er unter nicht näher feststellbaren Umständen einen Bruder seiner damaligen Verlobten, um die Eheschließung zu besprechen. Nicht festgestellt werden kann, dass eine persönliche Erörterung der Eheschließung mit dieser Person zwingende Voraussetzung der Eheschließung war.
Am 21.07.2017 trat der Beschwerdeführer von Erbil ausgehend die Rückreise nach München an, wo er nach einem Umstieg in Istanbul um 12.40 Uhr eintraf. Er passierte dabei in Erbil die polizeiliche Ausreisekontrolle. Einem längeren Aufenthalt im Herkunftsstaat stand der begrenze Urlaubsanspruch des Beschwerdeführers entgegen. Hätte er mehr Urlaub nehmen können, hätte er seinen Aufenthalt entsprechend verlängert.
Weitere Aufenthalte des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat nach der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sind nicht feststellbar. Der Beschwerdeführer ist jedoch bereit, jederzeit wieder in den Irak zu reisen, wenn dies aufgrund von Ehrenangelegenheiten oder Angelegenheiten betreffend seine Ehefrau erforderlich ist, da er die Wahrung der Ehre als sehr wichtig erachtet und bereit ist, alles dafür zu unternehmen.
1.6. Der Beschwerdeführer suchte bereits vor seiner Reise in den Herkunftsstaat eigenen Angaben zufolge mehrfach die irakische Botschaft in Wien auf bzw. kontaktierte diese telefonisch und betrieb dort die Ausstellung eines irakischen Reisepasses. Der Beschwerdeführer wurde dabei eigenen Angaben zufolge auf die irakische Vertretungsbehörde in der Bundesrepublik Deutschland verwiesen.
Nach seiner Rückkehr in das Bundesgebiet suchte der Beschwerdeführer zumindest am 13.03.2018 nochmals die Konsularabteilung der irakischen Botschaft in Wien auf und erlangte dort die amtliche konsularische Beglaubigung einer Vollmacht, mit welcher er seinen Onkel XXXX zur Eheschließung (im Wege der Stellvertretung) mit seiner Verlobten XXXX bevollmächtigte. Der Beschwerdeführer legitimierte sich dabei mit irakischen Ausweisdokumenten. Zum Zweck der Vorlage im Verfahren zur Familienzusammenführung (eingeleitet bei der österreichischen Botschaft in Amman am 30.08.2018) wurden außerdem Beglaubigungen einer englischsprachigen amtlichen Bestätigung des Beschwerdeführers über seinen Personalausweis und seinen am 18.08.2018 ausgestellten Auszug aus dem Personenstandsregister durch das "Department of Foreign Relations" der kurdischen Regionalregierung am 23.08.2018 und eine Beglaubigung der von ihm erteilten Vollmacht und auch seiner Heiratsurkunde durch das "Department of Foreign Relations" der kurdischen Regionalregierung, jeweils am 23.08.2018, hergestellt.
1.7. Der Beschwerdeführer hegte bei seiner Einreise in den Irak und dort in die autonome Region Kurdistan im Juli 2017 keine Furcht davor, in seinem Herkunftsstaat einer individuellen Gefährdung oder psychischer und/oder physischer Gewalt durch staatliche Organe oder durch Dritte ausgesetzt zu sein.
Der Beschwerdeführer ist im Fall einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat und dort in seine Herkunftsregion Dohuk keiner mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintretenden individuellen Gefährdung oder psychischer und/oder physischer Gewalt durch staatliche Organe oder durch Dritte ausgesetzt. Der Beschwerdeführer ist aufgrund der zwischenzeitlichen Änderung der politischen Situation im Nordirak insbesondere nicht (mehr) von einer von staatlichen Organen oder Privatpersonen ausgehenden individuellen Gefährdung aufgrund eines von ihm gedrehten Dokumentarfilmes über Schmuggel im Grenzgebiet zur Türkei betroffen.
Der Beschwerdeführer ist im Fall einer Rückkehr in seine Herkunftsregion auch nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer individuellen Gefährdung oder psychischer und/oder physischer Gewalt seitens verbliebener Anhänger des Islamischen Staates ausgesetzt.
Der Beschwerdeführer wird in seinem Herkunftsstaat nicht von Strafverfolgungsbehörden gesucht und es droht ihm im Fall einer Rückkehr in den Irak keine Strafverfolgung.
1.8. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat die Todesstrafe droht. Ebenso kann keine anderweitige individuelle Gefährdung des Beschwerdeführers festgestellt werden, insbesondere im Hinblick auf eine drohende unmenschliche Behandlung, Folter oder Strafe sowie kriegerische Ereignisse oder extremistische Anschläge im Irak und dort im Gouvernement Dohuk in der autonomen Region Kurdistan.
1.9. Der Beschwerdeführer ist ein junger, arbeits- und anpassungsfähiger Mensch mit grundlegender Ausbildung in der Schule sowie mit im Herkunftsstaat erworbener grundlegender Schulbildung und Berufserfahrung im Medienbereich als Techniker, Redakteur und Produzent und war eigenen Angaben zufolge Vorgesetzter von 45 Personen im Rang eines "Technical Director".
Der Beschwerdeführer verfügt über eine gesicherte Existenzgrundlage in seinem Herkunftsstaat, eine Wohnmöglichkeit in dem in seinem Eigentum stehenden Wohnhaus im Gouvernement Dohuk in der autonomen Region Kurdistan sowie über familiäre Anknüpfungspunkte in seiner Herkunftsregion. Dem Beschwerdeführer ist darüber hinaus die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zur Sicherstellung seines Auskommens möglich und zumutbar.
Der Beschwerdeführer verfügt über irakische Ausweisdokumente im Original (Reisepass, Personalausweis, Staatsbürgerschaftsnachweis).
1.10. Der Beschwerdeführer hält sich seit dem 24.05.2015 in Österreich auf. Er reiste rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und stellte in der Folge einen Antrag auf internationalen Schutz. Seit der Erlassung des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.11.2015, Zl. 1070602502-150554882, am 16.11.2015 ist der Beschwerdeführer rechtmäßig als Asylberechtigter im Bundesgebiet aufhältig. Über einen anderen Aufenthaltstitel verfügt der Beschwerdeführer nicht.
Der Beschwerdeführer bezog vom 26.05.2015 an bis zum 31.03.2016 Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber und war zunächst in einer Unterkunft für Asylwerber in der Stadtgemeinde Lilienfeld untergebracht. Seit dem 15.12.2015 lebt der Beschwerdeführer im Bundesland Oberösterreich. Er ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt Hauptmieter einer Wohnung in XXXX , bestehend aus zwei Zimmern im gesamten Ausmaß von ca. 51,77 m². Der Beschwerdeführer wendet für Miete monatlich EUR 332,69 auf. Das Bestandverhältnis ist bis zum 30.11.2019 befristet.
Seit dem 16.07.2018 ist der Beschwerdeführer bei der XXXX als unselbständig Beschäftigter vollerwerbstätig. Das Dienstverhältnis ist unbefristet. Der Beschwerdeführer bringt dabei monatlich EUR 1.781,57 brutto (EUR 1.386,86 netto) ins Verdienen. Der Beschwerdeführer ist außerdem bei XXXX in der Stadtgemeinde XXXX teilzeitbeschäftigt. Von seinem Einkommen sendet der Beschwerdeführer seiner Ehefrau aus traditionellen Gründen Geld, obwohl diese in der autonomen Region Kurdistan als Lehrerin erwerbstätig, selbsterhaltungsfähig und auf die Geldsendungen nicht angewiesen ist.
Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Verwandten und pflegt im Übrigen normale soziale Kontakte. Er ist ehrenamtlich in der arabisch-christlichen Kirche in Linz engagiert und unterstützte fallweise das Rote Kreuz bei Gebäudereinigungen.
Der Beschwerdeführer ist für keine Person im Bundesgebiet sorgepflichtig und in Österreich alleinstehend, zumal sich seine Ehefrau im Irak aufhält. Er besuchte keine Deutschkurse und legte keine Prüfungen ab, verfügt jedoch aufgrund seiner sozialen Kontakte und seiner Erwerbstätigkeit über fortgeschrittene Kenntnisse der deutschen Sprache.
1.11. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet war nie nach § 46a Abs. 1 Z. 1 oder Abs. 1a FPG geduldet. Sein Aufenthalt ist nicht zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig. Der Beschwerdeführer wurde nicht Opfer von Gewalt im Sinn der §§ 382b oder 382e EO. Er ist strafgerichtlich unbescholten.
1.12. Zur gegenwärtigen Lage in der autonomen Region Kurdistan werden folgende Feststellungen getroffen:
1.7. Zur gegenwärtigen Lage in der autonomen Region Kurdistan werden folgende Feststellungen getroffen:
Sicherheits- und Menschenrechtslage:
Informationen zu Menschenrechtsverletzungen, die allgemein Kurden sunnitischen Glaubens betreffen sowie Informationen zur Frage, ob Rückkehrer aus dem Ausland behördlichen Schikanen oder anderen Diskriminierungen ausgesetzt sind, liegen nicht vor. Fälle schlechter Behandlung oder Festnahmen von Rückkehrern sind nicht bekannt.
Im März 2018 wurden bei Protesten von Staatsangestellten wegen ausstehenden Löhnen dutzende Demonstranten und zumindest zwei Journalisten von kurdischen Sicherheitskräften festgenommen. Das gewaltsame Vorgehen gegen Demonstranten bei diesen Protesten im März 2018 wurde in mehreren Medienberichten kritisiert.
Das Höchstkomitee der kurdischen Regionalregierung zur Evaluierung internationaler Berichte überprüfte im Jahr 2017 Vorwürfe von Misshandlungen durch die kurdischen Peschmerga und entlastete diese schließlich in öffentlichen Berichten und Stellungnahmen. Staatliche Organe und Sicherheitskräfte, darunter auch die Peschmerga, konnte damit weitgehend straflos agieren. Im Juli 2017 veröffentlichte die kurdische Journalistengewerkschaft einen Bericht, der 56 Fälle der Verletzung von Pressefreiheit in der ersten Hälfte des Jahres 2017 dokumentierte. Einem Journalisten des der Oppositionspartei Gorran nahestehenden Mediums Kurdish News Network zufolge hätten Sicherheitskräfte ihn an seiner Arbeit gehindert und hätten ihn mehrfach körperlich angegriffen. Ein Mitglied der Sicherheitskräfte der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP) habe ihn davon abgehalten, 2016 aus dem Distrikt Makhmur zu berichten und ein Mitarbeiter des kurdischen Innenministeriums habe ihn im April 2017 gewarnt, dass er getötet werden könne, wenn er sich nicht zurückhalten würde.
Amnesty International erwähnt im Jahresbericht zur Menschenrechtslage im Irak vom Februar 2017 (Berichtszeitraum 2016), dass Journalisten, Aktivisten und Politiker, die der regierenden Demokratischen Partei Kurdistans kritisch gegenüberstanden, schikaniert und bedroht wurden, und einige von ihnen wurden aus der Provinz Erbil vertrieben. Fälle von getöteten Journalisten und Kritikern oder Gegnern der kurdischen Behörden aus den vergangenen Jahren waren immer noch nicht untersucht worden.
Im Jahresbericht zur Menschenrechtslage im Irak vom Februar 2017 (Berichtszeitraum 2016) berichtet Amnesty International davon, dass Journalisten und Blogger Opfer von Schlägen, Überwachung, willkürlichen Festnahmen, Todesdrohungen und Verleumdungskampagnen, die sie oder ihre Familienangehörigen diskreditierten. Vor dem Unabhängigkeitsreferendum in der Region Kurdistan wurde die Tendenz, immer stärker in das Recht auf Meinungsfreiheit von Journalisten und Bloggern einzugreifen, besonders deutlich. Von Juni bis September 2017 dokumentierte Amnesty International zwölf Fälle von willkürlichen Festnahmen, Schlägen und Einschüchterungen von Journalisten und Bloggern.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) meldet im Februar 2018, dass Sicherheitskräfte der kurdischen Regionalregierung Teilnehmer an Protesten in Sulaimaniya im Dezember 2017 festgenommen und sie gezwungen hätten, Erklärungen zu unterzeichnen, in denen sie versprochen hätten, nicht die Regierung zu kritisieren. Die Protestteilnehmer seien bis zu acht Tage lang festgehalten worden, bevor sie einem Richter vorgeführt worden seien. Die Sicherheitskräfte hätten zudem drei Journalisten festgenommen, die über die Proteste berichtet hätten.
Die schwedische Einwanderungsbehörde Migrationsverket bemerkt in einer rechtlichen Stellungnahme zur Lage im Irak vom Jänner 2018, dass die Sicherheitslage in den kurdischen Provinzen Dohuk, Erbil und Sulaimaniya nicht einem bewaffneten Konflikt oder anderen schweren Auseinandersetzungen gleiche. Die Lage werde jedoch nach dem Referendum und den anschließenden Militäroperationen in den [zwischen der Zentralregierung und der kurdischen Regionalregierung] umstrittenen Gebieten als fragil eingestuft. Die politischen Spannungen zwischen kurdischen Gruppierungen einerseits und zwischen der irakischen Zentralregierung und der kurdischen Regionalregierung andererseits könnten Auswirkungen auf die Region und ihre Einwohner mit sich bringen. Derzeit werde die Sicherheitslage jedoch als stabil betrachtet. Was die Existenz von staatlichem Schutz angehe, so meint Migrationsverket, dass es ein angemessenes Maß an staatlichem Schutz gebe, obwohl es auch Einschränkungen und Defizite gebe, wie beispielsweise beim Schutz vor Ehrverbrechen.
Die Türkei hat im Jahr 2018 ihre Operationen im Nordirak gegen bewaffnete Mitglieder der Partiya Karkerên Kurdistanê (PKK) ausgeweitet. Die PKK ist seit langem im Nordirak an der Grenze zur Türkei, zu Syrien und zum Iran präsent. Beginnend mit März 2018 haben türkische Armeekräfte ihre Präsenz im Nordirak um mindestens 30 Kilometer ausgeweitet und Außenposten unter anderem in den Provinzen Dohuk und Erbil errichtet. BBC berichtete im Jänner 2019, dass mindestens eine Person getötet und zehn weitere verletzt worden wären, als eine wütende Menge ein türkisches Militärlager gestürmt habe. Lokale Bewohner hätten Fahrzeuge und Gebäude in Brand gesetzt, um gegen türkische Luftangriffe in der Region zu protestieren, bei denen Berichten zufolge mehrere Personen getötet worden seien. Laut einem örtlichen Beamten hätten türkische Soldaten auf Demonstranten geschossen und seien dann verschwunden. Es sei noch nicht genau klar, wie es zu dem Todesfall nahe der Stadt Dohuk gekommen sei:
Im März und im Juni 2018 wurden bei türkischen Militäroperationen, die ohne erkennbare militärische Ziele durchgeführt worden seien, fünf Zivilisten getötet. Die Türkei führt weiterhin Luftangriffe auf Stellungen der PKK, etwa in den Qandil-Bergen, aus. Am 14.12.2018 verurteilte das irakische Außenministerium in einer Stellungnahme die türkischen Luftangriffe auf Stellungen der PKK in den Sindschar-Bergen und in der Provinz Makhmur. Laut der Stellungnahme forderten die Luftangriffe vier zivile Opfer.
Im September 2018 führten iranische Einheiten Angriffe auf die Zentralen der im Irak ansässigen iranischen Oppositionsparteien Kurdistan Democratic Party of Iran und Democratic Party of Iranian Kurdistan ausgeführt. Dabei wurden mindestens 13 Personen getötet und 39 verletzt.
Today, eine Zeitung aus Singapur, berichtet am 01.03.2018 unter Bezugnahme auf Informationen der Nachrichtenagentur Reuters, dass zwei Personen bei der Explosion einer Autobombe in Erbil verletzt worden seien. Es handle sich hierbei um einen relativ seltenen Angriff in der Hauptstadt der Autonomen Region Kurdistan. Die Bombe habe vermutlich auf einen Vertreter der Demokratischen Partei Kurdistan-Iran abgezielt.
Im Juli 2018 erschossen kurdische Sicherheitskräfte in Erbil bewaffnete Männer, die ein Regierungsgebäude gestürmt und Geiseln genommen hatten. Die Bewaffneten drangen Berichten zufolge mit Maschinengewehren und Handgranaten über zwei Eingänge in das Gebäude ein. Bei den vier Stunden dauernden Auseinandersetzungen wurde ein Regierungsmitarbeiter getötet und zwei Polizisten verletzt worden. Einem Sicherheitsbeamten zufolge habe es sich bei den Angreifern um Kämpfer des Islamischen Staates gehandelt. Laut einem IS-Experten seien es jedoch wahrscheinlicher Mitglieder der Ansar al-Islam gewesen, einer vornehmlich kurdischen, salafistischen Organisation mit Verbindungen zu Al-Qaida. Einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters zufolge sind solche Angriffe größeren Ausmaßes in Erbil, dem Sitz der kurdischen Regionalregierung, selten.
Gerichte in der teilautonomen Region Kurdistan verhängten weiterhin Todesurteile für terroristische Straftaten. 2016 gab es keine Hinrichtungen. Im Jahr 2017 wurde ein Todesurteil zur Vollstreckung freigegeben, die Vollstreckung ist bisher aber noch nicht erfolgt.
Die folgende Grafik veranschaulicht die Entwicklung der sicherheitsrelevanten Vorfälle im Gouvernement Dohuk und Anzahl der Opfer, wobei die Darstellung jedwede Art von Gewaltanwendung (insbesondere Bombenanschläge, Selbstmordattentate, Attacken mit Schusswaffen und außergerichtliche Tötungen) umfasst.
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Die folgende Grafik veranschaulicht die Entwicklung der sicherheitsrelevanten Vorfälle im Gouvernement Erbil und Anzahl der Opfer, wobei die Darstellung jedwede Art von Gewaltanwendung (insbesondere Bombenanschläge, Selbstmordattentate, Attacken mit Schusswaffen und außergerichtliche Tötungen) umfasst.
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Quellen:
- ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Anfragebeantwortung zum Irak: Menschenrechtslage in der Autonomen Region Kurdistan: Lage von Kurden sunnitischen Glaubens; behördliche Schikanen oder andere Diskriminierungen für Rückkehrer aus dem Ausland vom 10.05.2017, vom 29.03.2018 und vom 21.02.2019
- ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Anfragebeantwortung zum Irak: Sicherheitslage in der autonomen Region Kurdistan-Irak: Kampfhandlungen, Anschläge und Zielgruppen vom 10.05.2017, vom 29.03.2018 und vom 21.02.2019
Wirtschaftliche und soziale Lage:
Dem Mediennetzwerk Rudaw zufolge stiegen die Wohnungspreise in der Autonomen Region Kurdistan im Jahr 2018 um 20 Prozent und die Mietpreise um 15 Prozent an. In Zukunft werden weiterhin steigende Immobilienpreis erwartet. Die Nachfrage nach Mietwohnungen stiegt im zweiten Halbjahr 2018 im Vergleich zum ersten Halbjahr um 45 Prozent an. Der Leiter eines Immobilienunternehmens teilte Rudaw mit, dass im Mai 2018 die Miete für ein Haus im Italian Village (ein neues Wohngebiet in Erbil) 500 US-Dollar betragen habe, nun liege sie bei 650 US-Dollar. Aufgrund der hohen Nachfrage seien derzeit keine Häuser im Italian Village verfügbar. Eine große Anzahl von Personen aus dem Zentral- und Südirak komme derzeit nach Kurdistan, darunter insbesondere Personen aus Mossul und Basra. Ein weiterer Grund für die hohe Nachfrage sei die Rückkehr ausländischer Firmen, von denen viele die ARK zu Beginn des Konflikts mit dem Islamischen Staat im Jahr 2014 verlassen hätten.
Die Internationale Organisation für Migration veröffentlicht im Juli 2018 den Ergebnisbericht einer Haushaltsstudie. Für die Studie wurden von April 2017 bis Mai 2018 13.200 Haushalte in den drei Provinzen Erbil, Sulaimaniyya und Dohuk zur Wohnsituation und Lebensgrundlagen befragt. Nahezu alle befragten Familien hätten in festen Behausungen gewohnt, bei 89 Prozent der Befragten habe eine Familie in einem Haus gewohnt, 9 Prozent in einem Haus mit mehreren Familien und ein Prozent in Wohnungen. Lediglich 0,1 Prozent der Haushalte habe in zeitlich begrenzten Unterkünften wie Bungalows oder Zelten, sowie anderen kritischen Unterkünften wie unfertigen Bauten, religiösen Einrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften gewohnt. 75 Prozent der Familien, die in der autonomen Region Kurdistan leben würden, würden das Haus besitzen, in dem sie leben. Die Quote steige in ländlichen Gegenden auf bis zu 90 Prozent. In Städten hätten 18,5 Prozent der Befragten in Mietverhältnissen gelebt. Nur ein sehr geringer Teil der Befragten (8 Prozent) habe in Unterkünften gewohnt, die von Freunden oder Verwandten zur Verfügung gestellt worden seien und lediglich ein Prozent der Befragten habe in Gemeinschaftsunterkünften gewohnt. Verwandte und Freunde seien tendenziell in urbanen Gebieten (9 Prozent) eher unterstützend tätig als in ländlichen Gebieten (3 Prozent), und generell habe es diese Art der Unterstützung eher in der Provinz Sulaimaniyya gegeben.
Die Höhe der Miete hängt IOM zufolge vom Ort, der Raumgröße und der Ausstattung ab. Außerhalb des Stadtzentrums sind die Preise für gewöhnlich günstiger. Im Jahr 2018 wurde eine durchschnittliche Miete in der autonomen Region Kurdistan in Städten von 200 - 600 USD für eine Zweizimmerwohnung ermittelt. Der Kaufpreis eines Hauses oder Grundstücks hängt ebenfalls von Ort, Größe und Ausstattung ab. Während die Nachfrage zum Mieten stieg, nahm die Nachfrage zum Kaufen ab. Die durchschnittlichen Betriebskosten pro Monat betragen für Gas 15,000 Irakische Dinar (IQD), sohin ca. 11 Euro, für Wasser 10 - 25,000 IQD, sohin etwa 7,4 - 18,5 Euro, für öffentliche Elektrizität 30 - 40,000 IQD, sohin etwa 22,2 - 29,6 Euro sowie für private oder nachbarschaftliche Generatoren 40,000 - 60,000 IQD, sohin etwa 29,6 - 44,3 Euro. Nach der Befreiung der vom Islamischen Staat kontrollierten Gebiete würden die ersten Binnenflüchtlinge wieder zu ihren Heimatsorten zurückkehren. Dies führe zu einer leichten Senkung der Mietpreise. Generell sei es vor allem für alleinstehende Männer schwierig, Häuser zu mieten. Im Hinblick auf (Einzel-)Wohnungen sind die Abläufe unkomplizierter.
Die von einem in Serbien ansässigen Softwareentwickler betriebene Website Numbeo gibt mithilfe von nutzergenerierten Daten die Durchschnittspreise für Konsumgüter, Wohnkosten und weitere Lebenskosten in ausgewählten Städten an. Nutzer, die über Informationen zum Preisniveau verschiedener Güter in einer bestimmten Stadt verfügen, können diese auf Numbeo eintragen. Aus den verschiedenen Preisangaben der Nutzer werden dann Durchschnittspreise für die einzelnen Güter angegeben. Solche Preisprofile existieren auch für die in der autonomen Region Kurdistan gelegenen Städte Erbil und Sulaimaniyya.
Die Angaben zu Erbil mit dem Stand Mai 2019 berufen auf 683 Eintragungen von 54 Nutzern der letzten 18 Monate. Die Monatsmiete einer Einzimmerwohnung im Zentrum von Erbil wird mit dem Durchschnittspreis von 366 Euro angegeben (Preisspektrum: 268-447 Euro), für die Miete einer Einzimmerwohnung außerhalb des Zentrums wurde ein Durchschnittspreis von 256 Euro (Preisspektrum: 178-313 Euro) errechnet. Die Monatsmiete einer Dreizimmerwohnung im Zentrum von Erbil wird mit dem Durchschnittspreis von 569 Euro angegeben (Preisspektrum: 447-804 Euro), für die Miete einer Dreizimmerwohnung außerhalb des Zentrums wurde ein Durchschnittspreis von 416 Euro (Preisspektrum: 357- 529 Euro) errechnet.
Zum Preisprofil für die Stadt Sulaimaniya mit dem Stand Mai 2019 haben nach Angaben von Numbeo 44 Nutzer in den vorigen 18 Monaten Daten beigetragen. Für die Monatsmiete einer Einzimmerwohnung im Zentrum von Sulaimaniya wird ein Durchschnittspreis von 287 Euro angegeben (Preisspektrum: 168-400 Euro), für die Miete einer Einzimmerwohnung außerhalb des Zentrums wurde ein Durchschnittspreis von 199 Euro (Preisspektrum: 130-300 Euro) errechnet. Für die Monatsmiete einer Dreizimmerwohnung im Zentrum von Sulaimaniya wird ein Durchschnittspreis von 527 Euro angegeben (Preisspektrum: 300-840 Euro), für die Miete einer Dreizimmerwohnung außerhalb des Zentrums wurde ein Durchschnittspreis von 368 Euro (Preisspektrum: 250-600 Euro) errechnet.
Das in der Autonomen Region Kurdistan ansässige kurdische Mediennetzwerk Rudaw berichtet im September 2016, dass mehr als ein Zehntel der Bevölkerung der Region Kurdistan unter der Armutsgrenze leben würde. Bis zu 680.000 Personen der geschätzten 5,5 Millionen Bewohner der Region würden von weniger als 87 US-Dollar [etwa 80 Euro] pro Monat leben, die nach Weltbank-Standard als Armutsgrenze für den Irak und die Region Kurdistan festgelegt worden seien. Die Arbeitslosigkeit habe sich seit 2010 beinah verdreifacht und sei von 4,8 auf 13,3 Prozent angestiegen. Laut Angaben des Ministeriums für Arbeit und soziale Angelegenheiten sei die reale Arbeitslosigkeit jedoch wahrscheinlich wesentlich größer. Laut Angaben des Statistikamtes in Erbil sei der dramatische Anstieg der Armut und der Arbeitslosigkeit zum Teil durch den Zustrom von 1,8 Millionen Flüchtlingen in die Region Kurdistan sowie durch die Finanzkrise bedingt, von der die Wirtschaft der Region seit dem Fall der Ölpreise und dem Krieg gegen die Gruppe Islamischer Staat (IS) bestimmt sei.
IOM zufolge beträgt das durchschnittliche monatliche Einkommen im Irak Einkommen im Irak derzeit je nach Position und Ausbildung zwischen 200 und 2500 USD. Die (nationale) Arbeitslosenquote beträgt derzeit 14.8%. Derzeit wird auf nationaler Ebene vom Staat keine Arbeitslosenhilfe ausgezahlt.
Daten einer Studie von IOM vom Juli 2018 zufolge beträgt die Arbeitslosenrate in der Provinz Dohuk 13,8 Prozent, in der Provinz Sulaimaniyya bei 9,4 und in der Provinz Erbil bei 9,2 Prozent. Gleichzeitig ist die Arbeitslosigkeit unter Personen mit höherem Bildungsabschluss größer gewesen als bei Personen ohne Abschluss (Personen ohne Abschluss: 6,1 Prozent, Personen mit Volksschul- oder Mittelschulabschluss: 8,6 Prozent und Personen mit Sekundarabschluss oder Hochschulabschluss: 15 Prozent). 20 Prozent der jüngeren Bevölkerung zwischen 18 und 34 Jahren in der autonomen Region Kurdistan sind derzeit arbeitslos, Daten für einzelne Gouvernements liegen dazu nicht vor. 87 Prozent der Haushalte in Kurdistan verdienen weniger als 850 USD.
Arbeitsagenturen werden durch das Ministerium für Arbeit und Soziales in den meisten Städten zu Verfügung gestellt. Diese können beim Generalsekretariat der Arbeits- und Sozialversicherung eingesehen werden. Rückkehrer können sich an die nächstgelegene Anlaufstelle des Ministeriums für Arbeit und Soziales wenden um sich zu registrieren und über mögliche Hilfe zu erkundigen. Dies gilt sowohl für Arbeitsmöglichkeiten als auch für Weiterbildungsmaßnahmen Stellenangebote können unter anderem auf darauf spezialisierten Websites im Internet gefunden werden (etwa http://erbilmanpower.com). IOM zufolge sind alle irakischen Staatsbürger automatisch im Sozialsystem registriert. Die autonome Region Kurdistan behandelt keinen Staatsbürger unterschiedlich aufgrund von Religion oder Ethnie. Sämtlichen Staatsangehörigen wird, ebenso wie Zurückkehrenden, Zugang zu allen Sozialleistungen gewährt.
Ein im März 2016 veröffentlichter Bericht von Oxfam International, einem internationalen Verbund verschiedener Hilfs- und Entwicklungsorganisationen enthält Informationen zum im ganzen Irak geltenden Lebensmittelverteilungssystem PDS (Public Distribution System). Das PDS sei ein Subventionssystem der Regierung, über das seit 1991 lokal produzierte Nahrungsmittel sowie Importe verteilt würden. Es werde vom Handelsministerium verwaltet und stelle dem Großteil der irakischen Bevölkerung über Lebensmittelkarten subventionierte Nahrungsmittel zur Verfügung. Dabei schließe das PDS nicht nur die ärmsten Haushalte ein, sondern jeder, der im Irak ansässig sei, habe ein Anrecht auf monatliche Rationen. Theoretisch sehe die Lebensmittelkarte monatliche Nahrungsmittelrationen pro Person von 9kg Weizen, 3kg Reis, 2kg Zucker, einem Liter pflanzlichem Öl und drei Packungen (450g) Milchpulver vor. Das PDS, so Oxfam, sei seit einigen Jahren in Schwierigkeiten, da es sehr teuer und von schlechter Organisation und mangelnder Transparenz entlang der Versorgungswege gekennzeichnet sei. In den letzten Jahren habe die Regierung versucht das PDS zu verbessern, indem sie Staatsbedienstete mit einem monatlichen Einkommen von mehr als 1.286 US-Dollar vom Programm ausgeschlossen habe. Versuche, das PDS ab 2012-2013 mit einem Geldtransfer-System zu ersetzen, hätten bis jetzt aufgrund von mangelndem politischen Willen und großflächigen öffentlichen Protesten keinen Erfolg gezeigt. Die Weltbank arbeite mit der irakischen Regierung daran, das PDS in ein auf Vulnerabilität basierendes Sozialsystem umzuwandeln. Derzeit gebe es große Verzögerungen bei der Versorgung mit Grundnahrungsmitteln. Im Jänner 2016 seien Reis mit einer Verzögerung von drei Monaten und Öl mit einer Verzögerung von sieben Monaten ausgegeben worden. Zucker und Milchpulver seien seit mindestens sechs Monaten nicht mehr verteilt worden. Theoretisch habe ein Haushalt, der seine PDS-Rationen seit mindestens drei Monaten nicht mehr erhalten habe, ein Anrecht darauf, mit Bargeld kompensiert zu werden. Allein in der Provinz Dohuk gebe es 1.400 Lebensmittelausgabestellen. Das World Food Programme (WFP) unterstütze das PDS in der Region Kurdistan seit 1996. Derzeit würden Hilfsorganisationen daran arbeiten, die Versorgungslücken des PDS zu füllen, um die Bevölkerung zu versorgen. Dabei wolle man auch versuchen, die gegenwärtige humanitäre Hilfe und das regierungsgesteuerte System zu vernetzen. Derzeit würden PDS-Lebensmittelkörbe nicht in regelmäßigen Abständen verteilt, noch seien diese immer komplett. Trotz der Verzögerungen bei der Ausgabe einiger Lebensmittelkörbe funktioniere das PDS-System jedoch relativ gut in Dohuk und Zakho.
Das australische Außen- und Handelsministerium (DFAT) veröffentlicht mit dem Zweck der Verwendung in Verfahren zum internationalen Schutz im Juni 2017 einen Länderbericht zum Irak. Hierin wird berichtet, dass DFAT deutliche Beweise dafür habe, dass Iraker aus Australien zurückkehren und im Irak unter anderem Geschäfte eröffnen, Arbeit aufnehmen oder eine frühere Arbeit wieder aufnehmen würden. Die Praxis, um Asyl im Ausland anzusuchen und dann, wenn es die Umstände erlauben würden, in den Irak zurückzukehren, sei unter Irakern akzeptiert. Eine große Anzahl von Kurden, darunter insbesondere alleinstehende Männer, kehre freiwillig vor allem aus Europa in die Region Kurdistan zurück. Wie auch in anderen Regionen des Irak seien hier familiäre Verbindungen wichtig und eine erneute Integration falle denjenigen leichter (insbesondere im Hinblick auf Unterkunft und Arbeit), die weiterhin über Verbindungen in die Region Kurdistan verfügen würden.
REACH, eine Initiative der humanitären NGOs IMPACT und ACTED sowie von UNOSAT, veröffentlicht im Juni 2017 einen Bericht zur Migration von Irakern nach Europa sowie deren Rückkehr in den Irak. Bei Gesprächen mit Gemeinschaftsführern (unter anderem in Sulaimaniya) sei erwähnt worden, dass Rückkehrer wieder in ihre Gemeinschaften aufgenommen würden und dass die Gemeinschaften keine Schwierigkeiten hätten, Rückkehrer zu akzeptieren. Manchen Gemeinschaftsführern zufolge sei es für die Rückkehrer selbst schwierig, da sie bei ihrer Migration nicht erfolgreich gewesen seien und es nicht vermocht hätten, ein besseres Leben im Ausland aufzubauen. Die meisten der befragten Gemeinschaftsführer hätten auch angemerkt, dass es für Rückkehrer keine Möglichkeiten bei der Rückkehr gebe. Sie hätten in Europa keine neuen Fertigkeiten erlernt und dadurch, dass sie Zeit in Europa verschwendet hätten und es nur wenig Beschäftigungsmöglichkeiten gebe, gehe es ihnen oft schlechter als vor ihrer Migration. Nach der Rückkehr würden diese Personen oft in notdürftigen Unterkünften leben und seien Berichten zufolge stark abhängig von Unterstützungsleistungen der Familie oder der Gemeinschaft.
Für den Bericht der REACH-Initiative vom Juni 2017 zur Rückkehr in den Irak wurden zwischen April und Juni 2017 qualitative Daten an besonders von Rückkehr betroffenen Orten in Kurdistan sowie in Bagdad erhoben. Insgesamt wurden 65 Rückkehrer zu den Motiven ihrer Rückkehr sowie zur Lage nach ihrer Rückkehr befragt. In der Region Kurdistan hätten neun von 34 befragten Personen angegeben, dass der Mangel einer passenden Unterkunft zu ihren Hauptproblemen zähle. Rückkehrer, die Probleme hinsichtlich einer Unterkunft angegeben hätten, würden normalerweise Wohnraum mieten und seien oft Binnenvertriebene und hätten daher Probleme, die Miete zu bezahlen. In der Provinz Sulaimaniya würden die meisten Binnenvertriebenen in Mietunterkünften leben und seien mit hohen Mieten konfrontiert.
25 der 34 in der Region Kurdistan befragten Rückkehrer hätten angegeben, dass sie keine Arbeit hätten oder es für sie schwer sei, eine passende Arbeit zu finden. Insbesondere Binnenflüchtlinge, die in die Autonome Region Kurdistan anstatt an ihren ursprünglichen Wohnort zurückgekehrt seien, hätten Schwierigkeiten bei der Arbeitssuche gehabt. Die 23 Rückkehrer, die angegeben hätten, eine Arbeit gefunden zu haben, hätten ebenfalls berichtet, dass sie mit ihrem derzeitigen Job nicht zufrieden seien und darauf hoffen würden, eine Arbeit zu finden, die besser bezahlt und besser auf ihre Ausbildung abgestimmt sei. Fünf Rückkehrer hätten angegeben, in Branchen zu arbeiten, die nichts mit ihrer bisherigen Ausbildung zu tun hätten. Sie würden demnach als Taxifahrer und in Geschäften arbeiten, wohingegen sie früher im Businessbereich gearbeitet oder studiert hätten. Auch wenn Rückkehrer durch die Familie oder externe Hilfsprogramme Unterstützung erhalten würden, dann sei diese den Befragten zufolge nicht ausreichend gewesen, um ihr Leben wieder aufzubauen. Die Mehrheit der befragten Rückkehrer habe berichtet, dass sie sich hinsichtlich Unterstützung eher auf ihre Familien als auf die lokale Gemeinschaft oder Organisationen verlassen könnten. Die Gemeinschaften hätten mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen und Rückkehrer würden bisweilen nicht als Gruppe wahrgenommen, die einen besonderen Unterstützungsbedarf habe. Iraker, die über offizielle Rückkehrerprogramme zurückgekehrt seien, hätten Unterstützungsleistungen durch Reintegrationsprogramme von IOM oder ERIN (European Reintegration Network) erhalten.
Vier Rückkehrer, die eine solche Unterstützung erhalten hätten, hätten angegeben, dass diese finanzielle Hilfe nicht nachhaltig gewesen sei, da sie zwar anfallende Kosten decke, aber keine Investitionen für neue Projekte ermögliche. Ein Rückkehrer habe mit offizieller Unterstützung ein Geschäft eröffnen können, ein anderer habe sein Geschäft aufgrund zu niedriger Einnahmen nicht aufrechterhalten können. Einige Rückkehrer hätten berichtet, dass sie das Gefühl hätten, Binnenvertriebene würden mehr Unterstützung erhalten als Rückkehrer aus Europa. Das Bundesministerium für Inneres nimmt seit Juni 2016 als offizielle Partnerorganisation am ?European Reintegration Network', kurz ERIN-Programm teil und bietet Reintegrationsunterstützung in unterschiedlichen Herkunftsländern, darunter der Autonomen Region Kurdistan. Im Rahmen des ERIN Programms erhält jeder Teilnehmer und jede Teilnehmerin eine Reintegrationsleistung in der Höhe von 3.500 Euro, wobei 500 Euro als Bargeld und 3.000 Euro als S