Entscheidungsdatum
17.07.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z2Spruch
L518 2206886-1/14E
SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 15.04.2019 MÜNDLICH VERKÜNDETEN ERKENNTNISSES
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX XXXX Staatsangehörigkeit: GEORGIEN, vertreten durch Rechtsanwälte BISCHOF-LEPSCHI, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.08.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.04.2019 zu Recht erkannt:
A I) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , XXXX XXXX Staatsangehörigkeit: GEORGIEN, vertreten durch Rechtsanwälte BISCHOF-LEPSCHI, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.08.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.04.2019 den Beschluss gefasst:
A II) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
I.1. Die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge kurz als bP1 bezeichnet), ist Staatsangehöriger der Republik Georgien und brachte nach Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am 21.09.2017 bei der belangten Behörde (in weiterer Folge "bB") einen Antrag auf internationalen Schutz ein.
I.2. Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte die bP Folgendes vor:
"Im August dieses Jahres wurde bei mir Blutkrebs diagnostiziert. Ich leide bereits seit ca. drei Jahren an dieser Krankheit, habe das bis dahin aber nicht gewusst. Die Behandlung in Georgien ist nicht ausreichend und wenn es eine Behandlungsmöglichkeit gibt, ist diese sehr kostspielig. Deshalb bin ich nach Österreich gekommen, da ich hoffe, dass mir hier geholfen werden kann. Unterlagen über meine Krankheit habe ich bei mir.
...
Ich würde wohl bald sterben, da ich mir die Behandlung in Georgien nicht leisten kann.
...
Das ist mein einziger Grund warum ich nach Österreich gekommen bin und einen Asylantrag stelle. Ansonsten habe ich keine weiteren Asyl- und Fluchtgründe."
Sie habe nach Österreich gelangen wollen, da ihr Sohn hier lebe. Zuletzt sei sie mittels Visum der Botschaft vom XXXX 2017 bis zum XXXX 2017 in Österreich bei ihrem Sohn gewesen.
Vor der belangten Behörde führte die bP aus, konkret an einem Multiplen Myelom zu leiden und wurde von ihr die Krankgengeschichte in Georgien, der Türkei und in Österreich vorgetragen. Das bisherige Vorbringen wurde im Wesentlichen bestätigt und ausgeführt, dass es in Georgien keine Behandlungsmöglichkeiten bzw. nur sehr kostspielige gäbe.
Die bP wurde zweimal niederschriftlich einvernommen und wurden von der bB diverse Ermittlungsschritte zur Notwendigkeit der Behandlung der bP in Österreich sowie zu den Behandlungsmöglichkeiten in Österreich und in Georgien gesetzt. Insbesondere wurde eine Stellungnahme der behandelnden Ärztin Dr. XXXX vom 14.08.2018 eingeholt.
Vorgelegt wurde von der bP:
* gültiger biometrischer georgischer Reisepass
* Entlassungsbrief Pflege und Patientenbrief des XXXX
* Diverse Laborbefunde des XXXX
* Schriftstück des XXXX
* Patientenbrief vom XXXX und Entlassungsbrief vom XXXX
* Patientenbrief und Entlassungsbrief des XXXX8
* Patientenbrief und Entlassungsbrief des XXXX
I.3. Der Antrag der bP auf internationalen Schutz wurde folglich mit im Spruch genannten Bescheid der bB gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III-V.). Der Beschwerde wurde gem. § 18 (1) Z 1 und 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde nicht gewährt.
I.3.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die bB das Vorbringen der bP in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung als zwar glaubhaft, aber nicht asylrelevant und führte hierzu ua. Folgendes aus:
...
Zu Ihren beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) behaupteten Fluchtgründen ist festzuhalten:
"Sie gaben vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an, Georgien ausschließlich wegen Ihrer Multiplen Myelom-Erkrankung und dem Wunsch nach einer besseren und kostengünstigeren medizinischen Versorgung im Bundesgebiet, verlassen und in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt zu haben. Diese Ausführungen werden als wahr erachtet und der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt.
Weitere Ausreise- bzw. Fluchtgründe haben Sie weder in Ihrer Erstbefragung noch in Ihrer Einvernahme durch das BFA angeführt. Konkret nachgefragt, haben Sie etwaige Probleme mit heimatstaatlichen Institutionen und Behörden bzw. privaten Dritten ausgeschlossen und dediziert negiert. Sie hätten Ihre Heimat ausschließlich zur Verbesserung der persönlichen Lebenssituation (medizinische Behandlung) verlassen.
Es wurde im Ermittlungsverfahren festgestellt, dass bei Ihnen keine Konventionsgründe laut der GFK vorliegen. Sie selbst haben keine GFK relevanten Fluchtgründe geltend gemacht.
Zur Entscheidungsfindung wurden Ihre diesbezüglich glaubhaft getätigten Angaben, Ihr gesamter Akteninhalt und alle vorliegenden medizinischen Schriftstücke herangezogen.
...
Die Feststellungen bezüglich Ihres derzeitigen Gesundheitszustandes, Ihrer bisherigen schulischen und beruflichen Werdegänge, Ihrer Familienangehörigen in Georgien, Österreich und der russischen Föderation ergeben sich aus Ihren diesbezüglich glaubhaft getätigten Angaben, Ihren vorgelegten Unterlagen, Ihrem gesamten Akteninhalt sowie dem Eindruck Ihres persönlichen Auftretens während der Einvernahme vor dem BFA.
Ebenso liegen den Feststellungen das Länderinformationsblatt zu Georgien, die Staatendokumentationsbeantwortung vom 26.01.2018, die ärztliche Anfragebeantwortung des XXXX , der MEDCOI Auszug bezüglich der Wirkstoffe sowie die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation den Wirkstoff Lenalidomid betreffend vom 14.08.2018 zugrunde.
Weiters hielt die bB fest:
Bei Ihnen wurde ein Multiples Myelom diagnostiziert. Es handelt sich aus medizinischer Sicht hierbei um eine unheilbare Erkrankung und es kann weder in Österreich noch in einem anderen Land eine Genesung/Heilung von dieser Erkrankung seriös versprochen werden. Ihr Gesundheitszustand hat sich jedoch seit Ihrer Behandlung im Bundesgebiet verbessert.
Sie wurden nach Ihrer Ankunft in Österreich im XXXX medizinisch behandelt. Bei Ihnen wurden zwei Hochdosischemotherapien sowie autologe Stammzellentransplantationen durchgeführt. Am 11.06.2018 wurden Sie in stabilen Allgemeinzustand (AZ) vorerst in die häusliche Pflege entlassen. Derzeit ist keine weitere Stammzellentransplantation bei Ihnen notwendig bzw. angedacht.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass Ihre Erkrankung soweit erfolgreich medizinisch behandelt wurde, sodass Sie sich derzeit in keiner stationären Behandlung befinden. Ihre aktuelle ärztliche Behandlung beschränkt sich momentan lediglich auf eine Myelomtherapie, bei der Sie das Medikament Revlimid mit dem Wirkstoff Lenalidomid einmal täglich einnehmen und bei Ihnen alle 3 Monate Ihre Myelomparameter kontrolliert werden. Ihr aktueller Gesundheitszustand ist insofern soweit stabil, als das Sie derzeit nicht mehr akut lebensbedrohlich erkrankt sind. Bei einer etwaigen Progression Ihres Krankheitszustandes wäre eine Therapieumstellung bei Ihnen erforderlich.
Neben Revlimid nehmen Sie zudem nachfolgende Medikamente einmal täglich ein:
? Pantoprazol Genericon (Wirkstoff: Pantoprazol)
? Concor (Wirkstoff: Bisoprolol Fumarat)
? Amlodipin 1A Pharma (Wirkstoff: Amlodipin)
? Euthyrox (Wirkstoff: Levothyroxin Natrium)
? Aprednislon (Wirkstoff: Prednisolon)
Die Möglichkeit einer Progression (Fortschreiten bzw. Verschlechterung des Krankheitszustandes) bzw. eines Rezidivs (Wiederauftreten der Krebszellen nach einer Krebserkrankung) ist leider immer gegeben, jedoch ist eine etwaig notwendige medizinische Behandlung und/oder medikamentöse Versorgung Ihrer Person im Falle der Rückkehr ebenfalls gewährleistet.
Die medizinische Versorgung ist für alle georgischen Staatsangehörigen durch eine staatlich finanzierte Grundversorgung (Universal Health Care) kostenlos gewährleistet. Nach der Einführung der universalen Gesundheitsvorsorge hat sich der Zugang der Bevölkerung zu den Dienstleistungen des Gesundheitsbereiches signifikant verbessert. Zudem kann anhand privater Krankenversicherungen die Leistungsübernahme medizinischer Behandlungen, ähnlich wie in Österreich, beitragsabhängig erweitert werden.
Im Falle Ihrer Rückkehr sind Sie als georgischer Staatsbürger automatisch versichert. Sie müssen für eine Registrierung lediglich die nächstgelegene Klinik aufsuchen. Alle medizinischen Einrichtungen sind an der staatlichen Krankenversicherung beteiligt. Die Versicherung übernimmt 70-80% der Kosten. Die Übernahme der Kosten bei Behandlungen nicht-stationärer Patienten beträgt 100%. Die Behandlungen spezialisierter Ärzte nach Überweisung durch den Hausarzt betragen 70-100%. Für Rentner zahlt der Staat zusätzlich monatlich 100 GEL pro drei Monate (ausgegeben von Bürgerämtern).
Laut MedCOI Verfügbarkeitsanfrage bezüglich der Behandelbarkeit eines multiplen Myeloms ist zu entnehmen, dass die folgenden Behandlungen in Georgien verfügbar sind: stationäre und ambulante Behandlungen und Folgebehandlungen durch Onkologen, Hämatologen, Endokrinologen sowie Internisten inklusive Laboruntersuchungen des Blutes und der Schilddrüsenfunktion.
Zudem haben Sie selbst in Ihrer Einvernahme bestätigt, dass Sie nach Ihrer Diagnose bereits in XXXX in medizinscher Behandlung gestanden sind und eine dementsprechende Medikation ebenfalls verfügbar war.
Bezüglich Ihrer derzeitigen Medikation ist festzustellen, dass sämtliche Wirkstoffe ebenfalls in Georgien verfügbar sind.
Sie selbst sind im Falle Ihrer Rückkehr in Ihre Heimat ohne Probleme krankenversichert und können eine etwaige stationäre oder ambulante Behandlung in Anspruch nehmen bzw. Ihre derzeitige Myelomtherapie fortsetzen.
Zusammenfassend ist Ihre onkologische Nachversorgung bzw. ist Ihre ärztliche und medikamentöse Behandlung und Versorgung ebenfalls in Georgien gewährleistet!
Überdies besteht für Sie die Möglichkeit etwaige ärztliche Untersuchungen oder Kontrolltermine in Österreich wahrzunehmen. Sie sind in Besitz eines gültigen georgischen Reisepasses und können mit diesen visumsfrei nach Österreich einreisen. Sie können während Ihrer Zeit im Bundesgebiet bei Ihrem Sohn Unterkunft beziehen und auf private Kosten die medizinische sowie ärztliche Behandlung und Versorgung in Anspruch nehmen.
Bezüglich Ihrer onkologischen Kontrolltermine bzw. etwaigen notwendigen medizinischen und ärztlichen Versorgung sowie Medikation ist anzuführen, dass diese nicht ein und dieselben Qualitäten in Ihrem Herkunftsstaat wie in Österreich aufweisen müssen, sondern eine solche lediglich verfügbar und zugänglich sein müssen. Dies kann auch eine gänzlich Andere oder auch ortstypische onkologische Nachsorge bzw. medizinische und ärztliche Versorgung sowie Medikation beinhalten, welche qualitativ nicht mit der in Österreich gleichzusetzen ist und für Betroffene kostenintensiver ist.
Generell kann auch davon ausgegangen werden, dass sich die medizinischen und ärztlichen Standards in Staaten in dementsprechenden Zeiträumen verbessern. Es ist anzunehmen, dass sich die Standards der medizinischen und ärztlichen Versorgungslage in Ihrer Heimat seit Ihrer Ausreise verbessert haben und sich überdies auch das medizinische und ärztliche Wissen in Zukunft weiterhin in allen Staaten, auch in Georgien, verbessern wird.
Des Weiteren wird angeführt, dass die medizinische Versorgung und die Behandlungsmöglichkeiten vor allem in den städtischen Zentren, etwa in der Hauptstadt Tiflis und den Städten Kutaissi und XXXX hervorgehoben werden. Nachdem Sie Ihre eigene Wohnung in der XXXX verkauft hatten, haben Sie mehrere Monate bis zum Tag Ihrer Ausreise bei Ihrer Schwester in XXXX in deren Eigentumswohnung gelebt. Ihre Schwester lebt nach wie vor in XXXX sowie auch Ihr Bruder, der ebenfalls über eine eigene Wohnung verfügt. Sie haben zu Beiden ein gutes Verhältnis und stehen nach wie vor in regelmäßigen Kontakt. Im Falle Ihrer Rückkehr können Sie auf die Unterkunftsmöglichkeiten bei Ihren Geschwistern zurückgreifen wie bereits vor Ihrer Ausreise.
Ihre Schwester arbeitet als Lehrerin und Ihr Bruder ist als Arbeiter in einem Werk tätig. Sie können auf die Selbsterhaltungsfähigkeiten Ihrer Geschwister zurückgreifen und es ist definitiv davon auszugehen, dass diese Sie auch im Falle Ihrer Rückkehr finanziell und in allen anderen lebensrelevanten Bereichen (Tätigung des Einkaufs etc.) unterstützen werden.
Sie haben 10 Jahre lang nicht mehr gearbeitet. Sie wurden in diesen Zeitraum von Ihren beiden Kindern regelmäßig finanziell unterstützt und waren in der Lage Ihrer Lebensunterhalt in Ihrer Heimat zu finanzieren. Sie haben nach wie vor ein gutes Verhältnis zu Ihrem Sohn und Ihrer Tochter und stehen mit diesen nach wie vor in regelmäßigen Kontakt. Ihre Kinder sind beide berufstätig und können Sie im Falle Ihrer Rückkehr regelmäßig finanziell mittels Geldüberweisungen unterstützen wie bereits jahrelang vor Ihrer Ausreise.
Sie selbst verfügen über eine langjährige Schulbildung sowie Berufserfahrung. Sie beherrschen Ihre Muttersprache in Wort und Schrift, sodass eine Wiedereingliederung und Resozialisierung in die georgische Gesellschaft als gewährleistet angesehen wird.
Zudem bieten Ihnen im Falle Ihrer Rückkehr internationale Organisationen - wie IOM, ICMPD -Unterstützung an. Ein Mobilitätszentrum, eingerichtet beim Ministerium für Flüchtlinge, wurde vom Projekt "Targeted Initiative Georgia" (finanziert aus einem Konsortium von EU- Mitgliedstaaten u.a. GER) gegründet und seit 2014 von der IOM (finanziert aus EU-Mitteln) fortgeführt. Hier wird Beratung und auch finanzielle Hilfe zur Reintegration in den Arbeitsmarkt (auch Hilfe zur Selbständigkeit) zur Verfügung gestellt, bei Bedarf auch Erst- bzw. Zwischenunterkunft. 2014 hat das Flüchtlingsministerium erstmals eigene Mittel zur Betreuung und Reintegration von Rückkehrern (durch sieben zivilgesellschaftliche Organisationen) zur Verfügung gestellt. Staatliche Repressalien von Rückkehrern sind nicht bekannt. Auch die Tatsache einer Asylantragstellung im Ausland ist nach Rückkehr nach Georgien unerheblich.
Um die Reintegration der zurückgekehrten georgischen Migranten zu unterstützen, wurden Geldmittel aus dem Staatshaushalt 2018 bereitgestellt, die an förderungswürdige NGOs verteilt werden:
Öffentliche Fürsprache" - Tiflis, Kvemo Kartli, Mtskheta-Mtianeti
Samtskhe-Javakheti Regionalverband "Toleranti" - Samtskhe-Javakheti, Shida Kartli
Stiftung "AbkhazInterncont"(AIC) - Samegrelo-Zemo Svaneti
Vereinigung junger Wissenschaftler "Intellekt" - Adjara, Guria
Fonds "AbkhazInterncont"(AIC) - Racha-Lechkhumi, Kvemo Svaneti
Kakheti Regional Development Foundation (KRDF) - Kakheti
Um den Wiedereingliederungsprozess der zurückgekehrten georgischen Migranten zu unterstützen, werden die NGOs die folgenden Dienstleistungen für die Begünstigten erbringen - gültig für das gesamte Staatsgebiet:
Bereitstellung von medizinischer Behandlung und Medikamenten
Bereitstellung von temporären Unterkünften
Finanzierung einkommensschaffender Projekte
Unterstützung der beruflichen Weiterbildung/Umschulung und Qualifizierung der Begünstigten
Am staatlichen Programm sind jene teilnahmeberechtigt, die georgische Bürger oder staatenlos sind und über eine Aufenthaltsbewilligung verfügen; sich mehr als ein Jahr illegal im Ausland aufgehalten haben oder im Ausland um Asyl angesucht haben, und seit weniger als einem Jahr in Georgien sind.
Bezüglich einer in Ihrem Falle eintretenden Abschiebung sei anzuführen, dass diese ebenfalls von einem Arzt begleitet wird und Personen wie Sie während der Abschiebung unter medizinischer bzw. psychologischer Aufsicht stehen. Weiters sei erwähnt, dass Personen einen Vorrat an etwaig notwendigen Medikamenten im Zuge der Abschiebung ausgehändigt bekommen, welcher Ihnen die erste Zeit nach Ihrer Rückkehr erleichtert und Ihnen hilft die Zeit bis zur Verschreibung/ Beschaffung einer neuen Medikation im Herkunftsstaat zu überbrücken.
Derzeit gilt Georgien als sicherer Herkunftsstaat. Etwaige Probleme mit heimatlichen Institutionen oder privaten Dritten haben Sie dediziert negiert.
Die elementare Grundversorgung in Ihrem Herkunftsland ist gewährleistet. Im Falle Ihrer Rückkehr ist eine medizinische Versorgung, durch die staatlich finanzierte Grundversorgung (Universal Health Care), kostenlos gewährleistet. Sie sind automatisch versichert und müssen hierfür lediglich die nächstgelegene Klinik aufsuchen. Zudem umfasst das Sozialsystem in Georgien diverse finanzielle Zuschüsse und Sie können sich an etwaige karitativ tätige Organisation wenden.
Zusammengefasst ist davon auszugehen, dass Sie im Falle Ihrer Rückkehr in keine aussichtlose Lage kommen.
Es ist aufgrund der obigen Umstände in einer Gesamtschau davon auszugehen, dass Sie bei Ihrer Rückkehr nach Georgien nicht in eine Notlage entsprechend Art. 2 bzw. Art 3 EMRK gelangen.
I.3.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgien traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen. Aus diesen geht hervor, dass in Georgien von einer unbedenklichen Sicherheitslage auszugehen und der georgische Staat gewillt und befähigt ist, auf seinem Territorium befindliche Menschen vor Repressalien Dritte wirksam zu schützen. Ebenso ist in Bezug auf die Lage der Menschenrechte davon auszugehen, dass sich hieraus in Bezug auf die bP ein im Wesentlichen unbedenkliches Bild ergibt. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass in der Republik Georgien die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, eine soziale Absicherung auf niedrigem Niveau besteht, die medizinische Grundversorgung flächendeckend gewährleistet ist, Rückkehrer mit keinen Repressalien zu rechnen haben und in die Gesellschaft integriert werden.
I.3.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar. Da die bP aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt, wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (§ 18 [1] 1 BFA-VG) und habe die bP auch keine asylrelevanten Gründe vorgebracht.
Konkret führte die bB hierzu ua. Folgendes aus:
"Hinsichtlich Ihrer Multiplen Myelom-Erkrankung wird ausgeführt, dass es sich zwar aus medizinischer Sicht hierbei um eine unheilbare sowie lebensbedrohende Erkrankung handelt, aber weder in Österreich noch in einem anderen Land eine Genesung/Heilung von dieser Erkrankung seriös versprochen werden kann. Laut österreichischer fachärztlicher Expertise steht somit fest, dass die vollständige Genesung/Heilung Ihrer Erkrankung ebenso in Österreich nicht vollständig gewährleistet ist bzw. seriös versprochen werden kann.
Bezüglich der Lebenserwartung können keine konkreten Aussagen getroffen werden, da die Krankheitsverläufe ausgesprochen unterschiedlich sind und zahlreiche Faktoren wie etwa die Zytogenetik der Erkrankung und auch die Komorbiditäten des Patienten eine Rolle spielen. Die durchschnittliche Lebenserwartung von Myelompatienten beträgt derzeit etwa 10 Jahre bei adäquater Therapie. Bei Ihnen selbst liegt eine Hochrisikozytogenetik vor, welche mit einem schlechteren Krankheitsverlauf assoziiert wird. Die dementsprechende Medikation ist lebenslang einzunehmen. Die Einnahme des Medikaments Revlimid ist nach derzeitiger Datenlage bis zur Progression der Myelomerkrankung zu empfehlen. Im Falle einer Progression kann durch eine Dosissteigerung versucht werden ein neuerliches Ansprechen zu erreichen.
Ihr Gesundheitszustand hat sich jedoch seit Ihrer Behandlung im Bundesgebiet verbessert. Sie wurden nach Ihrer Ankunft in Österreich im XXXX medizinisch behandelt. Bei Ihnen wurden zwei Hochdosischemotherapien sowie autologe Stammzellentransplantationen durchgeführt. Am 11.06.2018 wurden Sie in stabilen Allgemeinzustand (AZ) vorerst in die häusliche Pflege entlassen. Derzeit ist keine weitere Stammzellentransplantation bei Ihnen notwendig bzw. angedacht.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass Ihre Erkrankung soweit erfolgreich medizinisch behandelt wurde, sodass Sie sich derzeit in keiner stationären Behandlung befinden. Ihre aktuelle ärztliche Behandlung beschränkt sich momentan lediglich auf eine Myelomtherapie, bei der Sie das Medikament Revlimid mit dem Wirkstoff Lenalidomid einmal täglich einnehmen und bei Ihnen alle 3 Monate Ihre Myelomparameter kontrolliert werden. Ihr aktueller Gesundheitszustand ist insofern soweit stabil, als das Sie derzeit nicht mehr akut lebensbedrohlich erkrankt sind. Bei einer etwaigen Progression Ihres Krankheitszustandes wäre eine Therapieumstellung bei Ihnen erforderlich.
Die Möglichkeit einer Progression (Fortschreiten bzw. Verschlechterung des Krankheitszustandes) bzw. eines Rezidivs (Wiederauftreten der Krebszellen nach einer Krebserkrankung) ist leider immer gegeben, jedoch ist eine etwaig notwendige medizinische Behandlung und/oder medikamentöse Versorgung Ihrer Person im Falle der Rückkehr gewährleistet.
Dass Sie im Falle der Abschiebung in eine aussichtslose Situation geraten würden ist nicht feststellbar und wurde bereits in den Feststellungen zur Situation im Falle Ihrer Rückkehr beweiswürdigend dargelegt. Es wird diesbezüglich noch einmal auf die obigen Feststellungen verwiesen!
Es steht für das Bundesamt fest, dass Sie bei Ihrer Rückkehr nach Georgien nicht in eine Notlage entsprechend Art. 2 bzw. Art 3 EMRK gelangen."
I.4. Gegen den im Spruch genannten Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.
Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass die Behandlungen der bP in Georgien und der Türkei bereits den gesamten Erlös aus dem Verkauf der Eigentumswohnung der bP verschlungen hätten. Die Behörde hätte kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren geführt und stünden Medikamente unter Genehmigungsvorbehalt einer Expertenkommission. Es gäbe keine kostenlose Behandlung und eine Stammzellentransplantation sei in Georgien nicht erhältlich. Revilmid als Medikament wäre nicht erhältlich und das Ersatzmedikament Velcade nicht geeignet wie sich aus einem beigelegten Schreiben einer Ärztin ergäbe. Ein medizinisches Gutachten wurde beantragt und ausgeführt, dass zudem die Interessensabwägung nach Art. 8 EMRK grob mangelhaft geblieben sei.
Vorgelegt wurde von der bP:
* Rechnungen für medizinische Leistungen für die bP in der Türkei und in Georgien unter teilweiser Anführung des Namens der bP iHv ca. 8000 Gel
* Schreiben der Ärztin Dr. XXXX XXXX
I.5. Die Beschwerdevorlage langte am 03.10.2018 beim BVwG, Außenstelle Linz ein.
I.6. Mit Urkundenvorlage vom 31.10.2018 wurde eine Stellungnahme von Dr. XXXX vom 30.10.2018 übermittelt und wurde unter einem ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt.
I.7. Mit Beschluss des BVwG vom 14.02.2019 wurde der Beschwerde gem. § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt, was bereits im Aktenvermerk vom 09.10.2018 festgehalten war.
I.8. Für den 15.04.2019 lud das erkennende Gericht die Verfahrensparteien zu einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.
Gemeinsam mit der Ladung wurden Feststellungen zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat zugestellt. In der Verhandlung wurde auch erörtert, dass gemäß der Anfragebeantwortung vom 31.01.2019 gemäß Erlass vom Gesundheitsministerium aus dem Jahr 2011 die Einfuhr von bestimmten Heilmittel möglich ist.
Die bP sowie deren Sohn als Zeuge wurden einvernommen.
Der wesentliche Inhalt stellt sich wie folgt dar:
RI: Stehen Sie derzeit in ärztlicher oder sonstiger medizinischer (therapeutischer oder medikamentöser udgl) Behandlung?
P: Ja, ich bin in Behandlung, momentan mache ich eine Immuntherapie. Nachgefragt gebe ich an, dass ich auch betreffend der Bronchitis eine Therapie mache. Ich nehme ein Antibiotikum ein, wenn sie den Namen wissen wollen habe ich diese mit. Ich nehme es seit 2 Tagen und muss es noch 3 weitere Tage einnehmen. Betreffend der Immuntherapie nachgefragt gebe ich an, dass es ein Präparat gibt, das ich täglich einnehmen muss. Nachgefragt gebe ich an, dass es Revlimid (phonetisch) heißt. Lenalidomid nehme ich nicht mehr ein. Nachgefragt gebe ich an, dass bis mein Gesundheitszustand sich bessert und meine Werte sich verbessern, genau können es aber auch die Ärzte nicht sagen, wie lange ich das Präparat einnehmen muss.
RI: Ist in der nächsten Zeit eine Stammzellentransplationen vorgesehen?
P: Ich habe bereits zwei Stammzellentransplatationen hinter mir, soweit ich weiß darf ich aus medizinischen Gründen keine weitere mehr machen.
...
RI: Unterstützt Sie ihr Sohn finanziell in Österreich?
P: Ja, weil die Sozialhilfe, die ich beziehe, reicht nicht aus. Nachgefragt gebe ich an, dass meine Kinder mich damals, als ich in Georgien lebte, vom Ausland aus finanziell unterstützten. Nachgefragt gebe ich an, dass sie mir Geld überwiesen haben. Nachgefragt gebe ich an, dass es höchstens 200? im Monat waren. Die Überweisungen stammten hauptsächlich von meinem Sohn, meine Tochter hat es nur gelegentlich gemacht. Nachgefragt gebe ich an, dass ich durchschnittlich 100? überwiesen bekommen habe. Das sind umgerechnet 250 Lari gewesen.
RI: Wovon lebt Ihr Sohn hier in Österreich?
P: Er arbeitet. Nachgefragt gebe ich an, dass er in einem Geschäft für Kfz Ersatzteile beschäftigt ist.
RI: Haben Sie in Georgien auch finanzielle Unterstützung erhalten betreffend ihrer Erkrankung oder erfolgte diese teils kostenlos mittels staatlicher Unterstützung während eines stationären Aufenthaltes?
P: Nein.
RI: Haben Sie sich jemals um staatliche Unterstützung oder einer NGO Unterstützung bemüht?
P: Ich habe um eine staatliche Unterstützung einmal angesucht. Nachgefragt gebe ich an, dass ich im Juli 2017 einen Antrag gestellt habe an das Ministerium für Soziales und Gesundheitsschutz und bekam eine Unterstützung von 600 Lari, was eine miese Unterstützung ist und nicht ausreicht.
RI: Haben Sie noch einen Freundeskreis in Georgien? Wen, wo, wie bestreiten diese ihren Lebensunterhalt?
P: Ich habe einige Bekannte und Verwandte in Georgien.
...
RI: Beziehen Sie auch ein Pension?
P: Nein, noch nicht. Nachgefragt gebe ich an, dass ich diesen Sommer 60 werden, ab 60 bezieht man eine Pension. Nachgefragt gebe ich an, dass diese 200 Lari ausmacht.
...
RI: Was war der Grund warum Sie Georgien verlassen haben?
P: Mein Gesundheitszustand und die Tatsache, dass man mir in Georgien nicht viel hat helfen können. Vor der Ausreise in der Türkei war ich nicht in Behandlung, weil es keine Diagnose gab. Die konnten dort nicht herausfinden, was mir fehlt.
RI: Ist es richtig, dass das multiple Myelom als unheilbare Krankheit seitens der Medizin behandelt wird?
P: Ja, ich weiß.
RI: Das heißt, Sie sind ausschließlich zum Zwecke ihrer Behandlung bzw. der Behandlung der Krankheit nach Österreich gereist und es gab somit keine in der GFK liegenden Gründe?
P: Ja, das ist richtig.
RI: Wieso Österreich?
P: Weil mein Sohn hier lebt.
RI: Die Tochter lebt in Russland, warum sind Sie nicht nach Russland gezogen?
P: Für mich als Georgische Staatsbürgerin ist es schwer nach Russland zu ziehen. Nachgefragt gebe ich an, dass meine Tochter gereist ist, bevor die Schwierigkeiten zwischen unseren Ländern entstanden. Wir sind ja im Kriegszustand gegenüber Russland.
RI: Gibt es noch weitere Behandlungsalternativen?
P: Soweit ich weiß gibt es keine Alternativen, soweit ich weiß heilt das Medikament, das ich einnehme, nicht, es zögert nur hinaus.
RI: Wissen Sie ob Revlimid in Georgien erhältlich ist?
P: Ich weiß, dass es nicht erhältlich ist. Nachgefragt gebe ich an, das weiß ich daher, weil ich mich erkundigt habe, sowohl über das Internet, wie auch über Bekannte in Georgien.
RI: Wissen Sie dass, laut Anfragebeantwortung des Verbindungsbeamten für Georgien und Aserbaidschan, es einen Erlass des Gesundheitsministeriums gibt, wonach man Medikamente aus dem Ausland im Bedarfsfall, in Rücksprache mit dem Gesundheitsministerium, je nach medizinischer Dokumentation eingeführt werden können?
P: Das erste was mir einfällt, wenn ich das höre ist, dass es eine schöne Lüge ist. Was Fibrose anbelangt, diese ist auch in Georgien behandelbar. Meine Krankheit ist weltweit nicht behandelbar, das einzige, das man in Georgien machen kann, ist eine Chemotherapie.
RI: Auch die belangte Behörde hat bereits eine Anfrage bei der Staatendokumentation betreffend der Behandlungsmethoden im Jahr 2018 gemacht.
RI zitiert aus der betreffenden Anfragebeantwortung.
RI: Nehmen sie dazu Stellung.
P: Ich leide an dieser Krankheit, die Behandlung die mir in Georgien angeboten wurde, war eine Chemotherapie, die ich aus eigener Tasche bezahlen musste und mit hohen Kosten verbunden war. Das trifft auch auf alle anderen georgischen Staatsangehörigen zu.
RI: Wie lange standen Sie in Behandlung und wie viel haben Sie hierfür bezahlt?
P: Ich habe diese Ampulle für das Medikament auf dem Schwarzmarkt beziehen musste, da sie in der Apotheke nicht verfügbar war, eine Ampulle kostete 1000 Lari. Ich habe eine Ampulle pro Woche benötigt, somit 4000 Lari.
RV: Um welches Medikament handelt es sich?
P: VELKADE.
RI verliest auszugsweise die Länderfeststellung betreffend medizinischer Versorgung, insbesondere für Rückkehrer.
RI: Haben Sie je eine der in den durch die belangte Behörde festgehaltenen Länderfeststellungen festgehaltenen finanziellen Unterstützungen durch staatliche Stellen in Anspruch genommen?
P: Das mit 70-30 trifft zu, das stimmt, dass die georgischen Staatsbürger medizinisch versichert sind und das 70% der Kosten der Staat trägt, die restl. 30 der Patient, aber man kann nur zweimal im Jahr diese Dienste in Anspruch nehmen, und die teuren Medikamente deckt die Versicherung nicht, mein Medikament wäre nicht gedeckt gewesen. Diese Versicherung ist auch keine Hilfe, wenn man schwerwiegende gesundheitliche Probleme hat. Es ist eine Tatsache, dass Georgien ein armes Land ist und die eigenen Kranken nicht versorgen kann. Ich musste meine Wohnung in XXXX verkaufen um auszureisen und feststellen zu lassen, was mir fehlt, mich diagnostizieren zu lassen, das ist in der Türkei erfolgt. Es blieben mir keine Mittel mehr, um mich in Georgien behandeln zu lassen.
RI: Was würde geschehen wenn Sie in Ihr Heimatland zurückkehren müssen?
P: Dieses Medikament Revlimid, das ich hier in Österreich einnehme und das meine Krankheit hemmt, ist in Georgien nicht verfügbar und ein sehr teures Medikament, sodass ich mir dieses nicht leisten könnte. Nachgefragt gebe ich an, dass es, das Medikament, in Georgien nicht verfügbar ist, in Österreich steht der offizielle Preis fest, dieser ist 7000? im Monat.
RI: Welche alternativen Medikamente gibt es in Georgien?
P: Ja, es gibt ein analoges Präparat, das in Georgien zur Verfügung steht, dieses heißt LENALIDOMID. Dieses kostet in Georgien auch am Schwarzmarkt 500 Lari im Monat, es ist nicht in der Apotheke verfügbar.
BehV: Die LPD hätte sie auf Anordnung des Bundesamtes mehrmals und zu unterschiedlichen Zeiten aufgesucht, die Beamten konnte sie aber weder bei Ihnen zuhause, noch bei Ihrem Sohn Anfang dieses Jahres, Jänner und Februar, vorfinden. Wo haben Sie sich zu diesem Zeitraum befunden?
P: Es sind ja Polizisten einmal in die Unterkunft gekommen und es hat mich in so einen Stress versetzt, dass ich ins Spital musste, nach diesem Vorfall übernachte ich bei einer Bekannten, auch zu diesen Terminen, wo man versuchte mich aufzusuchen, war ich bei einer Bekannten. Nachgefragt gebe ich an, dass es so ist, es ist zulässig, dass man drei Nächte wo anders schläft, aber in der dritten Nacht muss man in der Unterkunft nächtigen. Dies mache ich regelmäßig. Nachgefragt gebe ich an, dass ich die Adresse nicht nennen möchte.
RI: Wie weit wohnt diese von ihrer Unterkunft weg?
P: Es ist in der Stadt, nicht sehr weit weg. Wiederholt gefragt gebe ich an, dass es ca. 3 km von der Caritas entfernt ist, es sind einige Stationen mit der U3 zu fahren.
RI: Diesbezüglich haben Sie aber keine medizinischen Bedenken hinsichtlich ihres Gesundheitszustandes, wenn Sie regelmäßig unterwegs sind?
P: Ich fahre ja nicht jeden Tag. Nachgefragt gebe ich an, dass es zwei bis drei Mal in der Woche ist.
RI: Warum wollen Sie dem Bundesamt bzw. dem Gericht nicht ihren Aufenthaltsort mitteilen?
P: Weil die Polizisten dann auch an diese Adresse erscheinen und ich davor Angst habe.
BehV: Keine weiteren Fragen.
RV: Das heißt, es hat einen Versuch gegeben sie abzuschieben und da war die Polizei anwesend?
P: Ja.
RV. Warum sind Sie dann nicht abgeschoben worden?
P: Weil mir schlecht geworden ist, es ging mir an diesem Tag sowieso schlecht, durch den Besuch ging es mir noch schlechter, ich musste dann ins Spital gebracht werden.
RV: Wann sind Sie aus dem Spital entlassen worden?
P: Ich wurde am gleichen Tag, später am Abend entlassen.
RI: Was wurde diagnostiziert? Gibt es hierzu einen Bericht des KH?
P: Sie haben schon gewusst welche Diagnose ich habe, denn ich bin in Behandlung beim XXXX , die Rettung hat mich in dieses Spital gebracht. Sie haben mich untersucht, da hatte ich an diesem Tag hohen Blutdruck und auch Herzprobleme, nachdem sie mich stabilisiert haben, haben sie mich entlassen.
RI: Wie hat die Behandlung, die Stabilisierung des hohen Blutdruckes und der Herzprobleme ausgesehen?
P: Die Krankheit die ich habe ist eine Knochenkrankheit, wenn man Stress hat nehmen die Schmerzen zu, ich habe eine Infusion zur Linderung der Schmerzen erhalten.
RV: Sind Sie dann irgendwie aus dem Krankenhaus geflüchtet oder haben Sie dieses ganz normal verlassen?
P: Ich wurde entlassen, ich konnte aber nicht lange gehen, ich wurde mit dem Taxi dann nach Hause gebracht.
RV: Dort war niemand mehr vom Bundesamt und hätte gewartet, um die Abschiebung durchzuführen?
P: Beim Verlassen des Spitales ist mir niemand aufgefallen.
RI: Wie lange waren Sie im Krankenhaus aufhältig, wie lange war die Zeitspanne zwischen Einlieferung und Rückkehr zur Wohnung?
P: Von 9 Uhr früh, bis 6 oder 7 Uhr am Abend.
RV: Sie haben gesagt, bis 10 Jahre vor der Ausreise haben Sie gearbeitet, als was haben Sie gearbeitet und was haben Sie dabei verdient?
P: Ich habe in einer Apotheke gearbeitet und habe zuerst 150 Lari, zuletzt 200 Lari im Monat als Gehalt bekommen.
RV: Haben Sie in diesen 10 Jahren vor der Ausreise irgendwelche staatliche Unterstützungen erhalten?
P: Nein.
RV: Wann haben Sie ihre Wohnung verkauft?
P: Im Jahr 2017, als mein Gesundheitszustand sich verschlechterte.
RI: Sie haben zuvor bestätigt, dass vom Staat ca. 70 % der Kosten übernommen werden, wieso haben Sie nie Unterstützung bekommen, haben Sie nie angesucht, oder zu wenig vehement?
P: Diese Unterstützung seitens des Staates bezieht sich auf die Kranken, für sozialschwache oder arbeitslose gibt es keine Unterstützung und habe ich auch keine bekommen.
RV: Haben Sie alle in der Beschwerde vorgelegten Kostenabrechnungen selbst bezahlt?
P: Ich habe alles aus eigener Tasche bezahlt.
RI: Haben Sie je einen bei einer staatlichen Stelle, bzw. in Kopie zu einem Antrag abgegeben?
P: Das wäre ein absolut sinnloses unternehmen, ich habe es nicht getan.
RV: Bei Beleg Nr. 10 handelt es sich um eine Blutuntersuchung mit 70 GEL, können sie sich daran erinnern?
P: Ja.
RV: Wie verläuft die Verrechnung?
P: Ich muss zuerst diese 70 Lari bezahlen, um diese Untersuchung machen zu lassen, ansonsten wird diese nicht gemacht.
RV: Gibt es ein System um diese Rechnungen beim Gesundheitsministerium einzureichen?
P: Nein.
RV: Wann haben Sie erstmals ihre Krankheitssymptome wahrgenommen, in welchem Zeitraum?
P: Die Symptome waren wie bspw. die Rückenschmerzen, diese haben sich 2017 angekündigt. Allerdings waren meine Blutbefunde bereits seit 2015 nicht in Ordnung, man hat den Grund dafür nicht gefunden. Es gab keine Diagnose bis ich mich entschlossen habe in die Türkei zu gehen.
RV: Womit sind sie behandelt worden?
P: Ich bin nicht behandelt worden.
RV: In der Türkei wurden sie diagnostiziert und haben erstmals halbwegs adäquate Medikamente erhalten?
P: Ja.
RV: Wie haben Sie dann in Georgien auf das Medikament VELKADE angesprochen?
P: Ich hatte in Georgien am Schwarzmarkt dieses Mittel gekauft.
RV: Wie war dann ihr Zustand nachdem Sie das Medikament eine Zeit lang eingenommen haben?
P: Die Blutbefunde zeigten keinerlei Veränderung, auch nach Einnahme dieses Medikamentes.
RV: Können Sie medizinisch oder praktisch beurteilen, was der Unterschied zw. LENALIDOMID und REVLIMID ist?
P: soweit ich weiß ist das in Georgien erhältliche Medikament ein Vorgänger von REVLIMID.
RV: Welches wirkt besser?
P: Eindeutig REVLIMID.
RV: Wurden Sie in Österreich auch onkologisch behandelt?
P: Ja, dieses Medikament VELKADE ist eine Chemotherapie.
RV: Von welcher Lebenserwartung ist unter Verwendung dieses Medikamentes auszugehen, haben Sie das mit ihrem Arzt besprochen?
P: Der Arzt meinte, dass es sehr individuell ist, aber das die Krankheit zurückkehren kann, das kann in einem halben Jahr, oder in einem Jahr, aber höchstens in 5 Jahren.
RV: Von welcher Lebenserwartung würden sie im Falle einer Rückkehr nach Georgien ausgehen?
P: Diese Krankheit ist eine sehr bösartige, wie bereits erwähnt mit dem Medikament Revlimid wird sie gehemmt. In Georgien wäre das nicht möglich. Nachgefragt gebe ich an, dass ich ein Beispiel nennen kann. Ein Herr, ein Georgier, der abgeschoben wurde und an der gleichen Krankheit litt, ist bei ihm die Krankheit zurückgekehrt und sein Zustand ist jetzt untröstlich.
Der Sohn der bP gab als Zeuge an:
RI: Wie viel haben Sie ihrer Mutter im Monat finanziell überwiesen?
Z: Monatlich habe ich so 2000? überwiesen, durch die Freundin. Ich habe das nicht im Monat verdient, ich habe 15 Jahre lang in Österreich gearbeitet und ihr auch vom Ersparten überwiesen. 6000? kann ich nachweisen, da ich das mittels Onlinebanking gemacht habe, aber möglicherweise waren es 10.000?. 6000 war innerhalb kürzester Frist, so ca. 4, 5 Monate.
RI: Wenn ihre Mutter hypothetisch zurück nach Georgien zurückkehren müsste, würden Sie ihre Mutter wieder finanziell unterstützen?
Z: Natürlich. Ich habe alles Mögliche gemacht. Nachgefragt gebe ich an, dass ich getan habe, was ich konnte, das war mein Limit.
RI: Was arbeiten Sie?
Z: Jetzt, ich war drei, vier Jahre bei XXXX Logistik, Schichtleiter in einer Abteilung, ich war auch in einem Hotel, momentan habe ich eine OG bzw. bin beteiligt zu 33% an einer OG, ich bin selbstständig. Nachgefragt gebe ich an, dass es ein Autoersatzteilhandel ist. Nachgefragt gebe ich an, dass es vom Gewinn abhängt, aber ich verdiene 1500 - 2000? im Monat.
RI: Haben Sie Familie?
Z: Ja, meine Frau und zwei Kinder.
P: Ich habe auch zuvor per Onlinebanking diese Summen überwiesen, da wir wussten, dass sie krank war, aber wir wussten nicht, dass es das multiple Myelom ist.
RI: Was benötigen Sie so im Monat für ihre Lebenserhaltungskosten bzw. für Ihre Familie?
Z: 800 zahle ich für Miete, das ist fix. Für 2 Kinder braucht man schon eine größere Wohnung in Wien, ich habe 64qm, die 800 sind mit Betriebskosten etc.
RI: Arbeitet ihre Frau auch?
Z: Momentan nicht, sie ist in Karenz, sie ist bei UniCredit eine Angestellte.
RI: Haben Sie noch Kontakt zu Ihrer Schwester?
Z: Meine Mutter hatte, ich aber nicht, aus privaten Gründen.
BehV: Waren Sie heuer schon in Georgien?
Z: Ja. Nein. Wiederholt gefragt bejahe ich dies, da mein Onkel verstorben ist. Nachgefragt gebe ich an, dass am 07.02. das Begräbnis war. Es handelt sich um den Bruder meiner Mutter.
BehV: Wer hat sie begleitet?
Z: Ich bin zu dem Begräbnis alleine geflogen?
BehV: Wann sind Sie geflogen?
Z: Am 07.02. war das Begräbnis, ich bin so ein zwei Tage zuvor geflogen, bin eine Woche geblieben. Nachgefragt gebe ich an, dass ich bei meiner Tante untergekommen bin, in ihrer Eigentumswohnung, ich meine damit die Schwester meiner Mutter. Sie ist 70 Jahre alt und hat zwei erwachsene Kinder.
BehV: Ist ihre Mutter nach Georgien mitgereist?
Z: Nein, sie kann nicht reisen.
BehV: Wissen Sie, bei wem sich ihre Mutter aufhält, wenn sie nicht in der Unterkunft aufhältig ist?
Z: Bei ihrer Freundin, manchmal auch bei mir. Nachgefragt gebe ich an, dass ich glaube, dass es sich um eine georgische Staatsangehörige handelt, näheres kann ich nicht dazu angeben. Soweit ich weiß bleibt sie einmal drei Tage durchgehend, dann bleibt sie für eine Nacht in der Unterkunft.
RV: Sie haben Auszugsweise Rechnungen für medizinische Leistungen in Georgien für ihre Mutter übergeben, wer hat diese bezahlt?
Z: Meine Mutter, sie hat es mit meinem Geld, mit den ihr zu Verfügung stehenden Mitteln bezahlt.
RV: Wir haben gehört, dass jeder georgischer Staatsangehöriger 70- 80 % refundiert bekommt, wieso hat ihre Mutter dies nicht eingereicht?
Z: Ja, weil das so nicht stimmt, das steht nur auf dem Papier. Sonst hätte sich kein 60jähriger Mensch mit Krebserkrankung Kopfschmerzen gemacht. Ich meine, das steht nur auf den Papieren, wir zahlten 500 - 800? Medikamentenkosten, welche nicht refundiert wurden.
RV: Wie hat sich die gesundheitliche Situation seit der Diagnose in der Türkei, ihrem Aufenthalt in Georgien bis zur Ausreise nach Österreich dargestellt?
Z: Geld haben wir überwiesen, aber die Effekte nicht gesehen. Die haben nicht das nötige Mittel gehabt, um die Krankheit zu heilen oder zu stoppen. Kurz vor ihrer Ausreise konnte sie kaum gehen.
Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung am 15.04.2019 wurde das Erkenntnis des BVwG vom selben Tag mündlich verkündet.
Die Beschwerden wurden gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen. Die Revision wurde gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.
Die bP wurden iSd § 29 Abs. 2 a VwGVG über das Recht, binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift eine Ausfertigung gemäß § 29 Abs. 4 zu verlangen bzw. darüber, dass ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision beim Verwaltungsgerichtshof und der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof darstellt, belehrt.
Nach Verkündung der Erkenntnisse wurde den bP sowie deren rechtsfreundlicher Vertretung eine Ausfertigung der Niederschrift ausgefolgt.
Mit Schreiben vom 29.04.2019 wurde die schriftliche Ausfertigung der mündlich verkündeten Erkenntnisse begehrt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
II.1.1. Die beschwerdeführende Partei
Bei der bP handelt es sich um einen Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörige Georgierin, welche aus einem überwiegend von Georgiern bewohnten Gebiet stammt und sich zum Mehrheitsglauben des Christentums bekennt.
Der bP ist eine verwitwete Frau mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer -wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich- gesicherten Existenzgrundlage. Sie arbeitete in einer Apotheke, war jedoch bereits seit ca. 10 Jahren vor der Ausreise arbeitslos.
Die Schwester, bei welcher die bP bereits vor ihrer Ausreise lebte, lebt nach wie vor in Georgien. Diese hat die bP auch finanziell und bei Dingen des alltäglichen Lebens unterstützt. Darüber hinaus wurde sie sowohl von ihrem in Österreich lebenden Sohn, mit welchem sie keinen gemeinsamen Haushalt teilt, als auch von ihrer in Russland lebenden Tochter während ihres Aufenthalts in Georgien finanziell unterstützt. Zudem leben weitere Verwandte nach wie vor in Georgien. Mit der Schwester in Georgien hat die bP regelmäßig Kontakt. Die Familie des Bruders der bP lebt zeitweise im Elternhaus der bP und zeitweise in Tiflis. Der Sohn XXXX lebt in Österreich und verfügt über eine Daueraufenthaltskarte (Angehöriger eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers). Er unterstützt die bP beim Einkaufen, ein umfangreiches Abhängigkeitsverhältnis besteht nicht.
Die bP lebt in Österreich alleine in einer Flüchtlingsunterkunft.
Sie möchte offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten, reiste nach Österreich, um hier bei ihrem Sohn eine bessere Krankenbehandlung zu erhalten und hält sich seit 1 Jahr und 10 Monaten im Bundesgebiet auf. Sie lebt von der Grundversorgung und hat keinen Deutschkurs besucht. Sie ist strafrechtlich unbescholten. Sie spricht kaum Deutsch, ist in keinem Verein Mitglied und liegen keinerlei soziale Anknüpfungspunkte in Österreich vor.
Die Identität der bP steht nicht fest.
II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat im Herkunftsstaat Georgien
Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es sich bei Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat gem. § 19 BFA-VG handelt.
Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat werden folgende Feststellungen getroffen:
KI vom 11.12.2018, Präsidentschaftswahl (relevant für Abschnitt: 2. Politische Lage
Die ehemalige Außenministerin Salome Zurabishvili wurde am 28.11.2018 zur Präsidentin des Landes gewählt. Offiziell als unabhängige Kandidatin, jedoch unterstützt von der Regierungspartei "Georgischer Traum", setzte sie sich in der Stichwahl mit fast 60% gegen ihren Konkurrenten Grigol Vashadze durch, welcher insbesondere von der oppositionellen Vereinigten Nationalen Bewegung von Ex-Präsident Saakashvili unterstützt wurde (FAZ 29.11.2018; vgl. CW 29.11.2018). Die OSZE beurteilte den Wahlgang als kompetitiv und gut administriert, wobei der Wahlkampf von einer scharfen Rhetorik und Demonstrationen begleitet war. Hauptkritikpunkte waren allerdings die einseitige Verwendung staatlicher Verwaltungsressourcen sowie die Berichterstattung des öffentlichen Rundfunks zugunsten von Zurabishvili (OSCE/ODIHR 29.11.2018). Am 1.12.2018 demonstrierten rund 25.000 Menschen in Tiflis und warfen der von der Regierungspartei unterstützten neuen Präsidentin Zurabishvili Wahlbetrug vor. Gemeinsam mit dem unterlegenen Kandidaten Vashadze und dem im Exil lebenden Ex-Präsidenten Saakashvili forderten sie vorgezogene Parlamentswahlen (Standard 2.12.2018).
Quellen:
* CW - Caucasus Watch (29.11.2018): Surabischwili gewinnt Wahl: Georgien bekommt erstmals eine Präsidentin, http://caucasuswatch.de/news/1190.html, Zugriff 11.12.2018
* FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (29.11.2018): Georgien bekommt eine Präsidentin, https://www.faz.net/aktuell/salome-surabischwili-wird-neue-praesidentin-in-georgien-15915289.html, Zugriff 11.12.2018
* OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, European Parliament, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (30.10.2016): International Election Observation Mission, Georgia - Presidential Election, Second Round, 28 November 2018 - Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions, https://www.osce.org/odihr/elections/georgia/404642?download=true, Zugriff 11.12.2018
* Der Standard (2.12.2018): 25.000 Georgier wegen angeblichen Wahlbetrugs auf den Straßen - derstandard.at/2000092965067/25-000-Georgier-wegen-angeblichen-Wahlbetrugs-auf-den-Strassen, https://derstandard.at/2000092965067/25-000-Georgier-wegen-angeblichen-Wahlbetrugs-auf-den-Strassen?ref=rec, Zugriff 11.12.2018
KI vom 25.6.2018, Regierungsumbildung (relevant für Abschnitt: 2. Politische Lage).
Am 13.6.2018 erklärte Premierminister Giorgi Kvirikashvili seinen Rücktritt. Als Grund wurden Meinungsverschiedenheiten mit dem Parteivorsitzenden Ivanishvili genannt, der am 11.5.2018 das Amt des Parteivorsitzenden des "Georgischen Traums" von Kvirikashvili übernommen hatte und damit in die Politik Georgiens zurückgekehrt war. Begleitet war Kvirikashvilis Rücktritt zudem von Massenprotesten (RFE/RL 20.1.2018, vgl. civil.ge 20.6.2018).
Das georgische Parlament hat am 20.6.2018 den bisherigen Finanzminister Mamuka Bakhtadze zum neuen Premierminister von Georgien gewählt und das von ihm vorgeschlagene Kabinett als Übergangsregierung bestätigt. Die parlamentarische Opposition blieb der Abstimmung geschlossen fern. Aus den eigenen Reihen erhielt Bakhtadze sechs Gegenstimmen, bei 99 Ja-Stimmen. Bakhtadze kündigte an, dass das neue Kabinett geschlossen an einem Neuzuschnitt einiger Ressorts und damit auch einer Verringerung der Zahl der Ministerien arbeiten werde (GA 21.6.2018, vgl. RFE/RL 20.6.2018). Überdies betonte Bakhtadze, dass er die Bestrebungen nach einer Mitgliedschaft sowohl in der NATO als auch der EU fortsetzen werde (RFE/RL 20.6.2018).
Quellen:
* Civil.ge (20.6.2018): Bakhtadze's Cabinet Wins Confidence, https://civil.ge/archives/244788, Zugriff 25.6.2018
* GA - Georgien aktuell (21.6.2018): Mamuka Bakhtadze zum Premierminister von Georgien gewählt, http://georgien-aktuell.info/de/politik/article/13762-premierminister, Zugriff 25.6.2018
* RFE/RL - Radion Free Europe/Radio Liberty (20.1.2018): Georgian Parliament Approves Bakhtadze As Prime Minister, https://www.rferl.org/a/georgia-parliament-approves-bakhtadze-as-prime-minister/29307191.html, Zugriff 25.6.2018
Politische Lage
Im Jahr 2017 begann Georgien mit einer grundlegenden Reform der Verfassung, mit welcher der Übergang von einem gemischten zu einem parlamentarischen System abgeschlossen wurde. Die Reform, die insgesamt positiv von der Venediger-Kommission des Europarates bewertet wurde, zielt darauf ab, die verfassungsmäßige Ordnung des Landes zu festigen, die auf den Grundsätzen der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und des Schutzes der Grundrechte beruht. Der vom Parlament angenommene Entwurf wurde von der Opposition nicht unterstützt, weil vor allem das rein-proportionale Wahlsystem erst bis 2024 eingeführt werden soll. NGOs und Oppositionsparteien sahen den Entscheidungsprozess als nicht inklusiv und zu voreilig (EC 9.11.2017).
Georgien hat eine doppelte Exekutive, wobei der Premierminister als Regierungschef und der Präsident als Staatsoberhaupt fungiert. Der Präsident wird durch Direktwahl für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Der Präsident ernennt den Premierminister, der vom Parlament ernannt wird. Nach den im Jahr 2017 beschlossenen Verfassungsänderungen wird der Präsident indirekt von einem Gremium, bestehend aus nationalen, regionalen und lokalen Gesetzgebern, gewählt, wobei diese Änderungen erst nach der Wahl 2018 wirksam werden (FH 1.2018). Nach der geänderten Verfassung wird Georgien ab 2024 auf ein Verhältniswahlsystem mit einer Fünf-Prozent-Hürde umstellen. Ab 2025 wird der Präsident nicht mehr vom Wahlvolk, sondern von einem speziellen Gesetzgebungsrat gewählt (RFE/RL 20.10.2017).
Bei den Präsidentschaftswahlen 2013 gewann Giorgi Margvelashvili, ein von der Partei "Georgischer Traum" unterstützter unabhängiger Kandidat, 62% der Stimmen, vor dem Kandidaten der Vereinigten Nationalen Bewegung (UNM), David Bakradze, der 22% gewann. Während Beobachter über einige Verstöße berichteten, bezeichneten sie den Wahlgang als kompetitiv und und vertrauenswürdig und lobten dabei die Zentrale Wahlkommission für ihre Professionalität. Giorgi Kvirikashvili von der Partei Georgischer Traum kehrte nach den Parlamentswahlen 2016 als Premierminister zurück; er war seit Ende 2015 in dieser Funktion tätig (FH 1.2018).
Am 8.10. und 30.10.2016 fanden Parlamentswahlen in Georgien statt. Die bislang regierende Partei "Georgischer Traum" sicherte sich die Verfassungsmehrheit, indem sie 115 der 150 Sitze gewann. Die "Vereinigte Nationale Bewegung" (UNM) des Expräsidenten Mikheil Saakashvili errang 27 und die "Allianz der Patrioten Georgiens" (APG) sechs Sitze (RFE/RL 1.11.2016). Mit der APG, die im ersten Wahlgang am 8.10.2016 knapp die Fünf-Prozent-Hürde schaffte, ist erstmals eine pro-russische Partei im Parlament vertreten. In der notwendigen Stichwahl am 30.10.2016 in 50 Wahlkreisen, die nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt werden, gewann der "Georgische Traum" 48 Wahlkreise (Standard 31.10.2016). Die übrigen zwei Sitze gingen jeweils an einen unabhängigen Kandidaten und einen Vertreter der "Partei der Industriellen" (VK 31.10.2016).
Die Wahlbeobachtungsmission der OSZE bewertete gemeinsam mit anderen internationalen Beobachtern die Stichwahl als kompetitiv und in einer Weise administriert, die die Rechte der Kandidaten und Wähler respektierte. Allerdings wurde das Prinzip der Transparenz sowie das Recht auf angemessene Rechtsmittel bei der Untersuchung und Beurteilung von Disputen durch die Wahlkommissionen und Gerichte oft nicht respektiert (OSCE/ODIHR 30.10.2016).
Am 21.10. und 12.11.2017 fanden Gemeinde- und Bürgermeisterwahlen statt. In der ersten Runde am 21.10.2017 gewann die Regierungspartei, Georgischer Traum, in allen Wahlkreisen und sicherte sich 63 von 64 Bürgermeisterämter, darunter in der Hauptstadt Tiflis (RFE/RL 12.11.2017). Bei der Bügermeisterstichwahl am 12.11.2017 gewannen in fünf der sechs ausstehenden Städte ebenfalls die Kandidaten des Georgischen Traums. Nur in Ozurgeti siegte ein unabhängiger Kandidat (Civil.ge 13.11.2017). Die Wahl verlief reibungslos und professionell, wobei die Stimmabgabe, die Auszählung und das Wahlermittlungsverfahren von Beobachtern positiv beurteilt wurden, obwohl Hinweise auf mögliche Einschüchterungen und Druck auf die Wähler Anlass zur Besorgnis gaben (OSCE 13.11.2017).
Das politische Leben in Georgien ist lebendig. Die Menschen sind in der Regel in der Lage, politische Parteien zu gründen und ihre eigenen Kandidaturen mit wenig Einmischung durch Dritte umzusetzen. Allerdings hat ein Muster der Einparteiendominanz in den letzten zehn Jahren die Entwicklung und Stabilität konkurrierender Gruppen gehemmt. Die Partei Georgischer Traum dominiert den politischen Raum. Entscheidend dafür ist die Rolle von Ivanishvili, dem Schöpfer und Finanzgaranten der Partei, der maßgeblichen Einfluss auf die politische Entscheidungsfindung in Georgien hat. Die finanziellen und geschäftlichen Interessen von Ivanishvili sind auch im politischen Bereich von großer Bedeutung (FH 1.2018).
Quellen:
* Civil.ge (13.11.2017): GDDG Wins Most Mayoral Runoff Races, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=30622, Zugriff 26.3.2018
* EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018
* FH - Fre