TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/18 L518 2207876-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.07.2019
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Entscheidungsdatum

18.07.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z2
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

L518 2207873-1/13E

L518 2207864-1/13E

L518 2207876-1/10E

L518 2207871-1/14E

L518 2207867-1/10E

SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 03.06.2019 MÜNDLICH VERKÜNDETEN ERKENNTNISSES

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dr. Markus Steininger als Einzelrichter über die Beschwerden von XXXX , geb. XXXX , von XXXX , geb. XXXX , von XXXX , geb. XXXX , von XXXX , geb. XXXX , von XXXX , geb. XXXX , alle StA. Georgien, die minderjährigen Beschwerdeführer gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX , alle vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.09.2018, Zl. XXXX , Zl. XXXX , Zl. XXXX , Zl. XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 03.06.2019 zu Recht:

A) Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch kurz als "bP1" bis "bP5" bezeichnet), sind Staatsangehörige der Republik Georgien und brachten nach Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am 15.03.2018 bei der belangten Behörde (in weiterer Folge "bB") Anträge auf internationalen Schutz ein.

Die männliche bP 1 und die weibliche bP 2 sind die Eltern der minderjährigen bP 3-5.

I.2. Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte die bP 1 Folgendes vor:

F: Warum haben Sie Ihr Land verlassen? (Fluchtgrund)

A: Unsere größere Tochter XXXX ist schwer krank. Sie hat Blutanämie. In Georgien, in XXXX , konnten die Ärzte vor 2 Monaten keine genauere Diagnose feststellen. Sie konnten auch keine entsprechende und richtige Therapie zusammenstellen. Deshalb beschlossen meine Ehefrau und ich, dass meine Ehefrau und meine Tochter XXXX nach Istanbul fliegen und sie dort von Ärzten untersucht und therapiert wird. Anfang März begannen die Therapien in Istanbul, welche auch halfen. Wir haben das ganze Geld, welches wir hatten, verwendet. Anschließend konnten wir uns keine weiteren Therapien leisten und beschlossen deshalb, nach Österreich zu gehen, um unsere Tochter XXXX hier zu therapieren. Das sind alle meine Fluchtgründe. Weitere Fluchtgründe habe ich keine.

F: Was befürchten Sie bei einer Rückkehr in Ihre Heimat?

A: Ich habe Angst, dass unsere Tochter XXXX stirbt, da die Krankheit immer mit heftigen Fieberanfällen, Bauchschmerzen und weiteren schmerzhaften Symptomen begleitet wird. Ihre Blutwerte werden immer schlechter und sie braucht dringend die richtige Therapie.

...

Die bP 2 traf ähnliche Ausführungen und gab an, sie hätten nach Österreich gewollt, da hier gemäß Internetrecherche der Tochter geholfen werden könne.

I.3. Vor der belangten Behörde brachte die bP 1 im Wesentlichen Folgendes vor:

...

F: Wie sieht Ihr Tagesablauf in Österreich aus?

A: Ich kümmere mich um die Kinder. Im Lager gibt es eine Sporthalle, aber dort kann ich nur gelegentlich hin, weil ich mich um die Kinder kümmern muss.

F: Sind Sie Mitglied in einem Verein oder in einer Organisation?

A: Nein.

F: Lebten Sie in gemeinsamen Haushalt mit Ihrer Gattin?

A: Ja.

F: Haben Sie Kontakt zu Verwandten in Georgien?

A: Ja, sie erkundigen sich alle nach der Gesundheit unserer Tochter.

F: Welche Besitztümer haben Sie noch in Georgien?

A: Ich besitze ein Eigentumshaus, das gehört mir.

F: Wie hoch ist der Wert Ihres Eigentumshauses?

A: Vielleicht 20.000 USD.

F: Was genau haben Sie zuletzt gearbeitet?

A: Ich war bis kurz vor der Ausreise selbständig. Ich hatte ein Schuhgeschäft und ich habe auch eine Mandarinenplantage betrieben.

...

F: Wie stellen Sie sich Ihr weiteres Leben in Georgien vor, was wollen Sie im Falle einer Rückkehr arbeiten?

A: Ich würde mich um mein Haus kümmern und wieder versuchen wieder eine Beschäftigung zu finden.

...

F: Was war der konkrete Grund, warum Sie die Heimat verlassen haben? Erzählen Sie bitte möglichst chronologisch über alle Ereignisse, die Sie zum Verlassen der Heimat veranlasst haben!

A: Weil ich finanziell weder für die Behandlung meiner Tochter in Georgien noch in der Türkei aufkommen konnte.

F: War dies der einzige Grund, weshalb Sie sich für die Ausreise entschieden haben?

A: Ja, lediglich die Erkrankung meiner Tochter hat uns zur Ausreise gezwungen.

F: Wie viel Geld mussten Sie bereits für die Behandlung Ihrer Tochter aufbringen?

A: In der Türkei habe ich in türkische Lira bezahlt, dass müsste ich zuerst umrechnen, das ist nicht so einfach. Die Blutuntersuchungen haben ca. 1000 USD gekostet. Nur in Georgien hat die Behandlung ca. 12.000 Lari gekostet.

F: Ist Ihnen vom Verkauf Ihres Geschäftes noch Geld übrig geblieben? Sie haben 12.000 USD erhalten?

A: Ich bin nach Österreich mit 200 Euro und 21 USD gekommen, mehr habe ich nicht mehr übrig.

F: Haben Sie sich erkundigt, ob prinzipiell eine Behandlung Ihrer Tochter in Georgien möglich wäre?

A: In Georgien war nicht nur die Behandlung nicht möglich, sondern sie konnten überhaupt keine Diagnose stellen. Sie konnten nicht einmal eine Blutabnahme bei der Hand machen, sondern mussten diese vom Fuß nehmen.

F: Wäre Ihre Tochter gesund, würde etwas gegen Ihre Rückkehr nach Georgien sprechen?

A: Es ist unser Hauptanliegen, dass unsere Tochter gesund ist.

F: Ist Ihnen bewusst, dass Sie z.B. für eine gewisse Zeit in Österreich bleiben könnten, jedoch dann wieder nach Georgien zurückkehren müssen?

A: Natürlich ist mir das bewusst, ich habe nicht vor hier zu leben.

F: Wollen Sie noch irgendetwas angeben?

A: Meine Frau schläft seit drei Monaten ca. im Krankenhaus, wenn sie nicht mehr zu sagen hatte, kann ich auch nicht mehr sagen. Sie kennt sich am besten mit der Krankheit unserer Tochter aus.

F: Sie werden nochmals auf das Neuerungsverbot im Beschwerdeverfahren aufmerksam gemacht. Ich frage Sie daher jetzt nochmals, ob Sie noch etwas Asylrelevantes angeben möchten oder etwas vorbringen möchten, was Ihnen wichtig erscheint, ich jedoch nicht gefragt habe?

A: Nein, ich habe alles erzählt. Ich habe keine weiteren Gründe mehr vorzubringen.

I.4. Vorgelegt wurde von den bP:

* Georgischer Reisepass bP 1

* Konvolut an ärztlichen Befunden betreffend bP 4 aus Georgien, der Türkei und Österreich

Den bP wurde am 03.07.2018 das Ergebnis der Anfragebeantwortung vom 22.06.2018 hinsichtlich der Verfügbarkeit von Medikamenten für die bP 4 vorgehalten.

I.5. Die Anträge der bP auf internationalen Schutz wurden folglich mit im Spruch genannten Bescheiden der bB gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei.

Eine Frist von 14 Tagen zur freiwilligen Ausreise wurde gewährt.

In Bezug auf sämtliche bP wurde ein im Spruch inhaltlich gleichlautender Bescheid erlassen, weshalb sich aus dem Titel des Familienverfahrens gem. § 34 AsylG ebenfalls kein anderslautender Bescheid ergab.

I.5.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die bB das Vorbringen der bP als grundsätzlich glaubhaft, aber nicht asylrelevant und führte hierzu Folgendes aus (Wiedergabe aus dem angefochtenen Bescheid in Bezug auf bP1) :

Es ist festzuhalten, dass Ihrem Vorbringen keine besonderen Umstände entnommen werden können, aus welchen hervorgeht, dass Sie in Georgien unmittelbaren und/oder mittelbaren Verfolgungen im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ausgesetzt waren oder solchen im Falle einer Rückkehr ausgesetzt wären.

Sie gaben in der am 23.03.2018 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme an, dass Sie Georgien verlassen hätten, da Ihre Tochter an einem hämolytisch-uränmischen Syndrom leiden würden. Die Krankheit wäre in Georgien am 02.02.2018 ausgebrochen und etwa 3 Wochen später diagnostiziert worden. Zur weiteren Abklärung haben Sie sich mit Ihrer Familie dann in die Türkei begeben und wurde Ihre Tochter dort ebenfalls behandelt. Nachdem Sie sich die weitere Behandlung in der Türkei nicht mehr leisten konnten, reisten Sie nach Österreich weiter.

In Österreich Ihre Tochter dann erfolgreich behandelt und medikamentös eingestellt. Die fortlaufende Therapie Ihrer Tochter besteht aus der täglichen Gabe von verschiedenen Medikamenten.

Am 03.05.2018 wurde eine Anfrage an die Staatendokumentation gerichtet, welche die Verfügbarkeit der benötigten Medikamente Ihrer Tochter erfragte. Die Anfragebeantwortung langte am 22.06.2018 bei der Behörde ein und ergab, dass sowohl die angefragten Medikamente als auch Alternativmedikationen in Georgien verfügbar sind. Weiters konnte der Anfragebeantwortung entnommen werden, dass sowohl stationäre als auch ambulante Behandlungen bzw. Folgebehandlungen durch Internisten, Hämatologen, Nierenfachärzte, Kinderärzte, Plasmapherese, Nierentransplantationen, Bluttransfusionen sowie diverse Laboruntersuchungen in verschiedenen Einrichtungen in Georgien verfügbar sind. Was die Kosten in Georgien betrifft, wird angemerkt, dass diese zwar privat zu bezahlen sind, da die Krankheit Ihrer Tochter nicht im Förderprogramm inbegriffen ist, diese jedoch aber preislich in einem Rahmen sind, das davon ausgegangen werden kann, dass Sie sich diese nach Nachgehen einer beruflichen Beschäftigung leisten können. Die Durchschnittskosten der monatlichen Medikamente betragen rund 360 GEL. Das Durchschnittseinkommen lag 2016 bei 940 Lari - 1117 Lari bei den Männern und 731 Lari bei den Frauen (GeoStat 2018).

Laut Ihren Angaben wären in Georgien alle Möglichkeiten der Behandlung ausgeschöpft, Sie würden der georgischen Medizin nicht vertrauen, weil man Ihre Tochter dort nicht zufriedenstellend behandelt hätte, deshalb seien Sie nach Österreich gekommen, um Ihre Tochter hier behandeln zu lassen. Sie gaben selbst an, dass Sie Österreich verlassen möchten, so bald Ihre Tochter gesund wäre. Ihre Tochter ist medikamentös ordnungsgemäß eingestellt, eine weitere bzw. andere Behandlung außer der Medikamentengabe erfolgt in Österreich nicht.

Durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl konnten, wie bereits eingangs ausgeführt, Ihrem Vorbringen keine Umstände entnehmen, welche die Gewährung von Asyl rechtfertigen würden.

Dies begründet sich wie folgt:

Sie brachten glaubhaft vor, dass Ihre Tochter einem hämolytisch-urämischen Syndrom leidet. Bezüglich des Vorbringens ist anzuführen, dass die Begründung Ihres Antrages schon grundsätzlich keine Deckung in der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) findet bzw. finden kann. Dies deshalb, da aus Ihren Ausführungen keine konkret gegen Ihre Person gerichteten Verfolgungen oder Bedrohungen aus asylrechtsrelevanten Gründen - nämlich der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen der politischen Überzeugung beziehungsweise Gesinnung - ableitbar sind.

Es ging jedoch vielmehr und generell durch den von Ihnen vorgebrachten Sachverhalt deutlich hervor, dass Sie Georgien einzig und alleine aufgrund Ihrer persönlichen Situation - also dem gesundheitlichem Zustand Ihrer Tochter, sprich hämolytisch-urämischen Syndrom und einer dazu erhofften Behandlung in Österreich - verlassen haben. Was die gegenwärtige - allgemeine, aber insbesondere die von Ihnen angesprochenen medizinischen - Situation in Georgien betrifft, ist festzuhalten, dass diese allein nicht zu einer Asylgewährung führen kann.

Alleinige Aufgabe des Asylrechts ist es, Personen zu schützen, gegen die mit Maßnahmen von erheblicher Intensität in Verfolgungsabsicht vorgegangen wird. Nicht als Verfolgung gilt aber ein Nachteil, der sich aus der allgemeinen Situation bzw. Lage ergibt und von dem jeder jederzeit betroffen sein kann. Medizinische Gründe allein, so verständlich sie im Einzelfall auch sein sollten, können somit, zumal mit keinem der in der Genfer Konvention genannten Gründen in Zusammenhang zu bringen, nicht zur Asylgewährung führen.

Die Feststellungen zu Ihrem Herkunftsland basieren auf einer Zusammenstellung des BFA. Diese ist zur Objektivität verpflichtet und unterliegt der Beobachtung eines Beirates. Es ist daher davon auszugehen, dass alle zitierten Unterlagen von angesehenen staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen stammen, ausgewogen zusammengestellt wurden und somit keine Bedenken bestehen, sich darauf zu stützen. Zur Aktualität der Quellen, die für die Feststellungen herangezogen wurden, wird angeführt, dass diese, soweit sich die erkennende Behörde auf Quellen älteren Datums bezieht, aufgrund der sich nicht geänderten Verhältnisse nach wie vor als aktuell bezeichnet werden können.

Aus der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation geht hervor, dass die Erkrankung Ihrer Tochter im Herkunftsstaat grundsätzlich behandelbar ist. Zwar ist das in Österreich verabreichte Therapiemedikament "Cellcept" mit dem Wirkstoff Mycophenolic Acid in Georgien nicht verfügbar, es stehen aber andere Ersatzmedikamente mit demselben Wirkstoff zur Verfügung, dies ergab auch eine von Ihnen selbstständig durchgeführte Anfrage beim georgischen Gesundheitsministerium. Es stehen somit in dem Fall Ihrer Tochter Fall diverse alternative Medikamente zur Verfügung und sind diese auch zugänglich und leistbar.

Ihnen wurden die Entscheidungsgrundlagen zur Kenntnis gebracht und Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme gegeben. Auf eine Stellungnahme zu den Länderfeststellungen verzichteten Sie jedoch.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl geht zusammenfassend daher davon aus, dass Sie auf jeden Fall in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren können, Georgien aufgrund der Verordnung der österreichischen Bundesregierung, mit der Staaten als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden (Herkunftsstaaten-Verordnung - HStV), BGBl. II Nr. 177/2009, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBl. II Nr. 47/2016, als sicherer Herkunftsstaat gilt und Sie in Georgien familiäre Anknüpfungspunkte haben, welche jedenfalls für ein Versorgung Ihrer Person aufkommen können. Auch ist davon auszugehen, dass Sie im Falle einer Rückkehr, wie selbst von Ihnen angegeben, sowohl von Ihren Verwandten als auch von Freunden und Bekannten Unterstützung erwarten beziehungsweise erhalten können, zumal Sie selbst angaben, dass sich all die Verwandten und Bekannten Ihrer Familie über Ihren Gesundheitszustand informieren und der Familie zur Seite stehen.

In Bezug auf die bP 2-5 wurde in sinngemäßer Weise argumentiert.

I.5.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgien traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen. Aus diesen geht hervor, dass in Georgien von einer unbedenklichen Sicherheitslage auszugehen und der georgische Staat gewillt und befähigt ist, auf seinem Territorium befindliche Menschen vor Repressalien Dritte wirksam zu schützen. Ebenso ist in Bezug auf die Lage der Menschenrechte davon auszugehen, dass sich hieraus in Bezug auf die bP ein im Wesentlichen unbedenkliches Bild ergibt. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass in der Republik Georgien die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, eine soziale Absicherung auf niedrigem Niveau besteht, die medizinische Grundversorgung flächendeckend gewährleistet ist, Rückkehrer mit keinen Repressalien zu rechnen haben und in die Gesellschaft integriert werden.

I.5.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde gewährt und wurde kein Abschiebehindernis erkannt.

Insbesondere hielt die belangte Behörde fest:

Bezüglich der gesundheitlichen Probleme (hämolytisch-urämisches Syndrom) Ihrer Tochter wird bemerkt, dass diese keinen außergewöhnlichen Umstand darstellen, der zu einem Abschiebungshindernis führen kann. Ihre Tochter wurde die letzten Monate in Österreich mit Plasmaseparationen behandelt und medikamentös eingestellt. Die derzeitige Therapie besteht aus der Gabe von verschiedenen Medikamenten. Eine Anfrage der Staatendokumentation über MedCoi ergab, dass all die benötigten Medikamente Ihrer Tochter entweder im Original oder als Alternativmedikament mit gleichem Wirkstoff erhältlich sind. Ihre Tochter wurde am XXXX im guten Allgemeinzustand in die häusliche Pflege aus dem XXXX entlassen.

Dazu wird ausgeführt, dass nach der ständigen Rechtsprechung der Höchstgerichte im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (vgl. die Beschlüsse des VwGH vom 21. Februar 2017, Ro 2016/18/0005 und Ra 2017/18/0008 bis 0009, unter Hinweis auf das Urteil des EGMR vom 13. Dezember 2016, Nr. 41738/10, Paposhvili gegen Belgien; auch Beschluss des VwGH vom 23.3.2017, Ra 2017/20/0038; siehe auch Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"]; Erk. d. VfGH 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9). Bloß spekulative Überlegungen über einen fehlenden Zugang zu medizinischer Versorgung sind ebenso unbeachtlich wie eine bloße Minderung der Lebensqualität (Urteil des EGMR (Große Kammer) vom 27. Mai 2008, N. v. The United Kingdom, Nr. 26.565/05).

Dass sich der Gesundheitszustand durch die Abschiebung verschlechtert ("mentaler Stress" ist nicht entscheidend), ist vom Antragsteller konkret nachzuweisen, bloße Spekulationen über die Möglichkeit sind nicht ausreichend. In der Beschwerdesache OVDIENKO gg. Finland vom 31.05.2005, Nr. 1383/04, wurde die Abschiebung des Beschwerdeführers, der seit 2002 in psychiatrischer Behandlung war und der selbstmordgefährdet ist, für zulässig erklärt; mentaler Stress durch eine Abschiebungsdrohung ist kein ausreichendes "real risk".

Im Fahl Ihrer Tochter konnten somit in Ihrem Fall keine akut existenzbedrohenden Krankheitszustände oder Hinweise einer unzumutbaren Verschlechterung der Krankheitszustände im Falle einer Überstellung nach Georgien belegt werden. Es besteht auch kein Hinweis, dass Sie vom Zugang zu medizinischer Versorgung gänzlich ausgeschlossen wären.

I.6. Gegen die im Spruch genannten Bescheide wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass die bP 4 in Georgien keine entsprechende Behandlungsmöglichkeit hätte. Die Anfragebeantwortung der bB hinsichtlich der Behandlungsmöglichkeiten der Erkrankung sei unzulässiger Weise nicht vollständig im Bescheid abgedruckt. Das Kindeswohl sei nicht entsprechend berücksichtigt worden und seien die Beweiswürdigung sowie das Ermittlungsverfahren insgesamt nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden.

Vorgelegt wurde von den bP:

* Arztbrief vom XXXX

* Empfehlungsschreiben

* Schreiben des Krankenhaus in XXXX

* Vollmachten

I.8. Für den 25.02.2019 lud das erkennende Gericht die Verfahrensparteien zu einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

Gemeinsam mit der Ladung wurden Feststellungen zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat sowie zu Behandlungsmöglichkeiten für die bP 4 in Georgien zugestellt.

In der Verhandlung gab die bP 1 auszugsweise an:

RI: Wurde ihre Tochter bereits im Heimatland oder im Ausland deswegen behandelt und wie hat diese Behandlung ausgesehen?

P2: Die georgischen Ärzte konnten keine Diagnose erstellen. Dann haben wir unser ganzes Hab und Gut verkauft. Unsere Freunde und Verwandten haben uns finanziell geholfen, sodass wir nach Istanbul ausreisten konnten, dort wurde die Diagnose gestellt.

RI: Ist die Erkrankung im Heimatland behandelbar?

P2: Nein. Ich weiß von meinem Rechtsberater, dass die Ärzte in Georgien ein Schreiben übermittelten, aus welchem hervorgeht, dass die Krankheit behandelbar ist. Ich bin aber mit dieser Aussage nicht einverstanden.

....

RI: Was war der Grund warum Sie Georgien verlassen haben?

P: Die Krankheit meiner Tochter.

RI: Gibt es andere Gründe oder nur diese?

P: Nein, es gab keine anderen Gründe.

RI: Ist diese Krankheit heilbar?

P: In der Türkei hat man uns gesagt, dass die Behandlung drei bis fünf Jahre dauern würde. Die österreichischen Ärzte sagen uns aber keine genaue Dauer.

RI: Gibt es noch etwas, dass sie erwähnen möchten und bis jetzt nicht zur Sprache gekommen ist?

P: Sobald uns der behandelnde Arzt mitteilt, dass unsere Tochter keine Medikamente mehr braucht, werde ich am gleichen Tag mit meiner Familie nach Georgien ausreisen.

RV: Was würden Sie im Falle einer Rückkehr nach Georgien befürchten?

P: Ich befürchte, dass der Gesundheitszustand meiner Tochter sich drastisch verschlechtert, weil es dort weder notwendige Medikamente, noch ebenso notwendige Laboruntersuchungen gibt.

RV: Warum sind diese Laboruntersuchungen so wichtig?

P: In Österreich läuft die Behandlung so ab, dass, wenn XXXX ein Medikament eingenommen hat, dann gibt es einen Beobachtungszeitraum. Je nach der Reaktion von XXXX wird die Dosis erhöht oder gesenkt. Die XXXX ist die berühmteste und dort lag meine Tochter 21 Tage lang. Ich habe im Hof der Klinik wie ein Hund geweint, weil ich mich machtlos gefühlt habe. Zuletzt musste ich unterschreiben, dass die Ärzte befugt sind, Knochenmark zu entnehmen, um die Diagnose zu stellen. Ich habe eingewilligt. Auch nachdem sie meiner Tochter das Knochenmark entnommen hatten, konnten sie nichts in Erfahrung bringen.

In der Verhandlung gab die bP 2 auszugsweise an:

RI: Was war der Grund warum Sie Georgien verlassen haben?

P: Die Krankheit meiner Tochter. Nachgefragt gebe ich an, dass wir keine weiteren Gründe haben.

RV: Was haben Sie alles in Georgien probiert, um zu einer Diagnose zu gelangen?

P: Es wurden Laboruntersuchungen in mehreren Labors gemacht. Es wurde eine Knochenmarkanalyse gemacht. Die Unterlagen wurden auch nach XXXX geschickt. Aber weder in XXXX noch in XXXX konnte man die Erkrankung diagnostizieren.

RV: Sie haben jetzt ihre Diagnose. Was befürchten sie im Falle ihrer Rückkehr nach Georgien?

P: Es gibt zwar in Georgien in XXXX mehrere Labors. Aber keines dieser Labore hat die nötige Ausstattung, um die Untersuchung meiner Tochter durchzuführen. Es gibt zwar auch Medikamente, aber diese speziellen Medikamente, die meine Tochter braucht, nicht. Es gibt auch sehr viele gefälschte Medikamente.

RV: Könnten Sie sich die Behandlung als fünfköpfige Familie leisten?

P: Nein. Ich hätte heute in Georgien nicht einmal eine Lebensgrundlage, weil wir alles verkaufen mussten.

RI: Ihr Haus auch?

P: Nein, das Haus nicht.

Folgende Erkenntnisquellen wurden den beschwerdeführenden Parteien genannt und deren Inhalt in der Verhandlung erörtert:

- LIB der Staatendokumentation vom 07.06.2018, Stand vom 11.12.2018

- Bericht des AA über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien vom 27.08.2018

- Anfragebeantwortung der Staatendokumentation betreffend des atypischen hämolytischen urämischen Syndroms

- Anfragebeantwortung der Staatendokumentation Georgien (ergangen zur zystischen Fibrose - Medikamente - Sauerstofftherapie) vom 31.1.2019

- Anfragebeantwortung an den Polizei Attaché in Georgien vom 28.05.2019

Den P wurde der Inhalt der Anfragebeantwortung übersetzt bzw. wurde dies erörtert.

Die bP gaben hierzu an:

RI fragt die Parteien um deren Stellungnahme zu dieser Beurteilung.

P2: Ich weiß, dass es in Georgien Medikamente gibt, die den hohen Blutdruck regulieren. Aber welches Medikament ersetzt das Hauptmedikament Celcept. Dieses stoppt die Antikörper.

Der P wurde vom RI die Anfragebeantwortung des Attachés neuerlich zur Kenntnis gebracht.

P2: Das Ersatzmedikament ist aber wesentlich teurer.

P1: Wir haben bereits sehr schlechte Erfahrungen in georgischen Kliniken gemacht. Wir vertrauen der dortigen Medizin nicht mehr.

P2: Ich befürchte, dass wir maximal in sechs Monaten vor dem gleichen Problem stehen werden, wie vor der Ausreise. Dass, was am Papier steht, entspricht nicht immer der Wahrheit. Wäre die Behandlung in Georgien möglich gewesen, wäre ich nicht ausgereist und hätte sie dort behandeln lassen.

P1: Ich weiß, dass Georgien als sicheres Land zählt. Aber wenn ich mir nicht einmal die Gesundheit meiner Tochter leisten kann und alles verkaufen musste, wo ist dann die Sicherheit. Ich müsste wieder von null anfangen, weil ich dort nichts mehr habe.

RI fragt den RV um seine Stellungnahme zu dieser Beurteilung.

RV: Die Medikamente heilen nicht die Krankheit des Kindes, sondern unterdrücken nur die Symptome. Es wird längerfristig eine Dialyse nicht ausbleiben. Laut Anfragebeantwortung werden die Kosten für die Dialyse nicht übernommen.

Vorgelegt wurden in der Verhandlung ein Schreiben des georgischen Gesundheitsministeriums (es wird mitgeteilt, dass die Behandlungskosten in der Höhe von 100 Lari pro Jahr übernommen werden können. Die Kosten der Medikamente können nicht übernommen werden. Dem Ministerium ist auch die Höhe der Kosten nicht bekannt. Es wird auf die Website des Gesundheitsministeriums hingewiesen, auf welchem die aktuellen Programme aufscheinen), eine ärztliche Bestätigung des XXXX vom XXXX 2018, Deutschkursbestätigungen, Empfehlungsschreiben für die Kinder von Schulkollegen und Betreuern.

Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung wurde das Erkenntnis des BVwG vom selben Tag mündlich verkündet.

Die Beschwerden wurden als unbegründet abgewiesen. Die Revision wurde gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

Die bP wurden iSd § 29 Abs. 2 a VwGVG über das Recht, binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift eine Ausfertigung gemäß § 29 Abs. 4 zu verlangen bzw. darüber, dass ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision beim Verwaltungsgerichtshof und der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof darstellt, belehrt.

Nach Verkündung der Erkenntnisse wurde den bP sowie deren rechtsfreundlicher Vertretung eine Ausfertigung der Niederschrift ausgefolgt.

Mit Schreiben vom 11.06.2019 wurde die schriftliche Ausfertigung der mündlich verkündeten Erkenntnisse begehrt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

II.1.1. Die beschwerdeführenden Parteien

Bei den bP handelt es sich um im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörige Georgier, welche aus einem überwiegend von Georgiern bewohnten Gebiet stammen und sich zum Mehrheitsglauben des Christentums bekennen.

Die bP 1 und 2 sind junge, gesunde, arbeitsfähige Menschen mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer -wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich- gesicherten Existenzgrundlage.

Die Pflege und Obsorge der minderjährigen bP ist durch deren Eltern gesichert.

Die bP 1 und 2 haben in Georgien die Schule besucht. Die bP 1 hat ein Schuhgeschäft betrieben, welches vor der Ausreise zur Finanzierung dieser Kosten sowie der Behandlungskosten für die bP 4 verkauft wurde. Vor ihrer Ausreise lebten die bP in einem Dorf in ihrem Eigentumshaus, welches derzeit leer steht. Zum Haus gehören ein Wein- und ein Mandarinengarten. Die bP 2 ist studierte Biologin, hat der bP 1 vorerst im Geschäft geholfen und die letzten 2 Jahre vor der Ausreise die kranke Schwiegermutter gepflegt.

Vier Schwestern und mehrere Onkel und Tanten der bP 1 leben mit ihren Familien in Georgien. Zwei Schwestern sind Lehrerinnen, eine betreibt eine Landwirtschaft, die vierte betreut ihre Kinder und lebt vom Einkommen ihres Ehegatten. Die Eltern, zwei Brüder sowie diverse weitere Verwandte der bP 2 leben in Georgien und gehen verschiedenen Beschäftigungen nach.

Die bP stehen in regelmäßigen Kontakt mit ihren Familienangehörigen in der Heimat.

Die bP 1 nimmt Medikamente wegen Bluthochdruck und hatte vor 20 Jahren Probleme mit den Nieren.

Die bP 4 leidet an dem atypischen hämolytischen urämischen Syndrom (HUS) und muss deshalb Medikamente einnehmen. Sie geht alle 2 Monate zu einer Kontrolle (Laboruntersuchung). Sie wurde am XXXX .2018 mit der Rettung ins Spital in XXXX gebracht, von wo aus sie am XXXX .2018 nach Istanbul mit der bP 2 ins Krankenhaus geflogen ist. In der Türkei wurde die in Georgien gestellte Verdachtsdiagnose bestätigt. Am XXXX .2018 reisten die bP dann nach Österreich, wo die bP 4 10x eine Plasmaaustauschbehandlung erhielt und ihr 2x B-Zellantikörper verabreicht wurden. Unter der folgenden Immunsuppression zeigte sich eine Besserung und ist sie in einem stabilen Zustand nach stationärem Aufenthalt aus dem Krankenhaus in Österreich am XXXX entlassen worden. Die Erkrankung der bP 4 ist nicht heilbar und eine seltene Autoimmunerkrankung.

Gemäß letztem vorgelegten ärztlichen Bericht (vidiert XXXX ), Zusatz handschriftlich vom 20.05.2019 geht zudem hervor, dass die bP weiterhin in einem klinischen und laborchemisch stabilen Zustand ist und folgende Medikamente einnimmt: Aprednisolon (5mg jeden 2ten Tag), Enalapril (1x 5mg täglich) und Cellcept (2x 250mg).

Die bP haben in Österreich keine Verwandten und leben auch sonst mit keiner nahe stehenden Person zusammen, welche nicht zur Kernfamilie zu zählen ist. Sie möchten offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten und halten sich seit 1 Jahr und 3 Monaten im Bundesgebiet auf. Sie leben von der Grundversorgung. Die bP 1 und 2 besuchten einen Deutschkurs A1 und haben die Prüfung abgelegt. Die bP 3 und 4 besuchen die Schule, die bP 5 den Kindergarten. Sie sind strafrechtlich unbescholten. Sie verfügen mehrheitlich über soziale Kontakte zu Georgiern, welche sie aus dem Krankenhaus und der Kirche kennen. Besondere soziale Kontakte liegen nicht vor.

Die Identität der bP steht fest.

II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat im Herkunftsstaat Georgien

Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es sich bei Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat gem. § 19 BFA-VG handelt.

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat werden folgende Feststellungen getroffen:

1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 11.12.2018, Präsidentschaftswahl (relevant für Abschnitt: 2. Politische Lage

Die ehemalige Außenministerin Salome Zurabishvili wurde am 28.11.2018 zur Präsidentin des Landes gewählt. Offiziell als unabhängige Kandidatin, jedoch unterstützt von der Regierungspartei "Georgischer Traum", setzte sie sich in der Stichwahl mit fast 60% gegen ihren Konkurrenten Grigol Vashadze durch, welcher insbesondere von der oppositionellen Vereinigten Nationalen Bewegung von Ex-Präsident Saakashvili unterstützt wurde (FAZ 29.11.2018; vgl. CW 29.11.2018). Die OSZE beurteilte den Wahlgang als kompetitiv und gut administriert, wobei der Wahlkampf von einer scharfen Rhetorik und Demonstrationen begleitet war. Hauptkritikpunkte waren allerdings die einseitige Verwendung staatlicher Verwaltungsressourcen sowie die Berichterstattung des öffentlichen Rundfunks zugunsten von Zurabishvili (OSCE/ODIHR 29.11.2018). Am 1.12.2018 demonstrierten rund 25.000 Menschen in Tiflis und warfen der von der Regierungspartei unterstützten neuen Präsidentin Zurabishvili Wahlbetrug vor. Gemeinsam mit dem unterlegenen Kandidaten Vashadze und dem im Exil lebenden Ex-Präsidenten Saakashvili forderten sie vorgezogene Parlamentswahlen (Standard 2.12.2018).

Quellen:

* CW - Caucasus Watch (29.11.2018): Surabischwili gewinnt Wahl: Georgien bekommt erstmals eine Präsidentin, http://caucasuswatch.de/news/1190.html, Zugriff 11.12.2018

* FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (29.11.2018): Georgien bekommt eine Präsidentin, https://www.faz.net/aktuell/salome-surabischwili-wird-neue-praesidentin-in-georgien-15915289.html, Zugriff 11.12.2018

* OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, European Parliament, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (30.10.2016): International Election Observation Mission, Georgia - Presidential Election, Second Round, 28 November 2018 - Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions, https://www.osce.org/odihr/elections/georgia/404642?download=true, Zugriff 11.12.2018

* Der Standard (2.12.2018): 25.000 Georgier wegen angeblichen Wahlbetrugs auf den Straßen - derstandard.at/2000092965067/25-000-Georgier-wegen-angeblichen-Wahlbetrugs-auf-den-Strassen, https://derstandard.at/2000092965067/25-000-Georgier-wegen-angeblichen-Wahlbetrugs-auf-den-Strassen?ref=rec, Zugriff 11.12.2018

KI vom 25.6.2018, Regierungsumbildung (relevant für Abschnitt: 2. Politische Lage).

Am 13.6.2018 erklärte Premierminister Giorgi Kvirikashvili seinen Rücktritt. Als Grund wurden Meinungsverschiedenheiten mit dem Parteivorsitzenden Ivanishvili genannt, der am 11.5.2018 das Amt des Parteivorsitzenden des "Georgischen Traums" von Kvirikashvili übernommen hatte und damit in die Politik Georgiens zurückgekehrt war. Begleitet war Kvirikashvilis Rücktritt zudem von Massenprotesten (RFE/RL 20.1.2018, vgl. civil.ge 20.6.2018).

Das georgische Parlament hat am 20.6.2018 den bisherigen Finanzminister Mamuka Bakhtadze zum neuen Premierminister von Georgien gewählt und das von ihm vorgeschlagene Kabinett als Übergangsregierung bestätigt. Die parlamentarische Opposition blieb der Abstimmung geschlossen fern. Aus den eigenen Reihen erhielt Bakhtadze sechs Gegenstimmen, bei 99 Ja-Stimmen. Bakhtadze kündigte an, dass das neue Kabinett geschlossen an einem Neuzuschnitt einiger Ressorts und damit auch einer Verringerung der Zahl der Ministerien arbeiten werde (GA 21.6.2018, vgl. RFE/RL 20.6.2018). Überdies betonte Bakhtadze, dass er die Bestrebungen nach einer Mitgliedschaft sowohl in der NATO als auch der EU fortsetzen werde (RFE/RL 20.6.2018).

Quellen:

* Civil.ge (20.6.2018): Bakhtadze's Cabinet Wins Confidence, https://civil.ge/archives/244788, Zugriff 25.6.2018

* GA - Georgien aktuell (21.6.2018): Mamuka Bakhtadze zum Premierminister von Georgien gewählt, http://georgien-aktuell.info/de/politik/article/13762-premierminister, Zugriff 25.6.2018

* RFE/RL - Radion Free Europe/Radio Liberty (20.1.2018): Georgian Parliament Approves Bakhtadze As Prime Minister, https://www.rferl.org/a/georgia-parliament-approves-bakhtadze-as-prime-minister/29307191.html, Zugriff 25.6.2018

2. Politische Lage

Im Jahr 2017 begann Georgien mit einer grundlegenden Reform der Verfassung, mit welcher der Übergang von einem gemischten zu einem parlamentarischen System abgeschlossen wurde. Die Reform, die insgesamt positiv von der Venediger-Kommission des Europarates bewertet wurde, zielt darauf ab, die verfassungsmäßige Ordnung des Landes zu festigen, die auf den Grundsätzen der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und des Schutzes der Grundrechte beruht. Der vom Parlament angenommene Entwurf wurde von der Opposition nicht unterstützt, weil vor allem das rein-proportionale Wahlsystem erst bis 2024 eingeführt werden soll. NGOs und Oppositionsparteien sahen den Entscheidungsprozess als nicht inklusiv und zu voreilig (EC 9.11.2017).

Georgien hat eine doppelte Exekutive, wobei der Premierminister als Regierungschef und der Präsident als Staatsoberhaupt fungiert. Der Präsident wird durch Direktwahl für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Der Präsident ernennt den Premierminister, der vom Parlament ernannt wird. Nach den im Jahr 2017 beschlossenen Verfassungsänderungen wird der Präsident indirekt von einem Gremium, bestehend aus nationalen, regionalen und lokalen Gesetzgebern, gewählt, wobei diese Änderungen erst nach der Wahl 2018 wirksam werden (FH 1.2018). Nach der geänderten Verfassung wird Georgien ab 2024 auf ein Verhältniswahlsystem mit einer Fünf-Prozent-Hürde umstellen. Ab 2025 wird der Präsident nicht mehr vom Wahlvolk, sondern von einem speziellen Gesetzgebungsrat gewählt (RFE/RL 20.10.2017).

Bei den Präsidentschaftswahlen 2013 gewann Giorgi Margvelashvili, ein von der Partei "Georgischer Traum" unterstützter unabhängiger Kandidat, 62% der Stimmen, vor dem Kandidaten der Vereinigten Nationalen Bewegung (UNM), David Bakradze, der 22% gewann. Während Beobachter über einige Verstöße berichteten, bezeichneten sie den Wahlgang als kompetitiv und und vertrauenswürdig und lobten dabei die Zentrale Wahlkommission für ihre Professionalität. Giorgi Kvirikashvili von der Partei Georgischer Traum kehrte nach den Parlamentswahlen 2016 als Premierminister zurück; er war seit Ende 2015 in dieser Funktion tätig (FH 1.2018).

Am 8.10. und 30.10.2016 fanden Parlamentswahlen in Georgien statt. Die bislang regierende Partei "Georgischer Traum" sicherte sich die Verfassungsmehrheit, indem sie 115 der 150 Sitze gewann. Die "Vereinigte Nationale Bewegung" (UNM) des Expräsidenten Mikheil Saakashvili errang 27 und die "Allianz der Patrioten Georgiens" (APG) sechs Sitze (RFE/RL 1.11.2016). Mit der APG, die im ersten Wahlgang am 8.10.2016 knapp die Fünf-Prozent-Hürde schaffte, ist erstmals eine pro-russische Partei im Parlament vertreten. In der notwendigen Stichwahl am 30.10.2016 in 50 Wahlkreisen, die nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt werden, gewann der "Georgische Traum" 48 Wahlkreise (Standard 31.10.2016). Die übrigen zwei Sitze gingen jeweils an einen unabhängigen Kandidaten und einen Vertreter der "Partei der Industriellen" (VK 31.10.2016).

Die Wahlbeobachtungsmission der OSZE bewertete gemeinsam mit anderen internationalen Beobachtern die Stichwahl als kompetitiv und in einer Weise administriert, die die Rechte der Kandidaten und Wähler respektierte. Allerdings wurde das Prinzip der Transparenz sowie das Recht auf angemessene Rechtsmittel bei der Untersuchung und Beurteilung von Disputen durch die Wahlkommissionen und Gerichte oft nicht respektiert (OSCE/ODIHR 30.10.2016).

Am 21.10. und 12.11.2017 fanden Gemeinde- und Bürgermeisterwahlen statt. In der ersten Runde am 21.10.2017 gewann die Regierungspartei, Georgischer Traum, in allen Wahlkreisen und sicherte sich 63 von 64 Bürgermeisterämter, darunter in der Hauptstadt Tiflis (RFE/RL 12.11.2017). Bei der Bügermeisterstichwahl am 12.11.2017 gewannen in fünf der sechs ausstehenden Städte ebenfalls die Kandidaten des Georgischen Traums. Nur in Ozurgeti siegte ein unabhängiger Kandidat (Civil.ge 13.11.2017). Die Wahl verlief reibungslos und professionell, wobei die Stimmabgabe, die Auszählung und das Wahlermittlungsverfahren von Beobachtern positiv beurteilt wurden, obwohl Hinweise auf mögliche Einschüchterungen und Druck auf die Wähler Anlass zur Besorgnis gaben (OSCE 13.11.2017).

Das politische Leben in Georgien ist lebendig. Die Menschen sind in der Regel in der Lage, politische Parteien zu gründen und ihre eigenen Kandidaturen mit wenig Einmischung durch Dritte umzusetzen. Allerdings hat ein Muster der Einparteiendominanz in den letzten zehn Jahren die Entwicklung und Stabilität konkurrierender Gruppen gehemmt. Die Partei Georgischer Traum dominiert den politischen Raum. Entscheidend dafür ist die Rolle von Ivanishvili, dem Schöpfer und Finanzgaranten der Partei, der maßgeblichen Einfluss auf die politische Entscheidungsfindung in Georgien hat. Die finanziellen und geschäftlichen Interessen von Ivanishvili sind auch im politischen Bereich von großer Bedeutung (FH 1.2018).

Quellen:

* Civil.ge (13.11.2017): GDDG Wins Most Mayoral Runoff Races, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=30622, Zugriff 26.3.2018

* EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1426297.html, 26.3.2018

* OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, European Parliament, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (30.10.2016): International Election Observation Mission, Georgia - Parliamentary Elections, Second Round - Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions, http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/278146?download=true, Zugriff 26.3.2018

* OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-Operation in Europe/ Office for Democratic Institutions and Human Rights (13.11.2017): Election Observation Mission Georgia, Local Elections, Second Round, 12 November 2017, http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/356146?download=true, Zugriff 26.3.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (20.10.2017): Georgia's President Reluctantly Signs Constitutional Amendments, 26.3.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (1.11.2016): Georgia's Ruling Party Wins Constitutional Majority, http://www.rferl.org/a/georgia-elections-second-round-georgian-dream-super-majority/28085474.html, Zugriff 26.3.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (12.11.2017): Georgians In Six Municipalities Vote In Local Election Runoffs, https://www.rferl.org/a/georgia-local-elections-second-round/28849358.html, Zugriff 26.3.2018

* Der Standard (31.10.2016): Regierungspartei kann Georgien im Alleingang regieren, http://derstandard.at/2000046738001/Wahlsieg-von-Regierungspartei-in-Georgien-in-zweiter-Runde-bestaetigt, Zugriff 26.3.2018

* Vestnik Kavkaza (31.10.2016): Georgian Dream wins 48 districts out of 50, http://vestnikkavkaza.net/news/Georgian-Dream-wins-48-districts-out-of-50.html, Zugriff 26.3.2018

3. Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Georgien hat sich seit der militärischen Auseinandersetzung zwischen georgischen und russischen Truppen vom August 2008 weitgehend normalisiert. Die Konflikte um die beiden separatistischen georgischen Regionen Abchasien und Südossetien sind indes ungelöst und verursachen Spannungen. Im Gali-Distrikt Abchasiens kommt es immer wieder zu Schusswechseln, Entführungen und anderen Verbrechen mit teilweise kriminellem Hintergrund. Trotz vordergründiger Beruhigung der Lage kann ein erneutes Aufflammen des Konfliktes zwischen Abchasien und Georgien nicht ausgeschlossen werden. Gleiches gilt im Falle Südossetiens. In den städtischen Zentren kann es gelegentlich zu Demonstrationen und Protestaktionen kommen, vor allem im Zusammenhang mit Wahlen. Straßenblockaden und Zusammenstöße mit den Sicherheitskräften sind nicht ausgeschlossen. Das Risiko von terroristischen Anschlägen kann auch in Georgien nicht ausgeschlossen werden (EDA 6.6.2018).

Die Kriminalitätsrate ist in Georgien in den letzten Jahren deutlich gesunken. Auto- und andere Diebstähle sowie Einbrüche kommen vor, und sind gelegentlich von Gewalt begleitet. Übergriffe gegen Personen, die sich in der Öffentlichkeit als homosexuell zu erkennen geben, können vorkommen (AA 6.6.2018a, vgl. EDA 6.6.2018).

Bei einem Anti-Terroreinsatz in Tiflis sind am 22.11.2017 ein Polizist und drei mutmaßliche Terroristen getötet worden. Mehrere mutmaßliche Anhänger einer terroristischen Gruppe hatten sich der Festnahme widersetzt, indem sie das Feuer mit automatischen Waffen eröffneten und Handgranaten auf die Anti-Terror-Einheit warfen (Standard 23.11.2017). Einer der getöteten Terroristen war offenbar Achmed Tschatajew, ein tschetschenischer Befehlshaber des sog. Islamischen Staates (IS), der den georgischen Behörden bekannt war. Tschatajew stand seit 2015 auf der Terroristenliste der Vereinigten Staaten von Amerika und wurde auch von Russland und der Türkei wegen der Organisation des tödlichen Bombenanschlags auf den Flughafen von Istanbul im Juli 2016 gesucht. Die Prognose, dass sich die terroristische Bedrohung in Georgien auf die einheimischen und zurückkehrenden Kämpfer verlagert hat, wurde durch die Operation in Tiflis drastisch bestätigt (Jamestown 29.11.2017, GA 1.12.2017):

Die EU unterstützt aktiv die Bemühungen um Konfliktlösung durch die Arbeit des EU-Sonderbeauftragten für den Südkaukasus und die Krise in Georgien und die EU-Beobachtermission (EUMM), die zu Stabilität und Frieden beitragen. Georgien hat sich weiterhin den internationalen Gesprächen in Genf verschrieben. Der sog. "Incident Prevention Mechanisms (IPRM)", der 2009 geschaffen wurden, um Risiko- und Sicherheitsfragen zu erörtern, die die Gemeinden in Abchasiens bzw. Südossetiens betreffen, und die EUMM-Hotline arbeiten weiterhin effizient als wesentliche Instrumente, um lokale Sicherheitsfragen anzugehen und, um die weitere Vertrauensbildung zwischen den Sicherheitsakteuren zu fördern (EC 9.11.2017).

Anfang März 2018 wiederholte Premierminister Giorgi Kvirikashvili Georgiens Interesse, bei den internationalen Gesprächen in Genf konkrete Fortschritte zu erzielen. Hierzu erklärte er sich auch bereit, in einen direkten Dialog mit Vertretern der separatistischen Regionen Abchasien und Südssetien zu treten (Jamestown 26.3.2018, vgl. Civil.ge 9.3.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (6.6.2018a): Landesspezifische Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/georgien-node/georgiensicherheit/201918#content_0, Zugriff 6.6.2018

* Civil.ge (9.3.2018): Prime Minister Appeals to Russian Authorities, Offers Direct Dialogue with Sokhumi, Tskhinvali, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=30935&search, Zugriff 12.4.2018

* EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018

* EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (6.6.2018): Reisehinweise für Georgien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/georgien/reisehinweise-georgien.html, Zugriff 6.6.2018

* GA - Georgien aktuell (1.12.2017): Anti-Terror-Einsatz: getötete Terroristen offenbar illegal ins Land gekommen, http://georgien-aktuell.info/de/politik/innenpolitik/article/13430-illegal, Zugriff 9.4.2018

* Jamestown (26.3.2018): Georgian Government Insists on Direct Talk With Moscow-Backed Separatists, https://jamestown.org/program/georgian-government-insists-direct-talk-moscow-backed-separatists/, Zugriff 12.4.2018

* Jamestown (29.11.2017): Special Operation in Tbilisi Highlights Risk of Terrorism by Returning Fighters in Georgia, https://jamestown.org/program/special-operation-tbilisi-highlights-risk-terrorism-returning-fighters-georgia/, Zugriff 9.4.2018

* Der Standard (23.11.2017): Vier Tote bei Anti-Terror-Einsatz in Tiflis, https://derstandard.at/2000068329714/Vier-Tote-bei-Anti-Terror-Einsatz-in-Tiflis, Zugriff 9.4.2018

4. Rechtsschutz / Justizwesen

Erhebliche Fortschritte gab es insbesondere im Justizwesen und Strafvollzug, wo eine menschenrechtswidrige Behandlung, die in der Vergangenheit systemisch vorhanden war, in aller Regel nicht mehr festgestellt werden kann. Der Aufbau eines unabhängigen und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen handelnden Justizwesens gehört zu den wichtigsten Zielen der aktuellen Regierung. Die dritte Reformwelle vom Dezember 2016 garantiert vor allem die unparteiische Zuteilung von Rechtsfällen an Richter. NGOs, die den Reformprozess sehr aktiv und sehr kritisch begleiten, mahnen weiterhin die Ernennung von Richtern aufgrund von Qualifikation und Eignung in einem transparenten Verfahren an. Demgegenüber neigen Politiker und andere prominente Interessenvertreter aus Wirtschaft und Medien dazu, Richtern bei Gerichtsentscheidungen in brisanten Fällen pauschal politische Motive bzw. Korruption zu unterstellen. In einigen Fällen wurde der Europäische Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg angerufen. Seit 2012 laufende Ermittlungen oder mit rechtskräftigen Urteilen abgeschlossene Strafverfahren gegen hochrangige Mitglieder und nachgeordnete Mitarbeiter der ehemaligen Regierung werden nicht als politisch motiviert eingeschätzt, sondern beruhen auf rechtswidrigen bzw. strafrechtlich relevanten Handlungen durch Amtsträger oder Parteifunktionäre der Vorgängerregierung. Die Tatsache, dass Gerichte hierbei nicht immer den Anträgen der Staatsanwaltschaft folgen, zeigt eine wachsende Unabhängigkeit der Justiz und deutliche Grenzen für eine etwaige politische Zielsetzung der Verfahren. Nach dem Regierungswechsel 2012/13 erfolgte eine kontinuierliche Liberalisierung des Strafrechts. Eine feststellbare niedrigere Verurteilungsrate ist auf eine stärkere Emanzipierung der Richterschaft von den Anträgen der Staatsanwaltschaft zurückzuführen, aber auch auf eine Stärkung der Rechte der Verteidigung im Strafprozess. Die Praxis lang andauernder Untersuchungshaft wurde im Fall Ugulava, des ehemaligen Bürgermeisters von Tiflis vom Verfassungsgericht als verfassungswidrig beurteilt und verfassungskonform beschränkt (AA 11.12.2017).

Im Dezember 2016 wurde ein Paket von Gesetzesänderungen zur Justizreform verabschiedet. Die Änderungen betrafen insbesondere die Veröffentlichung aller Entscheidungen, die schrittweise Einführung der elektronischen Zufallszuweisung von Fällen sowie das Auswahlverfahren der Richterkandidaten und das Disziplinarverfahren (Schaffung der Institution des Untersuchungsinspektors). Die Änderungen betrafen jedoch nicht andere, seit langem bestehende Punkte, einschließlich der Anwendung der Probezeit. Eine erste umfassende Justizstrategie und ihr fünfjähriger Aktionsplan wurden vom Hohen Rat der Justiz im Mai 2017 angenommen. Dieser sieht spezifische Maßnahmen und Indikatoren in den Kapiteln Unabhängigkeit, Rechenschaftspflicht, Qualität und Effizienz sowie Zugang zur Justiz vor. In Bezug auf den Zugang zur Justiz sind die vom Hohen Rat der Justiz (HCoJ) eingeführten Verfahren zur Ernennung von Richtern und Gerichtspräsidenten sowie die Disziplinarverfahren allerdings nicht vollständig transparent und rechenschaftspflichtig. Die neue Verfassung führte die Ernennung von Richtern des Obersten Gerichtshofs durch das Parlament auf Vorschlag des Obersten Gerichtshofs sowie die Ernennung von Richtern auf Lebenszeit ein. Im Januar 2017 wurden die Geschworenenprozesse, die 2010 beim Stadtgericht von Tiflis eingeführt wurden, auf andere Regionen Georgiens und auf weitere Arten von Vergehen ausgeweitet. Anfang 2017 wurden die Strafverfolgungsstrategie, der neue Ethikkodex und ein Beurteilungssystem für Staatsanwälte verabschiedet (EC 9.11.2018).

Die Einmischung der Exekutive und der Legislative in die Justiz ist nach wie vor ein erhebliches Problem, ebenso wie der Mangel an Transparenz und Professionalität bei den Verfahren. Im Jahr 2017 äußerten sich Oppositionelle und andere besorgt darüber, dass die politische Einmischung ein wesentlicher Faktor in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs gewesen sei, so die Rückgabe des TV Senders "Rustavi 2" an seinen ehemaligen Miteigentümer, der mit der Regierungspartei Georgischen Traum verbunden ist. Das Urteil wurde allerdings später vom Europäischen Gericht für Menschenrechte aufgehoben (FH 1.2018, vgl. AI 22.2.2018).

Ende Mai 2018 musste der Generalstaatsanwalt Georgiens vor dem Hintergrund von Protesten zurückgetreten, in denen tausende Demonstranten ihre Empörung über ein, ihrer Meinung nach, unfaires Gerichtsurteil im Mordfall von zwei Schülern in Tiflis zum Ausdruck brachten (CK 5.6.2018). Die Demonstranten glaubten, dass andere als die beiden Beschuldigten für den Tod verantwortlich waren und der Strafe entkamen, weil ihre Verwandten in der Generalstaatsanwaltschaft arbeiteten (RFE/RL 4.6.2018). Führende NGOs des Landes haben sich geweigert, sich an der Ernennung eines neuen Generalstaatsanwaltes unter der Leitung von Justizministerin Teya Tsulukiani zu beteiligen, sondern haben im Gegenteil deren Rücktritt gefordert (CK 5.6.2018, vgl. JAMnews 6.6.2018). Das Parlament hat am 31.5.2018 als Reaktion auf die Entlassung der Beschuldigten durch das Gericht in Tiflis eine Untersuchungskommission zum Mordfall eingerichtet (civil.ge 6.6.2018). Die Demonstrationen haben die Ansicht mancher Georgier über Korruption und eine Atmosphäre der Straflosigkeit in der herrschenden Elite des Landes widergespiegelt (RFE/RL 4.6.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425371.html, Zugriff 17.4.2018

* Caucasian Knot (5.6.2018): Activists demand resignation of Georgia's MoJ head, http://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/43375/, Zugriff 7.6.2018

* Civil.ge (6.6.2018): Parliament Approves Teen Murder Probe Commission, https://civil.ge/archives/243789, Zugriff 7.6.2018

* EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1426297.html, 17.4.2018

* JAMnews (6.6.2018): Georgian NGOs demand resignation of Minister of Justice, https://jam-news.net/?p=106350, Zugriff 7.6.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (4.6.2018): Georgian Protest Leader Gives Authorities Progress Ultimatum, https://www.rferl.org/a/tbilisi-subway-workers-strike-as-new-antigovernment-protests-expected/29270264.html, Zugriff 7.6.2018

5. Sicherheitsbehörden

Seit dem Regierungswechsel im Oktober 2012 ist von Machtmissbrauch von Amtsträgern nicht mehr die Rede. Bis 2012 waren Exekutivorgane, z.B. Staatsanwaltschaft, Polizei oder Finanzbehörden, als Machtinstrument oder als Mittel zur rechtswidrigen Erlangung wirtschaftlicher Vorteile von Regierungsangehörigen oder ihnen nahestehenden Personen missbraucht worden. Bestechung bzw. Bestechlichkeit von Polizisten sind allgemein nicht mehr zu verzeichnen. In ihrer Rolle als Hüter von Regeln werden sie öffentlich als zurückhaltend, aber auch als untätig wahrgenommen, was zu einem Verlust an Respekt geführt hat. Die Geheim- und Nachrichtendienste treten nicht als Repressionsinstrumente auf. Eine von NGOs angemahnte organisatorische Trennung der Sicherheitsdienste vom Innenministerium ist bisher aber nicht durchgeführt worden (AA 11.12.2017).

Meinungsumfragen zeigen einen Rückgang des Vertrauens der Öffentlichkeit in das Strafverfolgungssystem. Umfragen zufolge waren 2013 noch 60% der Georgier und Georgierinnen mit der Leistung der Polizei zufrieden. Dieser Wert fiel jedoch im April 2017 Jahres auf 38%. Im gleichen Zeitraum stieg der Anteil der Unzufriedenen mit der Polizei von einem einstelligen Prozentwert auf 14% (NDI/CRRC 4.2017).

Hochrangige Zivilbehörden üben nicht immer eine wirksame Kontrolle über das Innenministerium und den Staatssicherheitsdienst aus. Die zivilen Behörden behielten jedoch die effektive Kontrolle über das Verteidigungsministerium bei. Die Wirksamkeit der staatlichen Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Missbrauch durch Strafverfolgungs- und Sicherheitskräfte ist begrenzt, und die nationale und internationale Aufmerksamkeit für Straflosigkeit hat zugenommen (USDOS 20.4.2018).

Georgien verfügt nicht über einen wirksamen unabhängigen Mechanismus zur Untersuchung von Missbrauch durch Strafverfolgungsbehörden. Wenn Ermittlungen eingeleitet werden, führen sie häufig zu Anklagen, die geringere, unangemessene Sanktionen wie Amtsmissbrauch nach sich ziehen und selten zu Verurteil

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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