TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/20 I413 2219425-1

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Veröffentlicht am 20.02.2020
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Entscheidungsdatum

20.02.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
GEG §6a Abs2
GEG §8 Abs1
GGG §26
GGG §6a
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

I413 2219425-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, vertreten durch RA Dr. Hermann RIEDER, gegen den Bescheid des Landesgericht Innsbruck vom 01.04.2019, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs 5 VwGVG behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Aufgrund des Antrages vom XXXX wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX, TZXXXX im EZ 317 KG XXXX die Einverleibung der Löschung C-LNR 5 des dort eingetragenen Pfandrechtes hinsichtlich B-LNR 7, B-LNR 63, sowie in EZ XXXX KG XXXX, die Einverleibung des Eigentumsrechtes für die Beschwerdeführerin ob der 156/6912 Anteile samt Wohnungseigentum an Wohnung A6, sowie ob 12/6912 Anteilen samt Wohnungseigentum an AP TG24 sowie im EZ XXXX KG XXXX die Einverleibung des Veräußerungsverbotes auf vorgenannte Anteile für das Land Tirol bewilligt.

2. An Eintragungsgebühren für die Eintragung des Eigentumsrechtes wurden von der Beschwerdeführerin am 09.07.2013 ? 1.174,00 geleistet.

3. Mit Amtsvermerk vom 27.11.2018 stellte der Revisor fest, dass sich der im Kaufvertrag vom 26.03.2013 offen gelegte Kaufpreis in Höhe von ? 107.129,00 nicht an dem Preis orientiere, der für dieselben Miteigentumsanteile samt damit verbundenen Wohnungseigentum in "TZ XXXX" ausgewiesen und im redlichen Geschäftsverkehr üblicherweise zu erzielen sei. Es lägen außergewöhnliche Verhältnisse im Sinne des § 26 Abs 3 1. Satz GGG vor. Anhand der im selben Objekt gelegenen Wohn- und Tiefgaragenplatz gemäß dem Kaufvertrag zu TZ XXXX" vorliegenden Kaufvertrages ermittelte der Revisor für die Wohnung einen Verkehrswert von ? 259.000,00 und für die Anteile an der Tiefgarage samt Tiefgaragenplatz einen Verkehrswert von ? 20.000,00. Hieraus ermittelte der Revisor unter Anrechnung der bereits geleisteten Eintragungsgebühr eine restliche Eintragungsgebühr in Höhe von ? 1.136,00.

4. Mit Lastschriftanzeige vom 05.12.2018 schrieb die belangte Behörde der Beschwerdeführerin die restliche Eintragungsgebühr in Höhe von ? 1.136,00 zur Bezahlung vor und legte dieser Lastschriftanzeige den Amtsvermerk vom 27.11.2018 vor.

5. Mit Eingabe vom 18.12.2018 teilte der einschreitende Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin mit, dass die gegenständliche Lastschriftanzeige vom 05.12.2018 im Sinne des Amtsvermerkes vom 27.11.2018 nicht nachvollziehbar sei. Miteigentumseigentumsanteile seien hinsichtlich ihres Verkehrswertes nicht zwingend vergleichbar. Die konkreten Miteigentumsanteile samt Kaufvertrag, auf welche sich der Amtsvermerk in der Berechnung der vorgeschriebenen Gebührenschuld beziehe, gingen aus diesem nicht hervor. Es werde daher ersucht, dem Vertreter jenes Ermittlungsergebnis, insbesondere jenen Kaufvertrag, auf dem im Amtsbezug Bezug genommen wird, im Wege des ERV zuzustellen.

6. Hierauf erging seitens der belangten Behörde mit Schriftsatz vom 30.01.2019 eine Mitteilung betreffend Verjährung, gesetzliche Grundlagen und Wertermittlung/Vergleichswert, sowie Preisentwicklung und die Aufforderung, die zahlungspflichtige Beschwerdeführerin wolle gemäß TP 9 lit b Z 1 GGG die restlich zu entrichtende Gebühr in Höhe von ? 1.082,00 auf das in der Aufforderung näher bezeichnete Konto des Bezirksgerichtes XXXX mit dem Verwendungszweck "TZ XXXX, restl TP 9 lit b Z 1 GGG" bezahlen.

7. Mit Mandatsbescheid/Zahlungsauftrag vom 26.02.2019 schrieb die belangte Behörde der Beschwerdeführerin die restliche Eintragungsgebühr in der Höhe von ? 1.136,00 zuzüglich der Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs 1 GEG zur Zahlung vor.

8. Gegen diesen Mandatsbescheid erhob die Beschwerdeführerin die Vorstellung vom 13.03.2019, in der die vorgeschriebene Gebühr als verfristet bekämpft wird und ferner ausgeführt wird, dass die Berechnung des Verkehrswertes nicht in Entsprechung der tatsächlichen Marktsituation vorgenommen worden sei und eine Rückrechnung in fünf-Prozent-Schritten von 2018 auf 2013 keine adäquate Methode darstelle, um den tatsächlichen Verkehrswert im Zeitpunkt des Kaufvertrages festzustellen.

9. Mit Bescheid vom 01.04.2019, XXXX, erkannte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin "schuldig, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution die im Verfahren des Bezirksgerichtes XXXX, TZXXXX, betreffend Miteigentumsanteile an Liegenschaft EZ XXXX GrundbuchXXXX, die für die Einverleibung seines Eigentumsrechtes nach TP 9 lit b Z 1 GGG iVm § 26 Abs 1 GGG zu berichtigenden Gebühren in der Höhe von ? 1.129,00 sowie eine Einhebungsgebühr gemäß § 6a GEG in Höhe von ? 8,00, insgesamt somit den Betrag von ? 1.137,00 auf das Konto des Bezirksgerichtes XXXX, IBAN: XXXX, BIC: XXXX, Verwendungszweck: TZ XXXX - restliche Eintragungsgebühr TP 9 lit. b Z1GGG, einzuzahlen."

10. Gegen diesen, dem einschreitenden Rechtsanwalt am 17.04.2019 zugestellten Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde, mit der die Rechtswidrigkeit aufgrund der Verletzung von Verfahrensvorschriften und die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des bekämpften Bescheides geltend gemacht werden und der Antrag gestellt wird, den angefochtenen Bescheid zu beheben und in der Sache dahingehend selbst zu entscheiden, dass keine (Nach-)Zahlungspflicht der Beschwerdeführerin betreffend die mit Kaufvertrag vom 05.12.2012 erworbenen 156 + 12/6912 Anteile in EZ XXXX, GBXXXX, angefallene Eintragungsgebühr gemäß § 26 GGG bestehe, eventualiter den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuweisen.

11. Mit Schriftsatz vom 20.05.2019 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

12. Am 19.07.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht die mündliche Verhandlung durch.

13. Am 22.07.2019 legte die Beschwerdeführerin folgende Urkunden vor:

- Stellungnahme des österreichischen Verbandes gemeinnütziger Bauvereinigungen, Revisionsverband vom 09.05.2018 zum Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2018;

- Kaufvertrag zwischen der gemeinnützigen Bau- und Siedlungsgenossenschaft XXXX und der Beschwerdeführerin vom 03.12.2012, 14.12.2012 samt Gutachten über Ursache aufgetretener Schäden, weiterer Schäden und Sanierungsmöglichkeiten des Sachverständigen XXXX vom 29.10.2012

14. Mit Schreiben vom 15.11.2019 teilte das Bundesverwaltungsgericht mit, dass die Referenzwohnung, auf welche sich der Amtsvermerk vom 27.11.2018 stützte, nicht zu TZ XXXX, sondern zu TZ XXXX im Grundbuch protokolliert sei und übermittelte den Parteien den Kaufvertrag vom 10.11.2017 zwischen XXXX und XXXX als Verkäufer und XXXX als Käufer betreffend den Kaufgegenstand von je 81/6912 Anteilen, 6/691 Anteilen und 6/6912 Anteilen samt damit untrennbar verbundenem Wohnungseigentum an Wohnung C1, AP TG1 sowie AP TG2 über einen Kaufpreis von ? 299.000,00. Das Bundesverwaltungsgericht räumte den Parteien eine Stellungnahmefrist zu diesem Beweisergebnis von 14 Tagen ein. Seitens der belangten Behörde ging keine Stellungnahme ein.

15. Mit Schriftsatz vom 29.11.2019 erstattete die Beschwerdeführerin eine Stellungnahme zu diesem Beweisergebnis und stellte ergänzend den Antrag, den Vertragsrichter XXXX einzuvernehmen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der in Punkt I. dargestellte Verfahrensgang wird festgestellt. Darüber hinaus werden nachstehende Feststellungen getroffen:

Am XXXX bewilligte das Bezirksgericht XXXX die Einverleibung des Eigentumsrechtes zu 156/6912 Anteilen samt damit verbundenem Wohnungseigentum an Wohnung A6, sowie 12/6912 Anteilen samt damit verbundenem Wohnungseigentum an AP TG24 für die Beschwerdeführerin, sowie die Einverleibung des Veräußerungsverbotes für das Land Tirol in EZ XXXX KG XXXX für die vorgenannten Anteile in das Grundbuch.

Die Beschwerdeführerin leistete für die Eintragung des Eigentumsrechts eine Eintragungsgebühr in Höhe von ? 1.174,00. Am 05.12.2018 schrieb die belangte Behörde der Beschwerdeführerin eine restliche Eintragungsgebühr in Höhe von ? 1.136,00 vor. Der in weiterer Folge am 26.02.2019 erlassene Zahlungsauftrag ist aufgrund fristgerechter Erhebung der Vorstellung der Beschwerdeführerin außer Kraft getreten. Mit angefochtenem Bescheid schrieb die belangte Behörde der Beschwerdeführerin eine restliche Eintragungsgebühr in Höhe von ? 1.129,00, sowie die Einhebungsgebühr gemäß § 6a GEG in Höhe von Euro 8,00, insgesamt somit den Betrag von ? 1.137,00 vor. Dieser Betrag haftet unberichtigt aus.

Bei der Ermittlung des Verkehrswertes der streitgegenständlichen Anteile zog die belangte Behörde den zu TZ XXXX im Grundbuch abgelegten Kaufvertrag zwischen den Verkäufern XXXX und XXXX, sowie dem Käufer XXXX über jeweils 81/6912-Anteile samt damit verbundenem Wohnungseigentum an Wohnung C1, sowie jeweils 6/6912-Anteile samt damit untrennbar verbundenem Wohnungseigentum an AP TG1, sowie von jeweils 6/6912-Anteilen samt damit untrennbar verbundenem Wohnungseigentum an AP TG2 in Höhe von ? 299.000,00 zu Grunde. Dieser Kaufvertrag wurde am 10.11.2017 geschlossen. Die kaufgegenständliche Wohnung C1 besteht aus einer drei Zimmer Wohnung im Ausmaß von 81,19 qm und einer Terrasse im Ausmaß von 6 qm, sowie eine im Zubehör Eigentum stehenden Garten von 59 qm, sowie einem Kellerabteil Nummer C1 im Ausmaß von 5 qm. Weiters ist Kaufgegenstand das in Beilage B dieses Vertrages enthaltene Inventar.

Gemäß Kaufvertrag vom 03.12.2012/14.12.2012 zwischen der gemeinnützigen Bau- und Siedlungsgenossenschaft XXXX und der Beschwerdeführerin liegt die Wohnung der Beschwerdeführerin im Haus A der Wohnanlage "XXXX" im zweiten Obergeschoss Nord. Die Wohnung hat keine Terrasse und auch keinen Gartenanteil. Eine Sonderausstattung wurde nicht mitveräußert. Die Beschwerdeführerin übernahm die gegenständliche Wohnung vor ca. 17 Jahren in Miete und erwarb diese von der gemeinnützigen Bau- und Siedlungsgenossenschaft XXXX im Rahmen eines sogenannten Mietkaufs im Jahr 2013, als sie in das Grundbuch eingetragen wurde. Die gegenständliche Wohnung wurde der Beschwerdeführerin durch die Gemeinde Völs zugeteilt. Der Kaufpreis stand damals als Fixpreis im Sinne des WGG bereits fest ausverhandelt und betrug ? 106.712,61.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in die Beschwerde, in den vorgelegten Verwaltungsakt sowie durch Einsicht in das offene Grundbuch zu TZ XXXX BG XXXX, sowie durch Einvernahme der Beschwerdeführerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 19.07.2019.

Der im Punkt I. festgestellte Verfahrensgang ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungs- sowie aus dem Gerichtsakt und steht unstrittig fest.

Die Feststellung über die Eintragungen in das Grundbuch basiert unzweifelhaft auf den Beschluss vom XXXX TZ XXXX, sowie durch Einsicht in das offene Grundbuch.

Die Feststellung zur geleisteten Eintragungsgebühr basiert auf dem im Verwaltungsakt einliegenden Zahlungsnachweis.

Die Feststellungen zur Vorschreibung der restlichen Eintragungsgebühr basieren auf der im Verwaltungsakt einliegenden Lastschriftanzeige, sowie dem ebenfalls im Verwaltungsakt einliegenden Amtsvermerk, sowie den angefochtenen Bescheid. Der angefochtene Bescheid schreibt der Beschwerdeführerin einen geringfügig niedrigeren Betrag vor als er ursprünglich in der Lastschriftanzeige und auch im Mandatsbescheid ausgewiesen war. Dass dieser Betrag samt dem Einhebungsbetrag nicht berichtigt wurde, ergibt sich unmissverständlich aus dem angefochtenem Bescheid und der dagegen erhobenen Beschwerde, sowie der Aussage der Beschwerdeführerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellungen zur vom Revisor herangezogenen Referenzwohnung ergeben sich aus dem zu TZ XXXX des BG XXXX einliegenden Kaufvertrages zwischen XXXX und XXXX und XXXX vom 10.11.2017. Die Feststellungen zur Referenzwohnung basieren auf diesem Kaufvertrag und stehen unstrittig fest.

Die Feststellungen zur Wohnung der Beschwerdeführerin, zur Art des Erwerbes dieser Wohnung basieren auf den vorgelegten Kaufvertrag vom 03.12.2012/14.12.2012 sowie den Angaben der Beschwerdeführerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung und dem zuletzt erstatteten Vorbringen vom 29.11.2019.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Strittig ist gegenständlich der "Wert des Rechtes" (hier: des Eigentumsrechts von Liegenschaftsanteilen samt damit verbundenem Wohnungseigentum) als Bemessungsgrundlage der Eintragungsgebühr im Grundbuch nach TP 9 lit b Z 1 GGG.

Der noch im Vorstellungsverfahren erhobene Einwand der Verjährung der Vorschreibung der Eintragungsgebühr wurde in der Beschwerde nicht mehr aufrechterhalten. Nach dem unmissverständlichen Wortlaut des § 8 Abs 1 GEG verjährter Gebührenanspruch des Bundes in fünf Jahren. Die Verjährungsfrist begann mit Ablauf des Jahres zu laufen, in dem der Gebührenanspruch zu laufen begann, somit mit Ablauf des Jahres 2013. Die für die Entstehung des Gebührenanspruches maßgebliche Eintragung im Grundbuch erfolgte am XXXX. Der letzte Halbsatz des § 8 Abs. 1 GEG ist im vorliegenden Fall nicht relevant. Im Lichte des § 8 Abs 1 GEG endete die Verjährungsfrist fünf Jahre nach Ablauf des Jahres 2013, dem Jahr, in dem der Gebührenanspruch entstanden ist, sohin mit Ablauf des Jahres Nachdem die Beschwerdeführerin mit Lastschriftanzeige vom 05.12.2018 aufgefordert wurde, die restlichen Gebührenbeträge samt Einhebungsgebühr zu bezahlen, ist die Verjährung unterbrochen, weil eine Lastschriftanzeige im Sinne des § 6a Abs 2 GEG die Verjährung unterbriht und die Dauer des Verfahrens und auch des Rechtsmittelverfahrens in die Verjährungszeit nicht einzurechnen ist.

3.2. Soweit die Beschwerdeführerin die Verletzung von Verfahrensvorschriften durch die belangte Behörde moniert, ist darauf hinzuweisen, dass das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt hat und damit sowohl der Beschwerdeführerin, als auch der belangten Behörde gegeben hat, sich zu den Ermittlungsergebnissen zu äußern, ein tatsächliches Vorbringen zu erstatten und auch Urkunden vorzulegen. Daher sind die in der Beschwerde monierten Verfahrensmängel durch die Durchführung der mündlichen Verhandlung saniert.

3.3. Zur Vorschreibung der restlichen Eintragungsgebühr:

Gemäß § 26 Abs 1 GGG ist bei der Eintragung des Eigentumsrechtes vom Wert des jeweils einzutragenden Rechtes auszugehen. Der Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei einer Veräußerung üblicherweise zu erzielen wäre. Als Bemessung für die Eintragungsgebühr für die Eintragung des Eigentumsrechtes wird sohin an den Wert des Grundstückes - im vorliegenden Fall Wert der Liegenschaftsanteile - angeknüpft. Dieser Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei der Veräußerung üblicherweise zu erzielen wäre, bestimmt (EBRV 1984 BlgNR 24.GP).

Im vorliegenden Fall ermittelte die belangte Behörde anhand eines Verkaufs von Liegenschaftsanteilen zwischen privaten Verkäufern und privatem Käufer, der im Jahr 2017 stattgefunden hatte. Dieser Kauf betraf Liegenschaftsanteile in derselben Wohnungsanlage, jedoch nicht im selben Haus der Anlage "XXXX". Nach Ansicht der belangten Behörde ist der in diesem am 10.11.2017 abgeschlossenen Kaufvertrag ersichtliche Kaufpreis, der durch Rückrechnung der durchschnittlichen jährlichen Wertsteigerung solcher Liegenschaftsanteile auf das Jahr 2013 reduziert wurde, die wahre Bemessungsgrundlage. Diese Methode ist grundsätzlich vor dem Hintergrund der Anknüpfung der Gebührenpflicht an formale äußere Tatbestände geeignet, den Wert eines Rechts als Bemessungsgrundlage iSd § 26 GGG festzustellen. Es müssen aber - trotz des vorerwähnten Anknüpfens an formale äußere Tatbestände - die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden.

Die Beschwerdeführerin kaufte die Liegenschaftsanteile samt Wohnungseigentum an ihrer Wohnung und dem Stellplatz in der Wohnanlage "XXXX" von einer nach den Vorschriften des WGG gemeinnützigen Bau- und Siedlungsgenossenschaft. Der Gesamtkaufpreis stellte einen unveränderlichen Fixpreis im Sinne des § 15a WGG dar, welcher gemäß § 23 Abs 4b WGG innerhalb einer Bandbreite zu ermitteln ist. Hierbei bemisst sich die Untergrenze dieser Bandbreite nach den Kosten des Grunderwerbs, zuzüglich einer Abgeltung für notwendige und nützliche Aufwendungen unter Finanzierungskosten, und den Baukosten gemäß § 13 Abs 2 WGG und ihre Obergrenze wird nach den Grund- und Baukosten, sowie den Rücklagen gemäß § 13 Abs 1 WGG zuzüglich eines Pauschalsatzes zur Risikoabgeltung gebildet. Die gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft war daher in der Kaufpreisbildung an die zwingenden und daher nicht der Privatautonomie der Parteien zugänglichen Bestimmungen des WGG gebunden.

Der gegenständliche Kaufvertrag zwischen der gemeinnützigen Bau- und Siedlungsgenossenschaft XXXX und der Beschwerdeführerin weist die Gegenleistung in Form des Gesamtkaufpreises deutlich aus und bietet auch keinen Hinweis darauf, dass tatsächlich ein geringerer Betrag vereinbart und bezahlt worden wäre als der maximal nach den Bestimmungen des WGG zur Preisbildung möglicher Wert. Die gemeinnützigen Bau- und Siedlungsgenossenschaft XXXX konnte nur nach den Grundsätzen des WGG den Kaufpreis der streitgegenständlichen Liegenschaftsanteile samt Wohnungseigentum fordern, sodass der Wert der Gegenleistung (hier ? 106.712,61) beim Kauf dieser Anteile von dieser gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft der maximale, nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei der Veräußerung üblicherweise zu erzielende Wert war. Jeder andere Käufer dieser Liegenschaftsanteile samt Wohnungseigentum hätte von der Verkäuferin (gemeinnützigen Bau- und Siedlungsgenossenschaft XXXX) keine andere - höhere - Gegenleistung geschuldet. Im Kontext mit dem WGG ist der nach dem WGG reglementierte Kaufpreis der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr mit einer nach dem WGG gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft bei der Veräußerung üblicherweise zu erzielende Wert.

Es liegen sohin "außergewöhnliche Verhältnisse" im Sinne des § 26 Abs 3 GGG nicht vor. Der Umstand, dass in einem Jahre spätere datierendem Fall die nicht an das WGG gebundenen Verkäufer der von der belangten Behörde herangezogenen Referenzwohnung in einem anderen Gebäudeteil der Wohnanlage befindlichen Wohnung erzielen konnten, ist nicht als Anhaltspunkt für das Vorliegen "außergewöhnlicher Verhältnisse" im Sinne des § 26 Abs 3 GGG geeignet, weil diese Verkäufer als Private nicht an das WGG und dessen zwingende (wertsenkende) Bestimmungen gebunden sind. Im Gegensatz dazu hatte die Wohnungsgenossenschaft in keinem Fall die Möglichkeit vom WGG und seinen Preisbildungen, welche gerade bezwecken, günstigen Wohnraum zu ermöglichen, abzuweichen. Daher entspricht der Verkehrswert im vorliegenden Fall aufgrund der Bindungen an die Preisreglementierung des WGG dem Gegenwert, den die Beschwerdeführerin auch geleistet hat.

Der Umstand, dass in einem anderen Teil der Wohnanlage zu einem späteren Zeitpunkt ein deutlich höherer Wert erzielt werden konnte, als ihn die gemeinnützige Wohnungsgesellschaft im Falle der Beschwerdeführerin erzielen konnte, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern.

Der Jahre später erfolgte Verkauf einer Eigentumswohnung in der von der gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft errichteten Wohnanlage durch private, nicht an das WGG gebundene Eigentümer an einen anderen Privaten ist daher per se nicht geeignet, außergewöhnliche Verhältnisse anzunehmen, weil diese Verkäufer die Preisreglementierung des WGG nicht trifft. Der Beschwerde war sohin Folge zu geben und der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt. Der Verwaltungsgerichtshof hat bislang im Zusammenhang mit dem Wert des Rechts im Kontext zum WGG va Fälle zu lösen gehabt, in denen vertraglich neben dem reglementierten Kaufpreis auch ein höherer Wert im Zusammenhang mit einem Vorkaufsrecht, welches sich die gemeinnützige Wohnungsgesellschaft für ein Jahrzehnt vorbehalten hatte, vereinbart und damit der wahre Wert der Liegenschaftsanteile samt Wohnungseigentum wurde (vgl VwGH 01.03.2018, Ra 2018/16/0012 ua). Eine solche Sachverhaltskonstellation liegt dem vorliegenden Fall nicht zugrunde.

Im gegenständlichen Fall bestehen keine Anhaltspunkte im Kaufvertrag zwischen der Beschwerdeführerin und der gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft, dass der Wert der Gegenleistung nicht dem Wert des Rechts, wie er im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu erzielen ist, entspricht. Es ist die Rechtsfrage von Bedeutung hervorgekommen, ob in der vorliegenden Konstellation im Sinne des § 26 Abs 1 letzter Satz GGG zwingende Vorschriften des WGG bei der Preisbildung als Wert des Rechtes anzusehen sind, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei einer Veräußerung von Liegenschaftsanteilen durch einem dem WGG unterstehenden Wohnbauträger angesehen werden kann, oder ob die zwingenden Preisvorschriften des WGG im Rahmen der Wertberechnung für die Eintragungsgebühr auch dann nicht von Relevanz sind, wenn sich aus dem Umständen des Kaufes von der gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft keine Anhaltspunkte (wie zB Regelungen über einen abweichenden Preis bei der Weiterveräußerung durch die Käuferin im Kaufvertrag) ableiten lassen, wodurch auf einen höheren Wert des Rechts und damit das Vorliegen "außergewöhnlicher Verhältnisse" iSd § 26 Abs 3 GGG geschlossen werden könnte.

Außerdem war die Rechtsfrage von Bedeutung zu klären, ob die belangte Behörde - ohne dass aus den Kaufunterlagen zwischen der beschwerdeführenden Partei und der gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft außergewöhnliche Verhältnisse hervorgekommen wären - bloß aufgrund eines Jahre später erfolgten Verkaufes von Liegenschaftsanteilen samt Wohnungseigentum an einer Wohnung und Stellplätzen in einer von einer gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft errichteten Wohnungsanlage durch Private an Private außergewöhnliche Verhältnisse im Sinne des § 26 Abs 3 GGG indizieren, die es der belangten Behörde ermöglichen, in ganz anderen Fällen durch Vergleich des im Privatverkauf erzielten Kaufpreises und der zwischen der gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft und deren Käufern (darunter auch die Beschwerdeführerin) erzielten Kaufpreises den Verkehrswert unabhängig von Preisreglementierungen des WGG zu ermitteln, um sodann eine weitere Eintragungsgebühr vorzuschreiben können.

Schlagworte

außergewöhnliche Verhältnisse Behebung der Entscheidung Berechnung Eigentumswohnung Einhebungsgebühr Eintragungsgebühr Einverleibung ersatzlose Behebung Gebührenhöhe Kassation Kaufvertrag Lastschriftanzeige Löschung Mandatsbescheid mündliche Verhandlung Nachvollziehbarkeit Pfandrechtseintrag Revision zulässig Verjährungsunterbrechung Verkehrswert Vorstellung Wertermittlung Wohnungserwerb Zahlungsauftrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I413.2219425.1.00

Im RIS seit

07.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

07.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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