TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/23 W170 2150992-1

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Veröffentlicht am 23.03.2020
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Entscheidungsdatum

23.03.2020

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z17
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W170 2150992-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.02.2017, Zl. 1089441509-151464199/BMI-BFA_SBG_AST_01_TEAM_03, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A) Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 53/2019, abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2019, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX (in Folge: beschwerdeführende Partei) stellte am 29.9.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Im Rahmen des Administrativverfahrens brachte die beschwerdeführende Partei im Wesentlichen vor, sie habe Syrien wegen des Krieges und wegen einer ihr drohenden Zwangsrekurtierung durch die syrische Armee und die FSA verlassen und legte einen auf diesen lautenden, syrischen Reisepass vor.

3. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wurde der gegenständliche Antrag der beschwerdeführenden Partei mit im Spruch bezeichneten Bescheid vom 13.02.2017, erlassen am 20.02.2017, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen. Unter einem wurde dieser der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Vorbringen hinsichtlich der Fluchtgründe nicht glaubhaft sei.

4. Mit am 17.03.2017 bei der Behörde eingebrachtem Schriftsatz wurde gegen Spruch-punkt I. des im Spruch bezeichneten Bescheides Beschwerde erhoben. Begründend wurde auf die nach der Beschwerde erfolgte Verletzung von Verfahrensvorschriften und mangelhafte Beweiswürdigung im Bescheid verwiesen.

5. Die Beschwerde wurde samt den bezugnehmenden Verwaltungsakten am 23.03.2017 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und am 18.10.2019 nach einer entsprechenden Abnahme der Gerichtsabteilung W170 zugewiesen.

Im Rahmen einer aufgetragenen Beschwerdeergänzung vom 31.01.2019 wurde darauf verwiesen, dass man der beschwerdeführenden Partei in Syrien wegen der Weigerung am bewaffneten Kampf teilzunehmen eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellen würde; diese habe 2015 einen Einberufungsbefehl erhalten. Gleichartiges würde der beschwerdeführenden Partei auch die Oppositionellen unterstellen.

Am 20.02.2020 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der die beschwerdeführende Partei ihr bisheriges Vorbringen im Wesentlichen wiederholte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. XXXX ist ein volljähriger syrischer Staatsangehöriger, der der Volksgruppe der Araber und der Konfession der Sunniten angehört. Die Identität des XXXX steht fest. XXXX ist in Österreich unbescholten.

XXXX ist rechtswidrig nach Österreich eingereist, hat am 29.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt; im Rahmen des diesbezüglichen Administrativverfahrens wurde XXXX mit im Spruch bezeichneten Bescheid der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

1.2 XXXX stammt aus dem Umland von Damaskus und hat dort in den Orten XXXX bzw. XXXX gelebt. Auch die Frau und die Kinder von XXXX halten sich in Damaskus Umgebung auf; XXXX hat Syrien legal verlassen und könnte sich seinen Reisepass vom Bundesamt wieder besorgen.

Im Herkunftsgebiet der beschwerdeführenden hat zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt das syrische Regime bzw. der syrische Staat die Macht in der Hand, die Frau und die Kinder von XXXX haben keine Probleme mit dem syrischen Regime bzw. dessen Sicherheitskräften.

1.3. XXXX hat vor dem Bundesamt vorgebracht, in Syrien vom Regime bzw. der syrischen Armee und von der FSA aufgefordert worden zu sein, für diese zu kämpfen; einen Einberufungsbefehl hat er weder in der Erstbefragung noch in der behördlichen Einvernahme noch in der Beschwerde erwähnt.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht hat XXXX in der Beschwerdeergänzung vom 31.01.2019 vorgebracht, dass er in Syrien von Regime wegen seiner Wehrdienstverweigerung als Regimegegner angesehen werde, er habe 2015 einen Einberufungsbefehl erhalten. Auch die Oppositionellen würden XXXX als Verräter sehen, da er "generell den Kampf verweigert" habe.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung am 20.02.2020 hat XXXX angegeben, dass er von der Rekrutierungsstelle für eine regierungsfreundliche Miliz hätte rekrutiert werden sollen, man habe ihn zur Rekrutierungsstelle geladen und ihm dies eröffnet; er habe gesagt, dass er es sich überlegen würde, habe wieder gehen können und sein dann geflüchtet. Die schriftliche Ladung habe er bei der Unterredung wieder abgeben müssen. Auch habe die XXXX aufgefordert, für sie zu kämpfen und habe XXXX in Syrien an Demonstrationen teilgenommen. Auch habe man den Bruder des XXXX wegen diesem festgenommen.

Die FSA oder andere oppositionelle Gruppen können im Umland von Damaskus, von wo XXXX stammt, nicht auf XXXX greifen.

Das Vorbringen, XXXX sei von der syrischen Armee oder von der syrischen Armee für eine regierungsfreundliche Miliz einberufen worden, ist ebenso wenig glaubwürdig, wie das Vorbringen, XXXX habe in Syrien an Demonstrationen teilgenommen und das Vorbringen, man habe den Bruder des XXXX wegen diesem festgenommen.

Im Falle einer Rückkehr nach Syrien droht XXXX keine Einberufung in die syrische Armee.

Darüberhinausgehende Gründe für das Verlassen Syriens wurden während des gesamten Verfahrens nicht vorgebracht und liegen auch nicht offensichtlich vor.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Person der beschwerdeführenden Partei unter 1.1. gründen sich auf dessen Angaben sowie auf den vorgelegten Reisepass, zur Unbescholtenheit in Österreich auf die in das Verfahren eingeführte Strafregisterauskunft, zur Antragstellung und der behördlichen Erledigung auf die unstrittige Aktenlage.

2.2. Die Feststellungen unter 1.2. gründen sich bezüglich des Herkunftsgebiets der beschwerdeführenden Partei und deren legale Ausreise aus Syrien auf ihre diesbezüglichen Angaben; diese sind glaubwürdig, weil sie im Laufe des Verfahrens im Wesentlichen gleichartig waren und keine Umstände hervorgetreten sind, die gegen deren Richtigkeit sprechen. Bezüglich der Machtverhältnisse im Herkunftsgebiet der beschwerdeführenden Partei gründen sich die Feststellungen auf das Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichts, das den Parteien in der mündlichen Verhandlung vorgehalten und dem nicht entgegengetreten wurde und das seine Bestätigung im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation "Syrien", Gesamtaktualisierung am 13.5.2019, letzte Aktualisierung eingefügt am 17.10.2019, findet. Der Reisepass der beschwerdeführenden Partei befindet sich nach der Aktenlage beim Bundesamt, es gibt keinen Grund, warum die beschwerdeführende Partei diesen nicht wiedererlangen sollte.

2.3. Die Feststellungen unter 1.3. begründen sich hinsichtlich des Vorbringens der beschwerdeführenden Partei durch die unstrittige Aktenlage, hinsichtlich der Feststellung, dass sie FSA oder andere oppositionelle Gruppen im Umland von Damaskus nicht auf die beschwerdeführende Partei greifen können, aus dem Umstand, dass dort alleine das Regime die Macht in der Hand hat.

Die Feststellung, dass das Vorbringen, die beschwerdeführende Partei sei von der syrischen Armee oder von der syrischen Armee für eine regierungsfreundliche Miliz einberufen worden, nicht glaubwürdig ist, ergibt sich aus dem Umstand, dass dieses im Laufe des Verfahrens erheblich gesteigert wurde. So wurde in der Erstbefragung nur von nicht unmittelbar die beschwerdeführenden Partei betreffenden Zwangsrekruierungen gesprochen, ohne eine unmittelbare Betroffenheit der beschwerdeführenden Partei auch nur anzudeuten ("Ich hatte Angst, selbst auch rekrutiert zu werden."). In der Einvernahme wurde dann erstmals - ohne nähere Details - angesprochen, dass sowohl die freie Armee als auch die Armee gewollt hätte, dass die beschwerdeführende Partei für diese kämpfe. Insbesondere ein Einberufungsbefehl - der nach dem späteren Vorbringen aber bereits 2015 ausgestellt worden sei - noch eine Vorsprache bei der Rekrutierungsstelle fand hier auch nur im Ansatz Erwähnung. In der Stellungnahme vom 31.01.2019 wurde erstmals ein Einberufungsbefehl aus dem Jahr 2015 erwähnt, aber weder, dass diese Einberufung eigentlich eine Vorladung zur Rekrutierungsstelle war noch eigentlich für eine regierungsfreundliche Miliz erfolgen habe sollen. Auch wurde hier noch angegeben, dass versucht werden würde, das Schriftstück zu besorgen und vorzulegen. In der mündlichen Verhandlung hat die beschwerdeführende Partei dann angegeben, dass sie diese Ladung bei der Vorsprache habe abgeben müssen; dies stellt einen Widerspruch dar, da nach der Abgabe des Dokuments bei einer syrischen Regierungsstelle es nach der Lebenserfahrung praktisch unmöglich ist, dieses wieder zu beschaffen. Jedenfalls hätte die beschwerdeführende Partei diese Probleme erwähnen müssen, als sie angab, zu versuchen, das Dokument zu beschaffen. Erst in der mündlichen Verhandlung wurde dann behauptet, dass die Rekrutierungsstelle die beschwerdeführende Partei für eine regierungsfreundliche Miliz habe einziehen wollen.

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass die Erstbefragung nicht zur detaillierten Schilderung der Fluchtgründe dient (zu deren Beweiswert bzw. Verwertbarkeit vgl. etwa VfGH 20.02.2014, U 1919/2013-15, U 1921/2013-16, VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, 0018, Punkt 6.3. der Erwägungen), aber wäre zu erwarten gewesen, dass die beschwerdeführende Partei ihre persönliche Betroffenheit hinsichtlich der drohenden Zwangsrekrutierung - die nach ihren Angaben in der Einvernahme und vor dem Bundesverwaltungsgericht (im Gegensatz zur Erstbefragung) besteht - als nunmehr einzig relevanten Fluchtgründe zumindest angedeutet hätte. Dieser grundlegende Widerspruch steht einer Glaubhaftmachung entgegen (siehe zum Beweiswert der Erstbefragung auch VwGH 25.06.2019, Ra 2018/19/0546).

Allerdings hat sich das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei während des Verfahrens so erheblich geändert und wurde insoweit gesteigert, als dass aus der Darstellung einer allgemeinen, unbestimmten Furcht vor Zwangsrekrutierung schließlich die Darstellung einer konkreten Gefahr wurde. Auch ist dem Bundesverwaltungsgericht nicht erklärlich, warum nicht spätestens vor dem Bundesamt die Ladung und Vorsprache bei der Rekrutierungsstelle erwähnt wurde, die übrigens auch weder in der Beschwerde noch in der Stellungnahme vom 31.01.2019 auch nur angedeutet wurde. Auch gegen ein echtes Interesse an der beschwerdeführenden Partei spricht, dass diese legal ausgereist ist und sich ihre Frau und Kinder im von der Regierung kontrolliertem Gebiet aufhalten können, ohne Probleme zu haben. Das Vorbringen hinsichtlich der angedrohten bzw. drohenden Zwangsrekrutierung durch die syrische Armee ist daher nicht glaubhaft gemacht worden.

Ähnliches gilt für das Vorbringen, die beschwerdeführende Partei habe in Syrien an Demonstrationen teilgenommen. Dieses Vorbringen fand weder vor dem Bundesamt noch in der Beschwerde noch in der Stellungnahme vom 31.01.2019 irgendeine Erwähnung. Alleine der Umstand, dass die beschwerdeführende Partei diesbezüglich nicht explizit befragt wurde, kann dies nicht rechtfertigen, zumal die Teilnahme auch hinsichtlich der Frage nach Rückkehrbefürchtung in der Einvernahme vor dem Bundesamt keine Erwähnung fand und die beschwerdeführende Partei eine politische Tätigkeit ausdrücklich verneinte.

Schließlich ist auch das Vorbringen, man habe den Bruder der beschwerdeführenden Partei wegen dieser festgenommen und vernommen, nicht glaubhaft. Hier schadet die erstmalige Erwähnung vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht, da dies nach dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei erst etwa im Herbst 2019 erfolgt sei, aber ist die Aussage zu dem Vorfall in sich widersprüchlich. Innerhalb einer Frage wird zuerst angegeben, dass der Bruder XXXX Probleme mit dem Regime habe, aber der beschwerdeführenden Partei nicht verraten habe, welche Probleme dies seien. Daher wisse die beschwerdeführende Partei nicht, ob dies mit ihr zu tun habe ("Ich weiß nicht, ob es mit mir zu tun hat."). Unmittelbar darauf erklärt die beschwerdeführende Partei an, diesen Bruder gebeten zu haben, eine Bestätigung zu besorgen, dass die beschwerdeführende Partei vom Regime verfolgt werde bzw. zur Verhaftung ausgeschrieben sei. Beim Versuch, eine solche Bestätigung zu besorgen, sei der Bruder auf der Stelle verhaftet und für eine Woche in Haft angehalten worden. Das wisse die beschwerdeführende Partei von einem Freund des Bruders. Es ist nicht logisch in Einklang zu bringen, dass die beschwerdeführende Partei zuerst ausführt, dass sie nicht wisse, ob die Probleme des Bruders mit ihr zu tun hätten und diese dann mit einer Festnahme während der Erledigung von Aufgaben für die beschwerdeführende Partei zu begründen. Dieser Widerspruch nimmt auch diesem Vorbringensteil die Glaubwürdigkeit.

Dass der beschwerdeführenden Partei im Falle einer Rückkehr nach Syrien keine Einberufung in die syrische Armee, ergibt sich vor allem aus ihrem Alter von 49 Jahren. Die beschwerdeführende Partei hat zwar erstmals beim Bundesverwaltungsgericht angegeben, in der syrischen Armee einen Unteroffiziersrang geführt und länger als Funker gedient zu haben, aber ist auch dieses unbelegte Vorbringen auf Grund der sich aus der mangelnden Glaubwürdigkeit der anderen Vorbringensteile ergebenden persönlichen Unglaubwürdigkeit nicht glaubhaft und liegt die Dienstzeit der beschwerdeführenden Partei schon so lange zurück, dass gerade im Bereich, den diese wahrgenommen habe - nämlich das Abhören von Telefonen - erhebliche technische Neuerungen schlagend wurden, sodass die beschwerdeführende Partei kaum mehr einen Nutzen aus ihrem vor langer Zeit erworbenen Wissen ziehen können würde. Dies ist auch der syrischen Armee klar; sonstige besondere militärische Qualifikationen oder Ausbildungen hat die beschwerdeführende Partei nicht vorgebracht, daher besteht kein reales Risiko, dass diese von der syrischen Armee eingezogen werden würde.

Dass darüberhinausgehende Gründe für das Verlassen Syriens während des gesamten Verfahrens nicht vorgebracht wurden, ergibt sich aus der Aktenlage ebenso wie, das solche auch nicht offensichtlich vorliegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

1. Gemäß § 3 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 53/2019 (in Folge: AsylG), ist Asylwerbern auf Antrag der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft gemacht wurde, dass diesen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955 in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (in Folge: GFK), droht und dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG gesetzt hat.

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG ist unter Herkunftsstaat der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt, oder - im Falle der Staatenlosigkeit - der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes zu verstehen. Dies ist im vorliegenden Fall zweifellos Syrien, da die beschwerdeführende Partei syrischer Staatsangehöriger ist.

Es ist daher zu prüfen, ob der beschwerdeführenden Partei in Syrien vor deren Ausreise Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK gedroht hat oder im Falle einer Rückkehr drohen würde, wobei auf Grund der rechtskräftigen Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten davon auszugehen ist, dass der beschwerdeführenden Partei mangels hinreichender Sachverhaltsänderung eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht zur Verfügung steht (vgl. VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0011 bis 0016).

2. Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, droht einer Person, die sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; ebenso droht entsprechende Verfolgung einer Person, die staatenlos ist und sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in den Herkunftsstaat zurückzukehren. Es ist auszuführen, dass § 3 Abs. 1 AsylG auf den Flüchtlingsbegriff (drohende Verfolgung im Herkunftsstaat) im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK verweist. Danach ist entscheidend, ob glaubhaft ist, dass den Fremden in ihrem Herkunftsstaat Verfolgung droht. Dies ist dann der Fall, wenn sich eine mit Vernunft begabte Person in der konkreten Situation der Asylwerber unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat fürchten würde (VwGH 24.06.2010, 2007/01/1199). Weiters setzt die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung nicht voraus, dass der Asylwerber vor seiner Ausreise eine individuell gegen ihn gerichtete bereits erlitten haben müsste oder ihm zumindest eine solche bereits konkret angedroht worden wäre; eine derartige Befürchtung ist auch dann gerechtfertigt, wenn die Verhältnisse im Heimatland des Asylwerbers dergestalt sind, dass die Angst vor der vorgebrachten, drohenden Verfolgung objektiv nachvollziehbar ist (siehe VwGH 25.01.1996, 95/19/0008, wenn auch zum Asylgesetz 1991, BGBl. Nr. 8/1992 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 76/1997, jedoch unter Bezugnahme auf den Flüchtlingsbegriff der GFK).

Die beschwerdeführende Partei hat kein glaubwürdiges Fluchtvorbringen erstattet und ist auch ansonsten nicht zu sehen, dass dieser in Syrien asylrelevante Verfolgung droht.

Daher ist die Beschwerde abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 104/2019, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2019 (in Folge: B-VG), zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die für die Lösung des Falles relevante Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter A) dargestellt und ist dieser gefolgt; es ist daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zu erkennen, zumal im Wesentlichen Tatsachenfragen entscheidungsrelevant waren.

Schlagworte

Asylantragstellung asylrechtlich relevante Verfolgung Asylverfahren begründete Furcht vor Verfolgung Fluchtgründe Glaubhaftmachung Glaubwürdigkeit mündliche Verhandlung Verfolgungsgefahr Verfolgungshandlung wohlbegründete Furcht Zwangsrekrutierung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W170.2150992.1.00

Im RIS seit

07.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

07.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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