TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/1 W141 2228298-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.04.2020
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Entscheidungsdatum

01.04.2020

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W141 2228298-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard HÖLLERER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Stephan WAGNER sowie den fachkundigen Laienrichter Robert ARTHOFER als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich, vom 05.12.2019, OB: 23447619600060, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin hat am 10.05.2019 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung in den Behindertenpass" und auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO gestellt.

1.1. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 19.06.2019, mit dem Ergebnis eingeholt, dass die Voraussetzungen für die Eintragung des Zusatzvermerkes "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht vorlägen.

1.2. Mit Schreiben vom 12.07.2019, eingelangt bei der belangten Behörde am selben Tag, hat der bevollmächtigte Vertreter der Beschwerdeführerin zum Ergebnis der Begutachtung Stellung genommen. Ergänzend wurde vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin aufgrund der Gelenksschädigungen der unteren Extremitäten, insbesondere in Verbindung mit der Sprunggelenksarthrose beidseits nicht in der Lage sei, eine Wegstrecke in der Form zurückzulegen, dass sie ein öffentliches Verkehrsmittel erreichen könne. Sie sei zudem nicht in der Lage, in ein öffentliches Verkehrsmittel ein- und auszusteigen. Bei der Beschwerdeführerin liege zudem eine Versteifung des rechten Handgelenkes vor und sei das rechte Handgelenk in der Beweglichkeit ebenfalls massiv eingeschränkt. Es lägen zudem Ellbogenarthrosen vor und sei die Beschwerdeführerin nicht in der Lage, sich in einem öffentlichen Verkehrsmittel sicher festzuhalten.

1.3. In der medizinischen Stellungnahme vom 29.07.2019 wurde ausgeführt, dass eine erhebliche Erschwernis der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel und eine hochgradige Einschränkung der Gehstrecke durch die objektivierbare Funktionsminderung nicht ausreichend begründbar gewesen seien.

1.4. Mit Schreiben vom 16.08.2019 gab der KOBV die Vollmachtsauflösung bekannt.

1.5. Mit Schreiben vom 28.08.2019, eingelangt bei der belangten Behörde am 29.08.2019, hat die Beschwerdeführerin zum Ergebnis der Begutachtung Stellung genommen. Ergänzend wurde vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin sich außerhalb ihrer Wohnung sehr schwer bewegen könne und sei es ohne Begleitperson noch schwieriger. Aufgrund der langen Gehzeiten sei es der Beschwerdeführerin unmöglich das Einkaufen selbstständig durchzuführen und bedürfe sie dabei einer Begleitperson.

1.6. In der medizinischen Stellungnahme vom 04.12.2019 wurde ausgeführt, dass die objektivierbare Ausprägung der Funktionseinbußen eine erhebliche Erschwernis des Zurücklegens einer kurzen Wegstrecke nicht begründen könne. Eine erhebliche Gangbildbeeinträchtigung sei nicht feststellbar.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 05.12.2019 hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG abgewiesen.

Dem Bescheid waren das Sachverständigengutachten und die medizinischen Stellungnahmen der Fachärztin für Orthopädie beigelegt.

2.1. Mit Schreiben vom 06.12.2019 wurde der Beschwerdeführerin der Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 60 vH übermittelt.

3. Gegen den Bescheid vom 05.12.2019 wurde von der Beschwerdeführerin am 22.01.2020 fristgerecht Beschwerde erhoben. Ohne Vorlage von medizinischen Beweismitteln wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin aufgrund der Einschränkungen im linken Sprunggelenk an Schmerzen leide und sie in der Bewegung eingeschränkt sei. Sie werde sich einer Operation unterziehen müssen und erhalte bereits Pflegestufe 1.

4. Mit Schreiben vom 04.02.2020 hat die belangte Behörde den Verwaltungsakt und die Beschwerde vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich die Beschwerdeführerin mit der Abweisung des Antrages auf Eintragung des Zusatzvermerkes "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht einverstanden erklärt hat, war dies zu überprüfen.

1. Feststellungen:

Das Bundesverwaltungsgericht geht aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem, für die Entscheidung maßgeblichen, Sachverhalt aus:

1.1. Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin eines Behindertenpasses.

1.2. Zur beantragten Zusatzeintragung:

Der Beschwerdeführerin ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.

1.2.1. Art der Funktionseinschränkungen:

- chronische Polyarthritis

- Knietotalendoprothese beidseits

- Hüfttotalendoprothese beidseits

1.2.2. Ausmaß der Funktionseinschränkungen:

Allgemeinzustand: gut, 62 Jahre

Ernährungszustand: BMI 25,6

Größe: 157,00 cm Gewicht: 63,00 kg

Klinischer Status - Fachstatus:

Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen

Thorax: symmetrisch, elastisch

Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch.

Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz.

Integument: unauffällig

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:

Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse.

Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.

Schulter links: endlagige Einschränkung des Bewegungsumfangs bei sonst unauffälligem Gelenk.

Ellbogen beidseits äußerlich nicht wesentlich verplumpt, Bewegungsschmerzen links. Handgelenk beidseits: Umfangsvermehrung und verplumpt, Konturen teilweise verstrichen, Schmerzen bei Überprüfung der Beweglichkeit.

Fingergelenke unauffällig, Gaenslen negativ, keine Schwanenhalsdeformität.

Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Schultern rechts frei, links endlagig eingeschränkt, Ellbogengelenke rechts 0/0/140, links 0/20/130, Unterarmdrehung: Pronation/Supination rechts 20/0/40, links 10/0/30, Handgelenke beidseits in 5° Beugestellung eingesteift, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig.

Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.

Becken und beide unteren Extremitäten:

Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits mit Anhalten und ohne Einsinken durchführbar.

Der Einbeinstand ist mit Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist ansatzweise möglich.

Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse.

Beinlänge ident.

Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.

Hüftgelenk beids.: Narbe nach Hüfttotalendoprothese, kein Stauchungsschmerz, kein Rotationsschmerz.

Kniegelenk beids.: Narbe nach Knietotalendoprothese, rechts deutliche Umfangsvermehrung, glasige Haut, überwärmt, deutliche Bewegungsschmerzen, stabil.

Links keine Überwärmung, endlagige Bewegungsschmerzen, stabil.

Sprunggelenk links: mittelgradige Umfangsvermehrung und mäßig verplumpt, Achsen physiologisch, Bewegungsschmerzen. Geringgradig Senkspreitzfuß, sonst unauffällige Fußform.

Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Hüften S beids. 0/100, IR/AR 10/0/20, Knie rechts 0/5/90, links 0/0/100, Sprunggelenke: OSG rechts 10/0/40, links 0/0/5, rechts endlagig eingeschränkt, links unteres Sprunggelenk versteift, Zehen sind seitengleich frei beweglich.

Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.

Wirbelsäule:

Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet. Mäßig Hartspann. Kein Klopfschmerz über der Wirbelsäule, ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei.

Aktive Beweglichkeit:

HWS: in allen Ebenen frei beweglich

BWS/LWS: FBA: 20 cm, in allen Ebenen endlagig eingeschränkt beweglich Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt selbständig gehend mit Sandalen mit flachem Absatz, dünne Sohle, ohne Hilfsmittel, das Gangbild barfuß ist etwas breitspurig und geringgradig links hinkend, Abrollen gehemmt, insgesamt raumgewinnend, Richtungswechsel sicher möglich.

Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.

Status Psychicus:

Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.

1.2.3. Zu den Auswirkungen der festgestellten Funktionseinschränkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:

Bei der Beschwerdeführerin liegen keine Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten und der Wirbelsäule vor, welche die Mobilität erheblich und dauerhaft einschränkten. Es stehen belastungsabhängige Probleme im Bereich der Kniegelenke und des linken Sprunggelenks im Vordergrund, welche die Steh- und Gehleistung mäßig einschränken. Die Gesamtmobilität ist jedoch ausreichend, um kurze Wegstrecken von etwa 300 bis 400 m zurücklegen zu können und um Niveauunterschiede überwinden zu können, das sichere Aus- und Einsteigen ist möglich. Eine Gehhilfe wird nicht verwendet. Die Beweglichkeit der oberen Extremitäten ist ausreichend, die Benützung von Haltegriffen zumutbar und möglich. Kraft und Koordination sind ausreichend, es liegt kein Hinweis für relevante Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit vor, kognitive Defizite sind nicht fassbar, sodass eine erhebliche Erschwernis beim Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, beim Ein- und Aussteigen sowie bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht begründbar ist.

1.3. Der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung ist am 10.05.2019 bei der belangten Behörde eingelangt.

1.4. Der Verwaltungsakt ist unter Anschluss der Beschwerdeschrift und den dieser beigelegten Beweismittel am 04.02.2020 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

2. Beweiswürdigung:

Aufgrund der vorliegenden Beweismittel und des Aktes der belangten Behörde ist das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess, der den Regeln der Logik zu folgen hat, und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76).

Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

Zu 1.2.) Die Feststellung zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkung gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf den vorgelegten und eingeholten Beweismitteln.

Das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten sowie die ergänzenden Stellungnahmen sind schlüssig, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen.

Es wurde auf die Art der Leiden, deren Ausmaß und Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ausführlich eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin erhobenen klinischen Befund, entsprechen unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen. Diese stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigengutachtens, es wird kein höheres Funktionsdefizit beschrieben, als gutachterlich festgestellt wurde und es enthält auch keine neuen fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind.

Die orthopädische Sachverständige führt nach erfolgter persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin und Einsichtnahme in die vorliegenden medizinischen Befunde aus, dass die Gesamtmobilität der Beschwerdeführerin als ausreichend zu betrachten ist, sodass ihr das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300 bis 400 m möglich ist und sie die Niveauunterschiede ausreichend überwinden kann. Die Beweglichkeit der oberen Extremitäten ist zum Anhalten in den öffentlichen Verkehrsmitteln als ausreichend zu bewerten.

Im Zuge der persönlichen Untersuchung begutachtete die orthopädische Sachverständige zudem das Gangbild der Beschwerdeführerin. Diese zeigte ein etwas breitspuriges und geringgradig links hinkendes Gangbild. Das Abrollen war gehemmt, der Richtungswechsel sicher möglich. Die Beschwerdeführerin kam zudem selbstständig gehend mit Sandalen ohne Hilfsmittel zur Untersuchung.

Im Zuge der Untersuchung der unteren Extremitäten konnte die Beschwerdeführerin frei Stehen und waren ihr der Zehenballengang und Fersengang beidseits mit Anhalten und ohne Einsinken möglich. Die Beschwerdeführerin konnte zudem den Einbeinstand mit Anhalten durchführen und war ihr die tiefe Hocke ansatzweise möglich.

Bei der Untersuchung des Kniegelenkes konnte die orthopädische Sachverständige zwar einen deutlichen Bewegungsschmerz rechts und endlagige Bewegungsschmerzen links feststellen sowie Bewegungsschmerzen im Sprunggelenk links, doch führen diese Funktionsminderungen, insbesondere im Bezug auf das von der Beschwerdeführerin gezeigte Gangbild zu keiner Änderung der Beurteilung. Im Zuge der Beurteilung des Gangbildes konnte keine hochgradige Gangbildbeeinträchtigung festgestellt werden und besteht bei der Beschwerdeführerin eine ausreichende selbstständige Gehfähigkeit, sodass jedenfalls davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführerin das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke selbstständig und sicher zumutbar ist.

Die freie Beweglichkeit der Gelenke der unteren Extremitäten wurde von der orthopädischen Sachverständigen ausführlich untersucht und beurteilt. Die Beweglichkeit des rechten Kniegelenkes betrug 0/5/90, des linken Kniegelenkes 0/0/100. Das obere Sprunggelenk war bei der persönlichen Untersuchung rechts endlagig eingeschränkt und das linke untere Sprunggelenk versteift. Das Abheben der gestreckten unteren Extremitäten war beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.

Die orthopädische Sachverständige untersuchte die oberen Extremitäten der Beschwerdeführerin und führte an, dass endlagige Einschränkungen des Bewegungsumfangs bei sonst unauffälligem Gelenk in der Schulter links bestehen. Schmerzen konnten zudem im Ellbogen links und Handgelenk beidseitig festgestellt werden. Die Gelenke der oberen Extremitäten sind bandfest und klinisch unauffällig.

Die Beschwerdeführerin konnte im Rahmen der persönlichen Untersuchung den Grob- und Spitzengriff uneingeschränkt durchführen, der Faustschluss gelang komplett und waren auch der Nacken- und Schürzengriff uneingeschränkt durchführbar. Das Fingerspreizen war beidseitig unauffällig und ist die Kraft in etwa seitengleich vorhanden.

Die medizinische Sachverständige führt schlüssig und nachvollziehbar aus, dass aufgrund der objektivierten Befunde und der durchgeführten persönlichen Untersuchung, insbesondere im Hinblick auf die Begutachtung des Gangbildes der Beschwerdeführerin, eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht vorliegt. Es konnten zwar Funktionseinbußen, insbesondere in den unteren Extremitäten festgestellt werden, doch ist daraus keine hochgradige Gangbildbeeinträchtigung ableitbar und ist es der Beschwerdeführerin möglich, eine kurze Wegstrecke im Ausmaß von 300 bis 400 m selbstständig zurückzulegen. Die objektivierten Funktionseinbußen in den oberen Extremitäten führen zudem nicht dazu, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für die Beschwerdeführerin unmöglich ist, das Anhalten ist ihr ausreichend möglich, sodass eine sichere Benützung gewährleistet ist.

Die Krankengeschichte der Beschwerdeführerin wurde umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtig.

Das Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Die Angaben der Beschwerdeführerin in der Beschwerde sowie die vorgelegten Befunde waren sohin nicht geeignet, dass der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegte Sachverständigengutachten zu entkräften und eine geänderte Beurteilung herbeizuführen.

Zur Erörterung der Rechtsfrage, ob der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist, siehe die rechtliche Beurteilung unter Punkt II.3.1.

Zu 1.3.) Der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung weist am Eingangsvermerk der belangten Behörde das Datum 10.05.2019 auf.

Zu 1.4. Das Schreiben, mit welchem die Beschwerdevorlage durch die belangte Behörde erfolgt ist, weist am Eingangsvermerk des Bundesverwaltungsgerichtes das Datum 04.02.2020 auf.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

1. Zur Entscheidung in der Sache

Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 43 Abs. 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen im Falle des Eintretens von Änderungen durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, diese zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen. (§ 43 Abs. 1 BBG)

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 46 BBG idF des BGBl. Nr. 57/2015 dürfen in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

Gemäß § 54 Abs. 18 BBG tritt § 46 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 57/2015 mit 1. Juli 2015 in Kraft.

Gemäß § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls die Feststellung einzutragen, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

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--erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

--erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

--erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

--eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

--eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Bundessozialamtes. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

In den Erläuterungen zur oben genannten Verordnung wird auszugsweise Folgendes ausgeführt:

Zu § 1 Abs. 2 (auszugsweise):

Abs. 2 unterscheidet zwei Arten von Eintragungen; solche, die die Art der Behinderung des Passinhabers/der Passinhaberin betreffen und jene, die Feststellungen über Erfordernisse des Menschen mit Behinderung im täglichen Leben treffen, etwa die behinderungsbedingte Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):

Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.

Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen. Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensations-möglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

--arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

--Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen

--hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

--Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

--COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

--Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

--mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128 und die dort angeführte Vorjudikatur sowie VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242 und 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt (VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242).

Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH vom 14.05.2009, Zl. 2007/11/0080).

Betreffend das Kalkül "kurze Wegstrecke" wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 - 400 m ausgeht (vgl. u.a. Ro 2014/11/0013 vom 27.05.2014).

Bei der Beschwerdeführerin liegen weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten noch der körperlichen Belastbarkeit vor bzw. konnten keine maßgebenden Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder von Sinnesfunktionen festgestellt werden, es ist auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vorhanden. Somit sind das Erreichen, ein gesichertes Ein- und Aussteigen und ein gesicherter Transport im öffentlichen Verkehrsmittel möglich.

Unter Verweis auf die zuvor wiedergegebenen Ausführungen in den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen sowie der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, ist der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.

Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß erreichen, welches die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen für den beantragten Zusatzvermerk sind die Art, das Ausmaß und die Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt. Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.

Es wurden der Beschwerde keine Beweismittel beigelegt, welche mit der gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang stehen. Sohin ist der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der anzuwendenden Rechtslage ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionseinschränkungen.

Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.

Schlagworte

Behindertenpass Sachverständigengutachten Zumutbarkeit Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W141.2228298.1.00

Im RIS seit

06.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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