Entscheidungsdatum
02.04.2020Norm
BBG §40Spruch
W141 2229668-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard HÖLLERER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Stephan WAGNER sowie den fachkundigen Laienrichter Robert ARTHOFER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX ,geboren am XXXX , VN XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich vom 03.02.2020, OB: XXXX , betreffend die Ausstellung des Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer hat am 03.10.2019 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) unter Vorlage eines Befundkonvoluts einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gestellt.
1.1. Zur Überprüfung des Antrages wurden von der belangten Behörde medizinische Sachverständigengutachten zweier Fachärzte für Hals- Nasen -Ohren und einer Ärztin für Allgemeinmedizin, basierend auf den persönlichen Untersuchungen des Beschwerdeführers am 07.01.2020 und 08.01.2020 und basierend auf der Aktenlage am 11.12.2019 und 29.01.2020, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Gesamtgrad der Behinderung mit 50 vH bewertet wurde.
1.2. Mit Schreiben vom 30.01.2020 hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer gemäß § 45 AVG das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis gebracht.
1.3. Mit Wirksamkeit ab dem 03.02.2020 hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer einen unbefristeten Behindertenpass ausgestellt und einen Grad der Behinderung von 50 vH eingetragen.
1.4. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 03.02.2020 hat die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40ff BBG stattgegeben und einen Grad der Behinderung in Höhe von 50 vH festgestellt.
Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass die durchgeführten medizinischen Beweisverfahren ergeben haben, dass ein Grad der Behinderung von 50 vH vorliegen würde. In der rechtlichen Beurteilung zitierte die belangte Behörde die maßgeblichen Bestimmungen des BBG
2. Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer am 13.03.2020 Beschwerde erhoben. Ohne Vorlage weiterer Beweismittel wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass von der belangten Behörde kein psychiatrisches Sachverständigengutachten eingeholt wurde. Er möchte daher in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf das Gutachten von XXXX hinweisen, dass von deutlichen Beeinträchtigungen insbesondere in psychischer Hinsicht als auch in der Alltagsbewältigung, der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit sowie im Bereich der sozialen Anpassung ausgeht. Es wäre daher, seiner Ansicht nach, der Grad der Behinderung höher einzustufen gewesen.
3. Mit Schreiben vom 17.03.2020 hat die belangte Behörde den Verwaltungsakt und die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Da sich der Beschwerdeführer, mit dem im angefochtenen Bescheid festgestellten Grad der Behinderung nicht einverstanden erklärt hat, war dieser zu überprüfen.
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz im Inland.
1.2. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 50 (fünfzig) vH.
1.2.1. Ausmaß der Funktionseinschränkungen:
Allgemeinzustand: unauffällig
Ernährungszustand: gut.
Größe 180 cm Gewicht 70 kg RR 150/95
Klinischer Status - Fachstatus:
54-jähriger Mann kommt allein
Cor: reine rhythmische Herzaktion, Pulmo: VA, keine Rasselgeräusche, Abdomen: weich, keine Abwehrspannung, kein Druckschmerz
SCHÄDEL/WS: Keine äußeren Auffälligkeiten, Schädel frei beweglich, kein Meningismus, Carotiden unauffällig, Finger-Bodenabstand 20cm
HIRNNERVEN: Geruchsempfinden wird als normal angegeben, Gesichtsfeld fingerperimetrisch frei, Pupillen rund, isocor, Lichtreaktion direkt und indirekt prompt auslösbar, Bulbusmotilität ungestört, kein pathologischer Nystagmus, Gesichtssensibilität ungestört, mimische Muskulatur seitengleich normal innerviert, Fingerreiben und Normalsprache wird seitengleich verstanden. Tinnitus beidseits - Tinnitusnoiser beidseits
OBERE EXTREMITÄTEN: Keine pathologische Tonussteigerung. Die grobe Kraft ist seitengleich normal. Beim Armvorhalteversuch kein Absinken. Heben über die Horizontale möglich aber unter Schmerzen. Die MER sind seitengleich auslösbar. Pyramidenzeichen sind nicht auslösbar.
UNTERE EXTREMITÄTEN: Keine pathologische Tonussteigerung. Beim Positionsversuch kein Absinken, Kraft seitengleich normal. Die PSR und ASR sind seitengleich auslösbar. Pyramidenzeichen sind nicht auslösbar.
SENSIBILITÄT: Kribbeln im Unterschenkel vor allem aber bei der großen Zehe rechts
KOORDINATION: Keine Ataxie beim FNV und KHV. Eudiadochokinese, Feinmotilität unauffällig. Freies Sitzen möglich. Romberg und Unterberger Versuch: keine Auffälligkeiten
BLASE: unauffällig
Gesamtmobilität - Gangbild: unauffällig
Status Psychicus: Allgemeintempo unauffällig, Konzentration reduziert, Aufmerksamkeit und Auffassungsvermögen unauffällig, Spontan- und Konversationssprache unauffällig, Alt- und Kurzgedächtnis sind ungestört, Stimmungslage depressiv Ductus kohärent, keine formalen oder inhaltlichen Denkstörungen, die Affektlage ist flach, fehlende Affizierbarkeit im positiven Bereich
1.2.2. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:
Lfd. Nr.
Funktionseinschränkung
Position
GdB
01
Depressive Erkrankung Oberer Rahmensatz, da trotz Medikation instabil
03.06.01
40 vH
02
Hörstörung beidseits Tabelle Z4/K4 Unterer Rahmensatz berücksichtigt die resultierende Diskriminationsschwäche
12.02.01
40 vH
03
Bandscheibenvorfall ohne Hinweise auf radiculäre Symptomatik Oberer Rahmensatz, da mäßige radiologische Veränderungen vorliegen mit Schmerzen.
02.01.01
20 vH
04
Läsion mediales Meniscushinterhorn links, Impingement Syndrom der linken Schulter Oberer Rahmensatz, da schmerzhafte Bewegungseinschränkungen vorliegen.
02.02.01
20 vH
05
Chronisch dekompensierter Tinnitus beidseits gemäß Einschätzungsverordnung bei HNO fachärztlicher Beurteilung 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz unter Berücksichtigung nennenswerter psychovegetativer Begleiterscheinungen
12.02.02
20 vH
06
Asthma bronchiale Unterer Rahmensatz, da saisonal bedingtes Asthma bronchiale
06.05.01
10 vH
Gesamtgrad der Behinderung
50 vH
Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 50 vH, da das führende Leiden 1 durch Leiden 2 und 5 um eine Stufe erhöht wird, da beide Leiden gemeinsam aufgrund maßgeblicher funktioneller Relevanz das Gesamtbild negativ beeinflussen. Leiden 1 wird durch Leiden 3, 4 und 6 nicht weiter erhöht, da diese keinen maßgeblichen negativen Einfluss auf das führende Leiden bewirken.
1.3. Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ist am 03.10.2019 bei der belangten Behörde eingelangt.
2. Beweiswürdigung:
Aufgrund der vorliegenden Beweismittel und des Aktes der belangten Behörde ist das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess, der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76).
Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".
Zu 1.1) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt sowie dem Auszug aus dem zentralen Melderegister mit Stichtag 26.03.2020.
Zu 1.2) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die vorgelegten und eingeholten Beweismittel:
Die eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten sind schlüssig, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen.
Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchungen des Beschwerdeführers erhobenen klinischen Befunden, entsprechen unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen. Diese stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis der eingeholten Sachverständigenbeweise, es wird kein höheres Funktionsdefizit beschrieben, als gutachterlich festgestellt wurde und sie enthalten auch keine neuen fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind.
Die befassten Sachverständigen fassen die vorgelegten Beweismittel nachvollziehbar wie folgt zusammen:
- Nervenleitgeschwindigkeit 07.08.2019: Der Befund spricht für eine axonale, wurzelnahe Schädigung des N. peronäus rechts.
- XXXX , 27 04 2019, Psychotherapeutin: Seit Juli 2015 in regelmäßiger psychotherapeutischer Behandlung. mittelschwere Depression gegeben infolge des seit den 1980er Jahren vorliegenden Tinnitus Diagnosen ICD - 10: 33.1 und 43.21 und Tinnitus
- XXXX , Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, 26.04.2019: depressive Episode, mittelgradig Tinnitus
- XXXX , FA für Psychiatrie und Neurologie, 20.07.2018, Gutachten zur Beurteilung der Minderung der Erwerbsfähigkeit bei Berufskrankheit: Tinnitus seit den 1980er Jahren 1. Sonstige depressive Erkrankung 2. Anamnestisch Bandscheibenvorfall ohne Hinweise auf radiculäre Symptomatik 3. Tinnitus beidseits 4. Hochtonschwerhörigkeit beiderseits, leichte, überwiegend mittelschwere und fallweise schwere körperliche Arbeiten ausgeführt werden
- Dr. XXXX , Fa. für Lungenkrankheiten, 28.02.2017: Allerg Asthma
- MRT der LWS, 30.03.2016: Geringe bis mäßige polysegmentale lumbale degenerative Discopathie; geringe sogenannte laterale Protrusion rechtsseitig bei L4/L5 mit möglicherweise intraforamineller Irritation der rechtsseitigen Nervenwurzel L4
- MR linkes Knie 06.08.2010: Grad II Läsion mediales Meniscushinterhorn, Fissur retropatellarer Knorpelbelag
- Röntgen linke Schulter 09.03.2015: Hinweis auf Impingement Syndrom Einengung der acromiohumeralen Distanz auf 8mm
- Tonaudiogramm 12.07.2019 Rechts: 500 HZ 80 dB, 1000 HZ 80 dB, 2000 HZ 100 dB, 4000 HZ 100 dB // LInks: 500 HZ 60 dB, 1000 Hz 60 dB, 2000 HZ 70 dB, 4000 HZ 90 dB.
- Arztbrief Dr. XXXX 11.11.2019 mitelgradige Schwerhörigkeit, cron. Tinitus. Lärmschädigung als Polizist
- Arztbrief DR. XXXX HNO Gutachten 09.07.2018 lärmbedingte Hörstörung, 10% MdE,
- Tonaudiobeschreibung: Rechts: 500 HZ 30 dB, 1000 HZ 35 dB, 2000 HZ 45 dB, 4000 HZ 60 dB // LInks: 500 HZ 25 dB, 1000 HZ 30 dB, 2000 HZ 40 dB, 4000 HZ 55 dB.
- Arztbrief HNO Dr. XXXX 25.04.2019 Z.n, Hörsturz 2015, dekompensierter Tinnitus, Noiser seit 2017
Die Krankengeschichte des Beschwerdeführers wurde umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt.
Die medizinische Sachverständige setzt in ihrem Gutachten das führende Leiden 1, depressive Erkrankung, unter der Positionsnummer 03.06.01 fest und bewertet dieses mit einem Grad der Behinderung von 40 vH. Die Wahl dieser Position entspricht dem oberen Rahmensatz und wird diese Position von der Sachverständigen dahingehend begründet, dass der Beschwerdeführer trotz Medikation instabil ist.
Als weiteres Leiden führt der Facharzt für Hals- Nasen- Ohren das Leiden 2, Hörstörung beidseits, mit der Positionsnummer 12.02.01 mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 40 vH an. Dies entspricht dem unteren Rahmensatz, jedoch wurde bei dieser Wahl bereits die resultierende Diskriminationsschwäche berücksichtigt.
Das Leiden 3, Bandscheibenvorfall ohne Hinweis auf radiculäre Symptomatik, wird unter der Positionsnummer 02.01.01 mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 20 von Hundert festgesetzt. Die Wahl dieser Position begründet die Sachverständige schlüssig damit, dass mäßige radiologische Veränderungen mit Schmerzen vorliegen.
Das Leiden 4, Läsion mediales Meniscushinterhorn links, Impingement Syndrom der linken Schulter, wird mit der Richtsatzposition 02.02.01 und einem Grad der Behinderung in Höhe von 20vH festgesetzt. Diese Einschätzung entspricht dem oberen Rahmensatz dieser Position und wird durch die Sachverständige stichhaltig durch die schmerzbedingte Bewegungseinschränkung argumentiert.
Als weiteres Leiden listet der Facharzt Hals- Nasen- Ohren das Leiden 5, chronisch dekompensierter Tinnitus beidseits, auf. Diese Funktionseinschränkung entspricht der Positionsnummer 12.02.02 und wurde mit einem GdB von 20vH versehen. Diese Einschätzung erfolgt 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da nennenswerte psychovegetative Begleiterscheinungen bereits berücksichtigt wurden.
Das Leiden 7, Asthma bronchiale, wird unter der Positionsnummer 06.05.01 erfasst. Die Sachverständige erläutert die Wahl des unteren Rahmensatz schlüssig dadurch, dass es sich lediglich um saisonal bedingtes Asthma bronchiale handelt.
Die Ärztin für Allgemeinmedizin führt weiters aus, dass der Gesamtgrad der Behinderung 50 vH beträgt, da das führende Leiden 1 durch Leiden 2 und 5 um eine Stufe erhöht wird, da beide Leiden gemeinsam aufgrund maßgeblicher funktioneller Relevanz das Gesamtbild negativ beeinflussen. Leiden 1 wird durch Leiden 3, 4 und 6 nicht weiter erhöht, da diese keinen maßgeblichen negativen Einfluss auf das führende Leiden bewirken.
Soweit der Beschwerdeführer hinsichtlich seines psychischen Zustandes auf das von ihm vorgelegte psychiatrische Gutachten verweist ist auszuführen, dass die Sachverständige in diesem zu einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20% kommt, was einem Grad der Behinderung von 20% entspricht. Da die aktuellen Gutachten das psychische Leiden jedoch mit einem Grad der Behinderung von 40% einstufen, kann das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Gutachten zu keiner Änderung der Einschätzung führen.
Die Sachverständigengutachten stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.
Die Angaben des Beschwerdeführers konnten nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden.
Die Sachverständigengutachten werden daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.
Zu 1.3.) Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses weist am Eingangsvermerk der belangten Behörde das Datum 03.10.2019 auf.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
1. Zur Entscheidung in der Sache:
Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
Gemäß § 35 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 7. Juli 1988 über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988), BGBl. Nr. 400/1988 idgF, bestimmt sich die Höhe des Freibetrages nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.
Zuständige Stelle ist:
- Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).
- Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
- In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.
Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Da ein Grad der Behinderung von 50 vH festgestellt wurde und somit die Voraussetzungen für eine Erhöhung des Grades der Behinderung nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Gesamtgrad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der beim Beschwerdeführer festgestellten Gesundheitsschädigungen. Zur Klärung des Sachverhaltes wurden daher im erstinstanzlichen Verfahren ärztliche Sachverständigengutachten, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers und ärztliche Sachverständigengutachten, basierend auf der Aktenlage, eingeholt. Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, wurden diese als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich den tragenden beweiswürdigenden Erwägungen der belangten Behörde, dass die eingeholten Sachverständigengutachten schlüssig und frei von Widersprüchen sind, angeschlossen. Die erhobenen Einwendungen waren nicht geeignet, relevante Bedenken an den sachverständigen Feststellungen hervorzurufen. Sohin ist der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.
Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.
Schlagworte
Behindertenpass Grad der Behinderung SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W141.2229668.1.00Im RIS seit
06.08.2020Zuletzt aktualisiert am
06.08.2020