TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/6 W127 2007978-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.05.2020
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Entscheidungsdatum

06.05.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
UIG §2 Z3
UIG §4 Abs1
UIG §5
UIG §6 Abs2 Z7
UIG §6 Abs4
UIG §8 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W127 2007978/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Fischer-Szilagyi über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Bundeskanzleramtes/Verfassungsdienst vom 20.03.2014, GZ BKA-VV.13/4077/0007-V/7/2013, betreffend Zugang zu Informationen in EU-Vertragsverletzungsverfahren im Umweltbereich zu Recht:

A) Der Beschwerde wird Folge geben und der angefochtene Bescheid aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die von der beschwerdeführenden Partei XXXX beantragten Informationen zu Unrecht verwehrt wurden.

B) Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom 09.08.2013 ersuchte die nunmehrige beschwerdeführende Partei zu den von der Europäischen Kommission gegen die Republik Österreich eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren Nr. 13/0205, Nr. 13/4018 und Nr. 13/4077 jeweils um Übermittlung der anonymisierten Beschwerdeschriften, der Schreiben, mit denen die Europäische Kommission Österreich aufgefordert habe, zu dem aufgetretenen Problem Stellung zu nehmen, sowie der darauf bezugnehmenden Antwortschreiben der Republik.

2. Mit Antrag vom 03.10.2013 begehrte die beschwerdeführende Partei die Ausstellung eines Bescheides gemäß § 8 UIG "über die Tatsache, dass uns die mit Schreiben vom 9. August 2013 angefragten Informationen nicht zur Verfügung gestellt wurden".

3. Mit angefochtenem Bescheid wurde dieser Antrag "vom 3. Oktober 2013 auf Zugang zu Informationen in den von der Europäischen Kommission gegen die Republik Österreich eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren Nr. 13/0205, 13/4077 und 13/4018 [...] gemäß § 2 Z 3 und § 6 Abs. 2 Z 7 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 des Umweltinformationsgesetzes [...] abgewiesen".

In der Begründung wurde ausgeführt, dass diese Dokumente keine Umweltinformationen im Sinne des Umweltinformationsgesetzes darstellen würden und, da laufende Verfahren betroffen seien, ein Ablehnungsgrund im Sinne des Umweltinformationsgesetzes vorliege.

4. Dagegen wurde rechtzeitig Beschwerde erhoben und der Bescheid in vollem Umfang angefochten. Begründend wurde insbesondere ausgeführt, dass es sich - entgegen den Ausführungen des Bescheides - um Umweltinformationen im Sinne des Umweltinformationsgesetzes handle und das Stützen auf den genannten Ablehnungsgrund zu Unrecht erfolgt sei.

5. Mit Beschluss vom 10.11.2016 hob das Bundesverwaltungsgericht den Bescheid auf und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurück. Zumal es sich um Umweltinformationen im Sinne des Umweltinformationsgesetzes handeln würde, sei im Hinblick auf unionsrechtliche Bestimmungen in Bezug auf die Dokumente der Europäischen Kommission diese zu konsultieren, ob ihre Schreiben verbreitet werden dürften. Alternativ sei die Anfrage an die Europäische Kommission weiterzuleiten.

6. Dagegen wurde Amtsrevision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit in Folge der Verletzung von Verfahrensvorschriften erhoben.

7. Mit Erkenntnis vom 23.05.2019 hob der Verwaltungsgerichtshof den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.

Die Revision war als zulässig erachtet worden, da das Bundesverwaltungsgericht von bereits existierender Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs vom 29.09.2017 - ergangen sohin nach gegenständlich aufgehobenen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.11.2016 - "abgewichen" sei.

8. Mit Stellungnahme vom 26.11.2019 erklärte die beschwerdeführenden Partei die Aufrechterhaltung ihrer Beschwerde in vollem Umfang.

9. Nach hg. Aufforderung übermittelte die belangte Behörde mit Schreiben vom 13.01.2020 die Informationsanfrage der beschwerdeführenden Partei vom 09.08.2013 sowie das diesbezügliche Antwortschreiben der belangten Behörde an den Auskunftsbegehrenden vom 05.09.2013.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die beschwerdeführende Partei hat Zugang zu Informationen von den von der Europäischen Kommission eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren Nr. 13/0205, Nr. 13/4018 und Nr. 13/4077 begehrt. Es wurde konkret um die Übermittlung nachfolgender Dokumente ersucht:

a) die anonymisierte Beschwerdeschrift,

b) das Schreiben, mit dem die Europäische Kommission die Republik Österreich aufgefordert hat, zu dem aufgetragenen Problem Stellung zu nehmen,

c) sowie das darauf bezugnehmende Antwortschreiben der Republik Österreich.

Dem Begehren wurde nicht entsprochen.

Die begehrten Dokumente liegen dem Bundesverwaltungsgericht nicht vor.

Alle drei Vertragsverletzungsverfahren sind nicht mehr anhängig. Das Vertragsverletzungsverfahren Nr. 13/0205 wurde mit Beschluss der Kommission vom 23.07.2014 und das Verfahren Nr. 13/4077 mit Beschluss der Kommission vom 25.07.2019 eingestellt. Das Verfahren Nr. 13/4018 wurde mit Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 04.05.2016, C-346/14, Kommission/Österreich, beendet.

Es handelt sich gegenständlich um Umweltinformationen im Sinne des § 2 Umweltinformationsgesetz.

2. Beweiswürdigung:

Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt.

Hinsichtlich der Einordnung als Umweltinformationen siehe unten Punkt 3.2.

Die Informationen über die Beendigung der Verfahren findet sich auf einer Webseite (https://ec.europa.eu/atwork/applying-eu-law/infringements-proceedings/infringement_decisions/?lang_code=de) der Europäischen Kommission, welche mittels Angabe der Verfahrensnummer den Verfahrensverlauf anzeigt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit

Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß Artikel 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden gemäß Artikel 130 Abs. 1 B-VG in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden (siehe diesbezüglich auch § 8 Abs. 4 Umweltinformationsgesetz).

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Eine solche abweichende Regelung besteht im vorliegenden Fall nicht, somit liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

3.2. Rechtsvorschriften

Unionsrechtlich:

* Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 06.09.2006 über die Anwendung der Bestimmungen des Übereinkommens von Århus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten auf Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft, ABl. L 264, 25.09.2006, S. 13, Århus-Verordnung.

Artikel 6 Abs. 1: "Artikel 4 Abs. 2 erster und dritter Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001, mit Ausnahme von Untersuchungen, insbesondere solchen, die mögliche Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht zum Gegenstand haben, wird dahingehend ausgelegt, dass ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung besteht, wenn die angeforderten Informationen Emissionen in die Umwelt betreffen. Bei den übrigen Ausnahmen nach Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 sind die Gründe für die Verweigerung eng auszulegen, wobei das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe und ein etwaiger Bezug der beantragten Informationen zu Emissionen in die Umwelt zu berücksichtigen sind."

Artikel 6 Abs. 2: "Außer in den Ausnahmefällen nach Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 können die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft den Zugang zu Umweltinformationen verweigern, wenn die Bekanntgabe der Informationen negative Auswirkungen auf den Schutz der Umweltbereiche hätte, auf die sich die Informationen beziehen (wie z.B. Brutstätten seltener Tierarten)."

* Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30.05.2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, ABl. L 145, 31.05.2001, S. 43, Transparenzverordnung.

Artikel 4 Abs. 1: "Die Organe verweigern den Zugang zu einem Dokument, durch dessen Verbreitung folgendes beeinträchtigt würde:

a) der Schutz des öffentlichen Interesses im Hinblick auf:

- die öffentliche Sicherheit,

- die Verteidigung und militärische Belange,

- die internationalen Beziehungen,

- die Finanz-, Währungs- oder Wirtschaftspolitik der Gemeinschaft oder eines Mitgliedstaats;

b) der Schutz der Privatsphäre und der Integrität des Einzelnen, insbesondere gemäß den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft über den Schutz personenbezogener Daten."

Artikel 4 Abs. 2: "Die Organe verweigern den Zugang zu einem Dokument, durch dessen Verbreitung Folgendes beeinträchtigt würde:

- der Schutz der geschäftlichen Interessen einer natürlichen oder juristischen Person, einschließlich des geistigen Eigentums,

- der Schutz von Gerichtsverfahren und der Rechtsberatung,

- der Schutz des Zwecks von Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten,

es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung."

- Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28.01.2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates, ABl. L 41/26, 14.02.2003, Umweltinformationsrichtlinie.

Artikel 4 - Ausnahmen

"(1) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass ein Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen in folgenden Fällen abgelehnt wird:

a) Die gewünschte Information ist nicht bei der Behörde, an die der Antrag gerichtet ist, vorhanden und wird auch nicht für diese bereitgehalten. In diesem Fall leitet die Behörde, falls ihr bekannt ist, dass die betreffende Information bei einer anderen Behörde vorhanden ist oder für diese bereitgehalten wird, den Antrag möglichst rasch an diese andere Behörde weiter und setzt den Antragsteller hiervon in Kenntnis oder informiert ihn darüber, bei welcher Behörde er diese Informationen ihres Erachtens beantragen kann.

b) Der Antrag ist offensichtlich missbräuchlich.

c) Der Antrag ist unter Berücksichtigung von Artikel 3 Absatz 3 zu allgemein formuliert.

d) Der Antrag betrifft Material, das gerade vervollständigt wird, oder noch nicht abgeschlossene Schriftstücke oder noch nicht aufbereitete Daten.

e) Der Antrag betrifft interne Mitteilungen, wobei das öffentliche Interesse an einer Bekanntgabe dieser Informationen zu berücksichtigen ist.

Wird die Ablehnung damit begründet, dass der Antrag Material betrifft, das gerade vervollständigt wird, so benennt die Behörde die Stelle, die das Material vorbereitet, sowie den voraussichtlichen Zeitpunkt der Fertigstellung.

(2) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass ein Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen abgelehnt wird, wenn die Bekanntgabe negative Auswirkungen hätte auf:

a) die Vertraulichkeit der Beratungen von Behörden, sofern eine derartige Vertraulichkeit gesetzlich vorgesehen ist;

b) internationale Beziehungen, die öffentliche Sicherheit oder die Landesverteidigung;

c) laufende Gerichtsverfahren, die Möglichkeiten einer Person, ein faires Verfahren zu erhalten, oder die Möglichkeiten einer Behörde, Untersuchungen strafrechtlicher oder disziplinarischer Art durchzuführen;

d) Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse, sofern diese durch einzelstaatliches oder gemeinschaftliches Recht geschützt sind, um berechtigte wirtschaftliche Interessen, einschließlich des öffentlichen Interesses an der Wahrung der Geheimhaltung von statistischen Daten und des Steuergeheimnisses, zu schützen;

e) Rechte an geistigem Eigentum;

f) die Vertraulichkeit personenbezogener Daten und/oder Akten über eine natürliche Person, sofern diese der Bekanntgabe dieser Informationen an die Öffentlichkeit nicht zugestimmt hat und sofern eine derartige Vertraulichkeit nach innerstaatlichem oder gemeinschaftlichem Recht vorgesehen ist;

g) die Interessen oder den Schutz einer Person, die die beantragte Information freiwillig zur Verfügung gestellt hat, ohne dazu gesetzlich verpflichtet zu sein oder verpflichtet werden zu können, es sei denn, dass diese Person der Herausgabe der betreffenden Information zugestimmt hat;

h) den Schutz der Umweltbereiche, auf die sich die Informationen beziehen, wie z. B. die Aufenthaltsorte seltener Tierarten.

Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Ablehnungsgründe sind eng auszulegen, wobei im Einzelfall das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe zu berücksichtigen ist. In jedem Einzelfall wird das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abgewogen. Die Mitgliedstaaten dürfen aufgrund des Absatzes 2 Buchstaben a), d), f), g) und h) nicht vorsehen, dass ein Antrag abgelehnt werden kann, wenn er sich auf Informationen über Emissionen in die Umwelt bezieht.

Die Mitgliedstaaten stellen in diesem Rahmen und für die Anwendung der Bestimmung des Buchstaben f) sicher, dass die Anforderungen der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr eingehalten werden.

(3) Sieht ein Mitgliedstaat Ausnahmen vor, so kann er einen öffentlich zugänglichen Kriterienkatalog erarbeiten, anhand dessen die betreffende Behörde über die Behandlung eines Antrags entscheiden kann.

(4) Bei den Behörden vorhandene oder für diese bereitgehaltene Umweltinformationen, zu denen Zugang beantragt wurde, sind auszugsweise zugänglich zu machen, sofern es möglich ist, unter die Ausnahmebestimmungen von Absatz 1 Buchstaben d) und e) oder Absatz 2 fallende Informationen von den anderen beantragten Informationen zu trennen.

(5) Die Weigerung, beantragte Informationen auszugsweise oder vollständig zugänglich zu machen, ist dem Antragsteller in Schriftform oder auf elektronischem Wege, wenn der Antrag selbst schriftlich gestellt wurde oder wenn der Antragsteller darum ersucht hat, innerhalb der in Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe a) oder gegebenenfalls Buchstabe b) genannten Frist mitzuteilen. In der Mitteilung sind die Gründe für die Verweigerung der Information zu nennen, und der Antragsteller ist über das Beschwerdeverfahren nach Artikel 6 zu unterrichten."

National:

Bundesgesetz über den Zugang zu Informationen über die Umwelt (Umweltinformationsgesetz - UIG), BGBl. Nr. 495/1993 idgF.

"Mitteilungsschranken und Ablehnungsgründe

§ 6. (1) Die Mitteilung von Umweltinformationen darf unterbleiben, wenn

1. sich das Informationsbegehren auf die Übermittlung interner Mitteilungen bezieht;

2. das Informationsbegehren offenbar missbräuchlich gestellt wurde;

3. das Informationsbegehren zu allgemein geblieben ist;

4. das Informationsbegehren Material, das gerade vervollständigt wird, noch nicht abgeschlossene Schriftstücke oder noch nicht aufbereitete Daten betrifft.

(2) Andere als die in § 4 Abs. 2 genannten Umweltinformationen sind unbeschadet der Mitteilungsschranken des Abs. 1 mitzuteilen, sofern ihre Bekanntgabe keine negativen Auswirkungen hätte auf:

1. internationale Beziehungen, die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit oder die umfassende Landesverteidigung;

2. den Schutz von Umweltbereichen, auf die sich die Informationen beziehen;

3. die Vertraulichkeit personenbezogener Daten, sofern ein schutzwürdiges Interesse an der Geheimhaltung im Sinne der Verordnung (EU) 2016/679 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. Nr. L 119 vom 04.05.2016 S. 1, sowie des Datenschutzgesetzes, BGBl. I Nr. 165/1999 idF BGBl. I Nr. 24/2018, besteht;

4. Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse, sofern diese durch innerstaatliches oder gemeinschaftliches Recht geschützt sind, um berechtigte wirtschaftliche Interessen, einschließlich des öffentlichen Interesses an der Wahrung der Geheimhaltung von statistischen Daten und des Steuergeheimnisses, zu schützen;

5. Rechte an geistigem Eigentum;

6. die Vertraulichkeit der Beratungen von informationspflichtigen Stellen, sofern eine derartige Vertraulichkeit gesetzlich vorgesehen ist;

7. laufende Gerichtsverfahren, die Möglichkeit einer Person, ein faires Verfahren zu erhalten, oder die Möglichkeiten einer Behörde, Untersuchungen strafrechtlicher oder disziplinarrechtlicher Art durchzuführen.

(3) Das Interesse einer Partei an der Geheimhaltung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen ist nur schutzwürdig, wenn durch die Veröffentlichung von Umweltinformationen ein Geschäfts- und Betriebsgeheimnis unmittelbar oder mittelbar durch die Möglichkeit von Rückschlüssen offengelegt werden kann und dadurch ein nicht nur geringfügiger wirtschaftlicher Nachteil des Inhabers des Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses eintreten kann. Besteht dieser wirtschaftliche Nachteil bloß auf Grund einer Minderung des Ansehens der Partei in der Öffentlichkeit infolge des Bekanntwerdens umweltbelastender Tätigkeiten, so besteht kein schutzwürdiges Interesse an der Geheimhaltung.

(4) Die in Abs. 1 und 2 genannten Mitteilungsschranken und Ablehnungsgründe sind eng auszulegen, wobei im Einzelfall das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe der Umweltinformationen zu berücksichtigen ist. In jedem Einzelfall ist das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abzuwägen. Öffentliches Interesse an der Bekanntgabe kann insbesondere im Schutz folgender Rechtsgüter liegen:

1. Schutz der Gesundheit;

2. Schutz vor nachhaltigen oder schwerwiegenden Umweltbelastungen;

oder

3. Schutz der Rechte und Freiheiten anderer."

Zu Spruchpunkt A)

3.2. Zur Frage, ob Umweltinformationen vorliegen:

Bereits mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.11.2016, W127 2007978-1/4E, welcher mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.05.2019, Ro 2017/07/0012-5, aufgehoben wurde, wurde unter Verweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.10.2013, 2013/07/0081, und das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 14.11.2013, C-514/11 P und C-605/11 P, LPN und Finnland/Kommission, dargelegt, dass es sich bei den begehrten Dokumenten um Umweltinformationen im Sinne des Umweltinformationsgesetzes handelt.

Dem ist auch der Verwaltungsgerichtshof in oben angeführtem, gegenständlich relevanten Erkenntnis nicht entgegengetreten. Es ist daher - auch unter Einbeziehung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.09.2017, Ro 2015/10/0027, ebenfalls den Zugang zu einem Dokument der Europäischen Kommission im Umweltbereich betreffend -auch weiter davon auszugehen, dass Dokumente, welche ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten, und die Stellungnahme des betroffenen Mitgliedstaates jedenfalls als Umweltinformationen im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen gelten (zur Beurteilung der "Gesamtheit von Dokumenten" siehe VwGH 23.05.2019, Ro 2017/07/0012-5, mit Verweis auf EuGH14.11.2013, C-514/11 P und C-605/11 P, LPN und Finnland/Kommission). Die im gegenständlichen Fall begehrten Dokumente stellen sohin jedenfalls Umweltinformationen im Sinne des § 2 Z 3 Umweltinformationsgesetz bzw. Artikel 2 Z 1 lit. c Umweltinformationsrichtlinie, Artikel 2 Abs. 1 lit. d) iii Århus-Verordnung dar.

3.3. Zum Zugang zu den Dokumenten im Vertragsverletzungsverfahren:

Gemäß § 4 Abs. 1 Umweltinformationsgesetz wird das Recht auf freien Zugang zu Umweltinformationen jeder natürlichen oder juristischen Person ohne Nachweis eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses gewährleistet (so auch Artikel 3 Abs. 1 Umweltinformationsrichtlinie).

Ablehnungsgründe finden sich in § 6 Umweltinformationsgesetz (siehe auch Artikel 4 Umweltinformationsrichtlinie).

Gegenständlich handelt es sich um Informationen bzw. Dokumente betreffend Vertragsverletzungsverfahren zwischen der Europäischen Kommission und der Republik Österreich.

Grundsätzlich sollten alle Dokumente der Organe der Europäischen Union für die Öffentlichkeit zugänglich sein (siehe Artikel 1 Abs. 1 Århus-Verordnung, Artikel 2 Abs. 1 Transparenzverordnung und Artikel 3 Abs. 1 Umweltinformationsrichtlinie). Ausnahmeregelungen betreffend Dokumente des Europäischen Parlamentes, des Rates und der Kommission befinden sich in Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001.

Auf Grundlage des Artikel 4 Abs. 2 zweiter Spiegelstrich der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 besteht - unter Verweis auf die Rechtsprechung der Europäischen Gerichte (siehe unter anderem EuGH 21.09.2010, verbundene Rechtssachen C-514/07 P, C-528/07 P, C-532/07 P, Schweden/API und Kommission; 14.11.2013, C-514/11 P und C-605/11 P, LPN und Finnland/Kommission; VwGH 23.05.2019, Ro 2017/07/0012-5) - bei laufenden Vertragsverletzungsverfahren eine allgemeine Vermutung für die Nichtveröffentlichung der damit zusammenhängenden Unterlagen.

Im nationalen Bereich spiegelt diese Bestimmung § 6 Abs. 2 Z 7 Umweltinformationsgesetz wieder (vgl. auch Artikel 4 Abs. 2 lit. c Umweltinformationsrichtlinie), welcher sich ebenfalls auf "laufende Gerichtsverfahren" bezieht. Verfahren sind sohin nur während ihrer Dauer geschützt (vgl. auch Ennöckl/Maitz, UIG2 [2011], 59).

Wie bereits festgestellt sind alle drei gegenständlichen Vertragsverletzungsverfahren abgeschlossen.

Sohin besteht jedoch auch nicht mehr die allgemeine Vertraulichkeitsvermutung; siehe hiezu insbesondere EuGH 21.09.2010, C-514/07 P, C-528/07 P und C-532/07 P, Schweden/API und Kommission, Rz. 94 "solange dieses Verfahren anhängig ist", sowie EuGH 14.11.2013, C-514/11 P und C-605/11 P, LPN/Kommission, Rz. 50 "Verfahren zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Entscheidung weder von der Kommission eingestellt noch beim Gerichtshof anhängig".

Auch ein Heranziehen des Artikel 4 Abs. 2 dritter Spiegelstrich der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 ist dadurch ausgeschlossen (vgl. EuGH 21.09.2010, C-514/07 P, C-528/07 P und C-532/07 P, Schweden/API und Kommission, Rz. 122).

Hinweise darauf, dass andere Tatbestände der gesetzlichen Ausnahmebestimmungen sowohl auf unionsrechtlicher als auch auf nationaler Ebene zur Anwendung gelangen können, sodass der Zugang zu den begehrten Informationen bzw. Dokumenten im gegenständlichen Verfahren zu verwehren sei, sind weder im Laufe des gesamten Verfahrens hervorgekommen noch wurden solche von der belangten Behörde vorgebracht.

Es besteht sohin die Mitteilungspflicht nach § 5 Abs. 3 Umweltinformationsgesetz in Verbindung mit Artikel 2 Abs. 1 und Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 ("...- es sei denn, es ist klar, dass das Dokument verbreitet werden muss bzw. nicht verbreitet werden darf -..."). Der abweisende Bescheid ist daher aufzuheben.

Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 24.05.2018, Ro 2017/07/0026) kommt den Verwaltungsgerichten keine Weisungsbefugnis gegenüber Verwaltungsbehörden zu. Das Verwaltungsgericht ist allein zur spruchmäßigen Feststellung zuständig, dass die mit einem Auskunftsbegehren befasste Behörde eine Auskunft zu Recht oder zu Unrecht verweigert hat. Stellt ein Verwaltungsgericht fest, dass die Verwaltungsbehörde ihrer Auskunftsverpflichtung nicht nachgekommen ist, muss die Verwaltungsbehörde ihrer Auskunftsverpflichtung nachkommen. Gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG ist die Behörde verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Wie bereits oben ausgeführt besteht im gegenständlichen Verfahren die Mitteilungspflicht hinsichtlich der begehrten Dokumente. Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden und festzustellen, dass die Informationen bzw. Dokumente zu Unrecht verweigert wurden.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Auch weicht die gegenständliche Entscheidung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung (siehe hiezu die oben zitierte Judikatur).

Schlagworte

Aarhus - Konvention Auskunftsbegehren Auskunftsinteresse Behebung der Entscheidung Bekanntgabepflicht ersatzlose Behebung Grundsatz der Transparenz Informationsinteresse Informationspflicht Interessenabwägung Kassation Mitteilung öffentliche Interessen Transparenz Umweltauswirkung Umweltinformationen Vertragsverletzungsverfahren Vertraulichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W127.2007978.1.00

Im RIS seit

06.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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