TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/14 G303 2216716-1

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Veröffentlicht am 14.05.2020
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Entscheidungsdatum

14.05.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

G303 2216716-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Eva WENDLER und den fachkundigen Laienrichter Herbert WINTERLEITNER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, gegen den vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark, mit Schreiben vom 06.11.2017 ausgestellten Behindertenpass, OB: XXXX, wegen dem ausgewiesenen Grad der Behinderung von 50 v.H., zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird s t a t t g e g e b e n und der angefochtene Behindertenpass dahingehend abgeändert, dass der Grad der Behinderung sechzig von Hundert (60 v.H.) beträgt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) brachte am 08.08.2017 über die Zentrale Poststelle beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark, (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Verlängerung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Parkausweis) sowie auf Verlängerung des Behindertenausweises ein, welche bis 31.01.2018 gültig waren. Dem Antrag waren ein sozialpsychiatrischer Bericht des Hilfswerkes vom 03.08.2017 sowie eine Kopie des Behindertenpasses und des Parkausweises angeschlossen.

2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurden ein allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten von Dr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 26.10.2017, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der BF am 28.09.2017, und ein fachärztliches Sachverständigengutachten von Dr. XXXX, Facharzt für Psychiatrie, vom 25.10.2017, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der BF am 19.10.2017, eingeholt.

2.1. In einer medizinischen Gesamtbeurteilung vom 31.10.2017 wurden unter Berücksichtigung der oben angeführten Sachverständigengutachten, von Dr. XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, folgende Funktionseinschränkungen festgestellt:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Depressive Störung ein Wert unter dem obersten Rahmensatzwert, langjähriges Krankheitsbild, nervenfachärztliche als auch psychotherapeutische Behandlung, kein stationärer Voraufenthalt, soziale Beeinträchtigungen

03.06.01

30

2

Degenerative Wirbelsäulenveränderungen oberer Richtsatzwert bei Funktionseinschränkungen geringen Grades, entsprechend radiologischen Veränderungen

02.01.01

20

3

Neurodermitis unterer Richtsatzwert bei Funktionseinschränkungen mittleren Grades, entsprechend des Befundausmaßes

01.01.02

20

4

Sehstörungen fixer Richtsatzwert

11.02.01

20

5

Allergisches Asthma bronchiale oberer Richtsatzwert bei Funktionseinschränkungen geringen Grades, entsprechend des Lungenfunktionstest von 04.09.2017 (FEV1/VC=100 %)

06.05.01

20

6

Allergische Bindehautentzündung und Rhinitis eine Stufe über dem unteren Richtsatzwert bei Funktionseinschränkungen geringen Grades, entsprechend der Folgeerscheinung

12.04.04

20

7

Entferntes Nierenzellkarzinom links unterer Richtsatzwert bei Funktionseinschränkungen geringen Grades, entsprechend der bestehenden Klinik

13.01.02

10

 

Gesamtgrad der Behinderung

 

50 vH

Als Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt, dass sich dieser aus der führenden Gesundheitsschädigung (GS) 1 ergebe und durch die GS 2 bis GS 6 gemeinsam um zwei Stufen angehoben werde, da die Fülle der kleineren GS bei ohnehin schwacher psychischer Grundkonstellation eine maßgebliche negative Leidensbeeinflussung bewirke und Copingstrategien auch vermindert eingesetzt werden könnten. Die GS 7 hebe nicht weiter an, da hier keine weitere zusätzliche negative Leidensbeeinflussung bestehe.

3. Mit formlosem Schreiben der belangten Behörde vom 06.11.2017 wurde der BF das Ergebnis des medizinischen Beweisverfahrens mitgeteilt. Danach betrage der Grad der Behinderung 50 %.

4. Mit weiterem Schreiben der belangten Behörde vom 06.11.2017 wurde der BF der unbefristet ausgestellte Behindertenpass übermittelt.

5. Gegen diesen mit Schreiben vom 06.11.2017 ausgestellten Behindertenpass mit Bescheidcharakter brachte die BF binnen offener Frist die bei der belangten Behörde am 05.12.2017 eingelangte Beschwerde ein.

Es wurde darin entscheidungsmaßgeblich vorgebracht, dass die BF bereits einen unbefristeten Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 80 % habe, lediglich die Zusatzeintragung sei befristet eingestempelt worden. Ein Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung sei nicht gestellt worden, somit sei auch eine Neuausstellung des bis dato gültigen Behindertenpasses nicht erforderlich.

Die BF legte weitere medizinische Befunde vor und listete in der Beschwerde alle bereits vorgelegten medizinischen Beweismittel auf. Die BF sei von 17.08. bis 07.09.2017 in XXXX mit der Diagnose "Asthma Bronchiale" auf Kur gewesen. Während des Kuraufenthaltes habe sich der Gesundheitszustand der BF erheblich verschlechtert. Bei der BF sei Asthma bronchiale und ein geringfügiges Lungenemphysem diagnostiziert worden.

Die BF sei auf verschiedene Substanzen allergisch, die unterschiedlichste allergische Reaktionen bei der BF hervorrufen würden, welche hochgradig ihr Immunsystem schwächen würden.

Des Weiteren wurde in der Beschwerde beanstandet, dass in der Begründung des Gutachtens von Dr. XXXX die degenerative Wirbelsäulenveränderung als führende Gesundheitsschädigung und nicht das Asthma bronchiale, die Neurodermitis oder das durch multiple Allergien geschwächte Immunsystem herangezogen worden seien.

Die Ausführungen im Gutachten des Sachverständigen Dr. XXXX vom 19.10.2017, wonach die BF tagsüber unterwegs sei und sich mit Freunden und Bekannten gelegentlich auch in öffentlichen Plätzen wie Kaffehäusern treffe, seien nicht korrekt. Die BF müsse alle Situationen, in denen sie mit Allergenen (Pollen, Duftstoffallergenen und Tieren) in Kontakt komme, sowie enge Räume wie Aufzüge, und Menschenansammlungen meiden, da diese Panikattacken verbunden mit Luftnot und Platzangst hervorrufen würden. Die BF leide seit ihrer Kindheit an Asthma bronchiale und sei diese Erkrankung trotz ständiger Einnahme von Medikamenten im Laufe ihres Lebens nicht besser geworden. Auch hinsichtlich ihrer Depressionen und Panikattacken habe sie sich bereits im Jahr 1989 in stationärer Behandlung im Landessonderkrankenhaus XXXX befunden.

Die Einschätzung ihrer gesundheitlichen Situation werde den tatsächlichen Gegebenheiten insgesamt nicht gerecht.

6. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde dem Bundesverwaltungsgericht am 29.03.2019 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF hat einen Wohnsitz im Inland.

Mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.03.2019, GZ 303 2181814-1/21Z wurde der Beschwerde der BF betreffend die Neufestsetzung des Grades der Behinderung nach den Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes, mit der Maßgabe stattgegeben, dass der Grad der Behinderung 60 von Hundert (60 v.H.) beträgt.

Die BF leidet an folgenden behinderungsrelevanten Gesundheitsschädigungen:

- Depressive Störung mit Angst, Panikattacken sowie ausgeprägtem Vermeidungsverhalten

- Degenerative Wirbelsäulenerkrankung

- Neurodermitis

- Sehstörungen

- Allergisches Asthma bronchiale

- Allergische Bindehautentzündung und Rhinitis

- Entferntes Nierenzellkarzinom links

Im Vordergrund des Gesamtleidenszustandes der BF steht die Depression mit Angst- und Panikattacken und einem ausgeprägten Vermeidungsverhalten. Der Grad der Behinderung dieser führenden Gesundheitsschädigung beträgt 40 % und wird durch die weiteren Leiden (Degenerative Wirbelsäulenerkrankung, Neurodermitis, Sehstörungen, Allergisches Asthma bronchiale, Allergische Bindehautentzündung und Rhinitis) wegen wechselseitiger negativer Beeinflussung und zusätzlicher Beeinträchtigung im Alltag um zwei Stufen angehoben. Der Zustand nach entferntem Nierenzellkarzinom links bewirkt keine weitere Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung.

Der Gesamtgrad der Behinderung der BF beträgt somit 60 (sechzig) von Hundert (v.H.).

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde, der Beschwerde, der Einsichtnahme in den Gerichtsakt zum Feststellungsverfahren, GZ: G303 2181814-1, und dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG).

Die Feststellung zum Wohnsitz ergibt sich aus einem Auszug des Zentralen Melderegisters.

Der Gesamtgrad der Behinderung von 60 von Hundert ergibt sich aus dem rechtskräftigen Erkenntnis des BVwG vom 20.03.2019, GZ G303 2181814-1/21Z.

In dem Beschwerdeverfahren betreffend die Neufestsetzung des Grades der Behinderung nach dem Behinderteneinstellungsgesetz zur GZ: G303 2181814-1 fand am 20.03.2019, vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Graz, eine mündliche Verhandlung statt, an welcher unter anderen die medizinische Sachverständige Dr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin, und der Zeuge, Dr. XXXX, teilgenommen haben. Der Gesamtgrad der Behinderung von 60 von Hundert wurde aufgrund der gutachterlichen Ausführungen der Sachverständigen Dr. XXXX in der mündlichen Verhandlung am 20.03.2019 objektiviert. Insbesondere wurde in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass die Einschätzung der führenden psychischen Gesundheitsschädigung mit einem Grad der Behinderung von 40 v.H. aufgrund fehlender Therapiemöglichkeit als gerechtfertigt erscheint und dass die weiteren Leiden (ausgenommen der Zustand nach entferntem Nierenzellkarzinom) diesen Behinderungsgrad wegen wechselseitiger negativer Beeinflussung und zusätzlicher Beeinträchtigung im Alltag um zwei Stufen anheben.

Des Weiteren wurde das seitens des erkennenden Gerichtes eingeholte Sachverständigengutachten von Dr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin, vom 10.01.2019, das auf einer persönlichen Untersuchung der BF am 18.07.2018 basiert, zur Feststellungen der vorliegenden Gesundheitsschädigungen und deren Wechselwirkungen zueinander herangezogen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung [idgF]) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990 idgF) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter gemäß § 45 Abs. 4 BBG mitzuwirken.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall wurden zur Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes das ärztliche Gutachten von Dr. XXXX, vom 10.01.2019, welches im Feststellungsverfahren zu GZ 303 2181814-1 seitens des erkennenden Gerichtes eingeholt wurde, sowie die gutachterlichen Ausführungen der Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung am 20.03.2019, herangezogen. Das im Feststellungsverfahren mündlich verkündete Erkenntnis des BVwG vom 20.03.2019 ist rechtskräftig.

Da der Sachverhalt somit aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren der BF geklärt erscheint und auch unstrittig ist, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen, da auch von den Verfahrensparteien keine mündliche Verhandlung beantragt wurde.

Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

3.2. Zu Spruchteil A):

Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs. 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. I Nr. 22/1970, angehören.

Nach § 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG 1998), BGBl. I Nr. 400/1998 in der geltenden Fassung, sind die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:

- Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. I Nr. 183/1947).

- Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

- In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des BBG, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 leg. cit. genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 leg. cit. vorliegt.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:

Nach § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde zu überprüfen. Da gemäß § 45 Abs. 2 BBG dem ausgestellten Behindertenpass Bescheidcharakter zukommt, war gegenständlich dieser zu überprüfen.

Die Beschwerde richtet sich insbesondere gegen die Höhe des Grades der Behinderung, welche im ausgestellten Behindertenpass mit 50 von Hundert eingetragen wurde.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 BBG genannten Voraussetzungen ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes.

Mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.03.2019, GZ 303 2181814-1/21Z wurde der Beschwerde der BF betreffend die Neufestsetzung des Grades der Behinderung, mit der Maßgabe stattgegeben, dass der Grad der Behinderung 60 von Hundert (60 v.H.) beträgt.

Der Gesamtgrad der Behinderung ergibt sich demnach aus dem rechtskräftigem Erkenntnis vom 20.03.2019.

Vollständigkeitshalber wird angemerkt, dass dem Beschwerdevorbringen, wonach die BF im Besitz eines unbefristet ausgestellten Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 80 von Hundert war, nicht gefolgt werden kann, da dieser nach der Aktenlage bis zum 31.01.2018 befristet ausgestellt wurde und sie selbst einen Antrag auf Verlängerung des befristet ausgestellten Behindertenpasses am 08.08.2017 stellte.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlicher Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.

Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Behindertenpass Grad der Behinderung Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G303.2216716.1.00

Im RIS seit

06.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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