TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/22 W133 2223694-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.05.2020
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Entscheidungsdatum

22.05.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W133 2223694-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumsservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 06.08.2019, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Im Verwaltungsakt befindet sich ein Vorgutachten einer Fachärztin für Orthopädie vom 14.06.2018, welches aufgrund eines Antrages des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses eingeholt worden war. In diesem Gutachten wurde auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung und umfassender Darstellung der Statuserhebung die Funktionseinschränkung der Leidensposition

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Position

GdB %

1

Degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Zustand nach mehrmaliger Bandscheibenoperation Unterer Rahmensatz, da nur eine mäßige funktionelle Einschränkung, aber verbunden mit neurologischen Ausfallserscheinungen vorliegt.

02.01.03

50

zugeordnet und nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 von Hundert (v.H.) eingeschätzt. Die Gutachterin stellte weiters fest, dass dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar sei. Es wurde eine Nachuntersuchung für 06/2019 empfohlen, da durch eine weitere Rehabilitation eine Besserung zu erwarten sei. Daher wurde dem Beschwerdeführer vom Sozialministeriumservice (in der Folge auch als "belangte Behörde" bezeichnet) am 25.06.2018 ein bis 30.06.2019 befristeter Behindertenpass mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 50 v.H. mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" ausgestellt.

Am 15.05.2019 stellte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde unter Vorlage eines Befundkonvoluts sowie seines befristeten Behindertenpasses und seines Parkausweises für Behinderte einen Antrag auf Neuausstellung des Behindertenpasses sowie auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis).

Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag. In diesem Gutachten vom 12.07.2019 wurde auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung und umfassender Darstellung der Statuserhebung die Funktionseinschränkung der Leidensposition

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Position

GdB %

1

chronisches Schmerzsyndrom nach Diskektomie L4/5, cervicale Osteochondrose oberer Rahmensatz, da Belastungsdefizit . Inkludiert ist die depressive Verstimmung. Wahl der Position, da kein relevantes sensomotorisches Defizit.

02.01.02

40

zugeordnet und nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. eingeschätzt. Begründend führte der Gutachter aus, dass im Vergleich zum Vorgutachten aus dem Jahr 2018 eine Besserung eingetreten sei, da keine dauerhafte sensomotorische Störung mehr vorliege. Es sei zu einer Besserung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers durch Rehabilitation und Schmerztherapie gekommen, daher werde der Grad der Behinderung um eine Stufe reduziert. Der Gutachter stellte weiters fest, dass dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar sei.

Mit Schreiben vom 15.07.2019 räumte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer ein förmliches Parteiengehör gemäß § 45 AVG samt Möglichkeit zur Stellungnahme ein. Das Gutachten vom 12.07.2019 wurde dem Beschwerdeführer als Beilage übermittelt.

Am 26.07.2019 langte bei der belangten Behörde eine Stellungnahme des Beschwerdeführers ein. Darin führt er ohne Vorlage von Beweismitteln zusammengefasst aus, dass ihm im Vorjahr ein Grad der Behinderung von 50 v.H. zuerkannt worden sei, dieser sei nunmehr aufgrund einer Nachuntersuchung um 10 v.H. reduziert worden. Dies sei für ihn nicht nachvollziehbar, da sich seine gesundheitlichen Probleme inklusive chronischen Schmerzen eher verschlechtert hätten, als dass diese besser geworden wären. Das für die Nachuntersuchung vorgelegte Befundkonvolut würde dies belegen. Er sehe sich außerstande, einer Beschäftigung nachzugehen, da er weder länger sitzen, noch stehen oder gehen könne. Er habe in regelmäßigen Abständen Ausfälle im linken Bein, wodurch er öfters hinfalle bzw. den Vorfuß nicht heben könne. Weiters habe er aufgrund seiner Beschwerden in der HWS oft Kopfwehattacken, welche teilweise Schwindel auslösen würden, dann müsse er sich hinlegen. Da er seit Jahrzehnten mit seinen gesundheitlichen Problemen kämpfe, sei auch sein psychischer Zustand sehr angegriffen. Er ersuche daher darum, dass der Grad der Behinderung weiterhin zumindest 50 v.H. betrage.

Aufgrund der eingebrachten Stellungnahme holte die belangte Behörde eine Stellungnahme des Facharztes für Orthopädie, welcher das Gutachten vom 12.07.2019 erstellt hatte, vom 04.08.2019 ein. Darin führt der Gutachter aus, der Beschwerdeführer sei 2018 kurz nach einer Infiltration im Krankenhaus und vor einer damals geplanten Kur untersucht worden. Sein Zustand habe sich seither verbessert, somit sei die Einstufung um eine Stufe reduziert worden. Der festgestellte Grad der Behinderung sei korrekt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 06.08.2019 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) ab, da er mit dem festgestellten Grad der Behinderung von 40 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf das Ergebnis der ärztlichen Begutachtung, wonach der Grad der Behinderung 40 v.H. betrage. Das Gutachten vom 12.07.2019 und die Stellungnahme vom 04.08.2019 wurden dem Beschwerdeführer als Beilage übermittelt.

Ein bescheidmäßiger Abspruch über den Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis) erfolgte durch das Sozialministeriumservice nicht.

Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz der rechtlichen Vertretung vom 13.09.2019 fristgerecht eine Beschwerde erhoben. Darin wird zusammengefasst ausgeführt, der Beschwerdeführer leide an einer chronischen Schmerzsymptomatik im Sinne einer pseudoradikulären Lumboischialgie bzw. somatoformen Schmerzstörung, Zustand nach Dissektomie L4/L5 sowie einer Vorfußparese links. Ferner leide der Beschwerdeführer an einer ausgeprägten depressiven Stimmungslage. Im Hinblick auf die chronische Schmerzsymptomatik, welche nach einem Sturz im August 2018 eine Verschlechterung erfahren habe, könne der Beschwerdeführer weder längere Zeit sitzen oder liegen, er könne nur kurze Strecken gehen und auch nur kurze Zeit stehen. Die chronische Schmerzsymptomatik führe dazu, dass er regelmäßig in kurzen Abständen seine Körperhaltung wechseln müsse. Durch die auch nächtlich bestehenden Schmerzzustände leide er an chronischem Schlafmangel, welcher wiederrum zu einer ausgeprägten Tagesmüdigkeit führe und sich negativ auf die depressive Stimmungslage auswirke. Infolge der Vorfußheberparese links sei der Beschwerdeführer im August 2018 zu Sturz gekommen, wodurch sich seine Gesamtsituation verschlechtert habe. Eine wie im eingeholten Gutachten ausgeführte Verbesserung durch Rehabilitation und Schmerztherapie sei nicht nachvollziehbar. Im eingeholten Gutachten sei nicht auf die vom Beschwerdeführer angeführten Beschwerden eingegangen worden. Bereits anlässlich der Untersuchung vom 02.07.2019 habe er vorgebracht, dass er an Nacken- und Kopfschmerzen mit Gefühlsstörungen in der linken oberen Extremität als auch in der rechten oberen Extremität leide. Ebenfalls habe der Beschwerdeführer bereits anlässlich der Untersuchung Schmerzen in der Wirbelsäule mit Ausstrahlung in die linke untere Extremität angeführt. Auf diesen Umstand sei der Sachverständige nicht in ausreichender Weise eingegangen. Das eingeholte Sachverständigengutachten würde ebenso die höhergradige Spinalkanalstenose C3/4 und C5/6 außer Acht lassen, welche zu den beschriebenen Gefühlsstörungen in den oberen Extremitäten führe. Der Sachverständige habe lediglich unter der laufenden Nummer 1 "cervikale Osteochondrose" angenommen, sei jedoch nicht auf die mit MRT vom Februar 2019 belegte und zitierte höhergradige Spinalkanalstenose C3/4 und C5/6 mit ihren Auswirkungen eingegangen. Da beim Beschwerdeführer Schädigungen sowohl der Halswirbel- als auch Lendenwirbelsäule in einem höhergradigen Ausmaß vorliegen würden, hätte jedenfalls von einem höheren Grad der Behinderung als 40 v.H. ausgegangen werden müssen. Auf die Auswirkungen der chronischen Schmerzsymptomatik im Sinne der pseudoradikulären Lumboischialgie, welche schmerzbedingt zu häufigen Haltungswechseln als auch Schlafstörungen mit ausgeprägter Tagesmüdigkeit sowie Depressionen führe, sei nicht adäquat eingegangen worden. Der Beschwerdeführer sei maßgeblich sowohl in seinem Alltag als auch Berufsleben eingeschränkt und habe keine Besserung seines Gesundheitszustandes erfahren. Es hätte daher richtigerweise festgestellt werden müssen, dass nach wie vor ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. gegeben sei und die Voraussetzungen für die Verlängerung des Behindertenpasses gegeben seien. Es wurde die Einholung von Sachverständigengutachten aus den Fachbereichen Neurologie/Psychiatrie und Orthopädie/Chirurgie beantragt. Der Beschwerde wurden ein Befund eines näher genannten Facharztes für Neurologie vom 10.07.2019 und eine vom Beschwerdeführer gezeichnete Vollmacht zugunsten der rechtlichen Vertretung vom 03.09.2019 beigelegt.

Die belangte Behörde legte am 23.09.2019 dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor.

Am 24.09.2019 wurde von der belangten Behörde ein Befund eines näher genannten Facharztes für Neurologie vom 16.09.2019 nachgereicht.

Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie sowie Ärztin für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung vom 30.11.2019 eingeholt. In diesem Gutachten wurden auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung und umfassender Darstellung der Statuserhebung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Position

GdB %

1

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Cervikolumbalsyndrom Oberer Rahmensatz, da chronischer Verlauf bei Zustand nach 2-maliger Nukleotomie und Bandscheibenoperation im Bereich der LWS mit mäßigen funktionellen Einschränkungen ohne relevantes sensomotorisches Defizit.

02.01.02

40

2

Depressio 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da unter Medikation stabil, berücksichtigt somatoforme Schmerzstörung.

03.06.01

20

zugeordnet und nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. eingeschätzt. Begründend führte die Gutachterin aus, Leiden 1 werde durch Leiden 2 nicht erhöht, da aufgrund des geringen Ausmaßes von Leiden 2 kein maßgebliches ungünstiges Zusammenwirken mit dem führenden Leiden 1 vorliege. Im Vergleich zum Vorgutachten aus dem Jahr 2018 sei eine Besserung von Leiden 1 eingetreten, da kein maßgebliches neurologisches Defizit mehr festzustellen sei. Die Depressio sei einer gesonderten Einstufung unterzogen worden. Der Gesamtgrad der Behinderung sei daher aufgrund der Besserung von Leiden 1 um eine Stufe herabgesetzt worden. Im Vergleich zum von der belangten Behörde eingeholten Gutachten vom 12.07.2019 sei die Depressio einer gesonderten Einstufung unterzogen worden, sonst hätten sich betreffend das Leiden 1 keine Änderungen ergeben. Der Gesamtgrad der Behinderung ändere sich durch die gesonderte Einstufung der Depressio nicht.

Mit Schreiben vom 20.01.2020 informierte das Bundesverwaltungsgericht die Parteien des Verfahrens über das Ergebnis der Beweisaufnahme und räumte ihnen in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit ein, dazu eine Stellungnahme abzugeben.

Die belangte Behörde erstattete keine Stellungnahme.

Mit Schriftsatz der rechtlichen Vertretung vom 06.02.2020 wurde eine Stellungnahme eingebracht. Darin wird zusammengefasst ausgeführt, dass sich entgegen den Feststellungen der beigezogenen Gutachterin die unter der laufenden Nummer 1 angeführten Diagnosen nachteilig und maßgeblich auf die unter der laufenden Nummer 2 angeführten Diagnosen auswirken würden. Es sei von einer ungünstigen wechselseitigen Leidensbeeinflussung auszugehen, welche die Erhöhung des führenden Grades der Behinderung um zumindest eine Stufe rechtfertige. Infolgedessen wäre dem Beschwerdeführer ein Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von zumindest 50 v.H. auszustellen gewesen. Im Übrigen wurde auf die bisherigen Ausführungen in der Beschwerde verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer war Inhaber eines bis 30.06.2019 befristeten Behindertenpasses mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 50 v.H. mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung".

Am 15.05.2019 brachte er den gegenständlichen Antrag auf Neuausstellung des Behindertenpasses bei der belangten Behörde ein.

Er ist österreichischer Staatsbürger und hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich.

Beim Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Cervikolumbalsyndrom, chronischer Verlauf bei Zustand nach zweimaliger Nukleotomie und Bandscheibenoperation im Bereich der LWS mit mäßigen funktionellen Einschränkungen ohne relevantes sensomotorisches Defizit;

2. Depressio, unter Medikation stabil, berücksichtigt somatoforme Schmerzstörung.

Das führende Leiden 1 wird durch das Leiden 2 nicht erhöht, da aufgrund des geringen Ausmaßes von Leiden 2 kein maßgebliches ungünstiges Zusammenwirken mit dem führenden Leiden vorliegt.

Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt aktuell 40 v.H.

Im Vergleich zum Vorgutachten aus dem Jahr 2018 ist eine Besserung von Leiden 1 eingetreten, da kein maßgebliches neurologisches Defizit mehr festzustellen ist. Die Depressio wurde einer gesonderten Einstufung unterzogen. Der Gesamtgrad der Behinderung wurde daher aufgrund der Besserung von Leiden 1 um eine Stufe herabgesetzt.

Im Vergleich zu dem von der belangten Behörde eingeholten Gutachten vom 12.07.2019 wurde die Depressio nun einer gesonderten Einstufung unterzogen, sonst haben sich betreffend das Leiden 1 keine Änderungen ergeben. Der Gesamtgrad der Behinderung ändert sich durch die gesonderte Einstufung der Depressio nicht.

Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, medizinischer Diagnose, wechselseitiger Leidensbeeinflussung und medizinischer Einschätzung werden daher die diesbezüglichen Beurteilungen in dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie sowie Ärztin für Allgemeinmedizin vom 30.11.2019, welches das von der belangten Behörde eingeholte Gutachten eines Facharztes für Orthopädie vom 12.07.2019 sowie dessen ergänzende Stellungnahme vom 04.08.2019 im Wesentlichen bestätigt, der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.

Unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden medizinischen Befunde und der Untersuchungsergebnisse in den gegenständlich eingeholten Gutachten ist eine höhere Einschätzung der festgestellten Leidenszustände zum Entscheidungszeitpunkt nicht möglich.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung betreffend die Ausstellung des befristeten Behindertenpasses sowie das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Neuausstellung des Behindertenpasses basieren auf dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland ergeben sich aus dem im Akt aufliegenden ZMR-Auszug und seinen eigenen Angaben bei der Antragstellung; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Auch die belangte Behörde ging vom Vorliegen dieser Voraussetzung aus.

Der Gesamtgrad der Behinderung basiert auf dem seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholten Sachverständigengutachten vom 30.11.2019, welches sich im Wesentlichen mit dem von der belangten Behörde eingeholten Gutachten vom 12.07.2019 inklusive der Stellungnahme vom 04.08.2019 deckt. In diesen Gutachten wird auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen, welche auf den im Rahmen persönlicher Untersuchungen erhobenen Befunden basieren, entsprechen auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen (diesbezüglich wird auch auf die oben auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen); die Gesundheitsschädigungen wurden nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.

Führendes Leiden des Beschwerdeführers sind die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule bzw. das Cervikolumbalsyndrom. Dieses Leiden wurde von beiden im gegenständlichen Verfahren beigezogenen Gutachtern korrekt dem oberen Rahmensatz (40 v.H.) der Positionsnummer 02.01.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung (Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule mittleren Grades) zugeordnet, da beim Beschwerdeführer ein chronischer Verlauf bei Zustand nach zweimaliger Nukleotomie und Bandscheibenoperation im Bereich der Lendenwirbelsäule mit mäßigen funktionellen Einschränkungen ohne relevantes sensomotorisches Defizit vorliegt. Im Vergleich zum Vorgutachten aus dem Jahr 2018, worin zum damaligen Zeitpunkt noch ein Grad der Behinderung von 50 v.H. festgestellt worden war, ist eine Besserung von Leiden 1 eingetreten. Dies insbesondere deshalb, da kein maßgebliches neurologisches Defizit mehr festzustellen ist. Der Fersenstand links war dem Beschwerdeführer bei seiner damaligen persönlichen Untersuchung am 13.06.2018 nicht möglich gewesen, aktuell konnte jedoch bei der Untersuchung des Beschwerdeführers am 28.11.2019 keine diesbezügliche Schwäche mehr festgestellt werden. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf die seitengleiche Bemuskelung (seitengleiches Bandmaß der Unterschenkel) hinzuweisen. Die geringgradig ausgeprägte Fußheberparese links stellt keinen maßgeblichen motorischen Ausfall dar. Der Gesamtgrad der Behinderung war daher aufgrund der Besserung dieses Leidens um eine Stufe herabzusetzen.

Die beim Beschwerdeführer vorliegende Depressio wurde nun von der vom Bundesverwaltungsgericht beigezogenen Gutachterin in ihrem Gutachten vom 30.11.2019 nachvollziehbar und richtig eine Stufe über dem unteren Rahmensatz der Positionsnummer 03.06.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, welche Funktionseinschränkungen durch manische, depressive und bipolare Störungen leichten Grades betrifft, zugeordnet, da der Beschwerdeführer unter Medikation stabil ist und die soziale Integration gegeben ist. Die Zuordnung zum nächsthöheren Rahmensatz der herangezogenen Positionsnummer würde bereits fallweise beginnende soziale Rückzugstendenzen bedingen. Das Vorliegen von Rückzugstendenzen wurde vom Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren jedoch nicht behauptet und ergeben sich solche auch nicht aus den im Verfahren vorgelegten Befunden eines näher genannten Facharztes für Neurologie vom 10.07.2019 und 16.09.2019. Die somatoforme Schmerzstörung wird im Rahmen dieser Einstufung mitberücksichtigt. Im Vergleich zum Vorgutachten aus dem Jahr 2018 und dem von der belangten Behörde im gegenständlichen Verfahren eingeholten Vorgutachten vom 12.07.2019 wurde die Depressio nun einer gesonderten Einstufung unterzogen. Der Gesamtgrad der Behinderung ändert sich durch die gesonderte Einstufung der Depressio nicht.

Die vom Bundesverwaltungsgericht beigezogene Sachverständige legt in ihrem Gutachten vom 30.11.2019 schlüssig dar, dass das führende Leiden 1 durch das Leiden 2 nicht erhöht wird, da aufgrund des geringen Ausmaßes der Depressio kein maßgebliches ungünstiges Zusammenwirken mit den degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule vorliegt. Es haben sich im gegenständlichen Verfahren keine Hinweise darauf ergeben, dass diese Einschätzung der Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin mit der Zusatzqualifikation Orthopädie nicht den Tatsachen entsprechen würde.

Zusammenfassend ist daher vor dem Hintergrund der vorgelegten Befunde sowie unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse nicht ersichtlich, dass die im gegenständlichen Verfahren beigezogenen Gutachter die Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers tatsachenwidrig beurteilt hätten. Der Beschwerdeführer ist dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Gutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin mit der Zusatzqualifikation Orthopädie vom 30.11.2019 auch nicht mehr substantiiert entgegengetreten.

Die Vorbringen im Rahmen der Beschwerde bzw. in der Stellungnahme vom 06.02.2020 waren somit im Ergebnis nicht geeignet, die vorliegenden Sachverständigengutachten zu entkräften und eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen. Der Beschwerdeführer ist den Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der vorliegenden Sachverständigengutachten vom 30.11.2019 und 12.07.2019 (inklusive Stellungnahme vom 04.08.2019). Diese werden daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45.

(1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

...

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden."

§ 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung), StF: BGBl. II Nr. 261/2010, lautet in der geltenden Fassung:

"Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

- sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

- zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine."

Wie oben unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie sowie Ärztin für Allgemeinmedizin vom 30.11.2019, welches das von der belangten Behörde eingeholte Gutachten eines Facharztes für Orthopädie vom 12.07.2019 sowie dessen ergänzende Stellungnahme vom 04.08.2019 im Wesentlichen bestätigt, zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers aktuell 40 v.H. beträgt. Die Gesundheitsschädigungen wurden in den eingeholten Gutachten auch nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft; diesbezüglich wird auch auf die obigen Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung verwiesen. Wie ebenfalls bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, waren die im Rahmen der Beschwerde bzw. der Stellungnahme erhobenen Einwendungen nicht geeignet, die vorliegenden Gutachten zu entkräften.

Das medizinische Sachverständigengutachten vom 30.11.2019 ist auch nicht zu beanstanden, wenn es im Sinne des § 3 Abs. 3 und 4 der Einschätzungsverordnung eine entscheidungswesentliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung in dem Sinne, dass sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirken würde oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen würden, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen würden, im gegenständlichen Fall nicht gegeben sieht.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht erfüllt.

Soweit der Beschwerdeführer im Verfahren die Einholung weiterer medizinischer Sachverständigengutachten anderer Fachrichtungen moniert, ist dazu auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Behörden im Zusammenhang mit der Einschätzung des Grades der Behinderung verpflichtet sind, zur Klärung medizinischer Fachfragen ärztliche Gutachten einzuholen. Das Gesetz enthält aber keine Regelung, aus der geschlossen werden kann, dass ein Anspruch auf die Beiziehung von Fachärzten einer bestimmten Fachrichtung bestünde. Es besteht demnach kein Anspruch auf die Zuziehung eines Facharztes eines bestimmten medizinischen Teilgebietes. Es kommt vielmehr auf die Schlüssigkeit des eingeholten Gutachtens an (vgl. VwGH 24.06.1997, Zl. 96/08/0114).

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass für das Verfahren nach § 46 BBG eine Neuerungsbeschränkung besteht, wonach im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden dürfen. Bei einer Verschlechterung des Leidenszustandes kommt jedoch eine neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht.

Im gegenständlichen Fall wurde die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Schmerzen, Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund der vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachten geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird (vgl. dazu die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 09.06.2017, Zl. E 1162/2017-5).

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass Grad der Behinderung Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W133.2223694.1.00

Im RIS seit

06.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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