Entscheidungsdatum
12.06.2020Norm
ASVG §113 Abs1 Z1Spruch
W167 2172299-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daria MACA-DAASE als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX gegen den Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) in der Fassung der Beschwerdevorentscheidungen vom XXXX , wegen Vorschreibung eines Beitragszuschlags gemäß § 113 Absatz 1 Ziffer 2 ASVG wegen nicht fristgerechter Vorlage von Anmeldungen zu Recht erkannt:
A)
In teilweiser Stattgabe der Beschwerde hat die im Spruch des bekämpften Bescheides ausgewiesene Höhe des Beitragszuschlages EUR 160,-- statt EUR 200,-- zu lauten.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom XXXX schrieb die belangte Behörde der Beschwerdeführerin als Dienstgeberin einen Beitragszuschlag wegen nicht fristgerechter Vorlage von Anmeldungen für fünf namentlich genannte Personen vor.
2. In der Beschwerde machte die Beschwerdeführerin geltend, sie sei eine Einrichtung der Erwachsenenbildung und verfolge Ziele gemäß § 2 Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 21.03.1973 über die Förderung der Erwachsenenbildung. Bis dato sei von der belangten Behörde kein ablehnender Bescheid zu ihrem Ansuchen um Gewährung des Status einer Erwachsenenbildungseinrichtung erlassen worden. Nachdem alle Voraussetzungen für dessen Gewährung erfüllt seien, sei von ihr rechtmäßig davon auszugehen gewesen, dass die Beschwerdeführerin als Erwachsenenbildungseinrichtung von der belangten Behörde geführt werde. Die Übermittlung der Beitragsnachweisungen sei demnach fristgerecht erfolgt, weshalb kein Beitragszuschlag vorzuschreiben sei.
3. Mit Beschwerdevorentscheidung wurden die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beitragszuschlag vorgeschrieben wurde, da die Beitragsnachweisung nicht fristgerecht erfolgt sei. Bei der Beschwerdeführerin handle es sich um keine Erwachsenenbildungseinrichtung, was dieser mit Schreiben aus dem Jahr 2013 mitgeteilt worden sei und auch das BVwG habe in einer Entscheidung in einem gleich gelagerten Fall ( XXXX ) die Beschwerde abgewiesen und den Antrag der Beschwerdeführerin den Status einer Einrichtung der Erwachsenenbildungseinrichtung gemäß § 2 des BG 171/1973 durch Bescheid zuzuerkennen als unzulässig zurückgewiesen.
4. Die Beschwerdeführerin führte im Vorlageantrag zusammengefasst im Wesentlichen Folgendes aus: In einer genannten Entscheidung des BVwG aus dem Jahr 2015 seien näher genannte rechtswidrige Feststellungen getroffen worden: Zwei Schreiben des BMSG an den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger vom 30.09.2002, GZ 21.105/124-2/02, und 23.07.1999, GZ 21.105/91-2/99, seien rechtlich als Teil der Verordnung gemäß § 47 Absatz 1 ASVG anzusehen, es sei unverständlich, warum der rechtliche Inhalt dieser "Schreiben" nicht als Verordnung veröffentlicht wurde. Die Beschwerdevorentscheidung setze sich über das erstgenannte Schreiben und das Sitzungsergebnis vom 23.09.2002 mit den jeweiligen Sozialversicherungsträgern hinweg. Die Beschwerdeführerin machte weitere Ausführungen zur von der belangten Behörde zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sowie dazu, dass eine positive Zuerkennung als Erwachsenenbildungseinrichtung der Vorgesellschaft vorliege, weshalb das Erkenntnis des VwGH vom 04.06.2008, 2004/08/0012, nicht zutreffe und weshalb die Beschwerdeführer seit ihrer Gründung eine allgemein anerkannte Einrichtung der Erwachsenenbildung sei. Sie sei daher berechtigt, die Meldung der freien Dienstverträge im Sinne des Schreibens des BMSG vom 30.09.2002, GZ 21.105/124-2/02, mit den entsprechenden Erleichterungen (6 Monatsdurchrechnung etc) vorzunehmen. Die von der belangten Behörde vorgenommen Beitragszuschläge samt Nebengebühren seien daher zu stornieren.
5. Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht vor.
6. Über Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichts übermittelte die belangte Behörde eine Aufstellung der Höhe der Beiträge und der Verzugszinsen für den Zeitraum der Verspätung.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Fünf namentlich genannte Personen nahmen am XXXX ihre Tätigkeit auf, wurden aber erst am XXXX von der Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde angemeldet:
Zeitraum der Verspätung war bei den Dienstnehmer/innen 1 bis 4 XXXX .
DN
Entgelt laut Anmeldung oder Betrag
Höhe der Beiträge
Höhe der Verzugszinsen
1
EUR 533,05
EUR 201,23
EUR 6,26
2
EUR 612,89
EUR 231,37
EUR 8,99
3
EUR 491,72
EUR 185,60
EUR 5,37
4
EUR 982,22
EUR 370,99
EUR 13,62
Hinsichtlich DN 5 enthält die Aufstellung der belangten Behörde in der Spalte Zeitraum der Verspätung den Hinweis "Wurde storniert!!!" und keine Einträge in den Spalten Entgelt laut Anmeldung oder Betrag, Höhe der Beiträge, Höhe der Verzugszinsen.
Die belangte Behörde schrieb einen Beitragszuschlag in der Höhe von EUR 200,-- (EUR 40,-- je verspäteter Anmeldung) vor.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich unbestritten aus dem unbedenklichen Verwaltungsakt sowie der Nachreichung der belangten Behörde, die Reihenfolge der Dienstnehmer/innen in den Feststellungen entspricht der Reihenfolge im bekämpften Bescheid. Die Beschwerdeführerin argumentierte in der Beschwerde lediglich, dass es sich bei ihr um eine Erwachsenenbildungseinrichtung handle und daher andere Fristen gelten würden. Da keine diesbezüglichen Feststellungen zu treffen waren, geht schon aus diesem Grund der Antrag auf Beiziehung eines Ministeriumsvertreters ins Leere. Eine mündliche Verhandlung konnte daher trotz Antrags der Beschwerdeführerin entfallen, da die Feststellungen unstrittig sind und eine reine Rechtsfragenbeurteilung vorliegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Maßgebliche Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG)
§ 33 ASVG (BGBl. Nr. 189/1955 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 44/2016)
An- und Abmeldung der Pflichtversicherten
§ 33 (1) Die Dienstgeber haben jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.
§ 33 (1a) Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar
1. vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben-Anmeldung) und
2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).
§ 113 (BGBl. Nr. 189/1955 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 31/2007)
Beitragszuschläge
§ 113 (1) Den in § 111 Abs. 1 genannten Personen (Stellen) können Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn
1. die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde oder
2. die vollständige Anmeldung zur Pflichtversicherung nach § 33 Abs. 1a Z 2 nicht oder verspätet erstattet wurde oder
3. das Entgelt nicht oder verspätet gemeldet wurde oder
4. ein zu niedriges Entgelt gemeldet wurde.
§ 113 (3) In den Fällen des Abs. 1 Z 2 und 3 darf der Beitragszuschlag das Doppelte jener Beiträge nicht überschreiten, die auf die Zeit ab Beginn der Pflichtversicherung bis zur Feststellung des Fehlens der vollständigen Anmeldung oder bis zum Einlangen der verspäteten vollständigen Anmeldung beim Versicherungsträger bzw. bis zur Feststellung des Entgeltes oder bis zum Einlangen der verspäteten Meldung des Entgeltes beim Versicherungsträger entfallen; im Fall des Abs. 1 Z 4 darf der Beitragszuschlag nicht höher sein als das Doppelte des Unterschiedsbetrages zwischen den sich aus dem zu niedrig gemeldeten Entgelt ergebenden und den zu entrichtenden Beiträgen. Bei der Festsetzung des Beitragszuschlages hat der Versicherungsträger die wirtschaftlichen Verhältnisse der die Beiträge schuldenden Person und die Art des Meldeverstoßes zu berücksichtigen; der Beitragszuschlag darf jedoch die Höhe der Verzugszinsen nicht unterschreiten, die ohne seine Vorschreibung auf Grund des § 59 Abs. 1 für die nachzuzahlenden Beiträge zu entrichten gewesen wären.
3.2. Für den Beschwerdefall bedeutet das:
Die Beschwerdeführerin bestreitet weder ihre Dienstgebereigenschaft, noch die Verpflichtung zur bzw. den Zeitpunkt der Anmeldung der im Bescheid genannten Personen.
3.2.1. Nach dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen sowie der Materialien (EBRV BlgNR. 23. GP 77) ist Zweck der Beitragszuschläge, den wegen der Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwand in der Verwaltung ("Bearbeitungskosten") auszugleichen, sohin einen Kostenbeitrag demjenigen vorzuschreiben, der diese Kosten verursacht hat ("Verursacherprinzip") und als damit ein Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung zu werten (VwGH 07.08.2002, 99/08/0074).
Der Dienstgeber ist verpflichtet dafür Sorge zu tragen, dass die Meldungen termingerecht einlangen (VwGH 20.11.2002, 2000/08/0047). Die Frage des subjektiven Verschuldens des Meldepflichtigen ist irrelevant. Entscheidend ist, dass objektiv ein Meldeverstoß verwirklicht wurde, gleichgültig aus welchen Gründen. (Feik in Mosler/Müller/Pfeil, der SV-KOM, Manz 2015, RZ 1-10 zu § 113 ASVG mit dort angegebenen Judikaturnachweisen).
3.2.2. Die Beschwerdeführerin war als Dienstgeberin gemäß § 33 zur Anmeldung der fünf Personen zur Pflichtversicherung verpflichtet. Sie ist dieser Meldeverpflichtung unstrittig nicht termingerecht nachgekommen.
Die Beschwerdeführerin bringt in der Beschwerde und im Vorlageantrag lediglich vor, dass ihre Rechtsvorgängerin als Erwachsenenbildungseinrichtung anerkannt gewesen sei und dies auch für die Beschwerdeführerin gelte, obwohl ihr von der belangten Behörde noch kein diesbezüglicher Bescheid ausgestellt worden sei. Daher sei sie berechtigt, die Meldung der freien Dienstverträge der Vortragenden im Sinne des Schreibens des BMSG vom 30.09.2002, GZ 21.105/124-2/02, mit den entsprechenden Erleichterungen (6 Monatsdurchrechnung etc), vorzunehmen.
Hierzu wird festgehalten, dass dieses Schreiben des Ministeriums keine verbindliche Rechtsquelle darstellt und daher auch keinerlei Rechtsfolgen bewirken kann (vergleiche dazu auch die ständige Judikatur des VwGH, wonach ein (allfälliger) Erlass eines Bundesministeriums keine verbindliche Rechtsquelle für den VwGH oder das Verwaltungsgericht darstellt, beispielsweise VwGH 04.04.2019, Ra 2017/11/0302). Daher ist auch keine Auseinandersetzung mit diesem Schreiben erforderlich.
Da das ASVG in der anwendbaren Fassung keine diesbezüglichen Ausnahmebestimmungen betreffend die Meldefrist beinhaltet, kann auch dahin gestellt bleiben, ob es sich bei der Beschwerdeführerin um eine Erwachsenenbildungseinrichtung handelt. Daher geht das Beschwerdevorbringen ins Leere.
3.2.3. Bei dem von der Behörde ausgeübten Ermessen hat diese gemäß § 113 Absatz 3 ASVG die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin und die Art des Meldeverstoßes zu berücksichtigen.
Die Beschwerdeführerin hat kein Vorbringen zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen und dass diese der Höhe der Vorschreibung entgegenstehen würden erstattet. Die verspätete Meldung ist Konsequenz der langjährigen Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin, welche entgegen dem Wortlaut des Gesetzes eine Ausnahmebestimmung annimmt.
Der belangten Behörde kann daher nicht entgegen getreten werden, wenn sie im Beschwerdefall gemäß § 113 Absatz 3 ASVG im Hinblick auf die jeweilige Höhe der Beiträge bzw. der Verzugszinsen einen Beitragszuschlag von EUR 40,-- je verspätet gemeldeter Person vorschreibt. Allerdings ist aus der übermittelten Aufstellung ersichtlich, dass die Behörde für die fünfte Person eine Stornierung vorgenommen hat. Somit war der Spruch dahingehend anzupassen, als insgesamt EUR 160,-- (4 x 40) statt EUR 200,-- vorzuschreiben waren.
Daher ist spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Rechtslage ist klar und das Erkenntnis steht im Einklang mit der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs.
Schlagworte
Beitragszuschlag Herabsetzung Meldeverstoß TeilstattgebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W167.2172299.1.00Im RIS seit
06.08.2020Zuletzt aktualisiert am
06.08.2020