TE Vwgh Beschluss 2020/7/16 Ra 2020/18/0085

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Veröffentlicht am 16.07.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Mag. Nedwed und Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, über die Revision des A A A in H, vertreten durch Mag. Sabine Mohr-Egger, Rechtsanwältin in 6845 Hohenems, Rembrandtweg 2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Jänner 2020, W252 2200227-1/24E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein somalischer Staatsangehöriger, beantragte am 23. Juni 2015 internationalen Schutz und brachte dazu im Laufe des Verwaltungsverfahrens zusammengefasst vor, er sei in Clanstreitigkeiten mit dem Clan der Ogaden verwickelt und werde zudem von Al Shabaab Milizen verfolgt, die ihm aufgrund seiner journalistischen Tätigkeit vorwerfen würden, ein Spion der Regierung zu sein.

2        Mit Bescheid vom 13. Juni 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Somalia zulässig sei, und legte eine vierzehntägige Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3        Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

4        In seiner Begründung bezüglich der Nichtzuerkennung des Status eines Asylberechtigten hielt das BVwG fest, der Revisionswerber habe aus näher dargestellten Gründen nicht überzeugend darlegen können, in Somalia in einen Clankonflikt verwickelt gewesen oder wegen einer journalistischen Tätigkeit von Mitgliedern der Al Shabaab bedroht worden zu sein. Er habe zwar einen Collegelehrgang „Medienkommunikation“ besucht und kurze Zeit als Praktikant für einen somalischen TV-Sender gearbeitet, es sei aber unter Berücksichtigung seiner untergeordneten Rolle bei dieser Beschäftigung nicht nachvollziehbar, dass er deshalb in das Blickfeld der Al Shabaab gekommen sei bzw. bei Rückkehr kommen könnte. Der Revisionswerber habe demnach keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen können. Auch subsidiärer Schutz sei dem Revisionswerber nicht zu gewähren. Der Revisionswerber stamme aus Kismayo und könne dorthin zurückkehren. Alternativ stehe es dem volljährigen, gesunden und arbeitsfähigen Revisionswerber offen, sich in Mogadischu niederzulassen, wo er bereits mehrere Jahre gelebt habe und über ein soziales Netzwerk sowie familiäre Anknüpfungspunkte verfüge. Zur Rückkehrentscheidung nahm das BVwG eine näher begründete Interessenabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG vor.

5        Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit ausführt, die beweiswürdigenden Erwägungen seien sowohl hinsichtlich der vorgebrachten Verfolgung durch Angehörige des Clans der Ogaden, als auch durch die Al Shabaab unvertretbar. In diesem Zusammenhang lasse das gegenständliche Erkenntnis auch Feststellungen zur Situation von Journalisten in Somalia vermissen. Zudem fehle Rechtsprechung zur Frage, ob die derzeit vorherrschende Covid-19-Pandemie an sich oder in Verbindung mit der schlechten medizinischen Versorgung im Herkunftsstaat die Zuerkennung des Status als subsidiär Schutzberechtigter erfordere oder der Zulässigkeit einer Abschiebung entgegenstehe.

Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

6        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7        Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall-im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

8        Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen.

9        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

10       Sofern die Revision eine unvertretbare Beweiswürdigung ortet, ist auf die ständige hg. Rechtsprechung hinzuweisen, wonach in Zusammenhang mit der Beweiswürdigung eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG - als Abweichung von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - nur dann vorliegt, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 3.3.2020, Ra 2019/18/0447, mwN). Eine derartige krasse Fehlbeurteilung legt die Revision nicht dar, zumal das BVwG seine Beweiswürdigung schlüssig begründet hat und die Revision dem nichts Stichhaltiges entgegen zu setzen hat.

11       Wenn die Revision geltend macht, das BVwG habe keine Länderfeststellungen zur Situation von Journalisten getroffen, obwohl Somalia eines der gefährlichsten Länder der Welt für Journalisten sei, legt sie damit nicht hinreichend dar, weshalb die Erwägungen des BVwG zur mangelnden Rückkehrgefährdung aufgrund einer kurzfristigen früheren Praktikantentätigkeit bei einem TV-Sender unzutreffend sein sollten.

12       Soweit die Revision schließlich in ihrer Zulässigkeitsbegründung ins Treffen führt, dass keine Rechtsprechung dazu existiere, ob die derzeit vorherrschende Covid-19-Pandemie die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten oder die Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung verlange, so ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes gemäß § 41 VwGG auf der Grundlage der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses zu prüfen hat (vgl. VwGH 13.2.2020, Ra 2020/19/0001, mwN).

13       Das angefochtene Erkenntnis wurde durch Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung an das BFA am 29. Jänner 2020 existent. Dass die Covid-19-Pandemie bereits zu diesem Zeitpunkt in Somalia Fuß gefasst hätte, vermag die Revision nicht darzutun, bringt sie doch selbst vor, dass erst am 17. März 2020 die erste bestätigte Infektion in Somalia vorgelegen habe. Ausgehend davon gelingt es der Revision nicht aufzuzeigen, dass sie von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt.

14       In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 16. Juli 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020180085.L00

Im RIS seit

03.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.09.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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