TE OGH 2020/6/24 7Ob109/20k

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Veröffentlicht am 24.06.2020
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen und Hofräte Hon.-Prof. Dr. Höllwerth, Dr. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Dominik Schärmer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Alexander Rimser, Rechtsanwalt in Wien, wegen 10.756,94 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Berufungsgericht vom 21. Februar 2020, GZ 13 R 237/19d-29, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Oberwart vom 16. September 2019, GZ 5 C 741/18k-25, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 860,58 EUR (darin 143,43 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Das Berufungsgericht hat die ordentliche Revision für zulässig erklärt, weil zur Frage der Behandlung eines Schadenersatzanspruchs im Fall des Vorliegens mehrerer Verträge mit Schutzwirkung zugunsten eines geschädigten Dritten keine einheitliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs existiere.

Rechtliche Beurteilung

Weder das Berufungsgericht noch die Klägerin zeigen in diesem Zusammenhang das Vorliegen der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO auf. Die Revision ist daher entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig. Die Zurückweisung eines ordentlichen Rechtsmittels wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO):

1. Das Berufungsgericht folgt der herrschenden Ansicht (7 Ob 135/18f), dass der (Sub-)Frachtführer, der seinerseits einen (weiteren) Subfrachtführer beauftragt, diesem gegenüber als Absender gilt. Darauf aufbauend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Interessen der Klägerin als ausführende Subfrachtführerin durch den ihr erteilten Transportauftrag geschützt seien. Anknüpfend daran entspricht es wiederum gesicherter Rechtsprechung, dass ein geschädigter Dritter dann nicht in den Schutzbereich eines fremden Vertrags einbezogen wird, wenn er selbst einen deckungsgleichen Schadenersatzanspruch gegen seinen unmittelbaren Vertragspartner hat (vgl RS0022814). Die Zulassungsfrage ist demnach für die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts nicht entscheidungsrelevant.

2. Die Klägerin macht als erhebliche Rechtsfrage zunächst geltend, dass sie das beschädigte Transportmittel (LKW) – entgegen der unzutreffenden Rechtsansicht des Berufungsgerichts – nicht im Rahmen eines Transportauftrags, sondern eines Lohnfuhrvertrags zur Verfügung gestellt habe, weshalb eine Inanspruchnahme ihres Auftraggebers ausgeschlossen und sie deshalb auf die Schutzwirkungen des Kaufvertrags über die Ladung angewiesen sei. Überdies liege keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu Lohnfuhrverträgen vor. Dem ist lediglich zu entgegnen, dass die Behauptung eines Lohnfuhrvertrags (zu diesem Vertragstyp vgl die Nachweise in RS0021785) ein von der Klägerin erstmals im Revisionsverfahren erhobener Einwand ist, dem überdies keine Bedeutung zukommt.

3. Auch zur weiteren, von der Klägerin für erheblich erachteten Rechtsfrage der von der Beklagten (angeblich) vertraglich übernommenen Verladung verkennt die Klägerin die Rechtslage und die dazu ins Treffen geführte Entscheidung 7 Ob 135/18f:

3.1. Aus der Entscheidung 7 Ob 135/18f folgt weder die von der Klägerin daraus abgeleitete Judikaturwende noch ein Abgehen des Berufungsgerichts von höchstgerichtlicher Rechtsprechung. Vielmehr wird auch in besagter Entscheidung betont, dass nach herrschender Ansicht der Subfrachtführer, der seinerseits einen weiteren Subfrachtführer beauftragt, diesem gegenüber als Absender gilt. Daraus folgt im Regelfall auch die Verantwortlichkeit des auftraggebenden Subfrachtführers für die Beladung. Dass ein Abweichen von diesen Grundsätzen in der Entscheidung 7 Ob 135/18f im Rahmen der Behandlung eines außerordentlichen Rechtsmittels als im Einzelfall nicht korrekturbedürftiges Ergebnis der Vertragsauslegung erkannt wurde, beruhte auf ganz spezifischen, nicht verallgemeinerungsfähigen Umständen (Notwendigkeit eines Sondertransportfahrzeugs, ganz spezielle Beladelogistik, die einem Frachtführer üblicherweise nicht zur Verfügung steht), die hier nicht vorliegen.

3.2. Entscheidend ist aber für den vorliegenden Fall, dass hier ohnehin kein Ladefehler vorlag, sondern der Vertragspartner der Klägerin deren Transportmittel (Schubbodenfahrzeug) zur Beförderung einer dafür ungeeigneten, für das Transportmittel geradezu gefährlichen Ladung (nicht vorsortierter „Schredderschrott“) verwendete. Warum dafür der unmittelbare Vertragspartner der Klägerin nicht aufgrund dessen Schutz- und Sorgfaltspflichten aus dem direkten Vertragsverhältnis verantwortlich sein soll, zeigt die Klägerin auch nicht ansatzweise auf. So lange ein solcher – die Schutzwirkung eines Drittvertrags erst rechtfertigender – Nachweis eines Rechtsschutzdefizits (zu diesem Erfordernis vgl etwa 6 Ob 246/02y; 2 Ob 210/10m; 1 Ob 150/18t) fehlt, besteht kein Anlass, die Klägerin nicht auf ihr direktes Vertragsverhältnis zu verweisen.

4.1. Die Klägerin zeigt somit insgesamt das Vorliegen der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht auf. Die Revision ist daher nicht zulässig und folglich zurückzuweisen.

4.2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO. Der Beklagte hat inhaltlich zutreffend darauf hingewiesen, dass keine erhebliche Rechtsfrage zu beurteilen war.

Textnummer

E128764

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0070OB00109.20K.0624.000

Im RIS seit

06.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

29.07.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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