TE Lvwg Erkenntnis 2019/4/23 VGW-102/067/12076/2018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.04.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

23.04.2019

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
41/01 Sicherheitsrecht
24/01 Strafgesetzbuch

Norm

B-VG Art 130 Abs1 Z2
SPG §16 Abs2 Z1
SPG §21 Abs2
SPG §33
SPG §50 Abs4
StGB §222

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Grois über die Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG des Herrn A. B., Wien, C.-gasse, vertreten durch Rechtsanwälte OG, wegen Verletzung in Rechten infolge Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Exekutivbeamte der Landespolizeidirektion Wien am 02.08.2018 in Wien, D.-Straße,

zu Recht e r k a n n t:

2. Gemäß § 28 Abs. 1 und 6 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

3. Der Beschwerdeführer hat dem Bund als Rechtsträger der belangten Behörde gemäß § 35 VwGVG in Verbindung mit § 1 Z 3 bis 5 der VwG-Aufwandersatzverordnung – VwG-AufwErsV, 57,40 Euro für Vorlageaufwand, 368,80 Euro für Schriftsatzaufwand und 461,00 Euro für Verhandlungsaufwand, insgesamt somit 887,20 Euro an Aufwandersatz, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

4. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 – VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG unzulässig.

BEGRÜNDUNG

I.1. Mit dem am 13.09.2018 beim Verwaltungsgericht Wien eingebrachten Schriftsatz erhob der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer eine Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 iVm Art. 132 Abs. 2 B-VG wegen Verletzung in Rechten infolge Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Exekutivbeamte der LPD Wien, SPK E., PI F.-gasse, am 02.08.2018 in A-... Wien, D.-Straße, und brachte darin Folgendes vor:

„In umseits rubrizierter Rechtssache erfolgte dem Beschwerdeführer (im Folgenden kurz der „Bf“) gegenüber die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Exekutivbeamte der LPD Wien, SPK E., PI F.-gasse.

Die Ausübung der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt fand am 2.8.2018, um 10.45 Uhr, in A-... Wien, D.-Straße, statt.

Innerhalb offener Frist erhebt der Bf gegen die Ausübung der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt nachstehende

Beschwerde

an das Verwaltungsgericht Wien und führt diese aus wie folgt:

1.   Sachverhalt

Eingangs ist festzuhalten, dass der Bf seit nunmehr 30 Jahren Hundehalter ist und außerdem jahrelang aktives Mitglied im ... Tierschutzverein „G.“ war, wodurch dessen besonderes Interesse an Tierwohl und artgerechter Hundehaltung illustriert wird.

Am 2.8.2018 fuhr der Bf mit dessen 19 Monate alter Hündin der Rasse „X.“, welche auf den Namen „H.“ hört, (im Folgenden kurz der „Hund“) zur Adresse A-... Wien, D.-Straße, um dort einen Besprechungstermin bei der „I. Gesellschaft … mbH“ (im Folgenden kurz die „I.“) wahrzunehmen.

Gegen 9.45 Uhr stellte der Bf sein Fahrzeug der Marke „Volvo“, Type „...“, gegenüber der vorgenannten Adresse unter einer schattenspendenden Baumreihe ab und führte den Hund auf dem entlang der D.-Straße befindlichen Grünstreifen aus. Etwa zehn Minuten später versorgte der Bf den Hund in einer großzügigen dimensionierten Hundebox im Fahrzeugheck und beließ das Autoschiebedach in sogenannter Hubstellung, um einen Wärmeaustausch und folglich auch die Luftzirkulation zwischen dem Fahrzeuginnern und der Außenwelt zu ermöglichen. Zu diesem Zeitpunkt zeigte die elektronische Klimaanlage im Fahrzeuginnern eine Temperatur von 20,5°C an, wohingegen die Außentemperatur bei vorhandener Bewölkung etwa 27,5°C betrug.

Etwa 55 Minuten später, um 10.45 Uhr, kehrte der Bf zu seinem Fahrzeug zurück, um nach dem Hund zu sehen, wobei er erstaunt feststellen musste, dass bereits zwei Streifenkraftfahrzeuge des Wachkörpers Bundespolizei eingetroffen waren sowie, dass sich einige ältere Herrschaften als Spektanten eingefunden hatten. Der Bf gab sich den beiden Exekutivbeamten der LPD Wien, SPK E., PI F.-gasse, umgehend als Fahrzeughalter zu erkennen und wurde der Bf daraufhin durch die Exekutivbeamten mit den Worten „bist du deppert?“ sowie „was ist mir dir?“ über den Grund der Amtshandlung informiert. Trotz höflicher Bitte des Bf, man möge nicht in dieser Tonart mit ihm kommunizieren, gaben die Exekutivbeamten durch die Äußerung, es sei ihnen „scheißegal“, was der Bf wolle sowie „so, und jetzt die Dokumente“ zu erkennen, dass sie dieser Bitte des Bf nicht nachkommen wollten.

Währenddessen hatte der Bf bereits die Heckklappe seines Fahrzeugs geöffnet, um den Hund herauszulassen und erfreute sich der Hund bester Gesundheit, zumal keine Anzeichen einer akuten Überhitzung vorlagen. Anlässlich dessen ersuchte der Bf die einschreitenden Exekutivbeamten die Innenraumtemperatur des Fahrzeugs zu überprüfen, woraufhin ihn der Exekutivbeamte mit der Dienstnummer ... (im Folgenden kurz der „Erstexekutivbeamte“) harsch dazu aufforderte, sein Verhalten nicht auch noch gutzureden.

In weiterer Folge zeigte sich, dass die Exekutivbeamten bei Eintreffen versucht hatten, die rechte, vordere Fahrzeugtür bzw das zugehörige Seitenfenster aufzuhebeln, wodurch ein Schaden am Fahrzeug in der Höhe von EUR 649,40 entstand. Der Exekutivbeamte mit der Dienstnummer ... (im Folgenden kurz der „Zweitexekutivbeamte“) teilte dem Bf mit, er hätte die rechte Seitenscheibe, sofern der Bf nicht vorher schon eingetroffen wäre, in Bälde mit einem „Vorschlaghammer“ eingeschlagen. Auf Nachfrage des Bf, wer für den Fahrzeugschaden aufkommen werde, meinte der Zweitexekutivbeamte in einschüchternder Manier „das sollst du nur mal versuchen, du wirst schon sehen“.

Der Zweitexekutivbeamte setzte seine unprofessionelle Gangart gegenüber dem Bf anlasslos auch während der Überprüfung des beschwerdeführerischen Führerscheins fort und gab seine Dienstnummer nur widerwillig und erst nach mehrmaliger Nachfrage bekannt, indem er diese – gestützt auf die Motorhaube des Fahrzeugs des Bf – auf einer Dienstkarte notierte, wobei er die misslungene Fahrzeugöffnung dadurch zu rechtfertigen suchte, indem er auf die Temperatur des Motorhabenblechs (!) verwies.

Beweis: PV des Bf

         Konvolut an Lichtbildern des Fahrzeugs vom 2.8.2018 (Beilage ./1)

         Reparaturkostenvoranschlag vom 6.8.2018 (Beilage .2)

         Informationsschreiben zum Polizeibefugnis-Entschädigungsgesetz vom  2.8.2018 (Beilage ./3)

         ZV des Erstexekutivbeamten, pA der belangten Behörde

         ZV des Zweitexekutivbeamten, pA der belangten Behörde

2.   Zur Zulässigkeit der Beschwerde

2.1  Die durch Exekutivbeamte der belangten Behörde am 2.8.2018 in A- in A-... Wien, D.-Straße, gegenüber dem Bf durch Eingriff in dessen Eigentum gesetzte Maßnahme nach § 37 TierschutzG stellt einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (im Folgenden kurz der „AuvBZ“) im Sinne des Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG dar. Die vorgenannte Maßnahme wurde durch die Exekutivbeamten mit den Dienstnummern ... sowie ... ohne Dazwischentreten eines Bescheides unmittelbar sowie außerhalb eines förmlichen Verwaltungsverfahrens gesetzt und ist der belangten Behörde zuzurechnen.

2.2  Die Ausübung des beschwerdegegenständlichen AuvBZ erfolgte gegenüber dem Bf durch Eingriff in dessen Eigentumsrecht. Dieser war daher Adressat bzw. Betroffener des AuvBZ und erachtet sich durch diesen in seinen subjektiven Rechten berührt, weshalb der Bf zu Erhebung der gegenständlichen Beschwerde legitimiert ist.

2.3  Die Ausübung des beschwerdegegenständlichen AuvBZ fand am 2.8.2018 in A-... Wien, D.-Straße, statt, sodass die Beschwerde rechtzeitig innerhalb der sechswöchigen Beschwerdefrist des § 7 Abs. 4 VwGVG erhoben wurde.

2.4  Der Bf erachtet sich durch die Ausübung des AuvBZ unter anderem in seinem gesetzlich gewährleisteten subjektiven Recht auf Unterlassung eines Eingriffs in dessen Eigentumsrecht bei Fehlen der gesetzlichen Voraussetzungen nach § 37 TierschutzG als verletzt.

3.   Beschwerdegründe

3.1  Gem § 5 Abs 1 TierschutzG ist es verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen. Gegen diese Verpflichtung verstößt nach § 5 Abs 2 Z 10 TierschutzG unter anderem, wer ein Tier Temperaturen, Witterungseinflüssen, Sauerstoffmangel oder einer Bewegungseinschränkung aussetzt und ihm dadurch Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zufügt.

Gem § 37 Abs 1 TierschutzG sind Organe der Behörde verpflichtet, wahrgenommene Verstöße gegen §§ 5 bis 7 leg cit durch unmittelbare behördliche Befehls- und Zwangsgewalt zu beenden.

Neben einer gesetzlichen Grundlage und der Zuständigkeit der einschreitenden Exekutivbeamten müssen Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt jedenfalls auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen.

3.2  Wie unter Punkt 1. Vorgebracht und unter Beweis gestellt, lagen die Voraussetzungen zur Setzung des nunmehr bekämpften AuvBZ durch die Exekutivbeamten nicht vor. Dies aufgrund nachstehender Erwägungen:

?    Das Fahrzeug des Bf war absichtlich unter schattenspendenden Bäumen abgestellt;

?    der Hund wurde um 9.45 Uhr in das Fahrzeug des Bf verbracht,

?    die Klimaanlage zeigte zu diesem Zeitpunkt eine Fahrzeuginnentemperatur von 20,5°C;

?    die Außentemperatur betrug am Vormittag des bewölkten 2.8.2018 etwa 27,5°C;

?    das Schiebedach des Fahrzeugs befand sich zur Ermöglichung des Wärmeaustauschs sowie der Luftzirkulation in Hubstellung;

?    der Bf kehrte nach lediglich 55 Minuten der Abwesenheit zu seinem Fahrzeug zurück; und

?    der Hund wies bei Eintreffen des Bf keinerlei Anzeichen einer Überhitzung auf.

Im Ergebnis belastete die belangte Behörde den bekämpften AuvBZ dadurch mit Rechtswidrigkeit, dass die einschreitenden Exekutivbeamten es unterließen, sich (a) ein hinreichendes Bild von der Außentemperatur sowie den Standplatz des Fahrzeugs zu verschaffen, (b) den baumbedingten Schatten, der das Fahrzeug erfasste, sowie (c) das geöffnete Schiebedach, unberücksichtigt ließen, (d) den tadellosen Zustand des Hundes zum Zeitpunkt des Einschreitens nicht wahrnahmen sowie (e) die Einholung von Wahrnehmungen Dritter zum Abwesenheitszeitraum des Bf unterließen.

Hätten die Exekutivbeamten die erforderlichen Prüfungsschritte vor Setzung des AuvBZ durchgeführt, hätten sie zu dem Schluss gelangen müssen, dass beim Hund keinesfalls eine über ein bloßes Unbehagen hinausgehende Einschränkung des Wohlbefindens vorliegen kann, welchem nicht durch natürliches Anpassungsverhalten hätte entgegengesteuert werden können, und daher kein Anlass für ein sofortiges Einschreiten nach § 37 TierschutzG vorlag (vgl UVS Wien 21.3.2007, 06/46/7438/2006).

Beweis: PV des Bf

         Konvolut an Lichtbildern des Fahrzeuges vom 2.8.2018 (Beilage ./1)

         Reparaturkostenvoranschlag vom 6.8.2018 (Beilage .2)

         Informationsschreiben zum Polizeibefugnis-Entschädigungsgesetz vom  2.8.2018 (Beilage ./3)

         ZV des Erstexekutivbeamten, pA der belangten Behörde

         ZV des Zweitexekutivbeamten, pA der belangten Behörde

3.3  Selbst für den Fall, dass das angerufene Verwaltungsgericht Wien zu dem Schluss gelangen sollte, dass der vorliegende Sachverhalt als Anlass zur Setzung eines AuvBZ ausreichend ist, erfolgte dessen Setzung durch die Exekutivbeamten unter Außerachtlassung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, zumal es auch für Kfz-technische Laien a priori einleuchtend sein muss, dass eine wirksame Befreiung des Hundes unter möglichster Schonung des Eigentums des Bf nicht durch die Beschädigung der Karosserie samt Seitenfenster, Chromleiste, Blende und Dichtung erfolgen darf, sondern notfalls durch das Zertrümmern der wesentlich günstiger zu ersetzenden Seitenscheibe.

Auch aus diesem Grund erfolgte die Setzung des bekämpften AuvBZ durch die Exekutivbeamten der belangten Behörde in normwidriger Weise.

Beweis: PV des Bf

         Konvolut an Lichtbildern des Fahrzeuges vom 2.8.2018 (Beilage ./1)

         Reparaturkostenvoranschlag vom 6.8.2018 (Beilage .2)

         Informationsschreiben zum Polizeibefugnis-Entschädigungsgesetz vom  2.8.2018 (Beilage ./3)

         ZV des Erstexekutivbeamten, pA der belangten Behörde

         ZV des Zweitexekutivbeamten, pA der belangten Behörde

3.4 Letztlich zeigt sich wie unter Punkt 1. vorgebracht und unter Beweis gestellt, dass die Exekutivbeamten bei Durchführung der Amtshandlung entgegen § 5 RLV keine Wert darauf legten, die Menschenwürde de Bf zu achten, sondern diesen vielmehr durch Äußerungen wie „bist du deppert?“, „was ist mir dir?“, „scheißegal“, „so, und jetzt die Dokumente“, „das sollst du nur mal versuchen, du wirst schon sehen[.]“ vor einer Gruppe älterer Herrschaften, die die Amtshandlung verfolgte, anlasslos bloßstellten und herabsetzten.

Auch die Bekanntgabe der Dienstnummer durch den Zweitexekutivbeamten erfolgte nur widerwillig und nach mehrmaliger Urgenz des Bf, obwohl durch eine sofortige Bekanntgabe der Dienstnummer die Durchführung der Amtshandlung keinesfalls gefährdet worden wäre, zumal der Hund bereits das Fahrzeug des Bf verlassen hatte. Folglich liegt durch die verzögerte Bekanntgabe der Dienstnummer durch den Zweitexekutivbeamten auch ein Verstoß gegen § 9 Abs 1 RLV vor.

Beweis: PV des Bf

         ZV des Erstexekutivbeamten, pA der belangten Behörde

         ZV des Zweitexekutivbeamten, pA der belangten Behörde

4.   Beschwerdeantrag

Aus den oben dargelegten Gründen richtet der Bf an das Verwaltungsgericht Wien den

Antrag,

1.  gem § 24 VwGVG eine mündliche Verhandlung durchzuführen; und

2.  die gegenständliche Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls-  und Zwangsgewalt gem § 28 Abs 6 VwGVG für rechtswidrig zu erklären;

3.  dem Rechtsträger der belangte Behörde gem § 35 VwGVG den Ersatz der Verfahrenskosten des Antragstellers nach den anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen  (§ 1 VwG-AufwErsV, § 26 VwGVG iVm § 3 Abs 1 Z 2 GebAG) aufzutragen; sowie

4.  den die Behauptung eines Verstoßes gegen die RLV betreffenden Teil der Beschwerde der zuständigen Dienstaufsichtsbehörde gem § 89 Abs 1 SPG zuzuleiten.“

Der Beschwerde in Kopie angeschlossen sind die im Beschwerdeschriftsatz ausgewiesenen Beilagen.

2. Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen wurde die Beschwerde der vom Beschwerdeführer belangten Behörde zur Kenntnisnahme und Stellungnahme übermittelt. Die belangte Behörde legte in weiterer Folge den Verwaltungsakt dem Verwaltungsgericht Wien vor und führte in der Gegenschrift aus:

I. SACHVERHALT

Der Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen aus dem im vorgelegten Akt enthaltenen Amtsvermerk des SPK E. vom 02.08.2018.

Bei den einschreitenden Beamten handelte es sich um Insp J. K., GrInsp L. M. (Stkw ...) und BezInsp N. O., RevInsp P. Q. (Stkw ...), alle SPK ....

Beweis: vorgelegter Kriminalakt, Zeugenvernehmung;

II. RECHTSLAGE

Der Beschwerdeführer (in der Folge BF) erachtet sich durch die in Beschwerde gezogene Amtshandlung vom 02.08.2018 in seinen Rechten verletzt.

Die maßgeblichen Rechtsvorschriften lauten:

§ 222 StGB Tierquälerei:

(…)

Wie sich aus dem Sachverhalt (vgl. Amtsvermerk vom 02.08.2018) ergibt, konnten die einschreitenden Polizeibeamten bei ihrem Eintreffen eine Hundebox im Kofferraum des BF wahrnehmen, in der sich ein stark hechelnder Hund befand. Sämtliche Fenster des Kfz waren zur Gänze geschlossen. Das Panoramadach war lediglich einen kleinen Spalt geöffnet. Die Außentemperatur betrug laut Anzeige des Funkwagens 32,5°C, es herrschte ungetrübter Sonnenschein. Die Karosserie des Kfz des BF war so heiß, dass eine Berührung bereits nach kürzester Zeit schmerzhaft war.

Eine Zeugin, gab an, dass sich der Hund seit ca. 09:50 Uhr im Kfz des BF befinde.

Beweis: vorgelegter Kriminalakt, Zeugenvernehmung;

Zur Temperatur-Entwicklung im Auto:

Aussen-Temperatur

nach 10 Minuten

nach 30 Minuten

nach 60 Minuten

24 Grad

31 Grad

40 Grad

50 Grad

26 Grad

33 Grad

42 Grad

52 Grad

28 Grad

35 Grad

44 Grad

54 Grad

30 Grad

37 Grad

46 Grad

56 Grad

32 Grad

39 Grad

48 Grad

58 Grad

34 Grad

41 Grad

50 Grad

60 Grad

(Quelle:. http.//www….)

Vor diesem Hintergrund durften die einschreitenden Polizeibeamten vertretbar von einem Verdacht einer strafbaren Handlung ausgehen.

§ 118 StPO Identitätsfeststellung:

(…)

Der BF konnte mittels Kfz-Anfrage als Besitzer des Fahrzeuges festgestellt werden. Eine Telefonnummer des BF konnte nicht eruiert werden. Auch war es den einschreitenden Polizeibeamten trotz Nachschau in der näheren Umgebung bzw. den umliegenden Geschäftslokalen nicht möglich, den BF ausfindig zu machen.

Beweis: vorgelegter Kriminalakt, Zeugenvernehmung;

§ 19 SPG Erste allgemeine Hilfeleistungspflicht:

(…)

§ 32 SPG Eingriffe in Rechtsgüter im Rahmen der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht:

(…)

§ 33 SPG Beendigung gefährlicher Angriffe

(…)

§ 50 SPG Unmittelbare Zwangsgewalt

(…)

Da davon ausgegangen werden konnte, dass sich der Hund des BF jedenfalls seit 50 Minuten im Auto befand, die Temperatur im Auto sohin knappe 60°C erreicht haben musste und sich der Zustand des Hundes zusehends verschlechterte, versuchten die einschreitenden Polizeibeamten, eine Fensterscheibe des Kfz des BF mit mehreren gezielten Schlägen eines aufgeklappten Leatherman einzuschlagen. Dabei ging das Glas nicht zu Bruch, wurde jedoch beschädigt.

Beweis: vorgelegter Kriminalakt, Zeugenvernehmung;

Als der BF schließlich um 10:42 Uhr zu seinem Kfz kam, wurde dieser angewiesen, seinen Hund unverzüglich aus dem Auto zu holen. Dieser Aufforderung kam der BF nach, zeigte sich jedoch uneinsichtig.

Der BF wurde über eine Anzeigeerstattung in Kenntnis gesetzt, ihm wurden ein Informationsblatt bezüglich des Polizeibefugnis-Entschädigungsgesetzes und die gewünschten Dienstnummern ausgehändigt.

Die Landespolizeidirektion Wien stellt daher den

ANTRAG,

die Beschwerde als unbegründet abzuweisen

An Kosten werden

?    Schriftsatzaufwand und

?    Verhandlungsaufwand

gemäß § 1 der VwG-AufwErsV in der geltenden Fassung verzeichnet.“

Der angeschlossene Verwaltungsakt umfasst: Amtsvermerk betreffend den Beschwerdeführer und Verdacht der Tierquälerei vom 02.08.2018, GZ ..., Lichtbildbeilage sowie Protokoll der Zeugeneinvernahme von Frau R. vom 08.10.2018, GZ ....

3. Die Gegenschrift wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnisnahme und allfälligen Stellungnahme übermittelt. Der Beschwerdeführer machte von der ihm eingeräumten Möglichkeit Gebrauch und führte zusammengefasst aus, der in der Gegenschrift wiedergegebenen Tabelle zur Temperaturentwicklung im Auto käme keine Relevanz zu, weil diese von einem privaten Internetauftritt stamme und die angeführten Werte nicht objektivierbar seien. Zum anderen war das Fahrzeug des Beschwerdeführers aufgrund der Öffnung des Schiebedachs nicht geschlossen.

4. Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik wurde ersucht, die Wetterverhältnisse insbesondere Temperaturverhältnisse am 02.08.2018 im Zeitraum 09:45 bis 10:45 Uhr in  Wien, D.-Straße, bekanntzugeben.

Im dazu ergangenen meteorologischen Befund ist ausgeführt, dass am Beschwerdetag um 09:45 Uhr an der genannten Örtlichkeit die Lufttemperatur bei etwa 27°C lag und bis 10:45 Uhr auf etwa 29°C stieg. Im genannten Zeitraum schien zeitweise bis überwiegend die Sonne und es war niederschlagsfrei.

5. Beim Verwaltungsgericht Wien fand in der Beschwerdesache eine öffentliche mündliche Verhandlung (am 30.01.2019, fortgesetzt am 12.04.2019) zur Einvernahme des Beschwerdeführers und der Zeugen Frau S. R., BzI N. O., RvI P. Q., RvI L. M. und RvI J. K. statt.

5.1. Aufgrund der von den Parteien vorgelegten Schriftsätze, Unterlagen, Fotos, Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt sowie der Einvernahme des Beschwerdeführers und der genannten Zeugen, hat das Verwaltungsgericht Wien im Hinblick auf die in Beschwerde gezogene Amtshandlung folgenden im Wesentlichen unstrittigen Sachverhalt festgestellt und als erwiesen angenommen:

5.1.1. Am 02.08.2018 lag in Wien, D.-Straße, die Lufttemperatur um 09:45 Uhr bei etwa 27°C, die bis 10:45 Uhr bis etwa 29°C stieg. In diesem Zeitraum schien zeitweise bis überwiegend die Sonne und es war niederschlagsfrei.

5.1.2. Der Beschwerdeführer begleitete am 02.08.2018 den Sohn seiner Lebensgefährtin (T.) zu einem Termin in der Nähe der Örtlichkeit D.-Straße, der für 10:00 Uhr vereinbart war. Der Beschwerdeführer, T. sowie der Hund H. trafen mit dem Fahrzeug des Beschwerdeführers um 09.45 Uhr bei der D.-Straße ein. Das Fahrzeug wurde unter einen anfänglich schattenspendenden Baum abgestellt. Der Beschwerdeführer und T. gingen gemeinsam mit H. bis ca. 09.55 Uhr bei einem nahegelegenen Grünstreifen spazieren. Anschließend wurde H. in den Hundekäfig des Kofferraums verbracht und der Beschwerdeführer begleitete T. zum vereinbarten Termin, aus welchem er sich nach ca. 45 bis 50 Minuten vorzeitig verabschiedete, um nach dem Hund H. zu sehen, weil ihm selbst bewusst war, dass zwischenzeitlich sehr viel Zeit vergangen war.

Dabei war (lediglich) das Schiebedach des Fahrzeuges in leichter Schrägstellung geöffnet und das Fahrzeug im Übrigen versperrt.

5.1.3. Frau R. traf bei der D.-Straße um ca. 10:00 Uhr ein, weil sie einen Termin hatte. Dabei fiel ihr das Fahrzeug des Beschwerdeführers auf, weil der Bereich der Heckscheibe belegt war, namentlich so, als wäre die Temperatur im Fahrzeug zu heiß. Zu diesem Zeitpunkt stand das Fahrzeug des Beschwerdeführers schon teilweise in der Sonne.

In Anschluss an ihren Arztbesuch ging sie am Fahrzeug des Beschwerdeführers vorbei und nahm dem Käfig im Kofferraum und in weiterer Folge den Hund H. wahr, der auf sie einen hechelnden und apathischen Eindruck sowie den Eindruck machte, „als wären seine letzten Minuten gekommen“. Dabei fiel ihr auch eine besondere Flüssigkeit vor dem Maul des Hundes auf und sie bewertete den Gesamtzustand des Hundes als „richtig elendig“. Frau R. ist selbst Hundehalterin.

Frau R. versuchte deshalb den Hundehalter zur eruieren und ging zu diesem Zweck zu ihrer Ärztin zurück. Nach erfolglosem Versuch kehrte sie zum Fahrzeug des Beschwerdeführers zurück und verständigte die Polizei. Dabei waren auch schon andere Personen vor Ort und die Atmosphäre der vor Ort anwesenden Personen war sehr aufgebracht.

5.1.3. Von den in weiterer Folge vor Ort eintreffenden Einsatzbeamten BzI N. O., RvI P. Q., RvI L. M. und RvI J. K. leitete BzI O. die Amtshandlung. Das Fahrzeug des Beschwerdeführers stand zu diesem Zeitpunkt in der Sonne auf einem Parkstreifen.

Die Aufforderin informierte die Einsatzbeamten über ihre Wahrnehmungen.

Diese ermittelten via EKIS-Abfrage den Namen des Fahrzeughalters respektive des Beschwerdeführers und in weiterer Folge seinen Wohnsitz (im örtlich weiter entfernten innerstädtischem Bereich). Der Versuch, die Telefonnummer des Beschwerdeführers vor Ort zu eruieren, schlug fehl. Sodann hielten sie – erfolglos – in der örtlichen Umgebung nach dem Hundehalter Nachschau.

5.1.4. Der Hund H. vermittelte den einschreitenden Beamten aufgrund der Hitze im verschlossenen Fahrzeug einen leidenden bzw. gequälten Eindruck.

BzI O. leite die Amtshandlung vor Ort und gewann vom Hund H. den Eindruck, dass es ihm schlecht ging. Dies etwa, weil der Hund bei Hinzutreten von Personen zum Auto nicht durch Bellen sein Revier zu verteidigen versuchte oder auch nicht aufstand, sondern am Boden liegen blieb und nur kurz die Schnauze anhob. Auch hing dem Hund Speichel vom Mund herunter.

RvI Q. wurde von BzI O. mit der Regulierung des Verkehrs und der Schaulustigen beauftragt. Bevor er sich dieser Tätigkeit widmete, konnte er H. sehen, die auch auf ihn den Eindruck machte, dass der Hund sich komplett unwohl fühlte und stark hechelte, woraus RvI Q. schloss, dem Hund würde es schlecht gehen bzw. der Hund würde unter der Hitze leiden, sodass „Gefahr in Verzug“ für das Öffnen des Fahrzeuges vorgelegen sei.

RvI K. hat den Hund H. bei seinem Eintreffen vor Ort kurz gesehen und dabei eine Flüssigkeit bzw. etwas „Weißes, Schaumiges“ um deren Maul wahrgenommen; seinen Zustand konnte er aber, weil er selbst kein Hundehalter ist, nicht näher deuten.

RvI M. war im Zuge der Amtshandlung primär mit der Fahrzeugabsicherung beschäftigt. Auch er beschrieb seine Wahrnehmungen, ob des leidenden Zustands von H. („der Hund rief nach Hilfe“, dehydriert, Hund hatte Flüssigkeitsprobleme bzw. irgendwas um das Maul gehabt) bzw., dass sich H. in einer „extremen Notlage“ befand. Nach seiner Befragung der vor Ort anwesenden Personen, stand das Fahrzeug des Beschwerdeführers rund eine halbe Stunde unverändert vor Ort. Grundlage für das weitere Einschreiten war der Verdacht der Tierquälerei. So lag nach Beurteilung von RvI M. auch „Gefahr in Verzug“ vor, weil das Fahrzeug über längere Zeit in der Sonne gestanden war und ihm zudem beim Zufahren die Funkwagenanzeige ca. 30° C anzeigte.

5.1.5. Nachdem die Nachschau nach dem Hundehalter erfolglos blieb, hielt BzI O. mit dem rechtskundigen Dienst der belangten Behörde Rücksprache und erhielt die Anweisung die Scheibe des Fahrzeuges einzuschlagen, wenn keine andere Möglichkeit zur Befreiung des Hundes bestünde. BzI O., der keine andere Möglichkeit sah, versuchte wegen Verdachts der Tierquälerei auf Grundlage des Sicherheitspolizeigesetzes die Seitenscheibe des Fahrzeuges auf der Fahrerseite im rechten oberen Eck mit zwei bzw. drei gezielten Schlägen mit einem Leatherman einzuschlagen. Diese Position wählte er, weil sich eine Scheibe üblicherweise so zerschlagen lässt.

Die Scheibe brach jedoch nicht – was, wie sich nach Eintreffen des Beschwerdeführers vor Ort herausstellte, daran lag, dass das Fahrzeug des Beschwerdeführers mit Sicherheitsgläsern bzw. Verbundgläsern ausgestattet war. Beim Versuch die Scheibe einzuschlagen wurden auch die angrenzende Dichtung, Chromleiste und Blende beschädigt.

Kurz nachdem BzI O. erfolglos versucht hatte, die Scheibe einzuschlagen, kam der Beschwerdeführer zu seinem Fahrzeug zurück und der Hund H. wurde aus dem Fahrzeug herausgelassen. Anwesende Passanten versorgten den Hund mit drei Näpfen Wasser, welches dieser austrank.

5.2. Diese Feststellungen gründen sich auf folgende Beweisergebnisse:

Der Sachverhalt ist im Wesentlichen unstrittig.

Unstrittig ist, dass es ein heißer Sommertag als solches war. Die Feststellung im Zusammenhang mit der Temperatur vor Ort stützt sich auf die vom Verwaltungsgericht Wien bei der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik eingeholte Bekanntgabe der Wetter-, insbesondere Temperaturverhältnisse am 02.08.2018 im Zeitraum 09:45 bis 10:45 Uhr in Wien, D.-Straße.

Der Beschwerdeführer hat zum Abstellort seines Fahrzeuges ausgesagt, dass er das Fahrzeug anfänglich unter einen schattenspendenden Baum gestellt hat und das Schiebedach in ca. 3 cm Schrägstellung gebracht hat, sodass Hitze abziehen konnte. Die einvernommenen Zeugen R., RvI Q., RvI M. und BzI O. haben kein geöffnetes Fenster bzw. Schiebedach am Fahrzeug wahrgenommen bzw. sich dazu nicht mehr erinnern können. Aus dem im Akt einliegenden Foto vom Fahrzeug des Beschwerdeführers kann eine geringfügige Schrägstellung des Schiebedaches entnommen werden. Dazu ist in dem im Behördenakt einliegenden Amtsvermerk vom 02.08.2019, Seite 2, vermerkt: „Die Fenster waren alle zur Gänze geschlossen. Nur das Panoramadach war lediglich 1 cm geöffnet.“

Zu den Feststellungen, dass bzw. inwieweit das Fahrzeug des Beschwerdeführers im hier relevanten Zeitraum anfänglich im Schatten und in weiterer Folge in der Sonne stand, gelangte das Verwaltungsgericht aufgrund folgender Erwägungen: Der Beschwerdeführer sagte im Zuge seiner Parteieneinvernahme aus, er habe das Fahrzeug um 09:45 Uhr anfänglich unter einen schattenspendenden Baum gestellt. Die Zeugin R. sagte im Zuge ihrer Einvernahme aus, dass zum Zeitpunkt ihres Eintreffens bei der D.-Straße um ca. 10:00 Uhr das Fahrzeug des Beschwerdeführers schon teilweise in der Sonne stand. Nach Aussage des Zeugen RvI M. stand das Fahrzeug bei seinem Eintreffen vor Ort bereits in der Sonne auf einen Parkstreifen. Auch BzI O. hat ausgesagt, es sei wolkenlos gewesen und die Sonne habe geschienen – zwar seien Bäume in der Nähe gewesen, doch hätten diese keine Auswirkungen auf die Temperaturentwicklung im Fahrzeuginneren gehabt.

Was die Beschreibung des vor Ort gewonnenen Eindrucks vom Befinden des Hundes im Fahrzeug des Beschwerdeführers betrifft, der Anlass zum gewaltsamen Öffnen des Fahrzeuges gab, erachtet das Verwaltungsgericht Wien die Aussagen der einvernommenen und am Beschwerdetag vor Ort anwesend gewesenen Zeugen als glaubhaft und nachvollziehbar. Die Zeugin R. und die Zeugen RvI Q., RvI M. und BzI O. gaben zudem auch an, selbst jahrelang Erfahrung als Hundehalter zu haben. Selbst unter Berücksichtigung, dass Hundehalter nicht die Fachkunde eines Tierarztes haben, geht es mit der Lebenserfahrung einher, dass sie nach jahrelanger Hundehaltung besondere Erfahrungswerte generieren und darauf gestützt durchaus ein allfälliges Leiden eines anderen Hundes vertretbar erkennen können. Zudem wiesen die Einsatzbeamten auch auf die während der Hitzeperiode im Sommer 2018 besonders erfolgte mediale Berichterstattung über die mit in verschlossenen Fahrzeugen einhergehenden Gefahren für darin eingeschlossene Tiere hin.

Die Feststellungen im Zusammenhang mit dem beim erfolglosen Versuch die Scheibe des Fahrzeuges einzuschlagen stützen sich einerseits auf die im Behördenakt einliegenden Fotos, dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Kostenvoranschlag sowie die Aussage des Zeugen BzI O., welcher einräumte, dass es beim Öffnungsversuch durchaus zu derartigen Beschädigungen gekommen sein kann.

II.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG erkennen Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit. Ist im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen, so hat das Verwaltungsgericht die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben (§ 28 Abs. 6 VwGVG).

2.1. Die im Beschwerdeverfahren relevanten Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes – SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zuletzt geändert durch Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 56/2018, lauten auszugsweise:

Allgemeine Gefahr; gefährlicher Angriff; Gefahrenerforschung
§ 16.

(1) Eine allgemeine Gefahr besteht

1.

bei einem gefährlichen Angriff (Abs. 2 und 3)

oder

2.

(…).

(2) Ein gefährlicher Angriff ist die Bedrohung eines Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes einer gerichtlich strafbaren Handlung, die vorsätzlich begangen und nicht bloß auf Verlangen eines Verletzten verfolgt wird, sofern es sich um einen Straftatbestand

1.

nach dem Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974, ausgenommen die Tatbestände nach den §§ 278, 278a und 278b StGB, oder

2.

bis 6. (…)

handelt.

(3) Ein gefährlicher Angriff ist auch ein Verhalten, das darauf abzielt und geeignet ist, eine solche Bedrohung (Abs. 2) vorzubereiten, sofern dieses Verhalten in engem zeitlichen Zusammenhang mit der angestrebten Tatbestandsverwirklichung gesetzt wird.

(4) Gefahrenerforschung ist die Feststellung einer Gefahrenquelle und des für die Abwehr einer Gefahr sonst maßgeblichen Sachverhaltes.“

Erste allgemeine Hilfeleistungspflicht
§ 19.

(1) Sind Leben, Gesundheit, Freiheit oder Eigentum von Menschen gegenwärtig gefährdet oder steht eine solche Gefährdung unmittelbar bevor, so trifft die Sicherheitsbehörden die erste allgemeine Hilfeleistungspflicht, wenn die Abwehr der Gefährdung

1.

nach den die einzelnen Gebiete der Verwaltung regelnden Bundes- oder Landesgesetzen in die Zuständigkeit einer Verwaltungsbehörde fällt oder

2.

zum Hilfs- und Rettungswesen oder zur Feuerpolizei gehört.

(2) Sobald Grund zur Annahme einer Gefährdung gemäß Abs. 1 entsteht, sind die Sicherheitsbehörden verpflichtet festzustellen, ob tatsächlich eine solche Gefährdung vorliegt. Ist dies der Fall, so haben sie die Gefahrenquelle festzustellen und für unaufschiebbare Hilfe zu sorgen. Sobald sich ergibt, daß

1.

eine allgemeine Gefahr vorliegt, hat deren Erforschung und Abwehr im Rahmen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit (2. Hauptstück) zu erfolgen;

2.

die Abwehr der Gefahr in die Zuständigkeit anderer Behörden, der Rettung oder der Feuerwehr fällt, ist für deren Verständigung Sorge zu tragen.

(3) Auch wenn die Gefährdung weiterbesteht, endet die erste allgemeine Hilfeleistungspflicht

1.

gegenüber jedem Gefährdeten (Abs. 1), der weitere Hilfe ablehnt;

2.

sobald sich ergibt, daß die Abwehr der Gefährdung nicht unter Abs. 1 fällt.

(4) Die erste allgemeine Hilfeleistungspflicht der Sicherheitsbehörden besteht ungeachtet der Zuständigkeit einer anderen Behörde zur Abwehr der Gefahr; sie endet mit dem Einschreiten der zuständigen Behörde, der Rettung oder der Feuerwehr.“

Eingriffe in Rechtsgüter im Rahmen der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht
§ 32.

(1) Soweit es zur Hilfeleistung im Sinne von § 19 erforderlich ist, sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, in Rechtsgüter einzugreifen, sofern der abzuwendende Schaden die Rechtsgutsverletzung offenkundig und erheblich übersteigt.

(2) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ferner ermächtigt, zur Hilfeleistung im Sinne von § 19 in die Rechtsgüter desjenigen einzugreifen, der die Gefährdung zu verantworten hat. Lebensgefährdende Maßnahmen sind jedoch nur zur Rettung des Lebens von Menschen zulässig.

Beendigung gefährlicher Angriffe
§ 33.

Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, einem gefährlichen Angriff durch Ausübung von unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ein Ende zu setzen.“

Unmittelbare Zwangsgewalt
§ 50.

(1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind, sofern nicht anderes bestimmt ist, ermächtigt, die ihnen von diesem Bundesgesetz oder von einer auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung eingeräumten Befugnisse mit unmittelbarer Zwangsgewalt durchzusetzen.

(2) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben anwesenden Betroffenen die Ausübung von unmittelbarer Zwangsgewalt anzudrohen und anzukündigen. Hievon kann in den Fällen der Notwehr oder der Beendigung gefährlicher Angriffe (§ 33) soweit abgesehen werden, als dies für die Verteidigung des angegriffenen Rechtsgutes unerläßlich erscheint.

(3) Für die Anwendung von unmittelbarer Zwangsgewalt gegen Menschen gelten die Bestimmungen des Waffengebrauchsgesetzes 1969.

(4) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes dürfen physische Gewalt gegen Sachen anwenden, wenn dies für die Ausübung einer Befugnis unerläßlich ist. Hiebei haben sie alles daranzusetzen, daß eine Gefährdung von Menschen unterbleibt.“

2.2. Die im Beschwerdeverfahren relevanten Bestimmungen des Strafgesetzbuches – StGB, BGBl. Nr. 60/1974, zuletzt geändert durch Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 70/2018, lauten auszugsweise:

„Tierquälerei
§ 222.

(1) Wer ein Tier

1.

roh misshandelt oder ihm unnötige Qualen zufügt,

2.

aussetzt, obwohl es in der Freiheit zu leben unfähig ist, oder

3.

mit dem Vorsatz, dass ein Tier Qualen erleide, auf ein anderes Tier hetzt,

ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahre zu bestrafen.

(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer, wenn auch nur fahrlässig, im Zusammenhang mit der Beförderung mehrerer Tiere diese dadurch, dass er Fütterung oder Tränke unterlässt, oder auf andere Weise längere Zeit hindurch einem qualvollen Zustand aussetzt.

(3) Ebenso ist zu bestrafen, wer ein Wirbeltier mutwillig tötet.“

2.3. Die im Beschwerdeverfahren relevanten Bestimmungen des Tierschutzgesetzes – TSchG, BGBl. I Nr. 118/2004, zuletzt geändert durch Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 86/2018, lauten auszugsweise:

Verbot der Tierquälerei
§ 5.

(1) Es ist verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen.

(2) Gegen Abs. 1 verstößt insbesondere, wer

1.

bis 9.       (…)

10.

ein Tier Temperaturen, Witterungseinflüssen, Sauerstoffmangel oder einer Bewegungseinschränkung aussetzt und ihm dadurch Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zufügt;

11.

bis 17. (…)

(3) bis (5) (…)“

Verbot der Tötung
§ 6.

(1) bis (5) (…)“

Verbot von Eingriffen an Tieren
§ 7.

(1) bis (6) (…)“

Entlaufene, ausgesetzte, zurückgelassene sowie von der Behörde beschlagnahmte oder abgenommene Tiere
§ 30.

(1) bis (6) (

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten