Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AuslBG §4 Abs7;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/09/0099Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerden der Helga Engin-Deniz in Wien, vertreten durch Dr. Gerhard Engin-Deniz und Mag. Dr. Christian Reimitz, Rechtsanwälte in Wien I, Stubenring 16, gegen die Bescheide der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien jeweils vom 9. Februar 1996, Zlen. 10/6702B/153 7313 und 10/6702B/153 8101, jeweils betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz wegen entschiedener Sache, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 9.130,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Die beschwerdeführende Partei beantragte mit Schriftsatz vom 27. November 1995, der beim Arbeitsmarktservice Handel-Transport-Verkehr-Landwirtschaft Wien am 5. Dezember 1995 einlangte, die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für die polnische Staatsangehörige Mag. Anna Dykij (geboren: 28. September 1970) für die berufliche Tätigkeit "Gartenbetreuung".
Diesen Antrag wies das Arbeitsmarktservice Handel-Transport-Verkehr-Landwirtschaft Wien mit Bescheid vom 9. Jänner 1996 gemäß § 4 Abs. 7 AuslBG (in Zusammenhalt mit der Kundmachung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Bundeshöchstzahl 1996, BGBl. Nr. 763/1995, und der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung) ab.
Dagegen erhob die beschwerdeführende Partei Berufung. Sie brachte darin im wesentlichen vor, ihr Antrag sei am 27. November 1995 abgesendet worden und müsse daher am
1. Arbeitstag des Jahres 1996 der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Bearbeitung vorgelegen sein. Die Überschreitung der Bundeshöchstzahl 1996 werde aus den im einzelnen dargestellten Gründen bestritten. Ihr Antrag sei auch bereits im Jahr 1995 zur Bearbeitung vorgelegen, für die Entscheidung sei daher auch die Höchstzahl für dieses Jahr relevant. Die Abweisung sei daher auch aus diesem Grund rechtlich verfehlt. Der erstinstanzliche Bescheid sei aus den näher dargestellten Erwägungen mangelhaft begründet worden. Es hätte aufgrund der in der Berufung dargestellten Umstände (vom Bundesminister für Arbeit und Soziales) eine Bewilligung nach § 4 Abs. 8 AuslBG erteilt werden können.
2. Die beschwerdeführende Partei beantragte mit Schriftsatz vom 27. November 1995, der beim Arbeitsmarktservice Angestellte Wien am 5. Dezember 1995 einlangte, die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG für die polnische Staatsangehörige Mag. Anna Dykij (geboren: 28. September 1970) für die berufliche Tätigkeit "Sprachunterricht in der polnischen Sprache".
Diesen Antrag wies das Arbeitsmarktservice Angestellte Wien mit Bescheid vom 12. Jänner 1996 gemäß § 4 Abs. 3 Z. 11 und § 4 Abs. 7 AuslBG (den letztgenannten Versagungsgrund in Zusammenhalt mit der Kundmachung des Bundesminister für Arbeit und Soziales über die Bundeshöchstzahl 1996, BGBl. Nr. 763/1995, und der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung) ab.
Dagegen erhob die beschwerdeführende Partei Berufung. Sie erstattete auch darin wortgleich das Vorbringen, mit dem sie den genannten erstinstanzlichen Bescheid des Arbeitsmarktservice Handel-Transport-Verkehr-Landwirtschaft vom 9. Jänner 1996 bekämpft hatte, weshalb hier auf diese Ausführungen verwiesen werden kann.
3. Mit jeweils im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheiden der belangten Behörde jeweils vom 9. Februar 1996 wurde jeweils der Berufung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 68 Abs. 1 AVG keine Folge gegeben, der jeweils angefochtene erstinstanzliche Bescheid aufgehoben und jeweils der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung wegen bereits entschiedener Sache als unzulässig zurückgewiesen.
Zur Begründung führte die belangte Behörde in diesen beiden Bescheiden - soweit für den Beschwerdefall relevant und im wesentlichen wortgleich - aus, mit Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 6. November 1995 bzw. vom 5. September 1995 seien Bescheide des Arbeitsmarktservice Handel-Transport-Verkehr-Landwirtschaft Wien vom 1. August 1995 bzw. des Arbeitsmarktservice Angestellte Wien vom 20. Juli 1995 bestätigt worden; mit diesen erstinstanzlichen Bescheiden sei jeweils der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG gemäß § 4 Abs. 7 AuslBG abgewiesen worden. Diese Berufungsbescheide (vom 6. November bzw. 5. September 1995) seien rechtskräftig geworden. Am 5. Dezember 1995 (bloß einen Monat später) bzw. am 6. Dezember 1995 (bloß drei Monate später) habe die beschwerdeführende Partei neuerlich bei den erstinstanzlichen Behörden jeweils Anträge auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG für die Ausländerin Anna Dykij für die berufliche Tätigkeit als Gartenarbeiterin bzw. als Sprachlehrerin gestellt. Es liege demnach jeweils Identität der Sache vor. In den Vorverfahren sei festgestellt worden, daß die Bundeshöchstzahl 1995 überschritten gewesen sei, die beantragte Ausländerin nicht auf diese überzogene Bundeshöchstzahl anzurechnen sei und auch die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung im Bundeshöchstzahlenüberziehungsverfahren für diese Ausländerin nicht in Betracht komme. Die für das Kalenderjahr 1995 festgesetzte Bundeshöchstzahl (262 000) sei das ganze Jahr hindurch (um 10 000 bis 18 000 ausländische Arbeitskräfte) überschritten gewesen. Hinsichtlich der für das Kalenderjahr 1996 festgesetzten Bundeshöchstzahl sei - ungeachtet der Erhöhung auf 263 000 - keine Änderung eingetreten. Die Bundeshöchstzahl sei daher während der "Vorverfahrens", zum Zeitpunkt der Stellung der neuerlichen Anträge und auch im Zeitpunkt der Entscheidungen überschritten bzw. überschritten gewesen. Die für die Entscheidungen maßgeblichen Umstände hätten sich somit nicht geändert. Die jeweils rechtskräftigen Bescheide stünden neuerlichen Entscheidungen entgegen.
4. Gegen diese Bescheide richten sich die mit einem Schriftsatz und wortgleich erhobenen (hinsichtlich des erstangefochtenen Bescheides zu Zl. 96/09/0098 und hinsichtlich des zweitangefochtenen Bescheides zu Zl. 96/98/0099 protokollierten) Beschwerden.
Die belangte Behörde hat die Akten der Verwaltungsverfahren vorgelegt und in den erstatteten Gegenschriften jeweils die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
5. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:
Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch die angefochtenen Bescheide jeweils in dem Recht auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die beantragte ausländische Arbeitskraft bzw. in dem Recht darauf, daß ihre Anträge nicht gemäß § 68 AVG zurückgewiesen werden, verletzt. Sie bringt dazu im wesentlichen vor, in den Vorverfahren seien die Bundeshöchstzahl 1995 und deren Anrechnungsfälle per September 1995 bzw. Juli 1995 Grundlagen der Entscheidungen gewesen; in den Entscheidungen der Vorverfahren sei zugrunde gelegt worden, daß die beantragte Ausländerin keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz erworben habe. Es sei "völlig klar", daß sich in den gegenständlichen Verfahren die entscheidungswesentlichen Sachverhaltselemente geändert hätten. Die Bundeshöchstzahl 1996 sei erhöht worden. Es liege auf der Hand, daß die Anrechnungsfälle im Februar 1996 nicht mit der Anzahl im Juli bzw. September 1995 übereinstimmen werde. Auch die Frage, ob mittlerweile ein Anspruch auf Leistungen nach dem AlVG "erworben wurde", bedürfe einer neuerlichen Feststellung im gegenständlichen Verfahren. Nach ihren (der beschwerdeführenden Partei) Berechnungen bestehe bereits ein derartiger Anspruch, den "ich durch berechtigte vorläufige Beschäftigungen gem. § 20 AuslBG erworben habe". Dies hätte die Behörde erheben "können". Durch die Zurückweisungsbescheide sei auch ihr Recht auf Parteiengehör verletzt worden.
Dieses Vorbringen vermag den Beschwerden nicht zum Erfolg zu verhelfen.
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die - außer hier nicht in Betracht kommenden Fällen - die Abänderung eines der Berufung nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, ... wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
Die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung eines Antrages gemäß § 68 Abs. 1 AVG hängt davon ab, ob die durch den bereits in Rechtskraft erwachsenen Bescheid erledigte Sache mit der dem zurückgewiesenen Antrag zugrunde liegenden Sache ident ist. Bei der Beurteilung der Identität der Sache ist von dem im Vorbescheid angenommenen Sachverhalt unter Bedachtnahme auf die darauf angewendeten Rechtsvorschriften auszugehen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 23. Mai 1995, Zl. 94/04/0081, vom 13. Februar 1997, Zl. 94/09/0309, und vom 7. Mai 1997, Zl. 95/09/0203).
In den beiden Beschwerdefällen waren zur Beurteilung der Identität der jeweiligen Sach- und Rechtslage abweisende Bescheide vom 5. September 1995 und vom 6. November 1995 maßgebend. Daß diese Berufungsbescheide unbekämpft blieben, wird von der beschwerdeführenden Partei nicht behauptet.
Die beschwerdeführende Partei hat ihre mit den genannten Bescheiden abgewiesenen Anträge am 5. Dezember 1995 - und demnach noch im zeitlichen Anwendungsbereich der Bundeshöchstzahl 1995 - wiederholt. Diesen Anträgen sind keine relevanten Sachverhaltsänderungen zu entnehmen. Konkrete Behauptungen darüber, daß bzw. welche Änderungen des für den Versagungsgrund des § 4 Abs. 7 AuslBG maßgebenden Sachverhaltes eingetreten seien, daß daher über die am 5. Dezember 1995 gestellten Anträge neuerlich in der Sache entschieden werden müßte, hat die beschwerdeführende Partei im gesamten Verwaltungsverfahren nicht aufgestellt, sodaß solcherart kein eine neue Sachentscheidung rechtfertigender Sachverhalt vorgelegen ist (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1993, Zl. 93/09/0076).
Auch in den Beschwerden wird keine wesentliche Sachverhaltsänderung dargetan. Soweit in den Beschwerden eine Änderung des maßgebenden Sachverhaltes unter Hinweis auf den Stand der Anrechnungsfälle im Februar 1996 geltend gemacht wird, verkennt die beschwerdeführende Partei, daß diese Änderung im Hinblick auf die (auch im Kalenderjahr 1996 nicht weggefallene, somit) unverändert gebliebene Überschreitung der Bundeshöchstzahl nicht wesentlich ist und keine anderslautende Entscheidung über ihre Ansuchen ermöglicht hätte (vgl. in dieser Hinsicht die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 625, E 24 und 25 wiedergegebene hg. Judikatur; sowie das hg. Erkenntnis vom 6. März 1997, Zlen. 94/09/0148, 94/09/0366). Daran vermag die mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. April 1997, Zl. 97/09/0071, erfolgte Aufhebung des Bescheides der belangten Behörde vom 5. September 1995 (Zl. 10/6702 B/148 3962) nichts zu ändern, weil sich auch dadurch in dem zur
hg. Zl. 96/09/0099, protokollierten (den zweitangefochtenen Bescheid betreffenden) Beschwerdefall an der Unzulässigkeit des zweiten Antrages der beschwerdeführenden Partei in derselben Sache nichts geändert hat (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1993, Zl. 93/09/0076). Es wird aber auch mit der Behauptung, die Ausländerin habe "durch berechtigte vorläufige Beschäftigungen" einen Anspruch nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz erworben, kein wesentliche, eine neue Sachentscheidung rechtfertigende Sachverhaltsänderung dargetan, weil diesem Beschwerdevorbringen nicht nachvollziehbar entnommen werden kann, daß die beantragte Ausländerin Anspruch auf Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz hat. Im übrigen wird hinsichtlich dieser Rechtsfrage auch gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Begründung des die beschwerdeführende Partei betreffenden hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1998, Zl. 97/09/0297, verwiesen.
Bei diesem Ergebnis mangelt es schon aus den dargelegten Gründen den in den Beschwerden behaupteten Verfahrensverletzungen an der erforderlichen Relevanz (§ 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG).
Die Beschwerden erweisen sich somit aus den dargelegten Erwägungen als unbegründet. Sie waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG (insbesondere auch § 52 Abs. 1 VwGG) in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Zurückweisung wegen entschiedener SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996090098.X00Im RIS seit
03.04.2001