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ForstrechtNorm
ForstG 1975 §174 Abs1 lita Z18Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hinterauer und die Hofräte Dr. Schima, Dr. Kirschner, Dr. Salcher und DDr. Hauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Landesgerichtsrat Dr. Gerhard, über die Beschwerde des DDr. H A in G, vertreten durch Dr. Franz Insam, Rechtsanwalt in Graz, Burggasse 16/II, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 8. August 1977, Zl. 8-253/A 23/1-1977, betreffend Bestrafung wegen Übertretung von forstrechtlichen Vorschriften, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 3.340,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren an Aufwandersatz wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Waldgrundstückes Nr. n/1, KG. S, Gerichtsbezirk Graz. Im Frühjahr 1976 verursachte eine in der Nachbarschaft wohnende Frau auf dem Waldgrundstück des Beschwerdeführers einen Waldbrand.
Die Bezirksforstinspektion Graz erstattete im Juni 1976 bei der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung die Anzeige, es sei am 1. Juni 1976 festgestellt worden, daß der Beschwerdeführer als Waldbesitzer im mittleren westlichen Teil des vorgenannten Waldgrundstückes durch einen Waldbrand verursachte Schadhölzer mit einer geschätzten Masse von 80 Festmetern nicht aufgearbeitet und nicht entrindet, noch sonstwie bekämpfungstechnisch behandelt habe. Der Großteil der Schadhölzer sei bereits stark von Borkenkäfern befallen.
Am 10. Mai 1976 sei die Gattin des Beschwerdeführers zur Vermeidung eines Strafverfahrens telefonisch auf die einschlägigen forstgesetzlichen Bestimmungen ausdrücklich aufmerksam gemacht worden. Der Beschwerdeführer habe seinen Vorsorgepflichten gemäß § 44 Abs. 1 lit. a und b des Forstgesetzes vom 3. Juli 1975, BGBl. Nr. 440 (FG 1975), nicht genügt. Ebenso habe der Beschwerdeführer auch gegen die §§ 1, 3 und 6 der Verordnung vom 14. Februar 1963, BGBl. Nr. 32, zur Durchführung von Bestimmungen des Forstrechts-Bereinigungsgesetzes (Forstverordnung) verstoßen.
Zur Rechtfertigung aufgefordert, gab der Beschwerdeführer vor dem Magistrat Graz am 27. Juli 1976 zu Protokoll, es sei richtig, daß er auf dem gegenständlichen Grundstück „eine Plenterung“ vornehmen wolle. Dies sei bisher deshalb nicht geschehen, weil er keine Forstarbeiter bekommen habe können. Auch sei der Beschwerdeführer selbst durch seine Krankheit nicht in der Lage, diese Arbeiten durchzuführen. Beim Waldbrand sei ein Schaden von ca. 6 Festmetern an Schadhölzer entstanden. Die Hauptschäden seien durch Schäden von Jungholz entstanden. Es sei bereits von einem Organ der Landwirtschaftskammer für Steiermark eine Begutachtung des Schadens durchgeführt worden. Die Verursacherin des Waldbrandes sei rechtskräftig verurteilt worden. Mit den notwendigen Arbeiten werde spätestens in einer Woche begonnen werden.
In einer späteren Äußerung vom 5. April 1977 nahm die Bezirksforstinspektion Graz auf eine Stellungnahme des Beschwerdeführers Bezug, die nicht im gegenständlichen Strafakt liegt. Auch in der Berufungsschrift kommt der Beschwerdeführer auf seine Rechtfertigung vom 17. November 1976 zurück, welche dem Verwaltungsgerichtshof nicht vorgelegt worden ist.
Laut Stellungnahme der Bezirksforstinspektion Graz vom 5. April 1977 führte der Beschwerdeführer aus, daß er sich sogleich nach dem Brand bemüht hätte, einerseits Holzarbeiter für die Aufarbeitung der Schadhölzer zu finden und anderseits von der Bezirksforstinspektion zu erreichen, daß die angeblich käferbefallenen Bäume einzeln ausgezeigt würden. Trotz intensiven Bemühens sei es dem Beschwerdeführer erst vor einigen Monaten gelungen, beide Vorhaben zu verwirklichen. Nach Ansicht des Beschwerdeführers habe die Bezirksforstinspektion die Behauptung, daß ca. 80 Festmeter Holz schädlingsbefallen seien, später dahingehend einschränken müssen, daß nur einzelne Bäume von Schädlingen befallen worden seien. Der Beschwerdeführer sei weiters der Meinungso die Äußerung der Bezirksforstinspektion Graz, daß er mit dem Bemühen, die Hölzer möglichst rasch aufarbeiten zu lassen, seiner Pflicht Genüge getan hätte. Daß es dem Beschwerdeführer erst vor einigen Monaten gelungen sei, die Aufarbeitung durchführen zu lassen, könne ihm nicht als Verschulden angerechnet werden. Hier gelte nicht das Prinzip der Erfolgshaftung, sondern das einer Verschuldenshaftung. Wäre der Beschwerdeführer dem ursprünglichen Auftrag, die gesamten vom Brand geschädigten Kiefern sogleich zu schlägern, nachgekommen, hätte dies bedeutet, daß er, der Beschwerdeführer, eine wesentlich größere Entwertung des Holzes hätte hinnehmen müssen. Durch den Käferbefall im Wald sei keineswegsso der Beschwerdeführerein Schaden entstanden und es sei auch ein „Schadensbefall“ im Jahr 1977 nicht zu erwarten. Die Sachlage wäre nach Meinung des Beschwerdeführers eine andere, wenn ihn ein Mitverschulden am Waldbrand treffen würde bzw. wenn er selbst eine Nutzung vorgenommen hätte, ohne das Holz entsprechend zu entrinden.
Die Bezirksforstinspektion Graz sprach sich gegen diein ihrer Stellungnahme in indirekter Rede wiedergegebeneÄußerung des Beschwerdeführers aus. Auf diese Äußerung hat sich die Bezirkshauptmannschaft Graz Umgebung weitgehend in der Begründung des nachmaligen Straferkenntnisses bezogen. Der Beschwerdeführer habe sich um die Aufarbeitung der Schadhölzer offensichtlich nicht hinlänglich bemüht, nachdem es in kurzer Zeit nach Einbringung der Strafanzeige möglich gewesen sei, mit der Aufarbeitung zu beginnen, wogegen sich der Beschwerdeführer vorher trotz Bestehens der gesetzlichen Verpflichtung bzw. nach ausdrücklichem Hinweis auf die einschlägigen forstgesetzlichen Bestimmungen Zeit gelassen habe.
Mit Straferkenntnis vom 26. April 1977 erkannte die Bezirkshauptmannschaft Graz Umgebung den Beschwerdeführer für schuldig, im mittleren westlichen Teil des Waldgrundstückes Nr. /1 der Katastralgemeinde S. durch einen Waldbrand verursachte Schadhölzer mit einer geschätzten Masse von 80 Festmetern nicht aufgearbeitet, entrindet noch sonstwie bekämpfungstechnisch behandelt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 44 FG 1975 in Verbindung mit den §§ 1, 3 und 6 der Forstverordnung „im Sinne des § 81 Forstgesetz“ begangen zu haben. Gemäß § 174 Abs. 1 lit. a Pkt. 18 (die Gesetzesbezeichnung fehlt, gemeint offenbar: FG 1975) wurde gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 2.000,, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von vier Tagen, verhängt.
Der Rechtfertigung des Beschwerdeführers hielt die Verwaltungsbehörde erster Instanz entgegen, daß gemäß § 44 Abs. 1 FG 1975 der Waldeigentümer einer Schädigung des Waldes gemäß § 44 Abs. 1 FG 1975 in geeigneter Weise vorzubeugen und Forstschädlinge zu bekämpfen habe. Bedeutungslos sei, ob die Gefahr des Schädlingsbefalles infolge eines Naturereignisses, durch Dritte oder durch den Waldeigentümer selbst herbeigeführt werde. Es sei daher verfehlt, von einer Verschuldenshaftung statt von einer Erfolgshaftung zu sprechen. Unrichtig sei es auch, daß der Beschwerdeführer keine umgehende „Auszeige“ der schädlingsbefallenen Stämme durch die Bezirksforstinspektion Graz habe erreichen können. Ebensowenig habe auch die Forstinspektion ihre Anzeige revidieren müssen.
Gemäß § 3 der Forstverordnung seien Nadelhölzer, die u. a. durch sonstige organische Einflüsse geworfen, gebrochen oder sonstwie geschädigt worden seien (Schadhölzer), wenn die Gefahr einer Forstschädlingsbekämpfung ansonsten nicht hintangehalten werden könne, unverzüglich zu fällen und bekämpfungstechnisch zu behandeln. Dies habe der Beschwerdeführer unterlassen. Bei der Strafbemessung sei nichts mildernd gewesen. Auf die wirtschaftlichen Verhältnisse sei Bedacht genommen worden und es entspreche die Strafe dem Verschulden.
Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung. Unter Bezugnahme auf seinenicht im Akt liegendeRechtfertigung vom 17. November 1976, die zum Inhalt der Berufung gemacht wurde, legte der Beschwerdeführer dar, er habe alle möglichen und zumutbaren Schritte unternommen, um die Schlägerung der Bäume im Waldbrandgebiet und die Entrindung der Bäume vornehmen zu lassen. Der Beschwerdeführer habe unbedingt Holzarbeiter benötigt, die er aber trotz vorheriger eifriger Bemühung erst später bekommen habe.
Eine Schädlingsbekämpfung etwa durch Ausspritzen von Flüssigkeiten ohne Schlägerung der Bäume sei undurchführbar gewesen. Der Beschwerdeführer sei aus Krankheitsgründen nicht in der Lage gewesen, selbst eine Holzschlägerung durchzuführen. Anders würde es sich bei sogenannten Windoder Schneebrüchen verhalten; hierbei würden die Bäume meist flach auf dem Boden liegen und könnten mit Sprühmitteln gegen Schädlinge behandelt werden, wozu qualifizierte Holzarbeiter nicht benötigt würden. Nach durchgeführter Schlägerung und Entrindung der Bäume habe sich herausgestellt, daß nur wenige Bäume und auch diese nur sehr geringgradig von Schädlingen befallen gewesen seien. Zwecks Feststellung dieser Tatsache werde die Abhaltung eines Ortsaugenscheines beantragt, weil das Holz, das derzeit noch dort liege, bald weggebracht werden solle. Abschließend wies der Beschwerdeführer noch darauf hin, daß gegen die Urheberin des Waldbrandes ein Zivilprozeß angestrengt worden sei und die Beklagte auch bereits einen Teilbetrag von S 20.000,anerkannt und bezahlt habe.
Der Landeshauptmann von Steiermark befaßte im Zuge des Rechtsmittelverfahrens die Fachabteilung für das Forstwesen beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung mit dem Gegenstand. Diese gab mit Datum 20. Juli 1977 eine Äußerung ab. Hierin führte sie aus, daß der Beschwerdeführer sich damit entschuldigen wolle, daß er nicht sofort eine Aufarbeitungspartie zur Beseitigung der Schädlinge habe finden können und daß außerdem nur ein geringer Befallgrad an Schädlingen bei der Schlägerung und Entrindung festgestellt worden sei. Eine örtliche Erhebung am 18. Juli 1977 habe ergeben, daß im Jahr 1976 knapp vor der Hitzeperiode Juni/Juli 1976 ein größeres Waldareal geschädigt worden sei. Da hierauf ein Befall von Forstschädlingen festgestellt worden sei, habe der Erfahrung entsprechend mit einer erhöhten Vermehrung gerechnet werden müssen. Dies zeige sich beispielsweise im Jahr 1977, in dem durch die vorjährige Hitzewelle bedingt ungemein viele „Käferbäume“ in Beständen mit schlechter Wasserversorgung auftreten würden. § 44 FG 1975 bzw. die Forstverordnung treffe ausdrückliche Bestimmungen für die Aufarbeitung von beschädigten Nadelhölzern bzw. für die Schädlingsbekämpfung. Allfällige Beeinträchtigungen des Waldbesitzes (soll wohl heißen: Waldbesitzers) durch Krankheit oder andere Umstände, wodurch diese Anordnungen verzögert oder hinausgeschoben würden, könnten keine Entschuldigung darstellen. Es sei auch belanglos, ob die gesamte geschätzte Holzmasse von rund 80 Festmetern befallen gewesen sei oder nur ein geringer Teil davon. Die Tatsache, daß eine Vermehrungsgefahr von Forstschädlingen bestanden habe, werde dadurch bestätigt, daß im unmittelbar südlich angrenzenden Bestand mehrere Käferbäume stünden, die zur Hintanhaltung einer Verbreitungsgefahr von Forstschädlingen hätten ebenfalls sofort gefällt werden müssen.
Mit dem nunmehr durch Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 8. August 1977 hat der Landeshauptmann von Steiermark der Berufung des Beschwerdeführers nicht Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz Umgebung vom 26. April 1977 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 bestätigt.
Diesen Bescheid hat die Behörde wie folgt begründet:
Angesichts der verzögerten Aufarbeitung, die offenbar erst dann erfolgt sei, als das Strafverfahren eingeleitet worden sei, erscheine das Strafausmaß angemessen. Auf Grund des Sachverhaltes und dessen zutreffender rechtlicher Beurteilung habe die Berufungsbehörde die angelastete Gesetzesübertretung, insbesondere die Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers für den rechtswidrigen Zustand als gegeben anzunehmen, sodaß das angefochtene Straferkenntnis ohne weitere Verfahrensergänzungen zufolge der erstinstanzlichen Erhebungsergebnisse dem Grunde nach zu bestätigen gewesen sei. Gründe für eine Herabsetzung der gesetzmäßig verhängten Verwaltungsstrafe seien nicht hervorgekommen. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 8. August 1977 richtet sich die vorliegende wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde; der Beschwerdeführer erachtet sich in seinen aus § 1 VStG 1950 sowie § 44 FG 1975 sich ergebenden Rechten verletzt.
Über diese Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof unter Bedachtnahme auf die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift erwogen:
Der Landeshauptmann von Steiermark hat den gegen den Beschwerdeführer im Instanzenzug bestätigten Schuldspruch auf § 44 FG 1975 gestützt, welcher die Maßnahmen bei Schädlingsbefall oder gefahrdrohender Schädlingsvermehrung zum Gegenstand hat.
Gemäß § 44 Abs. 1 FG 1975 hat der Waldeigentümer in geeigneter, ihm zumutbarer Weise a) der Gefahr einer Schädigung des Waldes durch Forstschädlinge vorzubeugen und b) Forstschädlinge, die sich bereits in gefahrdrohender Weise vermehren, wirksam zu bekämpfen.
Sind durch die Schädlingsgefahr noch andere Wälder bedroht, so hat die Behörde nach dem zweiten Absatz dieses Paragraphen, wenn es die erfolgreiche Vorbeugung oder Bekämpfung erfordert, den Waldeigentümern des gefährdeten Gebietes gemeinsam oder gleichzeitig durchzuführende Maßnahmen durch Bescheid oder Verordnung vorzuschreiben.
Den Akten, insbesondere der Begründung der Bescheide erster und zweiter Instanz, ist zu entnehmen, daß die Verwaltungsbehörden den ersten Absatz des § 44 FG 1975 herangezogen haben.
Gestützt wurde der Schuldspruch auf § 44 „im Zusammenhalt mit § 1, § 3 und § 6 der Forstverordnung“.
Die Forstverordnung ist zufolge § 181 Abs. 1 Z. 1 FG 1975 bis 31. Dezember 1977also auch in dem hier maßgebenden Zeitraumals Bundesgesetz in Geltung gestanden.
§ 1 der Forstverordnung, die ursprünglich als Ausführungsverordnung zum Forstrecht Bereinigungsgesetz vom 12. Juli 1962, BGBl. Nr. 222, erlassen wurde, traf Bestimmungen über die Behandlung von Nadelhölzern hinsichtlich der Schädlingsbekämpfung. § 3 der Forstverordnung regelte die Fällung und Behandlung von Schadhölzern. § 6 der Forstverordnung traf sonstige Bestimmungen über einschlägige Maßnahmen.
Die Behörden haben ferner im Ausspruch über die Strafe § 174 Abs. 1 lit. a Pkt. 18 FG 1975 angeführt.
Nach dieser Vorschrift begeht eine Verwaltungsübertretung, wer die gemäß § 44 Abs. 1 bis 3 und 6 erster Satz FG 1975 vorgeschriebene Bekämpfung von Forstschädlingen unterläßt oder einer gemäß Absatz 7 getroffenen Anordnung zuwiderhandelt. Diese Übertretung ist mit einer Geldstrafe bis zu S 60.000,oder mit Arrest bis zu vier Wochen zu ahnden.
Schließlich sind zufolge § 181 Abs. 2 FG 1975 auf Übertretungen der gemäß Absatz 1 aufrechterhaltenen Rechtsvorschriftendarunter auch auf Übertretungen der Forstverordnung, BGBl. Nr. 32/1963die Bestimmungen des § 174 FG 1975 sinngemäß anzuwenden.
In der Beschwerde wird vorgebracht, daß die belangte Behörde zu Unrecht an dem Prinzip der Erfolgshaftung festhalte. Es gehe nicht deutlich aus dem Straferkenntnis hervor, wieviel Zeit zwischen dem Beginn der Möglichkeit einer behaupteten Insektenvermehrung und der tatsächlich durchgeführten Schlägerung vergangen sei. Auch sei unklar, von welchem Zeitpunkt an ein rechtswidriges Verhalten des Beschwerdeführers angenommen werden könne. Das sei aber wesentlich dafür, ob ein „Unterlassungsverschulden“ des Waldbesitzers angenommen werden könne. Die belangte Behörde habe auch übersehen, daß das Forstgesetz 1975 in seinem § 44 Abs. 1 ausdrücklich nur von zumutbaren Leistungen spreche. Für einen kleineren Waldbesitzer, der über kein eigenes Forstpersonal verfüge, sei die Durchführung der Holzschlägerung jedenfalls eine Sache, die über eine Reihe von Monaten hinaus geplant werden müsse. Während die Forstbehörde ursprünglich den Standpunkt vertreten habe, es müßte die gesamte Brandfläche geschlägert werden, sei dieser Standpunkt im September 1976 geändert und die Ansicht vertreten worden, es genüge die Schlägerung von einzelnen Stämmen.
Dem Beschwerdeführer wurde eine gesetzwidrige Unterlassung insofern zur Last gelegt, als er seinen im § 44 Abs. 1 FG 1975 näher umschriebenen Handlungspflichten nicht nachgekommen sei. Die Anführung der Forstverordnung sollte eine Erläuterung zu § 44 FG 1975 darstellen, der von der belangten Behörde als Tatbestand herangezogen worden ist. § 44 Abs. 1 FG 1975 verpflichtet den Waldeigentümer zu Maßnahmen bei Schädlingsbefall oder gefahrdrohender Schädlingsvermehrung zu bestimmten positiven Handlungen in geeigneter, dem Waldeigentümer zumutbarer Weise.
Der angefochtene Bescheid ist mit einem Mangel insofern behaftet, als er den Tatzeitraum des dem Beschwerdeführer angelasteten Deliktesungeachtet der Vorschrift des § 44 a lit. a VStG 1950, wonach der Spruch des Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat anzuführen hatweder im Spruch noch auch in der Begründung angeführt hat. Im Beschwerdefall hätte die belangte Behörde angeben müssen, in welchem Zeitraum der Beschwerdeführer das vorschriftswidrige Verhalten gesetzt und aufrechterhalten hat; dies deshalb, um das dem Beschwerdeführer angelastete Verhalten hinreichend individualisieren und verwaltungsstrafrechtlich würdigen zu können. In dieser Unterlassung ist ein wesentlicher Verfahrensmangel gelegen, denn § 44 Abs. 1 FG 1975 verpflichtet den Waldeigentümer zu Maßnahmen bei Schädlingsbefall oder gefahrdrohender Schädlingsvermehrung zu bestimmten positiven Handlungen in geeigneter, dem Waldeigentümer zumutbarer Weise. Kam nun der Beschwerdeführer den im § 44 Abs. 1 FG 1975 umschriebenen Handlungspflichten nicht nach, so hätte es der Feststellung bedurft, ab welchem Zeitpunkt dem Beschwerdeführer eine Maßnahme nach § 44 Abs. 1 FG 1975 hätte zugemutet werden können.
Im übrigen hat der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren eingewendet, daß ihm ein Tätigwerden unmittelbar nach dem Waldbrand und auch einige Zeit danach nicht zumutbar gewesen sei. So behauptet der Beschwerdeführer, er sei krank gewesen, er habe keine Holzfällerpartie gefunden und außerdem habe die zuständige Forstinspektion selbst im weiteren Verlauf den verlangten Umfang der Bekämpfungsmaßnahmen reduziert. Die belangte Behörde ist auf diese Einwendung des Beschwerdeführers nicht in hinlänglichem Maß eingegangen und hat sich im wesentlichen die Argumentation der Bezirksforstinspektion zu eigen gemacht, daß der Beschwerdeführer nach Einleitung des Strafverfahrens umgehend tätig geworden sei, was die Zumutbarkeit der verlangten Maßnahmen hinlänglich dartue. Eine solche Darlegung genügt dem Erfordernis einer ordnungsgemäßen Begründung im Sinne des § 60 AVG 1950der zufolge § 24 VStG 1950 auch im Strafverfahren giltnicht, weil die Feststellung, daß der Beschwerdeführer nach Einleitung des Strafverfahrens umgehend tätig geworden sei, nicht die Behauptung des Beschuldigten widerlegt, daß er ursprünglich keine Holzarbeiter bekommen habe.
Aus den dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 VwGG 1965 aufzuheben, wobei gemäß § 39 Abs. 2 lit. c VwGG 1965 von der Anberaumung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden konnte.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich noch zu dem Hinweis veranlaßt, daßausgehend vom Rechtsstandpunkt der belangten Behördegemäß § 44 a lit. b VStG 1950 als Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, beim Schuldspruch außer dem § 44 Abs. 1 FG 1975 ausdrücklich auch § 174 Abs. 1 lit. a Z. 18 FG 1975 anzuführen gewesen wäre.
Im fortzusetzenden Verfahren wird die belangte Behörde dem Beschwerdeführer gemäß § 45 Abs. 3 AVG 1950 in Verbindung mit § 24 VStG 1950 auch Gelegenheit zu geben haben, zu den im Berufungsverfahren vorgenommenen ergänzenden Ermittlungend. i. zu der gutachtlichen Äußerung der zuständigen Fachabteilung beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung, die sich unter anderem auf eine an Ort und Stelle vorgenommene Besichtigung am 18. Juli 1977 bezogen hatStellung zu nehmen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz an den Beschwerdeführer gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 und auf Art. I A Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 31. Oktober 1977, BGBl. Nr. 542. Die gesonderte Zuerkennung von Aufwandersatz für Umsatzsteuer ist im Gesetz nicht vorgesehen.
Das Mehrbegehren des Beschwerdeführers auf Aufwandersatz war daher als unbegründet abzuweisen.
Wien, 6. September 1978
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatzeit Dauerdelikt "Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff UnterlassungsdeliktEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1978:1977002188.X00Im RIS seit
05.08.2020Zuletzt aktualisiert am
05.08.2020