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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AsylG 2005 §19 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Terlitza als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision des B A in I, vertreten durch Mag. Paul Hechenberger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Bozner Platz 7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. April 2020, Zl. G309 2194383-1/11E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein irakischer Staatsangehöriger, stellte am 10. Juni 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2 Mit Bescheid vom 28. März 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag auf internationalen Schutz zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung in den Irak zulässig sei und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Begründend führte das BVwG - zusammengefasst und soweit für den Revisionsfall relevant nach näherer Beweiswürdigung - aus, es erachte das Vorbringen des Revisionswerbers als unglaubwürdig.
5 Dagegen erhob der Revisionswerber gegenständliche außerordentliche Revision.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Das Zulässigkeitsvorbringen der Revision wendet sich ausschließlich gegen die Beweiswürdigung des BVwG. Dazu ist zunächst auszuführen, dass der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig und zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 5.11.2019, Ra 2019/01/0348, mwN).
10 Richtig ist, dass der Verwaltungsgerichtshof in seiner mittlerweile gefestigten Rechtsprechung zwar wiederholt Bedenken gegen die unreflektierte Verwertung von Beweisergebnissen der Erstbefragung erhoben hat, weil sich diese Einvernahme nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat. Gleichwohl hat der Verwaltungsgerichtshof insofern aber betont, dass es nicht generell unzulässig ist, sich auf eine Steigerung des Fluchtvorbringens zwischen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der weiteren Einvernahme eines Asylwerbers zu stützen (vgl. etwa VwGH 3.9.2019, Ra 2018/01/0187; 18.5.2020, Ra 2020/18/0136; jeweils mwN). Es ist auch gemäß § 19 Abs. 1 AsylG 2005 weder der Behörde noch dem BVwG verwehrt, im Rahmen beweiswürdigender Überlegungen Widersprüche und sonstige Ungereimtheiten in den Angaben in der Erstbefragung zu späteren Angaben - unter Abklärung und in der Begründung vorzunehmender Offenlegung, worauf diese fallbezogen zurückzuführen sind - einzubeziehen (vgl. erneut VwGH 5.11.2019, Ra 2019/01/0348, mwN).
11 Im vorliegenden Fall stützte sich das BVwG in seiner Beweiswürdigung auf zusätzliche, für sich tragende Erwägungen, denen die Revision nicht substantiiert entgegentritt; die Beweiswürdigung begegnet damit keinen Bedenken im Sinn der dargestellten Rechtsprechung. Auch sonst vermag die Revision einen derart krassen, die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Fehler der Beweiswürdigung des BVwG nicht darzulegen.
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, weshalb die Revision zurückzuweisen war.
13 Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 20. Juli 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020010210.L00Im RIS seit
03.09.2020Zuletzt aktualisiert am
03.09.2020