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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art138 Abs1 litbLeitsatz
Zurückweisung eines Antrags auf Entscheidung eines negativen Kompetenzkonfliktes zwischen Verfassungsgerichtshof und Verwaltungsgerichtshof mangels Vorliegen eines Kompetenzkonfliktes aufgrund nicht erfolgter Anrufung des Verfassungsgerichtshofes; Abweisung des Antrags auf Bewilligung der Verfahrenshilfe als aussichtslosSpruch
I. Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.
II. Der Antrag auf Entscheidung eines verneinenden Kompetenzkonfliktes wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 7. November 1994 wurde der Antrag des Einschreiters auf Erteilung eines Abschiebungsaufschubes gemäß §36 Abs2 iVm. §37 FremdenG abgewiesen.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der Einschreiter Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof, der sie mit Beschluß vom 7. September 1995 als gegenstandslos erklärte und das Verfahren einstellte. Er begründete dies damit, daß die Rechtsstellung des Einschreiters auch durch ein stattgebendes Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes nicht verbessert werden könnte, weil ein Abschiebungsaufschub jeweils nur für ein Jahr ab Antragstellung - im gegebenen Fall also nur bis zum 11. Juli 1995 - gewährt werden dürfe.
3. Mit seiner nunmehrigen Eingabe stellt der Einschreiter beim Verfassungsgerichtshof einen auf Art138 Abs1 litb B-VG (§46 Abs1 VerfGG 1953) gestützten Antrag auf Entscheidung eines (verneinenden) Kompetenzkonfliktes zwischen dem Verwaltungsgerichtshof einerseits und dem Verfassungsgerichtshof andererseits.
Zur Begründung seines Antrages verweist der Einschreiter im wesentlichen darauf, daß der Verfassungsgerichtshof "in als ständige erscheinender Rechtsprechung die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid, mit welchem ein Antrag gem §36 FrG abgewiesen wurde, abgelehnt" und, soferne dies beantragt worden sei, solche Beschwerden dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten habe. Ebenso habe jedoch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Behandlung derartiger Beschwerden "(in Form der Einstellung des Verfahrens als gegenstandslos) ... zumindest für den gegenständlichen Fall, daß der erzielbare Abschiebungsaufschub zur Zeit der Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof schon verstrichen wäre", abgelehnt.
Der Antragsteller begehrt, der Verfassungsgerichtshof möge "den derart aufgetretenen Kompetenzkonflikt entscheiden und aussprechen, ob der Verwaltungsgerichtshof oder der Verfassungsgerichtshof zur Behandlung der Bescheidbeschwerde vom 21.12.1994 zuständig ist."
II. 1. Gemäß Art138 Abs1 litb B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Kompetenzkonflikte "zwischen dem Verwaltungsgerichtshof und allen anderen Gerichten, insbesondere auch zwischen dem Verwaltungsgerichtshof und dem Verfassungsgerichtshof selbst, sowie zwischen den ordentlichen Gerichten und anderen Gerichten".
Nach der zitierten Verfassungsbestimmung iVm §46 Abs1 VerfGG 1953 besteht ein verneinender Kompetenzkonflikt u.a. dann, wenn
"in derselben Sache ... der Verwaltungsgerichtshof und der Verfassungsgerichtshof ... die Zuständigkeit abgelehnt haben",
obwohl eines der beiden Gerichte zuständig gewesen wäre. Mit anderen Worten, wenn sich einer der beiden Gerichtshöfe zu Unrecht aus dem Grund der Unzuständigkeit geweigert hat, über einen vom Einschreiter gestellten Antrag eine Entscheidung in der Sache zu treffen (vgl. zB. VfSlg. 2429/1952, 4554/1963, 6046/1969, 13249/1992, 13409/1993; zuletzt etwa VfGH 30.6.1995, KI-6/95-7 ua.).
Zwar trifft es zu, daß auch dann, wenn einerseits der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde abgelehnt und diese gemäß Art144 Abs3 B-VG über Antrag des Beschwerdeführers zur Entscheidung darüber, ob letzterer in sonstigen Rechten verletzt wurde, dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat, und andererseits der Verwaltungsgerichtshof die an ihn abgetretene Beschwerde zurückgewiesen hat, ein Kompetenzkonflikt, der gemäß Art138 Abs1 litb B-VG zu entscheiden ist, vorliegen kann; dies dann, wenn entweder die Abtretung unzulässig war, weil es sich um einen Fall handelt, der gemäß Art133 B-VG von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen ist und dessen Behandlung daher gemäß Art144 Abs2 B-VG vom Verfassungsgerichtshof nicht hätte abgelehnt werden dürfen, oder aber - sofern dies nicht der Fall ist - wenn der Verwaltungsgerichtshof seine Zuständigkeit in derselben Sache zu Unrecht verneint hat (s. VfGH 14.12.1994, KI-1/94, 30.6.1995, KI-6/95-7 ua.).
Allerdings liegt ein verneinender Kompetenzkonflikt nur dann vor, wenn zwei Behörden bzw. zwei Gerichte in derselben Sache angerufen wurden und beide Behörden bzw. Gerichte die Entscheidung der Sache (aus dem Grund der Unzuständigkeit) abgelehnt haben - davon eine zu Unrecht (s. zB VfSlg. 4554/1963, 11862/1988; 13249/1992, Pkt. 2.2; vgl. auch VfSlg. 11925/1988, Pkt. II.1).
Auch eine behauptete "ständig erscheinende Rechtsprechung" einer der beiden Behörden bzw. eines der beiden Gerichte kann dieses Erfordernis nicht substituieren.
2. Gegen den in Rede stehenden Bescheid ist eine Anrufung des Verfassungsgerichtshofes - wie oben ausgeführt und vom Antragsteller selbst zugestanden - nicht erfolgt; ein (verneinender) Kompetenzkonflikt konnte deshalb a priori nicht entstehen.
3. Da somit die vom Einschreiter beabsichtigte Rechtsverfolgung vor dem Verfassungsgerichtshof offenbar aussichtslos erscheint, mußte sein unter einem mit dem Antrag auf Entscheidung eines verneinenden Kompetenzkonfliktes gestellter Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abgewiesen werden (§63 Abs1 ZPO iVm §35 VerfGG 1953).
Aus den oa. Gründen wird zugleich der Antrag auf Entscheidung eines verneinenden Kompetenzkonfliktes zurückgewiesen.
III. Diese Beschlüsse konnten
gemäß §72 Abs1 ZPO iVm §35 VerfGG 1953 bzw. §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.
Schlagworte
VfGH / Kompetenzkonflikt, VfGH / VerfahrenshilfeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1996:KI14.1995Dokumentnummer
JFT_10039694_95K0I014_00