Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Hon.-Prof. Dr. Höllwerth, Dr. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. M***** D*****, vertreten durch Brand Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei F***** AG, *****, vertreten durch Dorda Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 16.354,47 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 31. Jänner 2020, GZ 1 R 120/19b-21, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 22. Juli 2019, GZ 16 Cg 50/18d-9, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.175,22 EUR (darin enthalten 195,87 EUR an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 iVm § 500 Abs 2 Z 3 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig. Die Entscheidung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).
1. Die Vorinstanzen erachteten aufgrund einer verständlichen und inhaltlich richtigen Belehrung nach § 165a VersVG durch den beklagten Versicherer den vom Kläger erklärten (Spät-)Rücktritt als verfristet. Diese Beurteilung ist nicht zu beanstanden:
1.1 Der Versicherungsantrag enthält in seinen „Schlusserklärungen bezüglich des Abschlusses dieser beantragten Versicherung“ unter der fettgedruckten Überschrift „Rücktrittsrecht laut § 5b, § 38 und § 165a Versicherungsvertragsgesetz bzw § 3 und § 34 Konsumentenschutzgesetz“ unter der ebenfalls fettgedruckten Überschrift „§ 165a VersVG“ den § 165a VersVG in der anzuwendenden Fassung BGBl I 1997/6 entsprechenden Hinweis auf die Möglichkeit des Rücktritts binnen 14 Tagen ab Zustandekommen des Vertrags.
1.2 Der Belehrung ist die Rücktrittsfrist
– 14 Tage – eindeutig zu entnehmen. Der Fachsenat ist auch bereits in der Entscheidung 7 Ob 4/20v zu dem Ergebnis gelangt, dass im Fall der dort vergleichbaren Belehrung über das Rücktrittsrecht, die Rücktrittsfrist nach § 165a Abs 1 VersVG (idF BGBl I 1997/6) mit dem Zeitpunkt zu laufen begonnen hat, zu dem der Versicherungsnehmer davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass der Vertrag geschlossen ist, also mit Zugang der Polizze (vgl weiters 7 Ob 3/20x, 7 Ob 6/20p, 7 Ob 16/20h, 7 Ob 67/20h).
2.2 Auch der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer folgert bereits aus dem Fehlen eines Formgebots die Formfreiheit des Rücktrittsrechts. Einer weiteren Erläuterung der Formfreiheit bedarf es nicht.
2.3 Dass der Begriff „Rücktritt“ im Zusammenhang mit einem kurz zuvor abgeschlossenen Vertrag, die einseitige Lösung von diesem Vertrag bedeutet, entspricht dem Verständnis eines durchschnittlich versierten Versicherungsnehmers und bedarf insoweit keiner näheren Erklärung. Dass ein nach § 165a Abs 1 VersVG (idF BGBl I 1997/6) fristgerecht erklärter Rücktritt dazu führt, dass künftig die wechselseitigen Hauptleistungspflichten entfallen, ist ebenfalls selbstverständlich (7 Ob 67/20h).
2.4 Einer Belehrung über die wirtschaftlichen Folgen eines Spätrücktritts, insbesondere über die daraus resultierenden Rückabwicklungsansprüche, bedurfte es schon deshalb nicht, weil dem Kläger ein sogenannter Spätrücktritt bereits wegen Nichteinhaltung der für einen Rücktritt gesetzlich vorgesehenen Frist, über die er auch belehrt wurde, von vornherein nicht zustand (7 Ob 67/20h).
3. Die Kostenentscheidung gründet auf die §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
Textnummer
E128749European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:0070OB00094.20D.0624.000Im RIS seit
05.08.2020Zuletzt aktualisiert am
09.12.2020