TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/1 W103 2170224-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.04.2019
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Entscheidungsdatum

01.04.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs1a
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W103 2170212-3/2E

W103 2170224-3/2E

W103 2170221-3/2E

W103 2170214-3/2E

W103 2170219-3/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. AUTTRIT als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , 3.) XXXX , geb. XXXX , 4.) XXXX , geb. XXXX , und 5.) XXXX , geb. XXXX , alle StA. Ukraine alias Russische Föderation und vertreten durch den XXXX und dessen Obfrau XXXX , gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 17.02.2019, Zln.: 1.) 1159893804-180837975, 2.) 1159894006-180837991, 3.) 1159894300-180838009, 4.) 1159893902-180838017, und 5.) 1159894006-180837991, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 68 Abs. 1 AVG sowie gemäß §§ 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005, § 9 BFA-VG, §§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 53 Abs. 1 und Abs. 2 Z 6, 55 Abs. 1a FPG, jeweils idgF, als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Erste Verfahren auf internationalen Schutz:

1.1. Die beschwerdeführenden Parteien sind Staatsangehörige der Ukraine russischer Volksgruppenzugehörigkeit und der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas angehörig. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet und Eltern und gesetzliche Vertreter des volljährigen Drittbeschwerdeführers und der minderjährigen Viert- und Fünftbeschwerdeführer. Am 24.07.2017 stellten die beschwerdeführenden Parteien die diesem Verfahren zugrunde liegenden Anträge auf internationalen Schutz, nachdem sie zuvor gemeinsam illegal in das Bundesgebiet gelangt waren.

Die erst- bis viertbeschwerdeführenden Parteien wurden am Tag ihrer Antragstellung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Die von der Krimhalbinsel stammenden beschwerdeführenden Parteien beriefen sich hinsichtlich ihrer Ausreisegründe zusammenfassend auf eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes der Russischen Föderation aus Juli 2017, mit welcher die Religion der Zeugen Jehovas verboten und deren Gotteshäuser verstaatlicht worden wären. Sohin hätten sie ihre Religion nicht mehr frei ausleben können. Angehörige der Zeugen Jehovas würden als Extremisten betrachtet und als solche behandelt werden, weshalb sie beschlossen hätten, ihre Heimat zu verlassen. Der Erstbeschwerdeführer gab an, dass ihm im Falle eines Verbleibs in seiner Heimat eine bis zu sechsjährige Haftstrafe gedroht hätte. Auch sei die Krim durch Russland annektiert worden, weshalb sie von den Ukrainern als Verräter angesehen würden. Die Zweitbeschwerdeführerin gab darüber hinaus an, dass ihre Kinder in der Schule aufgrund ihrer Religion gedemütigt worden wären, ihr ältester Sohn sei sogar verprügelt worden. Ihrem siebzehnjährigen Sohn würde überdies eine Gefängnisstrafe drohen, da dieser aufgrund seines Glaubens keine Waffe in die Hand nehme, er aber nach Erreichen der Volljährigkeit zum Heer müsste. Es gebe keinen Zivildienst und sei ihr Sohn für diensttauglich befunden worden, obwohl er auf einem Auge blind sei. Der minderjährige Drittbeschwerdeführer ergänzte, dass ihm aufgrund seiner Religion die Aufnahme in eine Berufsschule verweigert worden wäre. Außerdem sei er bei der Musterung für tauglich befunden worden, obwohl er auf dem linken Auge fast blind sei. Man habe ihn zum Extremisten erklärt und ihm gedroht, entweder ins Gefängnis oder zum Militär zu müssen. Aufgrund seines Glaubens sei die Ableistung des Militärdienstes unzulässig, doch gebe es in seiner Heimat keine Möglichkeit zur Verrichtung eines Zivildienstes; auch sei er durch einen Mitschüler tätlich angegriffen worden, da er Zeuge Jehovas sei. Der minderjährige Viertbeschwerdeführer führte darüber hinaus aus, sie wären aufgrund ihrer Religion von Lehrern und Mitschülern schikaniert worden. Er habe Angst um seinen Vater sowie davor, dass seinen Eltern die Obsorge entzogen würde, da man diese als Extremisten ansehe.

Als Identitätsnachweise wurden die ukrainischen Reisepässe der beschwerdeführenden Parteien vorgelegt.

Nach Zulassung ihrer Verfahren wurden der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin am 08.08.2017 (getrennt voneinander) jeweils im Beisein einer Dolmetscherin für die russische Sprache sowie einer Vertrauensperson niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Zum detaillierten Inhalt der durchgeführten Befragungen vgl. die Seiten 55 bis 65 des den Erstbeschwerdeführer betreffenden Verwaltungsakts sowie die Seiten 55 bis 64 des die Zweitbeschwerdeführerin betreffenden Verwaltungsakts. Der Erstbeschwerdeführer gab ihm Rahmen seiner Einvernahme kurz zusammengefasst an, bislang wahrheitsgemäße Angaben erstattet zu haben, er sei ukrainischer bzw. - gezwungenermaßen - russischer Staatsbürger, Zeuge Jehovas und gehöre der russischen Volksgruppe an. Im Herkunftsstaat habe er auf der Krim mit seiner Frau und seinen Kindern zusammengelebt und sei einer Arbeit auf dem Bau nachgegangen. Gesundheitlich ginge es ihm gut. Am 17.07.2017 sei der Gerichtsbeschluss bekannt geworden, er sei daraufhin zu den Glaubensbrüdern gefahren und habe sich eine Bestätigung ausstellen lassen. Am 19.07.2017 seien sie mit der Bahn nach XXXX gefahren, wo sie am Folgetag angekommen wären und sich Flugtickets nach Österreich besorgt hätten. Er selbst sei nie beim Militär gewesen, er habe aus religiösen Gründen den Zivildienst abgeleistet. Die wirtschaftlichen Verhältnisse seiner Familie hätten sich als mittelmäßig gestaltet. Auf der Krim würden sich nach wie vor die Eltern der erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien aufhalten, welche als Zeugen Jehovas ebenfalls potentiell gefährdet wären. Seine Schwägerin befinde sich bereits in Österreich. Der ältere Bruder des Erstbeschwerdeführers sei Bezirksrichter auf der Krim, ein weiterer Bruder lebe in Russland, eine Schwester seiner Frau lebe in der Ukraine. In ihrer Heimatstadt würden sie ein großes Haus sowie ein Grundstück besitzen. Bezüglich seines Fluchtgrundes gab der Erstbeschwerdeführer an, sie hätten sich innerhalb der Glaubensgemeinschaft auch nach dem Gerichtsbeschluss weiterhin heimlich getroffen; hätte man sie dabei erwischt, wäre es zu einer Geld- oder mehrjährigen Haftstrafe gekommen. Verwiesen wurde auf Internetberichte über einen dänischen Staatsbürger, welcher sich mit den Zeugen Jehovas getroffen hätte und nunmehr wegen extremistischer Tätigkeit angeklagt sei. Der Erstbeschwerdeführer selbst gehöre diesem Glauben seit 1998 an. Bis zu dem erwähnten Gerichtsbeschluss hätte er persönlich keine Probleme auf der Krim gehabt. In der Ukraine gelte er als Verräter, da er einen russischen Pass innehabe, welchen er benötigt hätte, um weiterhin auf der Krim leben zu können; außerdem arbeite sein Bruder als Richter für Russland und werde aus diesem Grund in der Ukraine als Verräter geführt. Auf die Frage, weshalb es ihm nicht möglich gewesen wäre, unter Verwendung seines ukrainischen Passes in der Ukraine zu leben, erklärte der Erstbeschwerdeführer, es nicht probiert zu haben; er könne die Konsequenzen nicht abschätzen. Bei der Ausreise hätten sie keine Probleme gehabt. Befragt, von welchem Problem sein ältester Sohn konkret betroffen wäre, gab der Erstbeschwerdeführer an, dieser sei für tauglich erklärt worden, obwohl er laut ukrainischen Gesetzen aus gesundheitlichen Gründen untauglich gewesen sei; laut russischer Verfassung könne man zwar einen Alternativdienst leisten, doch werde dieser den Zeugen Jehovas bei genauerer Musterung verwehrt. Es gebe auch Fälle auf der Krim, welche auf der Website der Zeugen Jehovas belegt wären. Sein Sohn habe jedoch noch keinen Einberufungsbefehl erhalten. Nach seinen konkreten Rückkehrbefürchtungen gefragt, erklärte der Erstbeschwerdeführer, ihm könnte eine Haftstrafe drohen, da er aus Sicht der Russen Mitglied einer extremistischen Gemeinschaft sei. Weitere Fluchtgründe habe er nicht; nachgefragt sei er nie Opfer von Gewalt, Folter oder anderen Formen unmenschlicher Behandlung gewesen. In Österreich sei die Familie gut aufgenommen worden, sie würden versuchen, die deutsche Sprache zu erlernen.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab anlässlich ihrer Einvernahme insbesondere an, bereits seit ihrer Geburt Zeugin Jehovas zu sein; gesundheitlich ginge es ihr gut. Ihr ältester Sohn habe auf dem linken Auge lediglich 13% Sehkraft, die beiden anderen Söhne hätten eine Herzschwäche, welche jedoch noch nicht medikamentös behandelt werden müsste; sie würden zweimal jährlich durch EKG-Untersuchungen kontrolliert werden. Zuletzt hätten sie auf der Krim gelebt, hätten ein Haus und ein Auto gehabt und es sei ihnen ganz gut gegangen. Momentan befänden sich ihre Mutter und ihr Bruder auf der Krim, ihre Schwester halte sich in der Ukraine auf. Bezüglich ihrer Fluchtgründe führte die Zweitbeschwerdeführerin aus, der erste Grund sei, dass ihr Mann ein offiziell tätiges Mitglied der Zeugen Jehovas sowie Feuerbeauftragter gewesen wäre; es gäbe genug Gründe, diesen zu jahrelanger Haftstrafe zu verurteilen. Der zweite Grund sei, dass ihr Sohn aufgrund seiner Sehkraft ursprünglich als untauglich, nunmehr jedoch als tauglich erklärt worden sei. Da es keinen alternativen Zivildienst für Zeugen Jehovas gebe, wäre dieser gezwungen, eine Waffe in die Hand zu nehmen, was er jedoch ablehne. Dafür würde er zu einer Haftstrafe verurteilt oder zwangsweise an die Front geschickt werden. Der dritte Grund sei, dass sie das Sorgerecht für ihre Kinder verlieren könnte, wenn gegen sie ein Verfahren eingeleitet werden würde. Sie selbst habe keine Funktion in der Gemeinschaft der Zeugen Jehovas, sei jedoch praktizierendes gläubiges Mitglied. Nach sie persönlich betreffenden Problemen auf der Krim befragt, gab die Zweitbeschwerdeführerin an, ab 2015 sei eine zunehmend negative Einstellung gegen ihre Kinder in der Schule wahrzunehmen gewesen. Diese seien nicht bedroht worden, doch habe man gemerkt, dass sie nicht mehr willkommen wären. Befragt, ob sie je in Erwägung gezogen hätten, in die Ukraine zu flüchten, erklärte die Zweitbeschwerdeführerin, sie hätten sich dies überlegt, doch wären sie aufgrund des Umstandes, dass der Bruder ihres Mannes Richter sei, mitunter auch gefährdet. Es herrsche generell eine negative Einstellung gegenüber Auswanderern aus der Krim, welche auch die russische Staatsbürgerschaft angenommen hätten. Nach ihren Rückkehrbefürchtungen gefragt, antwortete die Zweitbeschwerdeführerin, sich vor einer Haftstrafe für alle Beteiligten sowie um ihren ältesten Sohn zu fürchten. Sie habe Angst, dass ihre Kinder ständig benachteiligt, ihr weggenommen oder Opfer von Gewalt werden könnten. In Österreich lebe seit 2005 eine Schwester der Zweitbeschwerdeführerin, die beschwerdeführenden Parteien würden Deutschkurse besuchen.

Vorgelegt wurden ein Bestätigungsschreiben der Zeugen Jehovas, der Militärausweis des Drittbeschwerdeführers, die Heiratsurkunde des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin, sowie die Geburtsurkunden der beschwerdeführenden Parteien.

1.2. Mit Bescheiden vom 21.08.2017 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge der beschwerdeführenden Parteien auf internationalen Schutz vom 24.07.2017 bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkte I.) und die Anträge gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine abgewiesen (Spruchpunkte II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen die beschwerdeführenden Parteien jeweils eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen und wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung der beschwerdeführenden Parteien in die Ukraine gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkte III.). Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise der beschwerdeführenden Parteien zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkte IV.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellte die Identität der beschwerdeführenden Parteien sowie deren Staatsbürgershaft, Religion und Volksgruppenzugehörigkeit fest und legte seinen Entscheidungen umfassende Länderfeststellungen zur aktuellen Situation in der Ukraine zugrunde. Weiters wurde erwogen, dass nicht festgestellt werden habe können, dass die beschwerdeführenden Parteien im Falle einer Rückkehr in die Ukraine der Gefahr einer individuellen konkret gegen ihre Personen gerichteten Verfolgung durch den Staat oder durch Dritte ausgesetzt wären. Auch hätte kein sonstiger einer Rückkehr der Familie entgegenstehender Umstand erkannt werden können. Beweiswürdigend wurde im Wesentlichen festgehalten, dass die beschwerdeführenden Parteien keine tatsächliche persönliche Bedrohung ins Treffen geführt hätten. Sie hätten lediglich angegeben, mit welchen Folgen sie zu rechnen hätten, sollte man sie bei religiösen Aktivitäten erwischen. Durchaus nachvollziehbar sei, dass sich die beschwerdeführenden Parteien als Zeugen Jehovas aufgrund der aktuellen Situation auf der Krim Problemen ausgesetzt sähen, doch sei es der Familie durchaus zumutbar, sich in einer anderen Stadt der Ukraine, welche nicht von der Russischen Föderation besetzt sei, niederzulassen und dort ein sicheres Leben zu führen, zumal sie über ukrainische Pässe verfügen würden. Aus den herangezogenen Länderberichten ergebe sich, dass die Zeugen Jehovas in den nicht von der Russischen Föderation besetzten Teilen der Ukraine keiner Gefahr ausgesetzt wären und die Regierung der Ukraine durchaus in der Lage wäre, Binnenflüchtlingen von der Halbinsel Krim Hilfe zu leisten. Zum in Bezug auf den minderjährigen Drittbeschwerdeführer vorgelegten Ausweis über die Einberufung, in welchem er trotz gesundheitlicher Einschränkungen für tauglich befunden worden wäre, sei anzuführen, dass dieser nicht von der ukrainischen Regierung, sondern von der Russischen Föderation ausgestellt worden sei. Der Erstbeschwerdeführer habe selbst angegeben, dass sein Sohn laut ukrainischem Gesetz als untauglich gelte und ergebe sich aus Sicht der Behörde kein Hinweis, dass dieser im Falle einer Rückkehr in die Ukraine durch die Russische Föderation zum Wehrdienst eingezogen werden würde. Die Familie befinde sich erst seit Juli 2017 in Österreich und sei eine besondere Integration im Hinblick auf jene erst kurze Aufenthaltsdauer nicht erkennbar. Mangels ausreichender Barmittel würden die beschwerdeführenden Parteien die im Schengener Grenzkodex festgelegten Voraussetzung zum legalen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht erfüllen und ihren Aufenthalt von 90 Tagen sohin nicht legalisieren können.

1.3. Mit für die beschwerdeführenden Parteien gleichlautendem Schriftsatz vom 06.09.2017 wurde gegen oben angeführte Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl fristgerecht Beschwerde im Rahmen des Familienverfahrens eingebracht. Hinsichtlich der detaillierten Beschwerdebegründung darf auf die Seiten 181 ff des Verwaltungsakts betreffend den Erstbeschwerdeführer verwiesen werden. Geltend gemacht wurde im Wesentlichen, die beschwerdeführenden Parteien würden von der Krim stammen und hätten zumindest bis vor kurzem die ukrainische Staatsbürgerschaft besessen. Durch die Besetzung der Krim würden sie nunmehr seitens Russlands als Staatsangehörige der Russischen Föderation gelten und hätten demgemäß die Reisepässe entsprechend ausgewechselt bekommen. In der Ukraine sei für Zeugen Jehovas, wie für andere Wehrdienstverweigerer aus Gewissensgründen, der zivile Ersatzdienst in Friedenszeiten akzeptiert worden. Der gesundheitlich beeinträchtigte Drittbeschwerdeführer sei zuvor durch die ukrainische Behörde für untauglich befunden worden, durch die russische Behörde sei nunmehr jedoch eine anderslautende Entscheidung getroffen worden. Die Staatsangehörigkeit der beschwerdeführenden Parteien sei ungeklärt, die durch die russische Besetzung der Krim ausgestellten russischen Dokumente würden völkerrechtlich nicht anerkannt. Seitens der Ukraine würden all jene, welche die Krim nicht zeitnah nach der Annektion verlassen hätten, als Verräter und Sympathisanten der Russen gelten. Ein Bruder des Erstbeschwerdeführers arbeite als Richter und scheine in der Ukraine auf einer "Schwarzen Liste" als Verräter auf. Ein Verbleib auf der Krim hätte bedeutet, dass der Drittbeschwerdeführer zum Kriegsdienst gezwungen würde und sich an Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu beteiligen hätte. Durch die aufgezeigten Punkte seien die beschwerdeführenden Parteien aus religiösen und politischen Gründen asylrelevant gefährdet. Die Staatsangehörigkeit zur Ukraine, deren Bestehen sich als ungeklärt erweise, helfe den beschwerdeführenden Parteien nicht, da sie dort als Verräter und Verwandte eines Kollaborateurs angesehen würden. Die belangte Behörde habe sich mit dem Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien nicht in ausreichender Weise auseinandergesetzt und keine fallbezogenen Recherchen durchgeführt. Die beschwerdeführenden Parteien seien in Österreich ausgesprochen gut integriert und hätten seitens der Behörde keine Gründe genannt werden können, weshalb diese zwingend auszuweisen wären. Die Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Bescheid erweise sich als verfassungswidrig, zumal im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ein besonderes Rechtschutzinteresse in einer ausreichenden Zeit für die Einbringung der Beschwerde gegeben sei.

1.4. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 11.09.2017 mitsamt der bezughabenden Verwaltungsakte beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Mit Eingabe vom 10.11.2017 wurden durch den rechtsfreundlichen Vertreter der Beschwerdeführer zwei Internetlinks bekanntgegeben; unter einem davon sei ein Bild einer "Stop-Tafel" an der Grenze zwischen der Ukraine und der Krim ersichtlich und werde erwähnt, dass Krim-Bewohner "Verräter und Kollaborateure" seien. Aus der durch das Bundesverwaltungsgericht in Auftrag gegebenen Übersetzung des abrufbaren russischsprachigen Artikels ergibt sich, dass nichtukrainische Krimbewohner bei der Einreise auf das Territorium der Ukraine mit beleidigenden Plakaten begrüßt würden. Der zweite Link führe zu einer "Schwarzen Liste" von Personen, welchen in der Ukraine u.a. die Kollaboration mit Russen vorgeworfen werde und in welcher auch der Familienname der beschwerdeführenden Parteien aufscheinen würde.

1.5. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.02.2018, Zln. W111 2170212-1/10E, W111 2170224-1/5E, W111 2170221-1/5E, W111 2170214-1/5E und W111 2170219-1/5E, wurden die Beschwerden gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.08.2017 abgewiesen. Zusammenfassend wurde festgestellt, dass die beschwerdeführenden Parteien Staatsangehörige der Ukraine, der russischen Volksgruppe sowie der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas zugehörig seien. Sie hätten vor ihrer Ausreise auf der Halbinsel Krim gelebt, wo sie ein Grundstück sowie ein Haus besessen und eigenen Angaben zufolge in durchschnittlichen bis guten wirtschaftlichen Verhältnissen gelebt hätten. Angehörige der beschwerdeführenden Parteien würden nach wie vor auf dem Gebiet der Krim, eine Schwester der Zweitbeschwerdeführerin in einer anderen Region der Ukraine, leben. Sie würden über gültige im Zeitraum 2016/2017 im Oblast XXXX ausgestellte ukrainische Reisepässe verfügen. Es hätten sich keine Anhaltspunkte für einen allfälligen Verlust der ukrainischen Staatsbürgerschaft ergeben und wäre ihnen mit den Dokumenten eine Reise von der annektierten Krim Halbinsel nach XXXX und in weiterer Folge eine Ausreise auf dem Luftweg nach Österreich problemlos möglich gewesen. Die vorgebrachten Fluchtgründe in Form von befürchteten Repressalien im Zusammenhang mit ihrem Glaubensbekenntnis (Haftstrafe, Entzug des Sorgerechts) sowie die vom Drittbeschwerdeführer befürchtete Einziehung zum Militärdienst, trotz gesundheitlicher Einschränkungen respektive Ablehnung des Wehrdienstes aus Glaubensgründen, würden sich zur Gänze auf ihre durch die Russische Föderation annektierte Heimatregion und die dort angewandten russischen Rechtsvorschriften beziehen. Vor diesem Hintergrund könne eine abschließende Beurteilung der Glaubwürdigkeit der vorgebrachten Ausreisegründe unterbleiben, da jedenfalls die Möglichkeit bestehe, sich den dargelegten Befürchtungen durch Niederlassung in einem unter Kontrolle der ukrainischen Regierung stehenden Landesteil zu entziehen. Die beschwerdeführenden Parteien wären zwar in Besitz eines russischen Inlandpasses, es könne jedoch aus den herangezogenen Länderberichten keinesfalls entnommen werden, dass ehemalige Bewohner der Halbinsel Krim in anderen Landesteilen mit maßgeblichen Diskriminierungen oder gar staatlichen Repressalien zu rechnen hätten.

1.6. Am 23.03.2018 stellten die beschwerdeführenden Parteien weitere Anträge auf internationalen Schutz, welche sie jedoch mit Schreiben vom 07.05.2018 wieder zurückzogen.

1.7. Mit Beschluss vom 11.06.2018 E 994-998/2018-7 hat der Verfassungsgerichtshof die Behandlung einer gegen die oben erwähnten Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts eingebrachten Beschwerde (welcher zuvor mit Beschlüssen vom 21.03.2018 die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden war) abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

2. Zweite Verfahren auf internationalen Schutz:

2.1. Am 04.09.2018 brachten die beschwerdeführenden Parteien die gegenständlichen Folgeanträge auf internationalen Schutz ein.

Der Erstbeschwerdeführer gab anlässlich der Erstbefragung vom 04.09.2018 in Bezug auf die Gründe seiner neuerlichen Antragstellung im Wesentlichen zu Protokoll, das ca. zwei Wochen zuvor Polizisten in sein Haus auf der Krim gekommen wären, und nach seinem Aufenthaltsort gefragt hätten. Sein ältester Sohn, der Drittbeschwerdeführer, sei wehrdienstpflichtig und hätte mittlerweile vier Einberufungsbefehle bekommen. Als Zeuge Jehovas verweigere er jedoch den Wehrdienst und den Krieg. Bevor die Zeugen Jehovas verboten worden wären, hätte es die Möglichkeit zum Zivildienst gegeben, aber seit Juli 2017 gäbe es diese Möglichkeit nicht mehr. Würde der Erstbeschwerdeführer in die Ukraine abgeschoben werden, würde er verfolgt und feindselig behandelt werden. Da er einen russischen Pass besitze, könnte er bis zu fünf Jahre inhaftiert werden.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab im Wesentlichen gleichlautende Angaben zu Protokoll und gab ergänzend an, dass es in Russland ein Gesetz gebe, wonach die minderjährigen Kinder einer Mutter abgenommen werden könnten, wenn der Vater aufgrund einer extremistisch eingestuften Religion eine Haftstrafe verbüße.

Der volljährige Drittbeschwerdeführe gab zu den Gründen seiner neuerlichen Antragstellung im Wesentlichen an, er habe eine Einberufung zum Militärdienst erhalten, als Zeuge Jehovas verweigere er den Militärdienst jedoch. Ihm sei viermal eine Einberufung an seine ehemalige Wohnadresse auf der Krim zugestellt worden, beim letzten Mal sei gesagt worden, dass er ab sofort zur Fahndung ausgeschrieben werde. Eine Möglichkeit zur Ableistung von Zivildienst bestünde derzeit nicht, da am 17.07.2017 ein Erlass zum allgemeinen Verbot der Tätigkeit der Zeugen Jehovas erteilt worden wäre. Der Drittbeschwerdeführer habe Angst, im Fall seiner Rückkehr verhaftet zu werden und zwei bis drei Jahre ins Gefängnis zu müssen. Außerdem habe er freiwillig die russische Staatsbürgerschaft angenommen; in der Ukraine gebe es ein Gesetz, welches besage, dass alle, welche die russische und die ukrainische Staatsbürgerschaft besäßen, mit einer bis zu fünfjährigen Gefängnisstrafe bedroht wären. Der Drittbeschwerdeführer habe russische Schuldokumente sowie eine russische Tauglichkeitsbescheinigung des Militärs; außerdem habe er in Österreich einen Antrag auf Ausstellung eines russischen Passes gestellt. Im Fall einer Rückkehr fürchte er, verhaftet oder zwangsweise in den Krieg geschickt zu werden, wo er sein Leben verlieren könnte.

Der minderjährige Viertbeschwerdeführer begründete seine neuerliche Antragstellung ebenfalls mit einer Verweigerung der Ableistung des Wehrdienstes; nächstes Jahr würde er das Alter erreichen, mit welchem er wehrpflichtig wäre, er wisse jedoch jetzt schon, dass er den Wehrdienst aufgrund seiner Religion als Zeuge Jehovas verweigern werde. Einen alternativen Dienst gebe es nicht, seitdem ihre Religion als extremistisch verboten worden wäre. Er habe Angst, dass er aufgrund seiner Verweigerung des Militärdienstes eine Haftstrafe von zwei bis fünf Jahren zu erwarten habe.

Im Rahmen ihrer niederschriftlichen Einvernahmen vom 17.09.2018 respektive 27.09.2018 gaben die Erst- und Zweitbeschwerdeführer gleichlautend an, dass sie seit der ersten Antragstellung Österreich nicht verlassen hätten und sie zum russischen Konsulat in XXXX gegangen wären, um sich einen russischen Pass ausstellen zu lassen. Sie wären auch bei der ukrainischen Botschaft in XXXX gewesen, und sei ihnen dort gesagt worden, dass sie die ukrainische Staatsbürgerschaft anerkennen würden, diese jedoch bestätigt werden solle. Dafür müssten sie in die Ukraine fahren und sich anmelden.

Auf Grundlage ihres russischen Inlandspasses hätten sie nunmehr russische Reisepässe ausgestellt bekommen. Im Mai oder Juni 2018 hätten sie die russischen Reisepässe beim Konsulat in XXXX beantragt und hätten sie (Erst- bis Drittbeschwerdeführer) diese im Juli 2018 bekommen, die beiden minderjährigen Kinder können die Pässe erst bekommen, wenn die Eltern die Pässe bereits erhalten hätten. Sie wollen russische Staatsbürger und nicht ukrainische Staatsbürger sein, da sie noch Immobilien auf der Krim besäßen und diese nur nach russischem Recht verkaufen könnten. Sie würden von der Volkgruppe her Russen sein und würden russisch sprechen. Mittlerweile sei die russische Sprache in der Westukraine verboten und wolle man diese in ganz Ukraine verbieten, solange der Krieg in Donbass herrsche. Es gebe in der Ukraine sehr viele Nationalisten, die gegen Russland sehr negativ eingestellt seien, somit würden sie als Krimbewohner als Extremisten angesehen werden. Außerdem stehe der Bruder des Erstbeschwerdeführers auf der Fahndungsliste des Geheimdienstes SBU und könnte es passieren, dass der Erstbeschwerdeführer als Geisel benutzt würde, um an den Bruder heranzukommen.

Auf der Krim wären zunächst nur russische Inlandspässe ausgestellt worden. Diese wären nötig gewesen, um alle Dokumente dem russischen Recht anzupassen. Erst später hätten die Behörden angefangen Reisepässe auszustellen, die Warteschlangen wären jedoch sehr groß gewesen. Sie selbst seien mit einem ukrainischen Reisepass nach Österreich gereist, da mit diesem die Reisefreiheit gewährleistet gewesen wäre, man hätte keine Zeit verloren, um ein Visum zu bekommen.

Der Drittbeschwerdeführer berief sich ebenfalls darauf, zwischenzeitig neben der ukrainischen die russische Staatsbürgerschaft zu besitzen; falls er in die Ukraine abgeschoben werden sollte, habe er mit einer fünfjährigen Haftstrafe zu rechnen. Außerdem sei von Mitarbeitern des russischen Militäramtes bereits viermal nach ihm gefragt worden, die Ableistung eines Ersatzdienstes sei ihm verweigert worden. Der Drittbeschwerdeführer hätte den Wehrdienst für Russland ableisten müssen; da er auf der Krim gemeldet gewesen wäre, sei er nicht verpflichtet, der ukrainischen Armee Dienst zu leisten.

Die erst- bis drittbeschwerdeführenden Parteien gaben jeweils an, dass es seit dem Zeitpunkt des rechtskräftigen Abschlusses ihrer ersten Verfahren auf internationalen Schutz zu keinen maßgeblichen Änderungen bezüglich ihrer privaten und familiären Umstände gekommen wäre.

2.2. Mit den mündlich verkündeten Bescheiden vom 27.09.2018 wurde der faktische Abschiebeschutz der Beschwerdeführer gem. § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben.

Die belangte Behörde traf Feststellungen zum Herkunftsstaat und gab den Verfahrensgang wieder. Die Beschwerdeführer hätten in Österreich nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des bloß vorübergehenden Aufenthaltsrechtes des Asylverfahrens verfügt. In rechtlicher Hinsicht verwies die belangte Behörde auf die Bestimmung des § 12a Abs. 2 AsylG und begründete die Entscheidung damit, dass die nunmehrigen Folgeanträge voraussichtlich zurückzuweisen sein werden, da sich die Beschwerdeführer auf Gründe bezogen hätten, welche bereits vor rechtskräftigem Abschluss der vorangegangenen Verfahren vorgelegen hätten. Anhand der vorgelegten Unterlagen in Zusammenschau mit dessen niederschriftlichen Angaben könne keine Verfolgung der Beschwerdeführer festgestellt werden. Auch die allgemeine Lage im Herkunftsstaat habe sich nicht entscheidungswesentlich geändert. Im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse der beschwerdeführenden Parteien seien ebenfalls keine Änderungen seit der rechtskräftigen Entscheidung eingetreten.

Die Beschwerdeführer gaben im Anschluss an die mündliche Verkündung der dargestellten Bescheide zu Protokoll, Beschwerden zu erheben, zu deren Begründung auf das bisher Vorgebrachte verwiesen werde.

Mit Eingabe vom 12.12.2018 legte der rechtsfreundliche Vertreter der beschwerdeführenden Parteien folgende Berichte vor:

- Berichte über die Verfolgung von Zeugen Jehovas auf der Krim, aktuelle Webseite Zeugen Jehovas vom 29.11.2018

- Bericht der Tagesschau vom 30.11.2018 Kriegsrecht in der Ukraine

- Alpenschau vom 27.11.2018 Kriegserklärung der Ukraine an Russland

Der rechtsfreundliche Vertreter brachte vor, dass die Beschwerdeführer unbestritten aus der Krim stammen würden, die Frage der Staatsbürgerschaft jedoch unklar sei.

Aus den Unterlagen ergebe sich, dass russische Männer im Alter von 16 bis 60 Jahren nicht mehr in die Ukraine einreisen dürften. Damit solle verhindert werden, dass Russen auf ukrainischem Boden kämpfende "Privatarmeen" bilden. Nach der Kaperung der Marineschiffe im angrenzenden Asowsches Meer hätte die Ukraine für 30 Tage das Kriegsrecht über einige Landesteile verhängt. Poroschenko hätte zur Begründung erklärt, sein Land müsse sich für die Abwehr einer möglichen russischen "Invasion" rüsten.

2.3. Mit Beschlüssen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.01.2019, Zln.: W212 2170212-2/5E, W212 2170224-2/4E, W212 2170221-2/4E, W212 2170214-2/4E und W212 2170219-2/4E, wurde ausgesprochen, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 22 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, nicht rechtmäßig war.

Begründend wurde zusammengefasst festgehalten, dass das Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien zu ihren Folgeanträgen, nämlich, dass für den Drittbeschwerdeführer mittlerweile vier Einberufungsbefehle hinterlegt worden wären, die russische Polizei sich nach dem Aufenthaltsort des Erstbeschwerdeführers erkundigt habe sowie die Beschwerdeführer sich einer feindseligen Behandlung in der Ukraine ausgesetzt sehen würden, a priori keinen neuen Sachverhalt erkennen lassen dürfte, da sich die vorgebrachten Sachverhaltselemente allesamt auf einen Zeitraum vor rechtskräftigem Abschluss der vorangegangenen Verfahren beziehen und insofern keinen "neu entstandenen" Sachverhalt begründen würden. Nichts desto trotz müsse jedoch im Lichte der rezenten politischen Entwicklungen der Frage der Staatsbürgerschaft der Beschwerdeführer näher nachgegangen werden. Medienberichte würden darlegen, dass nach dem Zwischenfall im Asowschen Meer Kiew per 28.11.2018 das Kriegsrecht, befristet auf 30 Tage, verhängt habe. Außerdem sei für russische Männer zwischen 16 und 60 Jahren ein Einreisestopp in die Ukraine erlassen worden. Die Beschwerdeführer seien russischer Volksgruppenzugehörigkeit, ihnen seien aufgrund ihrer russischen Inlandspässe vom russischen Konsulat in Österreich russische Reisepässe ausgestellt worden. Relevant sei daher einerseits, ob der verhängte Einreisestopp nach wie vor Gültigkeit habe. Darüber hinaus ließe sich dem Verwaltungsakt nicht entnehmen, ob der Einreisestopp auch Personen einer ukrainischen und russischen Doppelstaatsbürgerschaft betreffe, respektive ob eine solche Doppelstaatsbürgerschaft überhaupt rechtlich möglich wäre. Es ginge ebensowenig aus den Verwaltungsakten hervor, ob die Beschwerdeführer zwecks Ausstellung der russischen Reisepässe ihre ukrainische Staatsbürgerschaft niederlegen hätten müssen. Diese Abklärung sei notwendig und relevant, da das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Bescheid des ersten Asylverfahrens festhielt, dass an eine Rücküberstellung in die Krim nicht gedacht sei, einem Aufenthalt der Beschwerdeführer in der restlichen Ukraine jedoch keine maßgeblichen Gründe entgegenstünden. Auch im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.02.2018 sei mehrmals festgehalten worden, dass "in Bezug auf sämtliche der angeführten Aspekte - ohne deren Glaubwürdigkeit respektive deren Relevanz für die Gewährung internationalen Schutzes bezogen auf das Gebiet der Krim Halbinsel abschließend zu beurteilen - jedenfalls die Möglichkeit bestünde, sich den dargelegten Befürchtungen durch Niederlassung in einem unter Kontrolle der ukrainischen Regierung bestehenden Landesregierung zu entziehen". Grundsätzlich sei überhaupt fraglich, ob die auf dem Gebiet der Krim für die dort ansässige Bevölkerung ausgestellten Dokumente der russischen Föderation völkerrechtlich anerkannt würden.

2.4. Zur Abklärung der seitens des Bundesverwaltungsgerichtes angesprochenen Aspekte richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Anfrage an die Staatendokumentation, welche am 31.01.2019 zusammengefasst dahingehend beantwortet wurde, dass eine Doppelstaatsbürgerschaft in der Ukraine nicht vorgesehen wäre; wenn ein ukrainischer Staatsbürger legal die Staatsbürgerschaft der Russischen Föderation annehmen wolle, könne er dies machen, wenn er offiziell nach dem gesetzlichen Ablauf auf die ukrainische Staatsbürgerschaft verzichte. Die von den russischen Behörden an die Bewohner der Krim mit ukrainischer Staatsbürgerschaft ausgestellten Reisepässe seien jedoch ein Verstoß gegen ukrainische und internationale Normen und demnach nach ukrainischer Auffassung illegal. Das im November 2018 verhängte Einreiseverbot in die Ukraine für russische männliche Bürger im Alter von 16 bis 60 Jahren sei entsprechend der Entscheidung des nationalen Sicherheitsrates immer noch in Kraft und gelte für alle Bürger der Russischen Föderation. Wenn Einwohner der Krim die Grenze als Bürger der Russischen Föderation passieren würden, gelte dieses Verbot auch für sie. Wenn sie über die Grenze als ukrainische Staatsbürger reisen und dem Grenzdienst einen gültigen ukrainischen Pass vorweisen würden, gelte dieses Verbot für sie nicht. Die Verwendung der russischen Sprache sei in der Ukraine nicht verboten. Die Tatsache, dass die meisten IDPs Russisch sprechen würden, stelle keinen Grund für Diskriminierung dar. Russisch stelle eine Verkehrssprache der Ukraine dar, welche in Kiev, im Süden und im Osten des Landes dominiere.

Am 07.02.2019 erfolgte im Beisein eines Dolmetschers für die russische Sprache und einer Rechtsberaterin eine ergänzende Einvernahme der erst- bis viertbeschwerdeführenden Parteien vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl.

Der Erstbeschwerdeführer gab im Wesentlichen an, seine bisherigen Angaben seien wahrheitsgemäß gewesen, ergänzend verweise er auf eine im Internet öffentlich abrufbare Fahndungsliste der ukrainischen Behörden, in welcher der Name seines Bruders aufscheine. Von den Leuten, welche sein Haus auf der Krim bewohnen würden, habe er erfahren, dass im Herbst dreimal unbekannte Männer zum Haus gekommen wären und nach dem Erstbeschwerdeführer gefragt hätten. Eine Verfolgung der Zeugen Jehovas fände zwischenzeitlich auch auf der Krim-Halbinsel statt. Auf Vorhalt des Inhalts der oben dargestellten Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 31.01.2019 sowie der ausdrücklichen Aussage des Erstbeschwerdeführers, nie auf die ukrainische Staatsbürgerschaft verzichtet zu haben, erwiderte der Erstbeschwerdeführer, wenn man auf dem ukrainischen Staatsgebiet mit einem russischen Reisepass erwischt werde, würde dieser Pass zerrissen werden. Zeugen Jehovas würden sich weder auf die eine, noch die andere Seite stellen; sie möchten aber nicht unter die Presse dieser Maschine kommen. In der Ukraine gebe es sehr viele nationalsozialistisch eingestellte Bürger, welchen der Erstbeschwerdeführer nicht zum Opfer fallen wolle. Bezüglich der Frage der Doppelstaatsbürgerschaft habe sich der Erstbeschwerdeführer bei der ukrainischen Botschaft erkundigt; ihm sei gesagt worden, dass er zur Ablegung der ukrainischen Staatsbürgerschaft in die Ukraine fahren und sich dort anmelden müsste. Innerhalb eines Jahres könnte er die Staatsbürgerschaft ablegen. Auf Vorhalt, dass er aufgrund seiner Religion sowie in Zusammenhang mit dem Wehrdienst seiner Söhne in der Ukraine keinerlei Probleme zu befürchten hätte und befragt, weshalb er nunmehr unbedingt russischer Staatsbürger sein wolle, erklärte der Erstbeschwerdeführer, er habe damit nur beweisen wollen, dass er die russische Staatsbürgerschaft habe, da ihm anscheinend nicht geglaubt werde. Mit der russischen Staatsbürgerschaft habe er in der Ukraine sehr wohl Probleme, zumal dafür eine hohe Geldstrafe vorgesehen wäre. Wenn er diese Strafe nicht bezahle, komme er sicherlich ins Gefängnis. Auf Vorhalt der beabsichtigten Zurückweisung seines Antrages wegen entschiedener Sache und befragt nach dem entgegenstehenden Gründen, erwiderte der Erstbeschwerdeführer, er ersuche um eine schriftliche Bestätigung, dass seine Familie in der Ukraine behördlich nicht verfolgt werden würde. Zudem würde er als ethnischer Russe auf dem Gebiet der Ukraine diskriminiert werden.

Auch die Zweitbeschwerdeführerin berief sich darauf, dass unbekannte Männer an ihrer Wohnanschrift auf der Krim nach dem Erstbeschwerdeführer gefragt hätten. Auf Vorhalt der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 31.01.2019 gab die Zweitbeschwerdeführerin an, sie kenne fünf Familien, welche von der Krim in die Ukraine umgezogen wären; diese seien aber im Jahr 2015 bzw 2017 wieder auf die Krim zurückgekehrt, da sie in der Ukraine gar nichts machen hätten können - weder ein Konto eröffnen, noch einen Kredit aufnehmen. Eine Frau habe zurückkehren müssen, da sie keine Arbeitsstelle gefunden hätte. Die Krimbewohner würden als Separatisten bezeichnet. Der Bruder ihres Mannes befände sich auf der Fahndungsliste der Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine, es gebe vieles, das in den Medien nicht berichtet werde. Sie könne jedoch versichern, dass ethnische Russen und Krimbewohner in der Ukraine diskriminiert würden. Auf weiteren Vorhalt, demzufolge in der Ukraine Behandlungsmöglichkeiten bezüglich der von der Zweitbeschwerdeführerin vorgebrachten psychischen Probleme vorhanden und die von ihr aktuell benötigten Medikamente verfügbar wären, erwiderte sie, sie hätten die russische Staatsbürgerschaft freiwillig angenommen; in Artikel 4 der ukrainischen Verfassung stehe, dass man nur eine Staatsbürgerschaft haben könne; in Punkt 19 stehe, dass eine Person, welche eine andere Staatsbürgerschaft freiwillig angenommen hätte, dadurch die ukrainische Staatsbürgerschaft verliere.

Der Drittbeschwerdeführer gab auf Vorhalt der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 31.01.2019, dass die Krim nicht ukrainisch sei, zumal die Ausrufung des Kriegsrechts nicht für dieses Gebiet gelte. Außerdem würden viele Krimbewohner, welche nach dem Referendum 2014 in die Ukraine umgesiedelt wären, wieder in auf die Krim zurückkehren. Auf Vorhalt, dass er weder wegen seiner Religion noch aufgrund des Wehrdienstes Probleme in der Ukraine zu befürchten hätte und befragt, weshalb er diesfalls unbedingt russischer Staatsbürger sein wolle, gab der Drittbeschwerdeführer an, er habe in der Ukraine keine Musterung gehabt, da er Krimbewohner sei. Er wohne auf der Krim, welche seit fünf Jahren zu Russland gehöre.

Der minderjährige Viertbeschwerdeführer gab im Wesentlichen an, er werde in diesem Jahr 17 Jahre alt, ab diesem Alter sei man in Russland zur Musterung bestellt. Der Viertbeschwerdeführer sei praktisch gesund und würde die Musterung mit Sicherheit bestehen. Auf Vorhalt der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 31.01.2019 gab der minderjährige Viertbeschwerdeführer keine Stellungnahme ab. Auf Vorhalt, dass er in der Ukraine weder aufgrund seiner Religion noch in Zusammenhang mit dem Wehrdienst Probleme zu befürchten hätte und befragt, weshalb er nun russischer Staatsbürger sein wolle, gab der Viertbeschwerdeführer an, sie seien russische Staatsbürger und würden solche bleiben, da ihre Immobilien mit russischen Dokumenten versehen seien.

2.5. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden vom 17.02.2019 wurden die Folgeanträge auf internationalen Schutz der beschwerdeführenden Parteien vom 04.09.2018 sowohl hinsichtlich des Status der Asylberechtigten als auch jenes der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl Nr. 51/1991 idgF, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkte I. und II.). In Spruchpunkt III. wurde den beschwerdeführenden Parteien ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG jeweils nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I. Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen die BeschwerdeführerInnen eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkte IV.). Gemäß § 52 Absatz 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der BeschwerdeführerInnen in die Ukraine gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkte V.). In Spruchpunkt VI. wurde festgehalten, dass gemäß § 55 Absatz 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestünde.

Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, dass es sich bei den beschwerdeführenden Parteien um Staatsangehörige der Ukraine handle, deren Identität feststünde und gegen die seit dem 13.02.2018 aufrechte Rückkehrentscheidungen vorliegen würden. Diese hätten sich seit ihrer ersten Asylantragstellung durchgehend in Österreich aufgehalten und es habe kein neuer entscheidungsrelevanterer Sachverhalt festgestellt werden können. Die allgemeine maßgebliche Lage im Herkunftsland habe sich nicht geändert.

Beweiswürdigend wurden im Verfahren des Erstbeschwerdeführers insbesondere die folgenden Ausführungen getroffen (welche inhaltlich im Wesentlichen gleichlautend auch den Bescheiden der übrigen beschwerdeführenden Parteien zugrunde gelegt wurden):

"(...) Sie gaben im gegenständlichen Asylverfahren an, dass Sie russischer Staatsbürger wären und daher in der Ukraine verfolgt werden, Sie Zeuge Jehovas wären und diese Religion in Russland verboten wäre und weiters, dass Ihr Sohn bereits vier Einberufungsbefehle zur russischen Armee erhalten hat.

Sie geben im gegenständlichen Verfahren dieselben Ausreisegründe - Sie sind Zeuge Jehovas, Ihr Sohn wird zum russischen Militär eingezogen, obwohl er laut ukrainischem Gesetz nicht tauglich wäre und Sie werden als russischer Staatsbürger von den Ukrainern, wenn Sie dorthin abgeschoben werden, verfolgt und feindselig behandelt werden - bzw. dieselben Rückkehrbefürchtungen - Sie werden verfolgt - an, die Sie bereits im ersten Verfahren angegeben haben.

Damit deckt sich Ihr Parteibegehren im zweiten Antrag mit dem im ersten.

Da Sie Ihr Vorbringen im gegenständlichen Asylverfahren auf ein bereits rechtskräftig als glaubhaftes qualifiziertes Vorbringen stützen, bzw. Ihr gegenwärtiges Vorbringen auf ein solches aufbauen, jedoch in Ihrem Erstasylverfahren zusammengefasst festgestellt wurde, dass Sie keiner Verfolgung im Sinne der GFK ausgesetzt sind, kann auch jetzt keine Verfolgung aus Gründen der GFK festgestellt werden.

Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände in der Ukraine ist es Ihnen durchaus als Zeuge Jehovas möglich, ein sicheres Leben zu führen und Ihre Religion frei auszuüben.

Weiters führten Sie selbst an, dass Ihr ältester Sohn laut ukrainischem Gesetz für untauglich befunden wurde, somit zum Wehrdienst nicht eingezogen wird.

Wie bereits in Ihrem Erstasylverfahren angeführt wurde Ihr Sohn, trotz der gesundheitlichen Einschränkungen, von den russischen Behörden für tauglich eingestuft, nicht von den ukrainischen Behörden.

Sie ließen sich vom russischen Konsulat in XXXX am XXXX einen russischen Reisepass ausstellen.

Hier ist jedoch anzuführen, dass Sie bereits in Ihrem Erstasylverfahren angegeben haben, dass Sie einen russischen Pass innehaben. Auch wenn hier der russische Inlandspass gemeint ist, ist auch dieser nur für russische Staatsbürger vorgesehen.

Hier ist jedoch folgendes anzuführen:

Auf der Krim werden seit der völkerrechtswidrigen Annexion durch Russland im März 2014 staatliche Aufgaben von russischen Behörden ausgeübt. Die Einwohner wurden pauschal eingebürgert, es wurde begonnen, sie mit russischen Inlandspässen, seit September 2014 auch mit russischen Reisepässen, auszustatten. Einwohner der Krim, die ihr Widerspruchsrecht nutzten haben damit u. a. den Anspruch auf kostenlose medizinische Versorgung verloren.

Das "Referendum" über den Anschluss an Russland, welches auf der Krim durchgeführt wurde, wurde von der Generalversammlung der Vereinten Nationen für ungültig erklärt. Die Resolution 71/205 der Generalversammlung der UN bezeichnet die Russische Föderation als Okkupationsmacht auf der Krim.

So erhielten Sie nun, auf Grund der Tatsache, dass Sie auf der Halbinsel Krim leben, einen russischen Reisepass. Da jedoch, wie oben angeführt, das Referendum von der Generalversammlung der Vereinten Nationen für ungültig erklärt wurde, und die Russische Föderation als Okkupationsmacht auf der Krim bezeichnet wird, ist die Krim ukrainisches Hoheitsgebiet.

Aus diesem Grund erhielten Sie auch am XXXX einen ukrainischen Reisepass.

Sie haben niemals auf eine Staatsbürgerschaft verzichtet noch wurde Ihnen Ihre Staatsbürgerschaft aberkannt oder haben Sie diese verloren. Somit sind Sie, wie seit Ihrer Geburt, ukrainischer Staatsbürger.

Sie hatten auch keinerlei Probleme bei der Reise von der Krim auf das Festland.

Da Sie bereits in Ihrem Erstasylverfahren ukrainischer Staatsbürger waren, Sie auch jetzt ukrainischer Staatsbürger sind, kann hier keine Änderung zu Ihrem Erstasylverfahren erkannt werden.

Da Sie der russischen Volksgruppe angehören und Sie nun anführten, dass Sie, wenn Sie in die Ukraine überstellt werden, bedroht werden würden, und auch weiters, dass Sie angaben, dass die russische Sprache verboten ist, ist folgendes anzuführen:

Anfragebeantwortung Staatendokumentation vom 22.08.2017:

Fragestellung: Kann erhoben werden, wie die Lage von Angehörigen der russischen Minderheit im Rest der Ukraine ist:

Die Frage nach der Lage von Angehörigen der russischen Minderheit im Rest der Ukraine wurde recherchiert, es konnten aber dazu keine konkreten Informationen gefunden werden. Den nachfolgend zitierten Quellen ist jedoch zu entnehmen, dass die Russen in der Ukraine die größte Minderheit, ca. 17% der Bevölkerung, bilden. Obwohl die russische Minderheit hauptsächlich im Osten und im Süden des Landes lebt, ist die russische Sprache im ganzen Land weit verbreitet und wird fast von allen Ukrainern verstanden.

Einzelquellen:

Dem Bericht des BM.I-Verbindungsbeamten für die Ukraine ist folgendes zu entnehmen:

Im Internet konnte keine Information bezüglich der Lage der russischen Minderheit in der Ukraine gefunden werden.

VB des BM.I in Kiew (16.8.2017): Bericht des VB, per E-Mail

Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), eine staatliche Entwicklungszusammenarbeitsorganisation der Bundesrepublik Deutschland, berichtet folgendes zu der ethnischen Zusammensetzung der Bevölkerung:

Die ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung ist relativ homogen. 78% sind Ukrainer. Die größte Minderheit stellen die Russen (ca. 17%) dar, die zum großen Teil im Osten und im Süden des Landes leben.

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017): Gesellschaft, https://www.liportal.de/ukraine/gesellschaft/#c4373, Zugriff 22.8.2017

Die GIZ berichtet folgendes zum Thema Sprachen:

Die offizielle Amtssprache des Landes ist Ukrainisch. Laut einem Gesetz von 2012 bestehen in der Ukraine auch regionale Amtssprachen, sobald der Minderheitenanteil in einer Region 10% übersteigt. Russisch ist die größte regionale Sprache in der Ukraine, die zumeist im Osten und im Süden des Landes gesprochen wird. Im Alltag wird Russisch nach unterschiedlichen Statistiken von ca. 40% der Bevölkerung benutzt und von fast allen Ukrainern verstanden. Dies hängt mit der starken Russifizierung des Landes zu sowjetischen Zeiten zusammen.

[...]

Nach dem Maidan verabschiedete das ukrainische Parlament die sogenannten "Dekommunisierungsgesetze", die u.a. sprachpolitische Fragen behandeln. Übertragungen von Rundfunksendungen in russischer Sprache sind durch diese Gesetze eingeschränkt worden.

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017): Gesellschaft, https://www.liportal.de/ukraine/gesellschaft/#c4373, Zugriff 22.8.2017

Dem Bericht des österreichischen Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) in Kooperation mit der französischen Asylbehörde, Office français de protection des réfugiés et apatrides (OFPRA) ist zu entnehmen, dass Personen, die in der Ukraine russisch sprechen, in keiner Weise schikaniert werden.

Fragestellung : Kann erhoben werden, ob es tatsächlich Überfälle bzw. Übergriffe auf Angehörige der russischen Minderheit im Rest der Ukraine gibt und wie die ukrainischen Behörden darauf reagieren?

Zusammenfassung:

Dem Bericht des VB ist zu entnehmen, dass im Zuge einer Online-Recherche keine Berichte über Übergriffe auf Angehörige der russischen Minderheit gefunden werden konnten. Dies bedeutet nicht notwendigerweise, dass es in Einzelfällen nicht zu derartigen Handlungen gekommen sein kann.

Einzelquellen:

Dem Bericht des BM.I-Verbindungsbeamten für die Ukraine ist folgendes zu entnehmen:

Es wurden keine Berichte über Übergriffe auf Angehörige der russischen Minderheit im Internet gefunden.

VB des BM.I in Kiew (16.8.2017): Bericht des VB, per E-Mail

Fragestellung: Kann erhoben werden, ob Angehörige der russischen Minderheit in anderen Landesteilen ohne Diskriminierungen leben können?

Zusammenfassung:

Dem Bericht des VB ist zu entnehmen, dass Angehörige der russischen Minderheit in der ganzen Ukraine generell ohne Diskriminierung leben können. Dies bedeutet aber nicht, dass es in Einzelfällen nicht zu diskriminierenden Handlungen kommen kann.

Einzelquellen:

Dem Bericht des BM.I-Verbindungsbeamten für die Ukraine ist folgendes zu entnehmen:

Die Angehörigen der russischen Minderheit können in der ganzen Ukraine ohne Diskriminierung leben.

VB des BM.I in Kiew (16.8.2017): Bericht des VB, per E-Mail

Letztendlich gaben Sie bereits in Ihrem Erstasylverfahren an, dass Sie der Volksgruppe der Russen angehören. Daher kann kein neuer Sachverhalt festgestellt werden.

Bezüglich Wehrdienst, bzw. Mobilmachung, von Zeugen Jehovas zur ukrainischen Armee ist folgendes anzuführen:

JW.org ist die internationale offizielle Website der Wachtturm-Gesellschaft, eine rechtliche Organisation der Zeugen Jehovas.

JW.org schrieb am 28.8.2015 über eine Entscheidung des Obersten Gerichtes für Zivil- und Strafrecht in der Ukraine, das bestätigte, dass Wehrdienstverweigerer aus Gewissensgründen auch in Krisen- und Kriegszeiten das Recht auf Zivildienst haben:

Das Oberste Spezialisierte Gericht für Zivil- und Strafrecht in der Ukraine hat bestätigt, dass Wehrdienstverweigerer aus Gewissensgründen auch in Krisen- und Kriegszeiten das Recht auf Zivildienst haben.

( XXXX , ein Zeuge Jehovas, wurde wegen Wehrdienstentziehung angeklagt, weil er während der Mobilmachung einberufen worden war, aber dann einen Antrag auf Zivildienst stellte. In erster und zweiter Instanz wurde er zwar freigesprochen, aber der Staatsanwalt legte dennoch Rechtsmittel ein und brachte den Fall vor das Oberste Spezialisierte Gericht für Zivil- und Strafrecht der Ukraine. Am 23. Juni 2015 wies das Gericht die Rechtsmittel zurück und damit sind die Entscheidungen der vorigen Instanzen rechtskräftig.)

Das Oberste Spezialisierte Gericht bestätigte: "... die erste Instanz hat völlig zu Recht auf entsprechende Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte verwiesen."

[...]

Tausende Zeugen Jehovas in der Ukraine sahen sich während der Mobilmachung mit der Neutralitätsfrage konfrontiert. Alle, die der Wehrdienstentziehung beschuldigt wurden, können sich jetzt auf diesen Präzedenzfall berufen.

JW.org - OFFIZIELLE WEBSITE VON JEHOVAS ZEUGEN (28.8.2015): Oberstes Gericht in der Ukraine bestätigt Recht auf Wehrdienstverweigerung während Mobilmachung, http://www.jw.org/de/aktuelle-meldungen/rechtliche-entwicklungen/nach-region/ukraine/menschenrechte-wehrdienstverweigerer-gewissensgruende/, Zugriff 28.12.2015

Letztendlich führten Sie jedoch bereits in Ihrem Erstasylverfahren an, dass Sie den Zivildienst besuchten und Ihr volljähriger Sohn aus gesundheitlichen Gründen für untauglich eingestuft wurde.

Somit kann auch hier keine Änderung zu Ihrem Erstasylverfahren erkannt werden.

Auch die von Ihnen vorgelegten Unterlagen haben Sie bereits in Ihrem Erstasylverfahren vorgelegt, somit kann auch hier keine Änderung festgestellt werden.

Zum Vorbringen der Rechtsberaterin ist anzuführen, dass es zu keiner Änderung der Staatsbürgerschaft gekommen ist, somit die Asylwerber in die Ukraine überstellt werden, so wie es auch bereits geplant war. Es war niemals geplant Sie auf die Krim zu überstellt. Daher wäre eine Verfolgung durch die russischen Behörden nach Ihrer Rückkehr in die Ukraine nicht möglich, da Sie sich auf ukrainischem, somit nicht okkupiertem, Hoheitsgebiet befinden.

Bezüglich der im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.01.2019, Zahl: W212 2170212-2/5E, angeführten Fragestellungen wurden Ihnen die Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation vom 31.01.2019 vorgehalten.

Diese lauteten wie folgt:

Frage 1: Ist eine Doppelstaatsbürgerschaft in der Ukraine rechtlich möglich?

Frage 2: Muss der AW auf seine bestehende ukrainische Staatsbürgerschaft verzichten um eine russische Staatsbürgerschaft zu erhalten?

Frage 3: Werden die auf dem Gebiet der Krim für die dort ansässige Bevölkerung ausgestellten Dokumente der Russischen Föderation völkerrechtlich anerkannt?

Frage 4: Laut Beschluss des BVwG besteht für russische Männer zwischen 16 und 60 Jahre ein Einreisestopp in die Ukraine. Wäre ein Krim-Bewohner ukrainischer Staatsbürgerschaft, der im Ausland von einem russischen Konsulat einen russischen Reisepass erhalten hat, ebenfalls vom Einreisestopp in die Ukraine betroffen?

Quellenlage/Quellenbeschreibung:

Aufgrund der informationsspezifischen Art der Fragestellungen wurden diese über den Verbindungsbeamten des BM.I an den Vertrauensanwalt der Österreichischen Botschaft in Kiew zur Recherche übermittelt. Eine Quellenbeschreibung zu Verbindungsbeamten des BM.I (VB) und zu österreichischen Botschaften (ÖB) bzw. deren Vertrauensanwälten (VA) findet sich auf dem Quellenblatt der Staatendokumentation auf www.staatendokumentation.at sowie in der dort ersichtlichen Methodologie der Staatendokumentation.

Zusammenfassung:

Aus den nachfolgend zitierten Quellen geht hervor, dass in der Ukraine eine Doppelstaatsbürgerschaft nicht vorgesehen ist.

Wenn ein ukrainischer Staatsbürger legal die Staatsbürgerschaft der Russischen Föderation annehmen möchte, kann er das machen, wenn er offiziell nach dem gesetzlichen Ablauf auf die ukrainische Staatsbürgerschaft verzichtet.

Die von den russischen Behörden an die Bewohner der Krim mit ukrainischer Staatsbürgerschaft ausgestellten Reisepässe jedoch, sind ein Verstoß gegen ukrainische und internationale rechtliche Normen, also nach ukrainischer Auffassung illegal. Nur Nordkorea, Bolivien, Nicaragua und Armenien erkennen diese Dokumente an.

Das im November 2018 verhängte Einreiseverbot in die Ukraine für russische männliche Bürger im Alter von 16 bis 60 Jahre ist entsprechend der Entscheidung des nationalen Sicherheitsrates noch immer in Kraft und gilt für alle Bürger der Russischen Föderation (RF). Wenn Einwohner der Krim die Grenze als Bürger der RF passieren - gilt dieses Verbot auch für sie. Wenn sie über die Grenze als ukrainische Staatsbürger reisen und dem Grenzdienst einen gültigen ukrainischen Pass vorweisen, gilt dieses Verbot für sie nicht.

Einzelquellen:

Die Antwort des Vertrauensanwalts der ÖB Kiew in Arbeitsübersetzung durch das Büro des VB:

Die Gesetzgebung der Ukraine sieht die einzige Staatsbürgerschaft vor. Die russischen Reisepässe werden an die Krim-Einwohner, die ukrainische Staatsbürgerschaft haben, gegen die ukrainischen und internationalen rechtlichen Normen ausgestellt. In der Gesetzgebung der Ukraine ist kein rechtlicher Mechanismus des legalen Erhalten der russischen Reisepässe durch die Einwohner der Krim - ukrainische Staatsbürger und dieser Prozess wird auf keine Weise durch die ukrainische Gesetzgebung geregelt.

Aber, wenn ein ukrainischer Staatsbürger legal die Staatsbürgerschaft der Russischen Föderation annehmen möchte, kann er das machen, wenn er offiziell nach dem gesetzlichen Ablauf die ukrainische Staatsbürgerschaft einstellt.

Laut der vorhandenen Information, werden die Dokumente der Russischen Föderation, die an die Einwohner der Krim ausgegeben wurden, von einigen Ländern, die seinerzeit die Ergebnisse des s.g. "Referendum auf der Krim" vom 17. März 2014 (es sind Nordkorea, Bolivien, Nicaragua, Armenien) anerkannt haben, auch anerkannt. Die Vertreter des Konsularischen Departments des Außenministeriums der Ukraine teilten mit, dass die führenden Staaten der Welt die russischen Reisepässe, die an die Einwohner der Krim vergeben wurden, nicht als solche, die das Recht auf Visums und die Einreise in diese Länder erlauben, anerkennen.

Das im November 2018 verhängte Einreiseverbot in die Ukraine für russische männliche Bürger im Alter von 16 bis 60 Jahre (ist entsprechend der Entscheidung des nationalen Sicherheitsrates noch immer in Kraft) gilt für alle Bürger der RF. Wenn die Einwohner der Krim die Grenze als Bürger der RF passieren - gilt dieses Verbot auch für sie. Wenn sie über die Grenze als ukrainische Staatsbürger reisen und dem Grenzdienst einen gültigen ukrainischen Pass vorweisen, gilt dieses Verbot für sie nicht.

VB des BM.I für Ukraine (28.1.2019): Bericht des Vertrauensanwalts, per E-Mail

Frage 5: Verhängung des Kriegsrechts am 28.11.2018 für 30 Tage - Konsequenzen, weiterhin Gültigkeit?

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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