Entscheidungsdatum
21.06.2019Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W109 2147457-1/56E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. BÜCHELE über die Beschwerden
alle vertreten durch die WOLF THEISS Rechtsanwälte GmbH & Co KG, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 06.12.2016, Zl. XXXX , betreffend die Feststellung, dass für das Straßenbauvorhaben des " XXXX " sowie für das Wohnbauvorhaben des " XXXX " jeweils der Wohnbau, gemeinnützige Wohn- und Siedlungsgenossenschaft reg. Gen.m.b.H. als mitbeteiligte Partei, vertreten durch die XXXX durchzuführen ist, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerden werden abgewiesen.
B) Die Revision ist nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Genehmigungsverfahren der belangten Behörde:
Mit Schreiben vom 05.08.2015 begehrte die Antragstellerin und nunmehrige mitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bei der Wiener Landesregierung als UVP-Behörde die Feststellung, dass für das geplante " XXXX " keine UVP-Pflicht besteht. Das Projekt wurde wie folgt beschrieben:
- Errichtung eines Wohnbauvorhabens mit 1.150 Wohnungen (114.800 m2 Bruttogeschoßfläche) einschließlich;
- eines Kindergartens (1.000 m2 Bruttogeschoßfläche);
- einer Schule (2.650 m2 Bruttogeschoßfläche);
- eines Nahversorgers (800 m2 Bruttogeschoßfläche);
- einer sozialen Einrichtung (750 m2 Bruttogeschoßfläche);
- bei einer insgesamten Flächeninanspruchnahme von 82.085 m2 und
- einer insgesamten Bruttogeschoßfläche von 120.000 m2 sowie weiter
- die Errichtung einer Tiefgarage mit 800 KFZ-Stellplätzen, von denen 760 ausschließlich für Bewohnerinnen und Bewohner der neuen Wohnhausanlage vorgesehen seien. Von den übrigen 40 Stellplätzen seien 10 für Kundinnen des Nahversorgers und 30 als Stellplätze für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kindergartens, der Schule und der sozialen Einrichtung reserviert. Ferner sollten zur besseren Anbindung an das Verkehrsnetz
- die XXXX und die XXXX um jeweils 300 m verlängert werden.
Die UVP-Behörde führte ein Ermittlungsverfahren durch und befasste verschiedene Amtssachverständige.
Der Sachverständige für Verkehr kam in seiner Stellungnahme vom 10.02.2016 zum Ergebnis, dass die Resultate der Verkehrsuntersuchung des Büro XXXX vom 01.10.2015 in Bezug auf den ermittelten Wert der durchschnittlich täglichen Verkehrsbelastung (DTV) KFZ schlüssig und nachvollziehbar seien.
Da das Tatbestandsmerkmal nach Anhang 1 Z 9 lit. h UVP-G 2000 von DTV mehr als 2000 Kraftfahrzeugen erfüllt war und durch den Straßenneubau der Schwellenwert von einer durchgehenden Länge von mindestens 500 m erreicht wurde, kam die UVP-Behörde zum Schluss, dass dadurch die Verpflichtung zur Durchführung einer UVP-Einzelfallprüfung ausgelöst wird. Die Behörde prüfte, ob durch die Verlängerung der XXXX und der XXXX mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt im Hinblick auf die Veränderung der Auswirkungen auf das schutzwürdige Gebiet i.S. des § 3 Abs. 4 Z 3 letzter Satz UVP-G 2000 i.V.m. Anhang 2 Kategorie D zu rechnen ist. Für diese Einzelfallprüfung waren die Luftschadstoffe nach der damals in Geltung stehenden Verordnung, BGBl. II Nr. 166/2015, Belastete Gebiete (Luft) NO2 und Feinstaub mit Fraktionsgröße PM10 maßgebend.
Der dann beigezogene Amtssachverständige für Luftreinhaltung kam mit seiner Stellungnahme vom 07.03.2016 bei der Beurteilung der projektbedingten Zusatzbelastung zum Ergebnis, dass einzelne näher bezeichnete Zusatzimmissionen "aus technischer Sicht als irrelevant zu bewerten" seien. Weiter führte er aus, dass die Zusatzimmissionen für den "JMW an NO2" im Bereich der Neubebauung "aus technischer Sicht als relevant zu bewerten" seien; ferner sei in Bezug auf PM10 im Bereich der Neubebauung "statistisch mit 1 - 2 zusätzlichen Überschreitungstagen zu rechnen".
Der sodann beigezogene Sachverständige für Umweltmedizin kam mit Schreiben vom 25.05.2016 zum Ergebnis, dass bezüglich NO2 und PM10 auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen des gegenständlichen Vorhabens mit jenen anderer in einem räumlichen Zusammenhang stehenden, gleichartigen Vorhaben nicht mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf das Leben und die Gesundheit von Menschen zu rechnen sei. In seinem ergänzenden Gutachten vom 31.10.2016 verneinte er die Frage, ob die "zu erwartende relevante Immissionszusatzbelastung an NO2 (JMW) sowie die statistisch zu erwartenden 1 bis 2 zusätzlichen Überschreitungstage des Tagesmittelwerts (TMW) von PM10 in der Lage sind, das Leben oder die Gesundheit von Menschen zu beeinträchtigen".
Die mitbeteiligte Partei führte mit Schreiben vom 30.09.2016 zum Projektsumfang aus, dass "bei dem gegenständlichen Vorhaben die Errichtung von Wohnbauten unabhängig von der Errichtung der geplanten Aufschließungsstraße [...] möglich und - sollte die Straße nicht errichtet werden - vorgesehen" sei.
2. Genehmigungsbescheid der belangten Behörde:
Mit dem nunmehr beim Bundesverwaltungsgericht angefochtenen Bescheid vom 06.12.2016 stellte die UVP-Behörde und die nunmehr belangte Behörde des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens fest, dass für das Straßenbauvorhaben des " XXXX " (Spruchpunkt I.) sowie für das Wohnbauvorhaben des " XXXX " (Spruchpunkt II.) jeweils keine UVP durchzuführen sei. Sie stützte ihre Entscheidung auf § 3 Abs. 7 i.V.m. Anhang 1 Z 18 lit. b UVP-G 2000 (Spruchpunkt I.) bzw. § 3 Abs. 7 i.V.m. § 3 Abs. 2 und 4 sowie Anhang 1 Z 19 lit. b und Z 21 lit. b UVP-G 2000 (Spruchpunkt II.) jeweils "in der geltenden Fassung". Die Beilage 1 bis 7 (Firmenbuchsauzug zur mitbeteiligten Partei, planliche Darstellung des Vorhabensgebietes, Grundbuchsauszüge, Unterlagen zur voraussichtlichen durchschnittlichen täglichen Verkehrsbelastung, Luftschadstoffuntersuchung und ein Endbericht eines interdisziplären Projektentwicklungsverfahrens zum XXXX ) wurden zum Bestandteil des Bescheides erklärt.
Zum Tatbestand "Straßenbauvorhaben" (Anhang 1 Z 9 lit. g UVP-G 2000) wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Errichtung der beiden Straßenabschnitte stelle ein einheitliches Vorhaben dar. Die aus der Überschreitung des Längenkriteriums von 500 m sowie der DTV von mindestens 2.000 KFZ in einem Prognosezeitraum von fünf Jahren resultierende Einzelfallprüfung habe auf Basis entsprechender Gutachten eine Überschreitung der Irrelevanzkriterien bei NO2 und PM10 ergeben. Aufgrund der eingeholten Gutachten der Amtssachverständigen und des nichtamtlichen Sachverständigen sei jedoch durch den Straßenneubau nicht mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechen.
Zum Tatbestand "Städtebauvorhaben" (Anhang 1 Z 18 lit. b UVP-G 2000) wurde im Wesentlichen ausgeführt, für das Vorliegen eines solchen Vorhabens seien Multifunktionalität und Gesamtwille bzw. gemeinsame Planung des Vorhabens ausschlaggebend. Für das Vorliegen eines Städtebauvorhabens seien zwingend Versorgungseinrichtungen mit einem über das Gebiet des Vorhabens hinausreichenden Einzugsbereich erforderlich. Ein entsprechendes Gutachten habe ergeben, dass dies hier nicht der Fall sei, weshalb nicht von einem Städtebauvorhaben auszugehen sei. Zur Beurteilung der Frage, ob auf den umliegenden Arealen andere Erschließungsprojekte in vergleichbaren Stadien vorlägen, hätten die von der belangten Behörde eingeholten Gutachten ergeben, dass das Projekt " XXXX " und das Projekt " XXXX " sich in unterschiedlichen Stadien der Planung bzw. Detaillierung befänden. Für einen planerischen Gesamtwillen gebe es keine Anhaltspunkte. Für die " XXXX " liege noch gar keine Planung vor. Die angeführten Vorhaben seien also nicht als einheitliches Vorhaben zu betrachten. Da das Städtebauvorhaben des " XXXX " keine Versorgungseinrichtungen mit einem über das Gebiet des Vorhabens hinausreichenden Einzugsbereich aufweise, liege kein Städtebauvorhaben i.S.d. UVP-G 2000 vor.
Auch die Tatbestände "Einkaufszentren" (Anhang 1 Z 19 lit. b UVP-G 2000) sowie "Errichtung öffentlich zugänglicher Parkplätze oder Parkgaragen" (Anhang 1 Z 21 lit. b UVP-G 2000) seien nicht erfüllt, da die Schwellenwerte nicht erreicht werden.
3. Beschwerdeverfahren:
Dieser Bescheid wurde von den Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführern innerhalb offener Frist angefochten.
3.1. Begründend wird zum Tatbestand Straßenbauvorhaben ausgeführt, dass nach der Rechtsprechung des Umweltsenates bei jeder Überschreitung der Irrelevanzkriterien eine UVP durchzuführen sei. Darüber hinaus hätte die Prognose hinsichtlich der Schadstoffbelastung nicht bloß bis 2020 sondern bis zum Jahr 2021 erstellt werden müssen. Des Weiteren hätte sich die Fragestellung an den Sachverständigen auf beide Vorhaben beziehen müssen.
Zum Städtebauvorhaben wurde ausgeführt, die belangte Behörde habe die Prüfung verabsäumt, ob das Vorhaben Teil eines größeren Vorhabens sei. Tatsächlich sei das XXXX Teil eines viel größeren Städtebauvorhabens. So sei XXXX als Mitantragsteller anzusehen, zumal XXXX nach den Feststellungen der belangten Behörde selbst Teile des bescheidgegenständlichen Projektes "beauftragt und finanziert" habe. Die belangte Behörde hätte jedenfalls Ermittlungen zu XXXX vornehmen müssen. Im unmittelbaren Nahbereich des Vorhabensareals sei aktuell ein Vorhaben der XXXX mit 244 Wohnungen im Entstehen. Die bereits erteilte Baubewilligung sei mit Nichtigkeit bedroht. Ferner sei nicht geprüft worden, ob der Kindergarten und die Schule einen über das Gebiet des Vorhabens hinausreichenden Einzugsbereich hätten. Dies sei jedoch erforderlich, da es sich bei Kindergarten und Schule schon dem Wortsinn nach um Versorgungseinrichtungen handle. Terminologisch liege jedenfalls ein Städtebauvorhaben vor, da das Vorhaben sowohl Wohn- als auch Geschäftsbauten umfasse. Eine Würdigung des geplanten Administrationsbüros des XXXX sei zur Gänze unterlassen worden. Und selbst die vorgenommenen Untersuchungen seien grob mangelhaft und aktenwidrig. Das eingeholte Gutachten gehe von falschen Prämissen aus. Es werde angenommen, dass eine Verkaufsfläche von 480 m2 vorliege. Der Projektwerber habe aber ausdrücklich angegeben, dass die Fläche 700 m2 betrage.
Des Weiteren sei die Magistratsabteilung 21 der Stadt Wien mit der Frage der UVP-Pflicht befangen. Schließlich sei der Feststellungsbescheid mangelhaft kundgemacht worden. Auch sei das gesamte Vorhaben noch nicht hinreichend konkretisiert. Die Beschwerdeführer werfen der belangten Behörde vor, das gesamte Verfahren entspreche nicht dem Grundsatz des "fair trials". Obwohl der Bescheidentwurf bereits "an die geschätzte Wiener Landesregierung" übermittelt worden sei, sei dies seitens der Magistratsabteilung 22 den Beschwerdeführern, selbst auf deren Anfrage hin, nicht mitgeteilt worden. Des Weiteren seien Gutachten im Verfahren wiederholt ausgetauscht worden, bis ein "prima facie" die UVP-Freiheit bescheinigendes Ergebnis vorgelegen sei.
3.2. Das Verwaltungsgericht bestellte sodann einen Sachverständige für den Bereich Raumordnung, um die Multifunktionalität der geplanten Bebauung näher abzuklären. Dieser führte mit Gutachten vom 24.07.2017 aus, das Vorhaben sei monofunktional auf Wohnnutzung ausgerichtet. Die vorgesehenen Versorgungseinrichtungen (Nahversorgung, Gemeinschaftsflächen und Kindergarten) seien so dimensioniert, dass sie den unmittelbar durch das Vorhaben entstehenden Bedarf deckten. Ein über das Gebiet hinausgehender Einzugsbereich sei aus der Dimensionierung nicht ersichtlich.
Am 31.08.2017 führte das Verwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der das Gutachten zum Bereich Raumordnung erörtert wurde. Im Zuge der Verhandlung wurde das gegenständliche Vorhaben dahingehend eingeschränkt, dass die Schule nicht mehr Teil des Projektes ist.
3.3. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.09.2017, W109 2147457-1/20E, wurden die Beschwerden abgewiesen und ausgesprochen, dass für das Vorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchzuführen sei.
In Bezug auf die Errichtung der Aufschließungsstraße wurde im Wesentlichen festgehalten, dass die Behörde ihren Überlegungen das Vorliegen eines schutzwürdigen Gebietes der Kategorie D (belastetes Gebiet Luft) zugrunde gelegt habe. Bei Überschreiten der Schwellenwerte nach der dritten Spalte des Anhanges 1 des UVP-G 2000 sei daher gemäß § 3 Abs. 4 UVP-G 2000 eine Einzelfallprüfung durchzuführen. Beurteilungsgegenstand sei dabei der Schutzzweck des jeweiligen schutzwürdigen Gebietes. Zu prüfen sei, ob der Schutzzweck durch das Vorhaben wesentlich beeinträchtigt werde; bei Immissionen sei zu prüfen, ob diese für die Bevölkerung in einem Siedlungsgebiet gesundheitsgefährlich seien. Auch wenn die Einzelfallprüfung im Rahmen einer Grobprüfung erfolgen solle, könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Behörde diesen Rahmen durch die Beiziehung eines medizinischen Sachverständigen verlassen habe. Es sei nämlich "präzisierend" auszuführen, dass "die im Rahmen des sog. ?Schwellenkonzepts' gebildeten Irrelevanzschwellen" herangezogen worden seien. Die Behörde könne sich jedoch, entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführer, nicht unmittelbar auf solche in Leitfäden vorgeschlagene Schwellen stützen (VwGH 21.12.2011, 2006/04/0144); vielmehr sei auf sachverständiger Grundlage zu klären gewesen, ob mit erheblichen belästigenden, belastenden oder schädlichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen sei. Die Einzelfallprüfung habe ergeben, dass durch die geringe vom Vorhaben verursachte PM10-Zusatzbelastung, verbunden mit der bestehenden Grundbelastung, keine relevanten gesundheitlichen Auswirkungen zu erwarten seien. Aus diesem Grund sei der Schutzzweck des bestehenden belasteten Gebietes - Luft nicht wesentlich beeinträchtigt und keine UVP durchzuführen.
Zum Tatbestand "Städtebauvorhaben" wurde zusammengefasst ausgeführt, dass das Vorhaben mehrfach nicht die Voraussetzungen nach Anhang 1 Z 18 lit. b UVP-G 2000 erfülle. So fehle der Außenbezug, weil das Vorhaben keinen über das Projektgebiet hinausreichenden Einzugsbereich aufweise. Auch sei das Vorhaben monofunktional auf Wohnnutzung ausgerichtet. Und schließlich seien die Schwellenwerte "von mindestens 15 ha (die Größe des Projektgebietes [betrage] ca. 8,5 ha) und - zusätzlich - einer Bruttogeschoßfläche von mehr als 150.000 m2 nicht erreicht (das Vorhaben [sei] maximal mit ca. 120.000 m2 geplant)". Auch sei nicht ersichtlich, dass das Vorhaben Teil eines größeren Vorhabens sei.
Im Ergebnis sei für das Straßenbauvorhaben auf Grund der nicht zu beanstandenden Einzelfallprüfung der Behörde keine UVP durchzuführen. Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine UVP-Pflicht des Städtebauvorhabens seien nicht erfüllt. Daher könne es auch nicht zu einer Kumulation mit dem Straßenbauvorhaben kommen. Es erübrige sich somit, darauf einzugehen, ob sich die Fragestellungen an den Sachverständigen für Luftreinhaltung bzw. Umweltmedizin hätten auf beide Vorhaben beziehen müssen.
Die Revision wurde nicht zugelassen.
3.3. Dagegen wurde von den Beschwerdeführern eine außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht. Begründend wurde zum Bereich Luftschadstoffe ausgeführt, das Verwaltungsgericht habe unzutreffend angenommen, dass aus der Feststellung des Vorliegens höherer als irrelevanter Zusatzimmissionen nicht unmittelbar die UVP-Pflicht des Vorhabens resultiere. Das eingeholte medizinische Gutachten diene nicht der "Absicherung" der Entscheidung der Behörde, sondern der Widerlegung der vorliegenden Überschreitungen. Die in § 3 Abs. 4 UVP-G 2000 vorgesehene Grobprüfung sei unzulässigerweise so lange "detailliert" worden, bis ein prima facie die UVP-Pflicht verneinendes Ergebnis festgestanden sei. Zum Tatbestand "Städtebauvorhaben" wird vorgebracht, dieser sei nicht in Entsprechung der UVP-Richtlinie in das nationale Recht umgesetzt worden und auch falsch ausgelegt worden. Beiden Bestimmungen sei es fremd, dass für das Vorliegen eines Städtebauvorhabens Bebauungsteile eine exklusive Nutzung entweder als Wohn- oder als Geschäftsbauten aufweisen müssten. Das Verwaltungsgericht habe widersprüchliche Feststellungen getroffen. Der UVP-Feststellungsbescheid der belangten Behörde sei unvollständig im Internet kundgemacht worden, weil die zum Bescheidinhalt erklärten Beilagen nicht online bereitgestellt worden seien. Des Weiteren sei das Vorhaben unrichtigerweise in zwei Vorhaben getrennt worden.
Mit Erkenntnis vom 25.09.2018, Ra 2018/05/0061 bis 0154, hob der Verwaltungsgerichtshof die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes auf.
Zur Zulässigkeit der Revision wurde ausgeführt, diese sei in Anbetracht der Frage des Charakters des UVP-Feststellungsverfahrens als bloßes "Grobprüfungsverfahren" zulässig (Rz 26).
Zur Rechtswidrigkeit wurde begründend ausgeführt, dass sich das gegenständliche Vorhaben in einem schutzwürdigen Gebiet (belastetes Gebiet - Luft) der Kategorie D (Anhang 2 des UVP-G 2000) befinde und durch den Neubau von Straßen die in Spalte 3 der Z 9 lit. h des Anhanges 1 des UVP-G 2000 genannte Schwellenwerte überschreite. Es sei richtig davon ausgegangen worden, dass das Vorhaben einer Einzelfallprüfung gemäß § 3 Abs. 4 UVP-G 2000 zu unterziehen sei. Doch nach der ausdrücklichen Anordnung des § 3 Abs. 7 vierter Satz UVP-G 2000 habe sich die Behörde in einem solchen Fall hinsichtlich Prüftiefe und -umfang auf eine Grobprüfung hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit und Plausibilität negativer Umweltauswirkungen unter Berücksichtigung der konkreten Situation zu beschränken.
Nach der Anordnung des § 3 Abs. 4 UVP-G 2000 sei nach einer Einzelfallprüfung zu klären, ob voraussichtlich der Schutzzweck des schutzwürdigen Gebietes wesentlich beeinträchtigt werde. Eine solche Einzelfallprüfung beschränke sich auf die mögliche Beeinträchtigung des Schutzzweckes, für den das schutzwürdige Gebiet festgelegt wurde. Das bedeute, dass keine umfassende Prüfung der Umweltauswirkungen des Vorhabens, sondern lediglich eine auf den Schutzzweck des schutzwürdigen Gebietes - in diesem Fall der Luft - bezogene Prüfung zu erfolgen habe. Weitere Ermittlungen im Hinblick auf andere Schutzgüter seien bei einer solchen Einzelfallprüfung vom Gesetz nicht gedeckt. Da die Behörde den Rahmen einer bloßen Grobprüfung durch die zusätzliche Prüfung der Auswirkungen des Straßenbauvorhabens auf das Leben und die Gesundheit von Menschen durch die Beiziehung eines Sachverständigen für Humanmedizin verlassen habe, sei die Entscheid des Verwaltungsgerichts als rechtswidrig aufzuheben.
Des Weiteren hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass bei dem gegenständlichen Projekt von einem einheitlichen Vorhaben auszugehen ist, in dessen Beurteilung auch jene Teile einzubeziehen seien, die allenfalls für sich betrachtet nicht UVP-pflichtig wären. Das Straßenbauvorhaben diene dem Zweck der Anbindung des Vorhabensgebietes. Damit sei eine funktionelle Abhängigkeit zwischen dem Straßenbauvorhaben und dem restlichen Vorhaben gegeben. Projekte seien dann als Einheit und damit als ein Vorhaben anzusehen, wenn sie in einem engen funktionellen Zusammenhang stünden.
3.4. Das Bundesverwaltungsgericht bestellte im fortgesetzten Verfahren einen Sachverständige für den Bereich Luftreinhaltung. Dieser legte ein Gutachten vom 26.02.2019 vor, das zur Stellungnahme an die Parteien übermittelt wurde; gleichzeitig wurde eine Verhandlung anberaumt.
Mit Schriftsatz vom 19.03.2019 stellten die Beschwerdeführer den Antrag, die Verhandlung abzuberaumen. Begründend wurde ausgeführt, das vom Verwaltungsgericht beauftragte Gutachten gehe am Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes vorbei, wonach von einem einheitlichen Vorhaben auszugehen sei.
Am 22.03.2019 führte das Verwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der u.a. das Gutachten zum Bereich Luftreinhaltung erörtert wurde.
Mit Schriftsatz vom 29.03.2019 nahmen die Beschwerdeführer zum luftreinhaltetechnischen Gutachten Stellung und legten eine fachliche Stellungnahme vom 28.03.2019 vor. Nach der Einholung einer dazu eingeholten ergänzenden Stellungnahme des gerichtlich bestellten Sachverständigen vom 26.05.2019 gaben die Beschwerdeführer eine weitere Stellungnahme mit Schriftsatz vom 29.05.2019 ab.
Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes vom 29.03.2019 bzw. 22.05.2019 wurde das Ermittlungsverfahren per 29.05.2019 für geschlossen erklärt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen und Beweiswürdigung:
Das Verwaltungsgericht hat durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde, den bekämpften Bescheid sowie den Beschwerdeschriftsatz samt den ergänzenden Stellungnahmen Beweis erhoben. Des Weiteren hat das Verwaltungsgericht zwei Gutachten zu den Bereichen Raumordnung und Luftreinhaltetechnik eingeholt und mit den Beschwerdeführern am 31.08.2017 sowie am 22.03.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.
1.1. Umfang des Vorhabens:
Das Vorhaben besteht aus folgenden Projektsbestandteilen bzw. es ist von folgenden Größenangaben auszugehen:
- Die Größe des Projektgebiets beträgt ca. 8,2085 ha;
- die geplante Bruttogeschoßfläche der Gebäude beträgt maximal ca. 120.000 m2;
- es sind 1.150 Wohnungen mit einer Bruttogeschoßfläche von 114.800 m2 geplant;
- folgende zentrale Einrichtungen sind vorgesehen:
- ein Kindergarten mit einer Bruttogeschoßfläche 1.000 m2,
- ein Nahversorger mit einer Bruttogeschoßfläche von 700 m2,
- eine soziale Einrichtung mit einer Bruttogeschoßfläche von 750 m2;
- Es ist überwiegend Wohnbebauung geplant;
- Es ist eine Tiefgarage mit 800 KFZ-Stellplätzen, von denen 760 ausschließlich für Bewohnerinnen und Bewohner der neuen Wohnhausanlage vorgesehen und in der Natur abgeschrankt sind. Von den übrigen 40 Stellplätzen sind 10 für Kundinnen und Kunden des Nahversorgers und 30 als Stellplätze für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kindergartens reserviert;
- Die Garage ist in zwei Teile geteilt, die miteinander nicht verbunden sind;
- Das geplante Administrationsbüro des XXXX ist städtebaulich von untergeordneter Bedeutung;
- Beim Vorhaben ist ausschließlich eine Wohnbebauung vorgesehen. Es ist somit monofunktional ausgerichtet. Des Weiteren sind keine Versorgungseinrichtungen vorgesehen, die über das Projektsgebiet hinaus einen Einzugsbereich haben;
- Die XXXX und die XXXX sollen um jeweils 300 m verlängert werden, um für eine bessere Anbindung an das Verkehrsnetz zu sorgen;
- Es ist kein Einkaufszentrum geplant;
- Eine Schule ist nicht mehr Projektsbestandteil;
- Die Wärmeversorgung erfolgt durch Fernwärme;
- Die beiden unterirdischen Garagen sind nicht durch eine Verbindungsstraße miteinander verbunden.
Dies ergibt sich aus den zum Feststellungsantrag vorgelegten Unterlagen sowie aus den ergänzenden Angaben der mitbeteiligten Partei im Beschwerdeverfahren.
Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführer ist nicht davon auszugehen, dass das Vorhaben Teil eines größeren Vorhabens ist und deshalb als Städtebauvorhaben zu werten ist (vgl. dazu die Ausführungen unter II.1.3.1.).
1.2. Luftschadstoffe:
1.2.1. Zusatzbelastung durch Luftschadstoffe:
In der Beschwerde wird in Bezug auf das Straßenbauvorhaben ausgeführt, dieses müsse zwingend einer UVP unterzogen werden, da der Amtssachverständige für Luftreinhaltetechnik in seinem Gutachten zum Ergebnis komme, dass die projektbedingten Zusatzimmissionen für den JMW an NO2 im Bereich der Neubebauung über 3 % des Grenzwertes lägen und aus technischer Sicht als relevant zu bewerten seien. Es läge daher eine über der Irrelevanzschwelle liegende Zusatzbelastung vor, weshalb aufgrund der Ausführungen im Leitfaden UVP und IG-L (in der überarbeiteten Version) zwingend eine UVP durchzuführen sei. Auch sei das Gutachten der Prognosehorizont 2020 im Gutachten von XXXX & Partner Ziviltechniker GmbH nicht ausreichend und nicht vollständig. Die herangezogenen Messpunkte seien ungeeignet.
Diesem Beschwerdevorbringen ist entgegenzuhalten, dass der Amtssachverständige für Luftreinhaltetechnik hinsichtlich der zu erwartenden Gesamtbelastung - also der sich aus Vor- und Zusatzbelastung ergebenden Gesamtbelastung - im relevanten Prognosejahr 2020 ausführte, dass diese jedenfalls unter dem derzeit gültigen Grenzwert für den Jahresmittelwert von 30 µg/m3 + 5 µg/m3 Toleranzmarge gemäß Anlage la IG-L und deutlich unter dem Beurteilungskriterium der Genehmigungsvoraussetzungen gemäß § 20 Abs. 3 IG-L liegt. Wie die belangte Behörde richtigerweise festgestellt hat, ergeben sich unter Heranziehung der Messstelle Kendlerstraße (also der höchsten Vorbelastung) die höchsten Werte bei IP 05 mit 31,46 µg/m3 und IP 06 mit 31,36 µg/m3 NO2.
Eine wesentliche Änderung der natürlichen Zusammensetzung der Luft liegt aus luftrein-haltetechnischer Sicht dann vor, wenn diese zumindest eindeutig feststellbar ist. Eindeutig feststellbar ist in jedem Fall jenes Ausmaß an Immissionszusatzbelastungen, das über den in Anlage 4 gem. IG-L-MKV festgelegten Datenqualitätszielen für die Luftqualitätsbeurteilung liegt. Das strengste Datenqualitätsziel wird darin für ortsfeste Messungen definiert. Die Messunsicherheit beträgt demnach für ortsfeste Messungen von NO2 bzw. NOx plus/minus 15 % und für PM10 plus/minus 25 %, wobei diese Prozentsätze für die Unsicherheit in Bezug auf den jeweiligen Grenzwert im IG-L gelten.
Es wird festgestellt, dass beim Bereich Luftreinhaltung von folgender Immissionszusatzbelastung unter Heranziehung der Messkriterien des Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L) bzw. des Messkonzepts zum Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L-MKV 2012), BGBl. II Nr. 127/2012, i.d.F. BGBl. II Nr. 208/2017, zur Überwachung des Schutzgutes Luft durch die Emissionen des gegenständlichen Vorhabens (Wohnbebauung samt Straße) im Hinblick auf die Luftschadstoffe PM10 und NO2 auszugehen ist:
- Die maximale Immissionszusatzbelastung im Untersuchungsgebiet wird in der vorliegenden Luftschadstoffuntersuchung von XXXX & Partner Ziviltechniker GmbH; (2016) Immissionspunkt IP 5 für den NO2 - Jahresmittelwert mit 1,78 µg/m³ und für den maximalen NO2 - Halbstundenmittelwert mit 4,03 µg/m³ausgewiesen. Die maximale vorhabensbedingte Immissionszusatzbelastung beträgt am Immissionspunkt IP 5 für den PM10 - Jahresmittelwert 0,48 µg/m³.
- In Bezug auf den im IG-L geregelten Immissionsgrenzwert für den JMW NO2 von 35 µg/m³ (Grenzwert von 30 µg/m³ plus der Toleranzmarge von 5 µg/m³) bedeutet dies für die maximale Immissionszusatzbelastung des JMW NO2 von 1,78 µg/m³ eine relative Zunahme von 5,1 %.
- In Bezug auf den im IG-L geregelten Immissionsgrenzwert für den HMW NO2 von 200 µg/m³ bedeutet dies für die maximale Immissionszusatzbelastung des HMW NO2 von 4,03 µg/m³ eine relative Zunahme von 2,0 %.
- In Bezug auf den im IG-L geregelten Immissionsgrenzwert für den JMW PM10 von 40 µg/m³ bedeutet dies für die maximale Immissionszusatzbelastung des JMW PM10 von 0,48 µg/m³ eine relative Zunahme von 1,2 %.
- Die relativen Zunahmen für das maximale Ausmaß an Immissionszusatzbelastungen für den JMW NO2, HMW NO2 und den JMW PM10 liegen daher deutlich unter den gesetzlich geregelten Messunsicherheiten gemäß IG-L-MKV und sind daher aus luftreinhaltetechnischer Sicht nicht als wesentliche Änderungen der natürlichen Zusammensetzung des Schutzgutes Luft im Untersuchungsgebiet zu werten.
- Der TMW PM10 darf an 25 Tagen eines Kalenderjahres den Wert von 50 µg/m³ überschreiten, es handelt sich also um einen maximal zulässigen Jahresperzentilwert. Die Zusatzbelastung im Jahresmittel korrespondiert über den statistischen Zusammenhang mit der Anzahl statistisch zusätzlich zu erwartender Tagesmittelwerte über 50 µg/m³ (vgl. Jahresbericht Hintergrundmessnetz; Umweltbundesamt; 2014). Eine Relevanzbetrachtung des Langzeitmittelwertes stellt daher bereits eine Bewertung der Anzahl der Überschreitungstage dar, womit sich die Definition eines eigenen Schwellenwertes für den PM10-TMW erübrigt.
Es wird festgestellt, dass es im Hinblick auf die Vorbelastung und die vorhabensbedingte Immissionszusatzbelastung bei der sich so ergebenden Gesamtbelastung zu folgenden Grenz- oder Zielwerte nach IG-L kommt:
- Im Untersuchungsgebiet werden die in Anlage 1a IG-L festgelegten Immissionsgrenzwerte für die Jahresmittelwerte von NO2 und Feinstaub der Fraktionsgröße PM10 am meistbelasteten Immissionspunkt eingehalten.
- Der in Anlage 1a IG-L festgelegte Immissionsgrenzwert für den maximalen NO2-Halbstundenmittelwert wird am meistbelasteten Immissionspunkt eingehalten.
- Im Bereich der Bestandsverbauung im Untersuchungsgebiet (Immissionspunkte IP 1, IP 2 und IP 4) ist statistisch gesehen mit keinen zusätzlichen Überschreitungstagen zu rechnen. Im Bereich des unmittelbaren Vorhabens (Immissionspunkte IP 3, IP 5 und IP 6) sind statistisch ein bis zwei zusätzliche Überschreitungstage zu erwarten. Aufgrund der für das Prognosejahr 2020 geringer anzusetzenden Vorbelastung (im Vergleich zur vorliegenden Luftschadstoffuntersuchung von XXXX & Partner Ziviltechniker GmbH (2016) ist im Untersuchungsgebiet jedenfalls mit der Einhaltung des in § 20 Abs. 3 IG-L festgelegten höchst zulässigen Überschreitungskriteriums für den Tagesmittelwert für PM10 zu rechnen. Aufgrund sinkender Luftschadstofftrends in Wien entspricht dies jedenfalls einer konservativen Annahme.
Insgesamt ist festzustellen, dass die Zunahmen der Immissionszusatzbelastungen durch das Vorhaben nicht als wesentliche Änderungen der natürlichen Zusammensetzung des Schutzguts Luft im Untersuchungsgebiet zu werten sind.
Dies ergibt sich aus dem Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen vom 26.02.2019.
Durch das Vorhaben - weder durch die Wohnbebauung, noch durch das Straßenvorhaben und auch nicht durch das Gesamtvorhaben Wohnbebauung samt Straßenvorhaben - ist insgesamt nicht mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt i.S. des UVP-G 2000 zu rechnen.
1.2.2. Nachvollziehbarkeit der Luftschadstoffuntersuchung:
Die Beschwerdeführer bringen vor, die Prognose hinsichtlich der Schadstoffbelastung hätte wegen der Antragstellung zur UVP-Feststellung aus dem Jahr 2016 für fünf Jahre bis zum Jahr 2021 (und nicht bis 2020) erstellt werden müssen. Demgemäß hätte sich auch die Fragestellung an die Sachverständigen auf den Zeitraum bis zum Jahr 2021 beziehen müssen.
Dazu ist auszuführen, dass die Berechnung des Prognosezeitraums im UVP-G 2000 nicht festgelegt ist. Deshalb können - wie von den Beschwerdeführern auch nicht bestritten wird - verschiedene Daten, wie das Datum der Antragstellung, UVP-Feststellung oder die voraussichtliche Verkehrsfreigabe herangezogen werden. Richtigerweise verweisen die Beschwerdeführer darauf, dass in einem Fall des Umweltsenats das Datum der UVP-Feststellung herangezogen wurde (US 26.07.2006/ US 4B/2006/11, B7 neu 1). Die Beschwerdeführer verkennen dabei aber, dass in diesem Fall die UVP-Feststellung und Antragstellung im selben Jahr erfolgt sind. Dies ist im gegenständlich zu beurteilenden Sachverhalt aber nicht der Fall, vielmehr erfolgte die Antragstellung im gegenständlichen Fall im Jahr 2015, weshalb zulässigerweise auch der Prognosehorizont von fünf Jahren bis 2020 herangezogen wurde. Aber auch sonst ist mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, wenn diese von einem zwingenden Prognosezeitraum bis 2021 ausgehen. Wesentliches Kriterium für die Berechnung des Prognosezeitraums ist nämlich, dass die in diesem Zeitraum vorhersehbaren Entwicklungen - insbesondere generelle wirtschaftliche Entwicklungen, regionale Entwicklungen, Infrastrukturentwicklung - zu berücksichtigen sind. Dazu gehört auch, dass bei einer UVP-Einzelfallprüfung eines Straßenbauvorhabens jene Auswirkungen zugrunde zu legen sind, die nach der konkreten Planung wahrscheinlich sind, und auch der erhöhte Mobilitätsbedarf der erschlossenen Gebiete zu berücksichtigen ist. Dies ist im gegenständlichen Fall jedenfalls erfolgt, da auch im Prognosezeitraum bis 2020 die Erschließung und Bebauung der XXXX - somit die Verwirklichung des Wohnbauvorhabens - bereits berücksichtigt wurde. Die Beschwerdeführer sind den Schlussfolgerungen zu den Gutachten zum Straßenbauvorhaben auch nicht grundsätzlich entgegengetreten.
Das vom Verwaltungsgericht eingeholte Gutachten vom 26.02.2019 für Luftreinhaltetechnik kommt zusammenfassend zum Ergebnis, dass die Luftschadstoffuntersuchung für den UVP-Feststellungsantrag von XXXX & Partner Ziviltechniker GmbH für den Prognosehorizont 2020 vollständig und nachvollziehbar ist, um eine mögliche Beeinträchtigung durch Luftschadstoffe zu beurteilen.
Es wird festgestellt, dass die Luftschadstoffuntersuchung zum UVP-Feststellungsantrag von XXXX & Partner Ziviltechniker GmbH vollständig, nachvollziehbar und ausreichend ist. Diese ist geeignet, in einem UVP-Feststellungsverfahren auf der Ebene einer Grobprüfung die erforderlichen Aussagen zur Frage einer möglichen erheblichen Beeinträchtigung der Umwelt zu machen. Die Luftschadstoffuntersuchung für den UVP-Feststellungsantrag von XXXX & Partner Ziviltechniker GmbH beruht dabei für den Prognosehorizont 2020 auf zwei Planfälle:
- Planfall 0: Straßennetz im Bestand, Kfz-Erschließung des XXXX ausschließlich über die XXXX ;
- Planfall 1: Verlängerung der XXXX bis zur XXXX , sodass ein Durchfahren möglich ist, Kfz-Erschließung des XXXX über die XXXX und über die verlängerte XXXX .
Unter Berücksichtigung der großräumigen und lokalen Standortkriterien für die Beurteilung der Luftqualität gemäß IG-L-MesskonzeptV ist auch der beschriebene Immissionspunkt 5 (IP 5) als repräsentativ für das Immissionsmaximum im Untersuchungsgebiet zu werten. Unter Berücksichtigung der großräumigen und lokalen Standortkriterien für die Beurteilung der Luftqualität gemäß IG-L-MKV 2012, BGBl. II Nr. 127/2012, ist der Immissionspunkt IP 5 als repräsentativ für das Immissionsmaximum im Untersuchungsgebiet zu werten, denn höhere Immissionszusatzbelastungen treten im Untersuchungsgebiet ausschließlich im unmittelbaren Fahrbahnbereich auf und sind daher aufgrund der Standortkriterien für die Beurteilung der Luftqualität nicht zu berücksichtigen. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen vom 26.02.2019 sowie aus seinen ergänzenden Ausführungen.
Es wird festgestellt, dass der Prognosehorizont 2020 ausreichend ist; die herangezogenen Messpunkte sind geeignet.
1.2.3. Stand der Technik der Verkehrsemissionen:
Die Beschwerdeführer bringen zum Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen für Luftreinhaltung vom 26.02.2019 bzw. dessen Ausführungen in der Verhandlung vor, die bisherigen Emissionsberechnungen würden nicht dem Stand der Technik entsprechen bzw. diese seien veraltet. Weder das Gutachten von XXXX & Partner, noch das Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen hätten den sogenannten "Dieselskandal" berücksichtigt. Es seien daher neue Berechnungen mit einem Modell durchzuführen, welches den "Dieselskandal" voll berücksichtige.
Dazu ist auszuführen, dass der Stand der Technik den Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen beschreibt, der nach herrschender Auffassung führender Fachleute das Erreichen eines vorgegebenen Zieles als gesichert erscheinen lässt. Bei der Beurteilung des Stands der Technik ist daher nicht auf fachnotorische Vermutungen oder Einzelkenntnisse abzustellen, sondern auf anerkannte technische Festlegungen für Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen, die nach herrschender Auffassung der beteiligten Fachöffentlichkeit geeignet sind, das vorgegebene Ziel zu erreichen. Das Handbuch der Emissionsfaktoren des Straßenverkehrs (HBEFA) entspricht dieser Anforderung und stellt somit den veröffentlichten, qualitätsgesicherten Stand der Technik dar.
Zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheids durch die Wiener Landesregierung am 06.12.2016 entsprach das Handbuch der Emissionsfaktoren des Straßenverkehrs in der Version 3.2 dem Stand der Technik. Im April 2017 wurde das Update des Handbuchs der Emissionsfaktoren des Straßenverkehrs in der Version 3.3 veröffentlicht. In diesem Update wurden die NOx-Faktoren für die Abgasklassen Euro 4, 5 und 6 von Diesel-PKW aktualisiert.
Es wird festgestellt, dass auch bei Heranziehung des aktualisierten Handbuchs der Emissionsfaktoren des Straßenverkehrs in der Version 3.3 dies keine Auswirkungen auf das Beurteilungsergebnis bei der Beantwortung der Fragen der gutachterlichen Stellungnahme zum Fachgebiet Luft vom 26.02.2019 gehabt hätte.
In diesem Zusammenhang ist auszuführen, dass für den zur Beantwortung der ersten beiden Fragen der gutachterlichen Stellungnahme zum Fachgebiet Luft vom 26.02.2019 maßgebenden Immissionspunkt IP 5 der Streckenabschnitt Nr. 12 (Neubau der XXXX ) relevant ist. Für diesen wird eine Verkehrsstärke im Prognosejahr 2020 mit einem JDTV von 2580 Kfz/24h (2515 Pkw/24h und 65 Lkw/24h) ausgewiesen. Dieser städtischen Erschließungsstraße kann typischerweise der Verkehrszustand "Agglo/Erschließung/50/flüssig" nach dem Handbuch der Emissionsfaktoren des Straßenverkehrs zugeordnet werden (siehe Tabelle 1).
HBEFA 3.2
HBEFA 3.3
EFA Pkw
0,203
0,279
EFA Lkw
2,502
2,502
Egesamt
673
864
Tabelle 1: Emissionsfaktoren EFA (g/Fzg*km) für den Verkehrszustand "Agglo/Erschließung/50/flüssig" und daraus resultierende Gesamtemissionen Egesamt (g/24h*km).
Durch einen Vergleich der Gesamtemissionen Egesamt lässt sich für den Streckenabschnitt Nr. 12 für den Schadstoff NOX im HBEFA 3.3 gegenüber dem HBEFA 3.2 eine Zunahme von 28 % ableiten. Bei konservativer Berücksichtigung dieser Zunahme (für NO2 ergäbe sich aufgrund der Konversion eine geringere Zunahme) würde dies in Bezug auf den im IG-L geregelten Immissionsgrenzwert für den JMW NO2 von 35 µg/m³ (Grenzwert von 30 µg/m³ plus der Toleranzmarge von 5 µg/m³) eine maximale Immissionszusatzbelastung des JMW NO2 von 2,29 µg/m³ bzw. eine relative Zunahme von 6,5 % bedeuten. In Bezug auf den im IG-L geregelten Immissionsgrenzwert für den HMW NO2 von 200 µg/m³ bedeutet dies für die maximale Immissionszusatzbelastung des HMW NO2 von 5,17 µg/m³ eine relative Zunahme von 2,6 %.
Der gerichtlich bestellten Sachverständige für Luftreinhaltung führte in diesem Zusammenhang mit Stellungnahme vom 26.05.2019 aus, dass dieses Ergebnis auch seinen Erfahrungen als Sachverständiger für Luftreinhaltung entspreche. Eine Abänderung der Beantwortung der gutachterlichen Stellungnahme zum Fachgebiet Luft vom 26.02.2019 sei nicht geboten.
Die Beschwerdeführer bringen dazu durch ihren Sachverständigen vor, der gerichtlich bestellte Sachverständige verkenne "bedauerlicherweise die Dramaturgie der Situation des Dieselskandals", das HBEFA 3.3 berücksichtige auch den Dieselskandal nicht voll. Damit könne jedoch der Vorwurf, dass dieses Regelwerk nicht dem Stand der Technik entspreche, nicht entkräftet werden. In diesem Zusammenhang wird darauf verwiesen, dass nach Veröffentlichung weitere große Fahrzeughersteller Probleme mit dem Einhalten der Stickoxidemissionen bekommen hätten und andererseits das HBEFA 3.3 nur ein "quick update" sei. Warum große Fahrzeughersteller Probleme bei der Einhaltung der Stickoxidemissionen bekommen hätten und das "quick update" ungeeignet ist, wird von den Beschwerdeführern bzw. deren Sachverständigen nicht weiter ausgeführt. Auch ist es unerheblich, warum eine neuere Version - aus welchen Gründen auch immer - des HBEFA 3.3 nicht verfügbar ist. Das BVwG geht somit davon aus, dass die Version 3.3 den derzeitigen Stand der Technik repräsentiert und auch die neuesten Erfahrungen des "Dieselskandals" nach dem derzeitigen Stand der Luftreinhaltetechnik eingearbeitet sind. Der von den Beschwerdeführern beauftrage Sachverständige räumt in diesem Zusammenhang selbst ein, dass die Dokumentation zum HBEFA 3.3 schlüssig zeige, dass es sich bei dieser Version eben um einen Zwischenschritt handle. Insbesondere ist es eine allgemeine Erfahrung des Lebens, dass immer davon auszugehen ist, dass sich der Stand der Technik auch ständig weiterentwickeln wird. Es ist folglich auch davon auszugehen, dass in der Zukunft eine neuere Version des HBEFA vorliegen wird, in der die Auswirkungen des "Dieselskandals" noch besser berücksichtigt werden. Damit wird aber von den Beschwerdeführern insgesamt nicht aufgezeigt, warum das HBEFA 3.3 ungeeignet ist, um als Regelwerk im Zuge einer Grobprüfung für die Beurteilung von Luftschadstoffen herangezogen zu werden und inwiefern es aktuell nicht dem Stand der Technik entspricht. Dies ergibt sich aus den ergänzenden Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen vom 26.05.2019.
Es ist daher festzustellen, dass das HBEFA 3.3 den derzeitigen Stand der Technik repräsentiert und den sogenannten "Dieselskandal" nach dem derzeitigen Wissenstand einbezieht. Letztlich ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass der Sachverständige der Beschwerdeführer nicht ständig und ausschließlich im Bereich für Luftreinhaltetechnik tätig ist. Beim gerichtlich bestellten Sachverständigen ist hingegen davon auszugehen, dass er aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit als Luftreinhaltetechniker für eine Behörde und das Gericht über das notwendige Wissen und die notwendigen Erfahrungen verfügt, um die Frage zu beurteilen, ob die Messungen nach dem derzeitigen Stand der Technik erfolgt sind.
1.2.4. Berücksichtigung von Luftschadstoffemissionen aus verschiedenen Quellen:
Die Beschwerdeführer bringen zum Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen vor, dieses habe sich ausschließlich auf die Luftschadstoffuntersuchung des Büro XXXX & Partner gestützt. Dieses habe jedoch in keiner Weise die Auswirkungen des Städtebauvorhabens auf das Schutzgut Luft betrachtet. Das städtebauliche Vorhabensareal sei für die Betrachtung als Barriere angenommen worden. Luftschadstoffrelevant seien insbesondere (erstens) die Auswirkungen des Verkehrs auf dem Areal durch die unterirdischen Verkehrswege bzw. Garage, die Luftschadstoffe konzentriert durch Lüftungsanlagen in die Umwelt abgegeben würden. Des Weiteren seien (zweitens) alle sonstigen luftschadstoffrelevanten Aktivitäten im Bereich des Areals (z.B. auch allenfalls eingeplante Grillplätze, Garagenlüftung, Wohnraumbeheizung, Notkamine etc.) relevant. So müssten auch Notkamine oder andere Möglichkeiten zur Beheizung berücksichtigt werden. Es müssten sämtliche Luftschadstoffemissionen erfasst und eine Gesamtbetrachtung der Luftschadstoffemissionen durchgeführt und neu bewertet werden. Es wären damit die Vorgaben der Entscheidung des VwGH vom 25.09.2018, Ra 2018/05/0061 bis 0154, einer einheitlichen Beurteilung nicht erfüllt worden.
Dazu ist (erstens) auszuführen, dass für das Wohnbauvorhaben zwei Garagen vorgesehen sind, die jedoch untereinander nicht verbunden sind. Es bestehen somit auch keine unterirdischen Verkehrswege. In Bezug auf Emissionen von Luftschadstoffen aus den Garagenlüftungen führte der gerichtlich bestellte Sachverständige aus, es sei aus vergleichsweisen Vorhaben nicht davon auszugehen, dass sie jene Größenordnungen aufweisen, die zu einer abweichenden Beurteilung führen würden, als das Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen vom 26.02.2019 gekommen ist. Somit verbleiben aus luftreinhaltetechnischer Sicht Verkehrsemissionen auf öffentlichem Gut (wie z.B. das gegenständliche Straßennetz) als einzig relevanter Beurteilungsgegenstand. Diese sind jedoch nicht als wesentliche Änderungen der natürlichen Zusammensetzung des Schutzguts Luft im Untersuchungsgebiet zu werten (vgl. oben unter II.1.2.1.). In der derzeitigen Planungsphase können die Emissionen von Luftschadstoffen aus anderen Quellen (z.B. Garagenentlüftung) in einer Detailtief, die über eine Grobprüfung hinausgeht, nicht eindeutig festgestellt werden, da eine Detailplanung zur konkreten Ausführung der Garagen noch nicht vorliegt. Eine Detailplanung ist aber ohnedies in einem UVP-Feststellungsverfahren zu einem Wohnbauvorhaben nicht erforderlich, da lediglich eine Beurteilung auf der Ebene einer Grobprüfung erforderlich ist. Da die geplanten Wohnungen durch Fernwärme beheizt werden sollen, ist auf mögliche Auswirkungen durch die von den Beschwerdeführern vorgebrachten Notkamine ohnedies nicht weiter einzugehen. Emissionen aus vergleichsweisen Vorhaben (Garagenlüftungen) weisen auch nicht jene Größenordnung auf, die eine abweichende Beurteilung zulassen würde. Es ist somit davon auszugehen, dass auch bei einer bekannten Detailplanung der Garagenentlüftung sich die Beurteilung der Verkehrsemissionen auf öffentlichem Gut (z.B. das gegenständliche Straßennetz) als einzig relevanter Beurteilungsgegenstand aus luftreinhaltetechnischer Sicht nicht verändern würde.
Die weiteren von den Beschwerdeführern vorgebrachten Bauvorhaben in Floridsdorf sind jedoch nicht Teil des gegenständlichen Vorhabens (vgl. unten II.1.3.) und sind somit in die Prüfung nicht miteinzubeziehen. Des Weiteren erfolgt (zweitens) die Wärmeversorgung des Vorhabens über Fernwärme. Es ist somit im regionalen Bereich mit keinen erheblichen Luftschadstoffen durch die Wärmeversorgung zu rechnen.
Zur Eignung der Luftschadstoffuntersuchung des Büro XXXX & Partner ist auszuführen, dass unter Berücksichtigung der großräumigen und lokalen Standortkriterien für die Beurteilung der Luftqualität gemäß IG-L-MesskonzeptV der darin beschriebene Immissionspunkt 5 als repräsentativ für das Immissionsmaximum im Untersuchungsgebiet zu werten ist.
Es ist festzustellen,
- dass es sich beim gegenständlichen Projekt um ein einheitliches Vorhaben handelt, das aus den oben unter Punkt II.1.1. aufgezählten Bestandteilen besteht bzw. dass von diesen Größenangaben auszugehen ist. Dieses ist einer Gesamtbeurteilung am Maßstab einer Grobprüfung unterzogen worden;
- dass die Wärmeversorgung des Vorhabens durch Fernwärme realisiert wird;
- dass die Verkehrsemissionen auf nicht öffentlichem Gut (beispielsweise Garagenlüftungen) bei der luftreinhaltetechnischen Beurteilung bei der Grobbeurteilung einbezogen wurden;
- dass die Verkehrsemissionen auf öffentlichem Gut (Verbindungsstraße) bei der luftreinhaltetechnischen Beurteilung bei der Grobbeurteilung einbezogen wurden;
- dass in der derzeitigen Planungs-Phase diese Emissionen über eine Grobprüfung hinaus nicht eindeutig feststellbar sind, weil keine Detailplanungen zu konkreten Ausführung von Garagen vorliegen;
- dass das vorliegende luftschadstofftechnische Gutachten von XXXX & Partner als weitere Beurteilungsgrundlage im Verfahren geeignet ist.
Dies ergibt sich aus dem Gutachten vom 26.02.2019 des gerichtlich bestellten Sachverständige für Luftreinhaltung, den ergänzenden Angaben der mitbeteiligten Partei sowie den Ausführungen im, die dieser insbesonders im Rahmen der mündlichen Verhandlung (VH-Schrift 22.03.2019, S. 9) gemacht hat. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen und seinen ergänzenden Ausführungen.
1.2.5. Zur Berücksichtigung von Baustellenstaub in der Errichtungsphase:
Die Beschwerdeführer bringen vor, dass "angesichts der allgemein bekannten Vorgeschichte" der XXXX davon auszugehen sei, dass nicht nur geogener Staub und Verkehrsemissionen bei der Errichtung des Vorhabens auftreten könnten. Daher wäre auch die Bauphase zu berücksichtigen, zumindest sei eine vorherige Überprüfung des Untergrundes erforderlich. Die Beschwerdeführer bringen in diesem Zusammenhang ergänzend vor, dass im Untergrund des über lange Jahre von " XXXX " genutzten Geländes Asbestablagerungen vorhanden seien. Die Auswirkungen des Aushubs und der Abtransport von Asbest seien jedoch im Verfahren nicht berücksichtigt worden. Dazu wären aus "luftreinhaltetechnischer Sicht strenge Auflagen" erforderlich, die es jedoch nicht gäbe. Dazu wird auf eine E-Mail-Stellungnahme eines Bezirksrates von Floridsdorf, die der Stellungnahme des Gutachters der Beschwerdeführer angeschlossen wurde, verwiesen. Demnach seien die Bauten von XXXX in der "Hochblüte des Asbests" errichtet worden. Die genannte Stellungnahme des Bezirksrates bezieht sich auf ein Abbruchvorhaben unter der Adresse XXXX in 1220 Wien. Die verfahrensgegenständlichen Grundstücke befinden sich jedoch entfernt von dieser Adresse. Die diesbezüglichen Behauptungen und Ausführungen der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang sind undeutlich und spekulativ.
Weiters ist in diesem Zusammenhang auszuführen, dass der VwGH in seinem Erkenntnis vom 25.09.2018, Ra 2018/05/0061 unter Rz 40 - unter Verweis auf seine ständige Rechtsprechung - ausführt, die Behörde habe sich nach der expliziten Anordnung in § 3 Abs. 7 vierter Satz UVP-G 2000 bei der Feststellung, ob eine UVP durchzuführen ist, hinsichtlich Prüftiefe und Prüfumfang auf eine Grobprüfung in Bezug auf die Wahrscheinlichkeit und Plausibilität negativer Umweltauswirkungen unter Berücksichtigung der konkreten Situation zu beschränken. Die vom VwGH gezogenen Grenzen einer Grobprüfung (vgl. insbesondere die Ausführungen unter Rz 45) würden jedoch durch die von den Beschwerdeführern geforderte Berücksichtigung der Auswirkungen der Bauphase jedenfalls überschritten werden.
Die Informationen zur Bauphase, wie beispielsweise nötige Transportfahrten aufgrund des Bauumfangs, der Bauweise, der beabsichtigt einzusetzenden Baumaterialen und Art und Umfang von Erdbauarbeiten sind zum Zeitpunkt eines UVP-Feststellungsverfahrens in der Regel weder bekannt, noch wären entsprechende Annahmen plausibel oder nachvollziehbar abschätzbar. Die Auswirkungen der Bauphase sind im Planungsstadium eines UVP-Feststellungsverfahrens folglich fachlich gar nicht seriös und fundiert beurteilbar.
Selbst für den Fall, dass diese Informationen im vorliegenden Fall bereits bekannt bzw. messbar wären, würde der zur seriösen Beurteilung der Bauphase erforderliche Ermittlungsaufwand jedenfalls den vom VwGH selbst festgelegten Anforderungen an eine Grobprüfung überschreiten.
1.2.6. Anwendung des Irrelevanzkriteriums:
Die Beschwerdeführer bringen vor, der Vergleich des gerichtlich bestellten Sachverständigen im Hinblick auf wesentliche Änderungen des Schutzgutes Luft mit den Datenqualitätszielen führe einerseits das lrrelevanzkriterium ad absurdum und andererseits sei eine Auslegung so nicht zulässig. So seien Unsicherheiten der Immissionsmodellierung des gegenständlichen Vorhabens nicht bestimmt worden.
In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass der VwGH in seiner Entscheidung vom 25.09.2018 zum Projekt " XXXX " unter Rz 47 ausführte, dass die Frage nach dem Vorliegen einer wesentlichen Beeinträchtigung der Luft eine luftreinhaltetechnische und keine humanmedizinische Frage sei.
Aus dem Umstand, dass der VwGH dem BVwG einen Auftrag dahingehend erteilt hat, im weiteren Verfahren zu prüfen, ob eine wesentliche Beeinträchtigung des Schutzgutes Luft vorliegt, obwohl eine relevante Zusatzbelastung durch die belangte Behörde und das BVwG bereits festgestellt worden war, ist abzuleiten, dass der VwGH eine relevante Zusatzbelastung nicht mit einer wesentlichen Beeinträchtigung des Schutzgutes Luft gleichsetzt.
Vor diesem Hintergrund hatte der Sachverständige im Rahmen seiner gutachterlichen Stellungnahme und dem vom Gericht vorgegebenen Beweisthema zu prüfen, ob eine wesentliche Beeinträchtigung des Schutzgutes Luft im gegenständlichen Fall vorliegt oder ob eine solche wesentliche Beeinträchtigung trotz relevanter Zusatzbelastung durch das Vorhaben nicht vorliegt.
Weiters ist in diesem Zusammenhang auszuführen, dass im Fall von Grenzwertüberschreitungen für die Jahresmittelwerte von NO2 und Feinstaub der Fraktionsgröße PM10 oder der Nichteinhaltung des höchst zulässigen Überschreitungs-kriteriums für den Tagesmittelwert für PM10 jede weitere, relevante Immissionszusatzbelastung als wesentliche Beeinträchtigung der Luft i.S.e. Änderung der natürlichen Zusammensetzung der Luft zu werten ist. Demgegenüber ist im Fall von relevanten Immissionszusatzbelastungen, die jedoch nicht zu einer Überschreitung der Grenzwerte für die Jahresmittelwerte von NO2 und Feinstaub der Fraktionsgröße PM10 oder zur Nichteinhaltung des höchst zulässigen Überschreitungskriteriums für den Tagesmittelwert für PM10 führen, eine weitergehende Beurteilung der vorhabensbedingten Änderung der natürlichen Zusammensetzung des Schutzgutes Luft durchzuführen.
Anders als vom Sachverständigen der Beschwerdeführer behauptet, ist es folglich denklogisch und systemimmanent, dass erst die Prognose von relevanten Immissionszusatzbelastungen die Voraussetzung für eine weitergehende Beurteilung für das Vorhandensein einer wesentlichen Änderung der natürlichen Zusammensetzung des Schutzgutes Luft im Untersuchungsgebiet ist. Dies begründet sich darüber hinaus auch dadurch, dass die Anwendung des Schwellenwertkonzepts ausschließlich für die sensibleren Schutzgüter Mensch bzw. Ökosysteme und Vegetation sinnvoll ist, nicht jedoch für das Schutzgut Luft als Ausbreitungsmedium.
Vor diesem Hintergrund orientiert sich das auch durch das BVwG durch die Festlegung des Beweisthemas vorgegebene Bewertungskonzept der gutachterlichen Stellungnahme zum Fachgebiet Luft vom 26.02.2019 an den Beurteilungskriterien für die Luftqualität im Untersuchungsgebiet gem. IG-L-MKV. Das Schwellenwertkonzept wird daher nicht ad absurdum geführt, sondern ist die Voraussetzung für eine weitergehende Beurteilung der Luftqualität im Untersuchungsgebiet. Darüber hinaus dient es weiterhin als Abgrenzungskriterium für das Untersuchungsgebiet.
In diesem Zusammenhang ist daher festzuhalten, dass mit Bescheid der belangten Behörde vom 06.12.2016 die maximalen Immissionszusatzbelastungen im Untersuchungsgebiet als relevant bewertet wurden. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass im Untersuchungsgebiet die Immissionsgrenzwerte für Jahresmittelwerte von NO2 und Feinstaub der Fraktionsgröße PM10 am meistbelasteten Immissionspunkt eingehalten werden und mit der Einhaltung des höchst zulässigen Überschreitungskriteriums für den Tagesmittelwert für PM10 zu rechnen ist.
Es war daher anhand der vom BVwG vorgegebenen Beweisthemen zu prüfen, ob durch die sich aus Vorbelastung und vorhabensbedingte Immissionszusatzbelastung ergebende Gesamtbelastung im IG-L vorgegebenen Grenz- oder Zielwerte überschritten werden.
Das wurde verneint. Es ist weiters festgestellt, dass die relativen Zunahmen für das maximale Ausmaß an Immissionszusatzbelastungen für den JMW NO2, HMW NO2 und den JMW PM10 deutlich unter den gesetzlich geregelten Messunsicherheiten gemäß IG-L-MKV liegen und daher aus luftreinhaltetechnischer Sicht nicht als wesentliche Änderungen der natürlichen Zusammensetzung des Schutzgutes Luft im Untersuchungsgebiet zu werten sind.
In Bezug auf die angeführten Unsicherheiten von Immissionsmodellierungen ist festzustellen, dass die Immissionsmodellierung im gegenständlichen Verfahren nach den Vorgaben der RVS 04.02.12 durchgeführt wurde. Bei Einhaltung der Vorgaben der RVS 04.02.12 ist es nach dem Stand der Technik (Richtlinie 2008/50/EG) nicht erforderlich, etwaige Unsicherheiten der Berechnungen dem Rechenwert der Zusatzbelastung zuzurechnen.
In Österreich gibt es keine gesetzlich verbindlichen Vorschriften für die Verwendung eines bestimmten Ausbreitungsmodells. Daher werden in der Technischen Grundlage zur Qualitätssicherung in der Luftschadstoff-Ausbreitungsrechnung des (ehemaligen) Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend (BMWFJ), 2013, folgende Anforderungen an den Nachweis der Modelleignung gestellt:
- Darlegung der Modellphysik, vorzugsweise in begutachteten Fachzeitschriften;
- Darlegung von Evaluierungsstudien, insbesondere, wenn Gebäude oder Bewuchs, Abgasfahnenüberhöhungen, windschwache Wetterlagen, Geländeeinfluss, Sedimentation, Deposition oder luftchemische Reaktionen für den Anwendungsfall von Bedeutung sind.
Eine umfangreiche Beschreibung des Modells GRAL inklusive Evaluierung anhand von zahlreichen Ausbreitungsexperimenten findet sich in Öttl, (2019). Die Qualitätssicherung erfolgt durch laufende Validierungsaktivitäten anhand von Daten aus Feldexperimenten. Programmstruktur und Validierungsergebnisse wurden bzw. werden in internationalen Fachzeitschriften und durch Vorträge auf internationalen Konferenzen dokumentiert, wodurch die wissenschaftliche Qualität sichergestellt wird. Evaluierungsstudien mit dem Ausbreitungsmodell GRAL wurden in bisher 23 wissenschaftlichen Arbeiten in international begutachteten Fachzeitschriften publiziert.
Der gerichtlich bestellte Sachverständige für Luftreinhaltung führt aus, dass das verwendete Ausbreitungsmodell validiert (insbesondere entsprechend RVS 04.02.12) und für die Aufgabenstellung geeignet sei.
Weiters bringen die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang vor, allein schon durch den verkehrlichen Teil des Vorhabens komme es zu teilweise massiven Überschreitungen des 1-%-lrrelevanzkriteriums für Projekte dieser Art. Die Änderungen am Schutzgut Luft seien sohin relevant. Eine Festlegung einer 3-%-lrrelevanzschwelle sei nur für hochrangige Straßenvorhaben vorgesehen (Hinweis auf RVS 04.02.12, wegen Kumulierung von straßenbedingten Immissionen mehrerer Straßen).
Dazu ist auszuführen, dass das Schwellenwertkonzept gemäß RVS 04.02.12 Schwellenwerte für irrelevante Zus