TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/7 G306 2177718-2

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Veröffentlicht am 07.01.2020
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Entscheidungsdatum

07.01.2020

Norm

AsylG 2005 §55 Abs1 Z1
B-VG Art133 Abs4

Spruch

G306 2177718-2/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA: Kosovo, vertreten durch RA Mag. Alexander FUCHS, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.03.2019, Zahl XXXX, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird s t a t t g e g e b e n , und dem Beschwerdeführer gemäß § 55 Abs. 1 Z 1 AsylG ein Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von 12 Monaten erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 02.06.2016 stellte der Beschwerdeführer (BF) beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG.

2. Mit Schreiben des BFA vom 28.06.2016, dem BF zugestellt am 28.06.2016, wurde der BF über die Unrechtmäßigkeit seines Aufenthaltes in Österreich in Kenntnis gesetzt und gleichzeitig zur unverzüglichen Ausreisen bis spätestens 01.07.2016 aufgefordert. Mit einem weiteren Schreiben vom selben Tag wurde der BF von der in Aussicht genommenen Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbotes in Kenntnis gesetzt und in einem zur Stellungnahme binnen 14 Tagen aufgefordert.

3. Am 06.10.2016 fand eine niederschriftliche Einvernahme des BF durch das BFA im Aufenthaltstitelantragsverfahren statt.

4. Mit Bescheid des BFA, XXXX, vom 10.10.2017, wurde der Antrag des BF gemäß § 55 AsylG abgewiesen, gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Kosovo zulässig sei (Spruchpunkt II.) sowie gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist zur freiwilligen Ausreise von zwei Wochen festgesetzt (Spruchpunkt III.).

5. Gegen den zuvor genannten Bescheid erhob der BF durch seinen Rechtsvertreter (RV) Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG).

6. Mit Erkenntnis des BVwG, G306 2177718-2/2E, vom 03.04.2018, wurde der angefochtenen Bescheid behoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückverwiesen.

7. Mit Schreiben des BFA vom 18.06.2018 wurde der BF neuerlich zur Stellungnahme aufgefordert. Mit per Telefax beim BFA am 03.07.2018 eingebrachtem Schriftsatz gab der BF eine Stellungnahme ab.

8. Am 13.12.2018 fand eine neuerliche niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem BFA statt.

9. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA, dem RV des BF zugestellt am 06.03.2019, wurde der Antrag des BF gemäß § 55 AsylG abgewiesen, gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Kosovo nicht zulässig sei (Spruchpunkt II.), gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist zur freiwilligen Ausreise von zwei Wochen festgesetzt (Spruchpunkt III.) sowie gegen den BF gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 FPG ein auf drei Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.).

10. Mit per Telefax am 14.03.2019 beim BFA eingebrachtem Schreiben, erhob der BF durch seinen RV Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid beim BVwG.

Darin wurde neben der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt, die Rückkehrentscheidung und das Einreiseverbot zu beheben und dem BF einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG zu erteilen, in eventu die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

11. Die Beschwerde samt Verfahrensakten wurde vom BFA dem BVwG am 22.03.2019 vorgelegt.

12. Am 14.10.2019 fand in der Grazer Außenstelle des BVwG eine mündliche Verhandlung statt, an jener der BF, dessen RV sowie eine Vertreterin der belangten Behörde teilnahmen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF trägt die im Spruch angeführte Identität (Name und Geburtsdatum), ist Staatsangehöriger von Kosovo und im Besitz eines kosovarischen Reisepasses.

Der BF wurde in Kosovo geboren wo er auch die Volksschule besucht hat und weiterhin Familienangehörige, konkret Onkel und Tanten sowie eine Schwester, aufhältig sind. Die Mutter des BF ist im Besitz eines Hauses im Kosovo, wo der BF auch während seiner Urlaube im Herkunftsstaat Unterkunft nimmt.

Der BF ist mit der kosovarischen Staatsangehörigen, XXXX, geb. XXXX, seit XXXX.2012 verheiratet. Diese verfügt über keinen zum längeren Aufenthalt in Österreich berechtigenden Rechtstitel. Der BF ist Vater des gemeinsamen Sohnes XXXX, geb. XXXX.2017, StA: Kosovo, der ebenfalls über keinen Aufenthaltstitel in Österreich verfügt. Die Ehegattin und der Sohn des BF sind im Besitz von befristeten Aufenthaltstiteln von Tschechien und halten sich immer wieder in Österreich, wo sie mit dem BF und dessen Mutter an derselben Adresse leben, auf.

Der BF reiste erstmals im Jahr 1990 ins Bundesgebiet ein und besuchte in Österreich die Hauptschule und schloss eine Lehre als Maler und Anstreicher ab.

Bis 06.08.2002 war der BF im Besitz von Aufenthalts- und Niederlassungsbewilligungen, jedoch wurde ein, aufgrund eines rechtszeitig gestellten Verlängerungsantrages eingeleitetes Verfahren wegen eines im Berufungsverfahren mit Bescheid der Sicherheitsdirektion XXXX, Zl. XXXX, wegen der Straffälligkeit des BF gegen denselben erlassenes, von 14.12.2004 bis 09.02.2011 gültiges Aufenthaltsverbot, eingestellt. Seither hat der BF kein Aufenthaltstitel oder Niederlassungsbewilligung nach dem NAG mehr beantragt.

Am 13.12.2005 stellte der BF im Stande der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates, Zl. 267.422/1-XI/34/06, vom 20.02.2006, negativ beschieden und der BF unter einem aus dem Bundesgebiet ausgewiesen wurde.

Der BF wurde am XXXX.2006 im Stande der Schubhaft erstmals aus dem Bundesgebiet in seinen Herkunftsstaat abgeschoben. Der BF wurde im Jahr 2006 sowie am XXXX.2007 neuerlich im Bundesgebiet betreten.

Der BF ist aufgrund einer mittlerweile geschiedenen Ehe mit einer tschechischen Staatsangehörigen im Besitz eines bis 24.04.2022 gültigen Aufenthaltstitels für Tschechien.

Der BF hält sich, abgesehen von Besuchsfahrten nach Kosovo und Tschechien, seit 2013 durchgehend im Bundesgebiet auf.

Im Bundesgebiet halten sich die Mutter, eine Schwester und ein Bruder des BF auf. Der BF lebt mit seiner Mutter, welche seit 1990 in Österreich aufhältig ist, im gemeinsamen Haushalt.

Der BF leidet an chronisch mycloischer Leukämie und steht derentwegen in regelmäßiger Behandlung in Österreich.

Es wird festgestellt, dass der BF an einer lebensbedrohlichen Erkrankung leidet und einer Transplantationsnachsorge, welche nur an Transplantationszentren möglich ist, bedarf. Die Dauer der Behandlung kann nicht abgeschätzt werden.

Der BF muss zudem folgende Medikamente einnehmen:

* Thrombo ASS 100 mg

* Pantoprazol +PH MSR Tbl. 20 mg

* Ursoflak FTbl. 500 mg

* Valaciclovir ARC Ftbl. 500 mg

* Magnosolv Gran 6,1 G Btl.

* Lipcor KPS 200 mg

* Iclusig FTbl. 15 mg

Aufgrund krankheitsbedingten schubweise auftretenden Beeinträchtigungen des Allgemeinzustandes, ist der BF auf Unterstützung durch seine Familie, angewiesen.

Die Mutter des BF leidet unter COPD und zeichnet sich die Beziehung zwischen dem BF und seiner Mutter durch gegenseitige Unterstützung und Betreuung aus.

Der BF ist seit XXXX.2015 bei der Fa. XXXX, in XXXX als Fahrer angestellt und bringt durchschnittlich netto EUR 800,- monatlich ins Verdienen. Der BF bezog auch immer wieder Krankengeld. Der BF bezieht zudem Pflegegeld in der Höhe EUR 157,30 monatlich.

Zudem ging der BF im Zeitraum 1996 bis 2002 immer wieder Erwerbstätigkeiten in Österreich nach.

Der BF weist folgende Verurteilungen im Bundesgebiet auf:

1. BG XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX.1997, RK XXXX.1997, wegen §§ 15, 127 StGB: Geldstrafe von 60 Tagsätzen zu je ATS 200,-

2. LG XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX.1999, RK XXXX.1999, wegen §§ 127, 130 StGB: bedingte Freiheitsstrafe von 10 Monaten

3. LG XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX.2001, RK XXXX.2002, §§ 28 Abs. 2 3 u 4/2 SMG, § 12 StGB: Freiheitsstrafe von 3 Jahren.

4. LG XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX.2003, RK XXXX.2003, wegen §§ 83/1, 84 Abs. 2/2 StGB: Freiheitsstrafe von 8 Monaten, davon 6 Monate beding nachgesehen.

5. LG XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX.2014, RK XXXX.2014, wegen § 28a (1) 2. 3. Fall SMG, §§ 28a (1) 5. Fall, 28a (2) Z 1, 28a (4) Z 3 SMG, § 27 (1) Z 1 1. 2. Fall SMG, §§ 164 (2), 164 (3), 164 (4) StGB: Freiheitsstrafe 3 Jahre und 6 Monate. Datum der letzten Tat: XXXX.2013.

Mit Urteil des LG XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX.2019, wurde die Feiheitsstrafe nachträglich auf drei Jahre gemildert.

Mit Beschluss des LG XXXX als Vollzugsgericht, Zl. XXXX, vom XXXX.2014, wurde dem BF hinsichtlich der besagten Freiheitsstrafe gemäß §§ 5 iVm. 133 Abs. 2 StVG ein Aufschub des Strafvollzuges aus gesundheitlichen Gründen gewährt.

Der BF ist der Deutschen Sprache mächtig, jedoch konnten Deutschsprachkenntnisse einer bestimmten Niveaustufe nicht festgestellt werden. Die Absolvierung eines Integrationskurses iSd. § 9 IntG konnte ebenfalls nicht festgestellt werden.

Der BF stellte am 02.06.2016 den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 AsylG.

Kosovo gilt als sicherer Herkunftsstaat.

Zur konkreten medizinischen Lage im Herkunftsstaat Kosovo:

Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu

KOSOVO; Chronische myeloische Leukämie; Medikamente:

So leidet der Antragsteller an:

Chronischer myeloischer Leukämie, 2. chron Phase, Zytogenetik: T(3;12)(q21;p13) ED (AKH Linz) Ansprechen auf Ponatinib, dieses von 06/2015 bis Aufnahme (Imatinib und Dasatinib resistent) 09.09.2014

aGVHDII (Haut3, Leber 0/hepatitisch, steroidsensitiv (23.11.2017)

Ambulante Kontrolle 18 Monate nach allogener Stammzelltransplantation bei CML in 2. Chronischer Phase unter 3.-Linien-TK

- es wurde am 13.06.2017 eine allogen verwandte HLA-idente Blutstammzelltransplantation durchgeführt.

Weiters nimmt der Antragsteller die folgenden Medikamente:

Thrombo Ass Ftbl 100 mg (Acetylsalicylsäure - ASS)

Pantoprazol+PH MSR Tbl 20 mg (Pantoprazol Natrium)

Ursofalk Ftbl. 500 mg (Ursodesoxycholsäure)

Valaciclovir Arc Ftbl. 500 mg (Valaciclovir)

Magnosolv Gran. 6 (Magnesiumcarbonat und Magnesiumoxid)

Lipcor Kps 200mg (Fenofibrat)

Iclusig Ftbl. 15 mg (Ponatinib)

Otrivin Na-Spray 0,1 %O.KONS 10 ml (1 mg Xylometazolin hydrochlorid)

Im Bedarfsfall:

- Ibuprofen Gen. Ftbl. 400 mg. (Ibuprofen)

Der ASt. wird regelmäßig bzgl. der angeführten Krankheitsbilder untersucht bzw. Kontrollen unterzogen.

1. Sind die o.a. Krankheitsbilder im Kosovo behandelbar?

Quellenlage/Quellenbeschreibung:

Zusammenfassung:

Den nachfolgend zitierten Quellen ist zu entnehmen, dass die angeführte Krankheit im Kosovo nicht behandelbar ist. Im Kosovo gibt es weder ein Transplantationszentrum noch eine Möglichkeit der Transplantationsnachsorge. Von den Spezialisten für Hämatologie und Onkologie an der Universitätsklinik Pristina wird empfohlen, die Behandlung der betreffenden Person im aktuellen Krankenhaus fortzusetzen.

Es sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um allgemeine Aussagen handelt, aus denen keinesfalls Garantien für Einzelfälle ableitbar sind.

Einzelquellen:

Zu dieser Fragestellung hat die Verbindungsbeamtin des BM.I für Kosovo am 15.2.2019 von zwei Spezialisten an der Universitätsklinik Pristina, folgende Informationen geholt:

"Die angeführte Krankheit, Chronische myeloischer Leukämie - ist nicht behandelbar im Kosovo.

Es gibt weder ein Transplantationszentrum noch eine Möglichkeit der Transplantationsnachsorge im Kosovo.

Wir empfehlen, die Behandlung der betreffenden Person im aktuellen Krankenhaus fortzusetzen, da sich sonst ihr Gesundheitszustand dramatisch verschlechtern würde".

VB des BM.I für Kosovo (22.2.2019): Auskunft der Universitätsklinik Pristina, per E-Mail

Die Internationale Organisation für Migration (IOM) hat in einer Anfragebeantwortung vom Jänner 2018 zu einem ähnlichen Fall Folgendes berichtet:

Generell erhalten Krebspatienten eine reguläre Versorgung solange keine aufwändigen oder teuren Behandlungen/Medikamente notwendig sind. Doch auch dabei kann es vorkommen, dass selbst eine einfache Unterstützung nicht möglich ist, da es Lieferengpässe gibt. Es gibt kein Krankenkassensystem im Kosovo.

IOM - International Organization for Migration, ZIRF Rückkehrinformationen (31.1.2018): Medizinische Versorgung, Tumor, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/12111421/18979193/Prizren_%2D_Medizinische_Versorgung%2C_Tumor%2C_31%2E01.2018.pdf?nodeid=19095513&vernum=-2, Zugriff 5.2.2019

2. Sind die oben angeführten Medikamente oder mit diesen vergleichbare Medikamente bzw. Behandlungen im Kosovo erhältlich?

3. Und wenn ja, wie hoch sind die ungefähren Kosten der Medikamente (Packungsgröße/-menge, Preis), die der Patient selber zahlen müsste?

Zusammenfassung:

Den nachfolgend zitierten Quellen ist zu entnehmen, dass in den öffentlichen Apotheken nur Thrombo Ass und Pantoprazol erhältlich und kostenlos sind. In den Privatapotheken sind neben den Thrombo Ass (EUR 1,30) und Pantoprazol (EUR 3,70) auch Magnosolv Gran. 6 (EUR 3,60), Lipcor Kps. 200 mg (EUR 6,00), Otrivin Na-Spray 0,1 % (EUR 3,30) und Ibuprofen Gen. Ftbl. 400 mg (EUR 1,50) erhältlich. Laut Auswärtigem Amt sind staatlich finanzierte Basismedikamente der Essential Drug List sowie Zytostatika zur Behandlung von Tumorerkrankungen für berechtigte Empfänger nur selten kostenlos erhältlich. Insbesondere wenn die Basismedikamente ab der jeweils zweiten Jahreshälfte nicht regelmäßig zur Verfügung gestellt werden können, sodass die Patienten diese in einer der vielen Apotheken privat kaufen müssen.

Einzelquellen:

Zu dieser Fragestellung hat die Verbindungsbeamtin des BM.I für Kosovo von der zuständigen Stelle für pharmazeutische Fragen in der öffentlichen Ambulanz der Stadt Pristina Informationen geholt. Ergebnisse der Erhebungen:

Medikamente/Wirkstoffe, Generika - Öffentliche Apotheken

1. Thrombo Ass Ftbl 100 mg (Acetylsalicylsäure - ASS) -- Verfügbar - Kostenlos

2. Pantoprazol+PH MSR Tbl 20 mg (PANTOPRAZOL NATRIUM) - Verfügbar - Kostenlos

3. Ursofalk Ftbl. 500 mg (Ursodesoxycholsäure)--------------------- Nicht verfügbar

4. Valaciclovir Arc Ftbl. 500 mg (Valaciclovir)-------------------------- Nicht verfügbar

5. Magnosolv Gran. 6 (Magnesiumcarbonat und Magnesiumoxid) - Nicht verfügbar

6. Lipcor Kps 200 mg (Fenofibrat)---------------------------------------- Nicht verfügbar

7. Iclusig Ftbl. 15 mg (Ponatinib)------------------------------------------ Nicht verfügbar

8. Otrivin Na-Spray 0,1 %O.KONS 10 ml (1 mg Xylometazolin hydrochlorid) - Nicht verfügbar

9. Ibuprofen Gen. Ftbl. 400 mg. (Ibuprofen)---------------------------- Nicht verfügbar

Medikamente/Wirkstoffe, Generika - Private Apotheke-n (Green)

1. Thrombo Ass Ftbl 100 mg (Acetylsalicylsäure - ASS) -Verfügbar - Preis 1,30 EUR

2. Pantoprazol+PH MSR Tbl 20 mg (PANTOPRAZOL NATRIUM) -Verfügbar - Preis 3,70 EUR

3. Ursofalk Ftbl. 500 mg (Ursodesoxycholsäure)--------------------- Nicht verfügbar

4. Valaciclovir Arc Ftbl. 500 mg (Valaciclovir)-------------------------- Nicht verfügbar

5. Magnosolv Gran. 6 (Magnesiumcarbonat und Magnesiumoxid) - Verfügbar - Preis 3,60 EUR

6. Lipcor Kps 200mg (Fenofibrat)------------------------ Verfügbar - Preis 6,00 EUR

7. Iclusig Ftbl. 15 mg (Ponatinib) ----------------------------------------- Nicht verfügbar

8. Otrivin Na-Spray 0,1 % O.KONS 10 ml (1 mg Xylometazolin hydrochlorid) - Verfügbar - Preis 3,30 EUR

9. Ibuprofen Gen. Ftbl. 400 mg (Ibuprofen) ----------- Verfügbar - Preis 1,50 EUR

VB des BM.I für Kosovo (22.2.2019): Auskunft der zuständigen Stelle für pharmazeutische Fragen in der öffentlichen Ambulanz der Stadt Pristina, per E-Mail

Das Auswärtige Amt berichtete in seinem Bericht vom März 2018 unter anderem, dass staatlich finanzierte Basismedikamente der Essential Drug List sowie Zytostatika zur Behandlung von Tumorerkrankungen für berechtigte Empfänger nur selten kostenlos erhältlich sind. Insbesondere wenn die Basismedikamente ab der jeweils zweiten Jahreshälfte nicht regelmäßig zur Verfügung gestellt werden können, sodass die Patienten diese in einer der vielen Apotheken privat kaufen müssen:

Als Folgen der andauernden Unterfinanzierung der Budgets sind staatlich finanzierte Basismedikamente der Essential Drug List sowie Zytostatika zur Behandlung von Tumorerkrankungen für berechtigte Empfänger nur selten kostenlos erhältlich. In der Realität können insbesondere für Neuerkrankte staatlicherseits Basismedikamente der Essential Drug List ca. ab der jeweils 2. Jahreshälfte nicht regelmäßig zur Verfügung gestellt werden. Deshalb haben es insbesondere Neuerkrankte schwer, in den Genuss eines kostenlosen Bezugs staatlich finanzierter Medikamente zu kommen. Für Betroffene bleibt in einer solchen Situation nur die Möglichkeit, benötigte Medikamente privatfinanziert zu beschaffen.

Patienten erhalten vom behandelnden Arzt eine Liste mit benötigten Medikamenten und Verbrauchsmaterialien, die der Patient bzw. ein ihn betreuender Verwandter in einer der vielen Apotheken privat kaufen muss.

AA - Auswärtiges Amt (3.3.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Dezember 2017),

https://www.ecoi.net/en/file/local/1437882/4598_1531221348_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-im-hinblick-auf-die-einstufung-der-republik-kosovo-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylg-stand-dezember-2017-03-03-2018.pdf, Zugriff 5.2.2019

2. Beweiswürdigung

2.1.Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten sowie einer mündlichen Verhandlung durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

2.2.1. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität, zur Staatsbürgerschaft, zum Besitz eines kosovarischen Reisepasses, zum Aufenthalt von Angehörigen im Herkunftsstaat, zum Besuch der Volkschule im Kosovo und der dortigen Geburt, zum Familienstand, zur Ehegattin und dem gemeinsamen Sohn, zum Besitz von tschechischen und dem Fehlen österreichischer Aufenthaltstiteln, zum seinerzeitigen Besitz eines solchen seitens des BF sowie der Einstellung des Aufenthaltstitelverlängerungsverfahrens wegen der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, zur erfolglosen Asylantragstellung, zur seinerzeitigen Abschiebung, zu den Betretungen im Bundesgebiet sowie zur geschiedenen Ehe mit einer tschechischen Staatsangehörigen getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen weder in der gegenständlichen Beschwerde noch in der mündlichen Verhandlung entgegengetreten wurde.

Zudem befinden sich im Akt jeweils Kopien des Reisepasses, (siehe AS 161f), der Geburtsurkunde (siehe AS 199), des tschechischen Aufenthaltstitels (siehe AS 181), sowie der Heiratsurkunde des BF (siehe AS 219) einliegend, und werden seine erfolglose Asylantragstellung sowie Abschiebung im Zentralen Fremdenregister abgebildet. Ferner findet sich im Akt eine Kopie des tschechischen Aufenthaltstitels der Ehegattin des BF (siehe AS 201, 787) und ist die Erteilung eines solchen auch an den gemeinsamen Sohn des BF plausibel.

Die gegenständliche Antragstellung auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen ergibt sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt.

Dem glaubwürdigen und konsistenten Vorbringen des BF wiederum folgen die Feststellungen zum Besitz eines Hauses im Kosovo seitens der Mutter des BF, zu den wiederholten Urlaubsfahrten in den Kosovo und nach Tschechien, zum aktuellen durchgehenden Aufenthalt in Österreich, zur Unterstützung durch die Familie, insbesondere seine Mutter sowie zum Auftreten schubweiser Beeinträchtigungen des Allgemeinzustandes. Der durchgehende Aufenthalt in Österreich wird ferner durch den Umstand gestützt, dass der BF im Zeitraum XXXX.2013 bis XXXX.2014 in Justizanstalten angehalten wurde, von 25.03.2013 bis 29.07.2013 sowie seit 04.10.2013 durchgehende Wohnsitzmeldungen in Österreich aufweist. Zudem wird der BF laut vorgelegten medizinischen Unterlagen seit 2014 in Österreich wegen seiner Erkrankung behandelt. Die Urlaubsfahrten wiederum werden durch die Ein- und Ausreisevermerke im Reisepass des BF gestützt.

Das Vorbringen des BF, regelmäßig auf die Hilfe und Unterstützung durch Familienangehörige, insbesondere seiner Mutter, angewiesen zu sein, ist aufgrund des Umstandes des gemeinsamen Haushaltes sowie der vom BF belegten Erkrankung als nachvollziehbar und daher plausibel. Auch die behauptete Unterstützung der Mutter des BF durch den BF ist insofern als glaubhaft zu werden, zumal der BF eine Erkrankung seiner Mutter an COPD durch die Vorlage medizinischer Unterlagen zu belegen vermochte (siehe Beilage zum Verhandlungsprotokoll: Ambulanzbericht des XXXX vom 06.10.2019)

Laut Zentralem Melderegister ist der BF von 03.02.2015 bis 30.03.2017 sowie seit 01.06.2017 durchgehend an der Adresse seiner Mutter gemeldet und finden sich Wohnsitzmeldungen seiner Frau und seines Sohnes ebenfalls an derselben Adresse.

Die vom BF konsistent behauptete erstmalige Einreise ins Bundesgebiet im Jahre 1990 sowie der Schulbesuch in Österreich werden durch die Vorlage eines Hauptschulzeugnisses seitens des BF (siehe AS 379) sowie die vom BF vorgebrachten und in einem Sozialversicherungsauszug aufscheinenden Absolvierung einer Lehre von 1993 bis 1996 gestützt. Vor diesem Hintergrund erweist sich der behauptete Aufenthalt der Mutter des BF in Österreich seit 1990 als logisch nachvollziehbar, zumal nicht angenommen werden kann, dass der BF im damaligen Alter von 13 Jahren alleine, insbesondere ohne seine Mutter nach Österreich gereist wäre. Ferner weist die Mutter des BF seit 07.06.1993 durchgehende Wohnsitzmeldungen in Österreich auf.

Ferner lässt sich einem Versicherungsauszug die Erwerbstätigkeiten des BF im Zeitraum 1996 bis 2002 sowie die aktuelle Beschäftigung, welche der BF auch durch die Vorlage einer Bestätigung seines Arbeitsgebers nachzuweisen vermochte (AS 741), entnehmen. Den durchschnittlichen Monatsbezug wies der BF durch die Vorlage von Lohnzetteln (AS 209 - 215) sowie des Arbeitsvertrages (AS 761) und den Bezug von Pflegegeld durch die Vorlage einer Bestätigung der Pensionsversicherung (AS 253) nach.

Der BF vermochte seine Erkrankung durch die Vorlage unzähliger medizinischer Unterlagen zweifelsfrei belegen, aus jenen zudem sowohl die Schwere bzw. Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung als auch die spezielle Behandlungsnotwendigkeit und die Einnahme der oben zitierten Medikamente hervorgeht. Die besagten medizinischen Unterlagen stützen zudem das Vorbringen des BF regelmäßig der Unterstützung durch Angehörige aufgrund zeitweiser Verschlimmerung von Krankheits-/Behandlungssymptomen zu bedürfen, was durch den regelmäßigen Bezug von Krankengeld und den Bezug von Pflegegeld weiter untermauert wird. Der Umstand, dass der BF einer Erwerbstätigkeit nachgeht, vermag an dieser Sicht nichts zu ändern. Der BF verrichtet bloß Fahr- und Botendienste und weist immer wieder Bezüge von Krankengeld auf. Von einer uneingeschränkten Erwerbsfähigkeit des BF kann sohin nicht ausgegangen werden.

Die strafgerichtlichen Verurteilungen des BF in Österreich beruhen auf dem Amtswissen des erkennenden Gerichts (Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich) sowie auf jeweiligen Ausfertigungen der oben zitierten Strafurteile. Die nachträgliche Strafminderung sowie der Strafaufschub beruhen zudem auf einer Ausfertigung des oben zitierten Beschlusses des LG XXXX, vom XXXX.2019.

Das erkennende Gericht konnte sich von den Deutschsprachkenntnissen des BF, welcher der mündlichen Verhandlung problemlos in deutscher Sprache folgen konnte überzeugen. In Ermangelung der Vorlage von entsprechenden Nachweisen, konnten keine Deutschsprachkenntnisse einer bestimmten Niveaustufe festgestellt werden. Dies hat auch hinsichtlich der Nichtfeststellbarkeit der Absolvierung der Integrationsprüfung zu gelten.

2.2. Zu den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:

Die gegenständlich getroffenen Feststellungen zur medizinischen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den von der belangten Behörde in das Verfahren eingebrachten und angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Es wurden dabei Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Diese Quellen liegen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des BVwG, das sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat) ergibt.

Insoweit die belangte Behörde ihren Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde gelegt hat, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der BF ist den getroffenen Feststellungen zur medizinischen Lage im Herkunftsstaat, die auf den in das Verfahren eingeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen beruhen, nicht substantiiert entgegengetreten.

Es wurden somit im gesamten Verfahren keinerlei Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.

Das Kosovo als sicherer Herkunftsstaat gilt beruht auf § 1 Z 2 Herkunftsstaatenverordnung (HStV) BGBl. II Nr. 177/2009 idgF. In Serbien herrschen keine kriegerischen oder sonstigen bewaffneten Auseinandersetzungen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zur Stattgabe der Beschwerde:

3.1.1. Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt, und gemäß Abs. 4 Z 10 leg cit, jeder Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist als Drittstaatsangehöriger.

Der BF als Staatsangehörige von Kosovo ist sohin Drittstaatsangehöriger iSd. § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

3.1.2. Staatsangehörige der Republik Kosovo benötigen nach Art. 3 Abs. 2 iVm Anlage I der Verordnung (EG) Nr. 539/2011 vom 15.03.2001, ABl. L 81 vom 21.03.2001, S. 1, (sowie auch nach aktuell gültigem Art 3 Abs. 1 Verordnung (EU) 2018/1806, vom 14.11.2018) zum Überschreiten der Außengrenzen ein Visum.

Gemäß Art. 21 Abs. 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) können sich Drittausländer, die Inhaber eines gültigen, von einem der Mitgliedstaaten ausgestellten Aufenthaltstitels sind, aufgrund dieses Dokuments und eines gültigen Reisedokuments bis zu drei Monate in einem Zeitraum von sechs Monaten frei im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten bewegen, sofern sie die in Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a, c und e der Verordnung (EU) Nr. 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 (zuvor Art 5 Verordnung (EG Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.03.2006) über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) aufgeführten Einreisevoraussetzungen erfüllen und nicht auf der nationalen Ausschreibungsliste des betroffenen Mitgliedstaats stehen. So muss der Drittstaatsangehörige im Besitz eines gültigen Reisedokuments und, sofern dies in der sog. Visumpflicht-Verordnung VO (EG) Nr. 539/2001 vorgesehen ist, im Besitz eines gültigen Visums sein. Er muss weiters den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben; er darf nicht im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaates darstellen und insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein.

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristung oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben (Z 1), oder sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder eine Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind (Z 2).

Der BF fällt nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

Der BF hält sich seit 2013 im Bundesgebiet auf und ist nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels für Österreich, jedoch eines für Tschechien. Der BF wäre sohin zum Aufenthalt von drei Monaten in einem Zeitraum von sechs Monaten in Österreich aufenthaltsberechtigt. Diesen Zeitraum hat der BF jedoch bei weitem überschritten. Ein Antrag iSd. § 55 AsylG vermittelt gemäß § 58 Abs. 13 AsylG kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Demzufolge erweist sich der aktuelle Aufenthalt des BF im Bundesgebiet als unrechtmäßig.

3.1.4. Der mit "Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK" betitelte § 55 ASylG lautet:

"§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2.

der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen."

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2.

das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

 

 

 

 

 

 

 

 

3.

die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

 

 

 

 

 

 

 

 

4.

der Grad der Integration,

 

 

 

 

 

 

 

 

 

5.

die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

 

 

 

 

 

 

 

 

6.

die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

 

 

 

 

 

 

 

 

7.

Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

 

 

 

 

 

 

 

 

8.

die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

 

 

 

 

 

 

 

 

9.

die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

3.1.5. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

3.1.5.1. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihres Briefverkehrs.

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit ein Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, wie sie eine Ausweisung eines Fremden darstellt, kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die Ausweisung einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt:

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern bzw. von verheirateten Ehegatten, sondern auch andere nahe verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine hinreichende Intensität für die Annahme einer familiären Beziehung iSd. Art. 8 EMRK erreichen. Der EGMR unterscheidet in seiner Rechtsprechung nicht zwischen einer ehelichen Familie (sog. "legitimate family" bzw. "famille légitime") oder einer unehelichen Familie ("illegitimate family" bzw. "famille naturelle"), sondern stellt auf das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens ab (siehe EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 454; 18.12.1986, Johnston u.a., EuGRZ 1987, 313; 26.05.1994, Keegan, EuGRZ 1995, 113; 12.07.2001 [GK], K. u. T., Zl. 25702/94; 20.01.2009, Serife Yigit, Zl. 03976/05). Als Kriterien für die Beurteilung, ob eine Beziehung im Einzelfall einem Familienleben iSd. Art. 8 EMRK entspricht, kommen tatsächliche Anhaltspunkte in Frage, wie etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Art und die Dauer der Beziehung sowie das Interesse und die Bindung der Partner aneinander, etwa durch gemeinsame Kinder, oder andere Umstände, wie etwa die Gewährung von Unterhaltsleistungen (EGMR 22.04.1997, X., Y. und Z., Zl. 21830/93; 22.12.2004, Merger u. Cros, Zl. 68864/01). So verlangt der EGMR auch das Vorliegen besonderer Elemente der Abhängigkeit, die über die übliche emotionale Bindung hinausgeht (siehe Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention3 [2008] 197 ff.). In der bisherigen Spruchpraxis des EGMR wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Europäischen Kommission für Menschenrechte auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits in zwei Erkenntnissen vom 29.09.2007, Zl. B 328/07 und Zl. B 1150/07, dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art. 8 EMRK abzuwägen, wenn sie eine Ausweisung verfügt. In den zitierten Entscheidungen wurden vom VfGH auch unterschiedliche - in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) fallbezogen entwickelte - Kriterien aufgezeigt, die in jedem Einzelfall bei Vornahme einer solchen Interessenabwäg

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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