TE Vwgh Erkenntnis 1998/1/22 97/06/0188

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Veröffentlicht am 22.01.1998
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Index

L81705 Baulärm Salzburg;
L82000 Bauordnung;
L82005 Bauordnung Salzburg;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
BauPolG Slbg 1973 §16 Abs3 idF 1992/100;
BauRallg;
VVG §1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde des E in H, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 24. Juli 1997, Zl. 1/02-34.273/5-1997, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Hof, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 11. April 1988 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde dem Beschwerdeführer die Baubewilligung zur Errichtung eines Wohnhauses mit vier Kleinwohnungen auf einem bestimmten Grundstück im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde. Mit Ansuchen vom 29. Jänner 1990 beantragte der Beschwerdeführer eine Änderung dieser Baubewilligung. Mit Bescheid vom 15. Dezember 1990 wurde dem Beschwerdeführer nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Baubewilligung für die beantragten Änderungen erteilt. Ausdrücklich wurde in diesem Bescheid ausgeführt, daß ein Dachgeschoßausbau zu Wohnzwecken unzulässig sei und eine Kniestockaufmauerung nicht zur Ausführung gelangen dürfe. Nach den der Verhandlung vom 18. September 1992 zugrundegelegten Plänen war auch bei diesem Bauvorhaben ein Dachgeschoßausbau zu Wohnzwecken nicht vorgesehen.

Mit Erledigung vom 5. März 1992 bestätigte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde gemäß § 12 WEG 1975, daß mit dem Bauvorhaben vier selbständige Wohnungen ausgeführt worden seien, der Bestand dieser vier selbständigen Wohnungen werde gemeindeamtlich bestätigt. Mit einer weiteren Bestätigung vom selben Tage wurde das Bestehen eines Lagers im Dachgeschoß bestätigt. Mit einer am 10. August 1992 bei der mitbeteiligten Gemeinde eingelangten Eingabe wurde die Fertigstellung des mit Bescheiden vom 18. Dezember 1990 und vom 10. März 1992 (betreffend die Tiefgarage) bewilligten Bauvorhabens angezeigt. Am 18. September 1992 fand eine Überprüfung des Bauvorhabens durch die Gemeinde statt, anläßlich dieser Überprüfung wurde festgestellt, daß gegenüber der Baubewilligung folgende Änderungen laut Austauschplan vom 18. September 1992 durchgeführt worden seien: es sei im Dachgeschoß eine Zwischendecke mit Isolierung und brandhemmender Deckenuntersicht sowie eine Toilettanlage eingebaut worden. Für die nachträgliche Baubewilligung für diese Änderungen bestünden vom bau- und feuerpolizeilichen Standpunkt aus keine Bedenken. Mit Bescheid vom 21. September 1992 wurde vorgeschrieben, daß verschiedene Mängel zu beheben seien (betreffend die Blitzschutzanlage, Einfriedung, Verfugung des Kanalschachtes usw.). In einer am 17. November 1992 bei der Gemeinde eingelangten Mitteilung erklärte der Beschwerdeführer, daß die im Überprüfungsbescheid vom 21. September 1992 angeführten Mängel behoben worden seien. Gleichzeitig wurde mit dieser Mitteilung ein Baugesuch betreffend Widmungsänderung des Dachgeschoßes eingebracht. Es sollte der Lagerraum im Dachboden in ein Büro umgewidmet werden. Mit Schreiben vom 15. Dezember 1992 teilte der Bürgermeister dem Beschwerdeführer mit, daß durch den Ausbau des Dachgeschoßes ein Widerspruch zu den im gültigen Bebauungsplan festgelegten Bebauungsgrundlagen dadurch entstehe, daß die Geschoßflächenzahl von 0,4 überschritten werde. Der Beschwerdeführer äußerte sich dazu negativ.

Mit Bescheid vom 29. Dezember 1992 versagte der Bürgermeister dem Beschwerdeführer die Baubewilligung für den Ausbau des Dachgeschoßes aufgrund des Widerspruches zum Bebauungsplan. Aufgrund der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde eine mündliche Verhandlung am 30. April 1993 durchgeführt, in der festgestellt wurde, daß das Dachgeschoß für Wohnzwecke ausgebaut worden sei, es sei eine Küche, ein Wohnraum mit zwei Zimmern und eine Naßeinheit mit einem WC und ein Bad eingerichtet worden.

Mit Bescheid der Gemeindevertretung vom 1. März 1994 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 29. Dezember 1992 betreffend die Versagung der Baubewilligung als unbegründet abgewiesen. Weiters wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 16 Abs. 3 des Salzburger Baupolizeigesetzes der Auftrag erteilt, binnen zwei Monaten den bewilligungslos errichteten Ausbau des Dachgeschoßes zu Wohnzwecken zu beseitigen und den konsensgemäßen Zustand herzustellen. Aufgrund der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 18. Juli 1994 den Bescheid der Gemeindevertretung betreffend den baupolizeilichen Auftrag ersatzlos behoben, weil diesbezüglich kein erstinstanzlicher Bescheid vorliege. Hinsichtlich der Versagung der Baubewilligung wurde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen.

In der Folge erließ der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde einen Bescheid vom 28. November 1994, mit dem dem Beschwerdeführer gemäß § 16 Abs. 3 des Baupolizeigesetzes aufgetragen wurde, den bewilligungslos errichteten Ausbau des Dachgeschoßes zu Wohnzwecken binnen zwei Monaten nach Erhalt des Bescheides zu beseitigen und den konsensgemäßen Zustand herzustellen. Aufgrund der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung des Beschwerdeführers führte die Berufungsbehörde erneut eine mündliche Verhandlung durch, in der festgestellt wurde, daß das Dachgeschoß mit der bereits beschriebenen Wohnung benützt werde. Mit Bescheid der Gemeindevertretung vom 31. August 1995 wurde der Berufung des Beschwerdeführers vom 14. Dezember 1994 gegen den Bescheid des Bürgermeisters keine Folge gegeben, gleichzeitig wurde der Auftrag erteilt, bis 30. November 1995 den bewilligungslos errichteten Ausbau des Dachgeschoßes zu Wohnzwecken im Wohnhaus zu beseitigen und den konsensgemäßen Zustand durch nachfolgend angeführte Maßnahme wieder herzustellen:

"1.

Die eingebaute Feuerstätte ist zu entfernen, der Rauchrohranschluß ist abzumauern.

2.

Beseitigung der eingebauten Dachflächenfenster in der Küche, im Bad, im Schlafzimmer und Kabinett.

3.

Rückführung der Wohnnutzung in Dachboden bzw. Lagerraum durch Beseitigung der Einrichtungsgegenstände im Wohnbereich, Küche, Bad, Schlafzimmer und Kabinett.

4.

Beseitigung der Installationen von Wasser und Kanal im Bereich der Küche und des Bades."

Die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid am 24. Juli 1997 abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 3 des Salzburger Baupolizeigesetzes, LGBl. Nr. 117/1973 in der hier maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 100/1992, hat dann, wenn eine bauliche Anlage ohne Bewilligung ausgeführt oder ihre Bewilligung nachträglich aufgehoben worden ist, die Baubehörde dem Eigentümer und allenfalls auch dem Veranlasser aufzutragen, die bauliche Anlage binnen einer angemessenen Frist zu beseitigen. Wird ein Ansuchen um nachträgliche Baubewilligung gestellt, darf eine Vollstreckung des Beseitigungsauftrages nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden. Bei Versagung der nachträglichen Bewilligung beginnt die Frist zur Beseitigung ab Rechtskraft des Versagungsbescheides neu zu laufen. Soweit in der Beschwerde behauptet wird, mit Bescheid vom 21. September 1992 sei der Ausbau des Dachgeschoßes "mitgenehmigt" worden, genügt ein Verweis auf die oben angeführte Sachverhaltsdarstellung, nach der ausschließlich der Einbau eines WC"s im Dachgeschoß anläßlich dieses Bescheides allenfalls "mitgenehmigt" wurde. Der Ausbau zu Wohnzwecken, im besonderen das Einziehen von Zwischenwänden, das Anbringen von Dachflächenfenstern sowie der Einbau eines Bades und einer Küche, wurde mit diesem Bescheid nicht genehmigt.

Demnach ist § 16 Abs. 3 des Salzburger Baupolizeigesetzes grundsätzlich eine taugliche Rechtsgrundlage zur Erlassung eines an den Beschwerdeführer gerichteten Bescheides, die nicht konsentierten Ausführungen zu beseitigen und den konsensgemäßen Zustand (laut Bescheid vom 21. September 1992, also ohne Beseitigung des WC"s im Dachgeschoßbereich) wieder herzustellen.

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde außer im hier nicht relevanten Fall des Absatzes 2, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Als "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG ist im Falle eines Auftrages eine den Bestimmtheitsanforderungen des § 59 Abs. 1 AVG entsprechende, durch Vorschreibung entsprechender Maßnahmen erfolgende Konkretisierung des Wiederherstellungsauftrages anzusehen. Durch die Konkretisierung überschreitet die Berufungsbehörde den durch die "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG gezogenen Rahmen nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 1995, Zl. 93/10/0075). Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 1. Februar 1971, Slg. 7959/A, ausgesprochen hat, darf die Berufungsbehörde aber nicht an Stelle eines in erster Instanz erteilten Auftrages einen oder mehrere von diesem trennbare Aufträge erlassen.

Nun hat die Berufungsbehörde durch die Vorschreibung der Maßnahmen zu Punkt 1, 2 und 4 in ihrem Bescheid vom 31. August 1995 den Bescheid des Bürgermeisters vom 28. November 1994 lediglich durch Anführung der erforderlichen Maßnahmen konkretisiert. Durch diese Aufzählung hat sie den Bescheid des Bürgermeisters nicht erweitert, sondern lediglich jene baulichen Maßnahmen angeführt, die ohne Konsens durchgeführt wurden und deren Beseitigung zur Herstellung des konsensgemäßen Zustandes erforderlich war.

Soweit die belangte Behörde mit ihrer Abweisung der Vorstellung den Bescheid der Gemeindevertretung bestätigt hat, ist der Beschwerdeführer in diesem Umfang (in bezug auf die Punkte 1, 2 und 4 des Bescheides der Gemeindevertretung) in keinen Rechten verletzt worden.

Anders ist die Rechtslage in bezug auf Punkt 3 des Bescheides der Gemeindevertretung zu beurteilen: Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 28. November 1994 wurde lediglich aufgetragen, den bewilligungslos errichteten Ausbau des Dachgeschoßes zu Wohnzwecken zu beseitigen und den konsensgemäßen Zustand herbeizuführen. Ein Auftrag, die Wohnnutzung zu unterlassen, ist sachverhaltsbezogen auch als Konkretisierung des erstinstanzlichen Auftrages, den konsensgemäßen Zustand herzustellen, zu qualifizieren. Der Auftrag, Einrichtungsgegenstände zu entfernen, ist im erstinstanzlichen Bescheid jedoch nicht mehr enthalten. Schon dadurch, daß die Berufungsbehörde auch in diesem Umfang vom Vorliegen eines erstinstanzlichen Auftrages ausging, die belangte Behörde aber das Überschreiten der Entscheidung über "die Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG nicht erkannte, belastete die belangte Behörde ihrerseits den Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, sodaß die Frage, ob § 16 Abs. 3 des Baupolizeigesetzes eine taugliche Rechtsgrundlage für den Auftrag zur Beseitigung von Einrichtungsgegenständen darstellt, nicht zu erörtern war.

Soweit die belangte Behörde daher der Vorstellung des Beschwerdeführers auch in bezug auf den Auftrag im Bescheid der Gemeindevertretung zu Pkt. 3 keine Folge gab, war der Bescheid auch in dieser Hinsicht mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil in der zitierten Verordnung im pauschalierten Schriftsatzaufwand die Umsatzsteuer bereits enthalten ist.

Schlagworte

Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Berufungsverfahren BauRallg11/2 Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Auswechslung behördlicher Aufträge und Maßnahmen Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997060188.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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