TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/7 W133 2208286-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.04.2020
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Entscheidungsdatum

07.04.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W133 2208286-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 05.09.2018, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid wie folgt abgeändert:

Dem Antrag des Beschwerdeführers vom 14.03.2018 auf Ausstellung eines Behindertenpasses wird stattgegeben.

Der Grad der Behinderung beträgt 50 (fünfzig) von Hundert (v.H.).

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Dem Beschwerdeführer wurde vom Sozialministeriumservice (in der Folge als "belangte Behörde" bezeichnet) am 24.04.2017 aufgrund eines Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpass vom 18.01.2017 ein solcher mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 60 v.H. befristet bis 01.06.2018 ausgestellt. Dies erfolgte auf Grundlage eines internistischen Sachverständigengutachtens vom 18.04.2017. In diesem Gutachten wurden auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung und umfassender Darstellung der Statuserhebung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Position

GdB %

1

Höhergradige Aorteninsuffizienz 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da auch eine interventionsbedürftige Trikuspidalinsuffizienz vorliegt, ständige Entwässerungsbehandlung notwendig ist und eine Operation erforderlich ist.

05.07.03

60

2

Mitralklappenersatzoperation (mechanische Klappe) Fixer Rahmensatz.

05.06.08

30

3

Chronisch obstruktive Lungenerkrankung Oberer Rahmensatz, da ständige medikamentöse Behandlung erforderlich ist.

06.06.01

20

zugeordnet und nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H. eingeschätzt. Begründend führte der Gutachter aus, das führende Leiden werde durch die Leiden 2 und 3 nicht weiter erhöht, da keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliege. Hinsichtlich des Leidens 2 sei festzuhalten, dass der Erfolg der Mitralklappenoperation als sehr gut zu bezeichnen sei und die derzeitige erhebliche Einschränkung der kardialen Leistungsbreite so gut wie ausschließlich durch das Leiden 1 bewirkt werde. Die Cholezystolithiasis (OP geplant) erreiche keinen Grad der Behinderung, da ein guter Allgemein- und Ernährungszustand vorliege. Eine Nachuntersuchung wurde für 03/2018 empfohlen, da eine Besserung durch die vorgesehene Operation möglich sei.

Am 14.03.2018 stellte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde unter Vorlage eines Befundkonvoluts einen Antrag auf Neuausstellung des Behindertenpasses wegen Verlustes, Diebstahls oder der Ungültigkeit.

Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin unter Anwendung der Einschätzungsverordnung vom 25.06.2018 in Auftrag. In diesem Gutachten wurden auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung und umfassender Darstellung der Statuserhebung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Position

GdB %

1

Koronare Eingefäßerkrankung mit Zustand nach Bypass Operation unterer Rahmensatz, da gute systolische Linksventrikelfunktion

05.05.02

30

2

pulmonale Hypertension bei Zustand nach Trikuspidalklappenrekonstruktion unterer Rahmensatz, da nur geringfügig eingeschränkte Rechtsherzfunktion

06.08.02

30

3

Aortenklappeninsuffizienz - erfolgreich operiertes Vitium

05.07.04

30

4

Mitralklappeninsuffizienz - erfolgreich operiertes Vitium

05.07.08

30

5

Chronisch obstruktive Lungenerkrankung oberer Rahmensatz, da klinisch unauffälliger Befund jedoch dauerndes Therapieerfordernis

06.06.01

20

zugeordnet und nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. eingeschätzt. Begründend führte die Gutachterin aus, dass führende Leiden 1 werde von Leiden 2 wegen maßgeblicher Leidensbeeinflussung um eine Stufe erhöht. Die Leiden 3 und 4 würden den Grad der Behinderung nicht weiter erhöhen, da es sich dabei um sanierte Leiden handle. Leiden 5 erhöhe den Grad der Behinderung nicht weiter, da kein relevantes ungünstiges Zusammenwirken bestehe. Im Vergleich zum Vorgutachten vom 18.04.2017 sei es zu einer Besserung von Leiden 1 des Vorgutachtens (nunmehr Leiden 3) gekommen.

Mit Schreiben vom 26.06.2018 räumte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer ein förmliches Parteiengehör gemäß § 45 AVG samt Möglichkeit zur Stellungnahme ein. Das Gutachten vom 25.06.2018 wurde dem Beschwerdeführer als Beilage übermittelt.

Der Beschwerdeführer brachte keine Stellungnahme ein.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 05.09.2018 wies die belangte Behörde daher den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) ab, da er mit dem festgestellten Grad der Behinderung von 40 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf das Ergebnis der ärztlichen Begutachtung, wonach der Grad der Behinderung 40 v.H. betrage.

Mit E-Mailnachricht vom 15.10.2018 erhob der Beschwerdeführer unter Vorlage medizinischer Befunde fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin führt er aus, dass er im Rahmen des Parteiengehörs sehr wohl eine Stellungnahme mit E-Mail vom 04.07.2018 eingebracht habe. Er lege nunmehr diese Stellungnahme abermals vorbei. Darin beschreibt er die bei ihm seiner Ansicht nach vorliegenden Leiden genauer (Rektum-Abszess und Verdacht auf Krebs, erhöhter INR-Wert, Probleme mit der Galle, Gastritis, Lungenhochdruck/COPD, Vorhofflimmern, Anämie, Probleme mit beiden Beinen und HNO Drehschwindel).

Die belangte Behörde legte am 24.10.2018 dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor. Das Verfahren wurde der hg. Gerichtsabteilung W115 zugeteilt.

Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie/Allgemeinmedizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung vom 28.09.2019 eingeholt. In diesem Gutachten wurden auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung und umfassender Darstellung der Statuserhebung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Position

GdB %

1

Koronare Eingefäßerkrankung mit Zustand nach Bypassoperation Oberer Rahmensatz bei Zustand nach erfolgreicher Bypassoperation, gute systolische Linksventrikelfunktion. Die chronische Rhythmusstörung (Vorhofflimmern) unter Blutverdünnung ist in dieser Positionsnummer bereits mit abgebildet.

05.05.02

40

2

Pulmonale Hypertension bei Zustand nach Trikuspidalklappenrekonstruktion Unterer Rahmensatz, da nur geringfügige Einschränkung der Rechtsherzfunktion

06.08.02

30

3

Zustand nach Aortenklappenersatz Fixer Richtsatz

05.07.04

30

4

Zustand nach Mitralklappenersatz Fixer Richtsatz

05.06.08

30

5

Chronisch obstruktive Lungenerkrankung Oberer Rahmensatz, da klinisch unauffälliger Befund jedoch dauernde Therapieerfordernis.

06.06.01

20

6

Chronische Gastritis Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz bei Intervallbeschwerden und dauerhafter Therapieerfordernis.

07.04.01

20

7

Cholezystolithiasis Oberer Rahmensatz da Koliken wiederkehrend, Entzündungen und Intervallbeschwerden.

07.06.01

20

8

Zustand nach Hamorrhoidenoperation, Abszessbildung Oberer Rahmensatz da wiederkehrende Beschwerden mit rektalen Blutabgängen und Therapienotwendigkeit.

07.04.04

20

zugeordnet und nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. eingeschätzt. Begründend führte die Gutachterin aus, dass das führende Leiden aufgrund der funktionellen Relevanz und wesentlich negativen Leidensbeeinflussung durch die übrigen Leiden um eine Stufe erhöht werde. Im Vergleich zum Vorgutachten vom 25.06.2018 sei das Leiden 1 nunmehr höher bewertet worden, da die chronische Rhythmusstörung ebenso mitabgebildet worden sei. Die Leiden 2, 3 und 5 seien gleich wie im Vorgutachten eingestuft worden. Leiden 4 sei einer neuen Positionsnummer zugeordnet worden, der Grad der Behinderung bleibe jedoch derselbe. Die Leiden 6, 7 und 8 seien neu aufgenommen worden. Die einzelnen Leiden/Veränderungen seien ausführlich in den vorgelegten Befunden dokumentiert, insbesondere im bei der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 02.09.2019 vorgelegten ärztlichen Entlassungsbericht vom 26.02.2019 eines näher genannten Zentrums für ambulante Rehabilitation. In Bezug auf die Leiden 6, 7 und 8 seien insbesondere die mit der Beschwerde vorgelegten Befundberichte einer näher genannten Abteilung für Gastroenterologie relevant. Eine Anämie gehe aus den mit der Beschwerde vorgelegten Befunden nicht mehr hervor. Ob eine andere hämatologische Erkrankung vorliege, könne mangels vorgelegter hämatologischer Befundberichte gutachterlich nicht eingeschätzt werden. Ein HNO-Befund sei nicht vorgelegt worden, somit sei eine gutachterliche Beurteilung im Hinblick auf die in der Beschwerde angegebene Drehschwindelsymptomatik nicht möglich. Eine Kieferoperation sei in den vorgelegten Befunden nicht ersichtlich und somit funktionell nicht einschätzbar. Eine Nachuntersuchung sei nicht indiziert, da ein Grad der Behinderung unter 50 v.H. nicht wahrscheinlich sei.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.01.2020 wurde das gegenständliche Beschwerdeverfahren mit Wirksamkeit vom 07.02.2020 der Gerichtsabteilung W115 abgenommen und der Gerichtsabteilung W133 neu zugeteilt.

Mit Schreiben vom 18.02.2020, dem Beschwerdeführer zugestellt am 24.02.2020, informierte das Bundesverwaltungsgericht die Parteien des Verfahrens über das Ergebnis der Beweisaufnahme und räumte ihnen in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit ein, dazu eine Stellungnahme abzugeben.

Weder der Beschwerdeführer, noch die belangte Behörde erstatteten eine Stellungnahme.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer stellte zuletzt am 14.03.2018 bei der belangten Behörde einen Antrag auf Neuausstellung des Behindertenpasses.

Nach Einholung eines internistischen Sachverständigengutachtens vom 25.06.2018, mit welchem ein Grad der Behinderung von 40 v.H. festgestellt worden war, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 05.09.2018 ab.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer die gegenständliche Beschwerde.

Daher wurde vom Bundesverwaltungsgericht zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie/Allgemeinmedizin vom 28.09.2019 eingeholt. In diesem Gutachten wurde nunmehr ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. eingeschätzt.

Der Beschwerdeführer ist österreichischer Staatsbürger und hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich.

Beim Beschwerdeführer bestehen folgende Gesundheitsschädigungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1. Koronare Eingefäßerkrankung bei Zustand nach erfolgreicher Bypassoperation, gute systolische Linksventrikelfunktion, die chronische Rhythmusstörung (Vorhofflimmern) unter Blutverdünnung ist in dieser Positionsnummer mitabgebildet;

2. Pulmonale Hypertension bei Zustand nach Trikuspidalklappenrekonstruktion, nur geringfügige Einschränkung der Rechtsherzfunktion;

3. Zustand nach Aortenklappenersatz;

4. Zustand nach Mitralklappenersatz;

5. Chronisch obstruktive Lungenerkrankung, klinisch unauffälliger Befund jedoch dauerndes Therapieerfordernis;

6. Chronische Gastritis bei Intervallbeschwerden und dauerhaftem Therapieerfordernis.;

7. Cholezystolithiasis mit wiederkehrenden Koliken, Entzündungen und Intervallbeschwerden;

8. Zustand nach Hamorrhoidenoperation, Abszessbildung, wiederkehrende Beschwerden mit rektalen Blutabgängen und Therapienotwendigkeit.

Das führende Leiden 1 wird aufgrund der funktionellen Relevanz und wesentlich negativen Leidensbeeinflussung durch die übrigen Leiden um eine Stufe erhöht.

Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt aktuell 50 v. H. Dieser Grad der Behinderung besteht seit dem Zeitpunkt seiner persönlichen Untersuchung für das Gutachten, welches vom Bundesverwaltungsgericht ergänzend eingeholt wurde (somit seit 02.09.2019).

Es handelt sich um einen Dauerzustand. Eine Nachuntersuchung wurde aus gutachterlicher Sicht als nicht erforderlich beurteilt, da eine Besserung des Gesamtgrades der Behinderung unter 50% nicht wahrscheinlich ist.

Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, medizinischer Einschätzung und deren wechselseitiger Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen in dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie/Allgemeinmedizin vom 28.09.2019, in welchem ein höherer Grad der Behinderung als im Vorgutachten vom 25.06.2018 festgestellt wurde, der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.

Das aktuelle Gutachten wurde weder vom Beschwerdeführer, noch von der belangten Behörde bestritten.

2. Beweiswürdigung:

Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Neuausstellung des Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt. Daraus ergibt sich auch, dass dieser Antrag des Beschwerdeführers von der belangten Behörde nach Einholung eines internistischen Sachverständigengutachtens vom 25.06.2018 mit Bescheid vom 05.09.2018 abgewiesen worden war, da er mit dem festgestellten Grad der Behinderung von 40 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle und, dass der Beschwerdeführer dagegen die gegenständliche Beschwerde erhob.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland ergeben sich aus dem im Akt aufliegenden ZMR-Auszug und seinen eigenen Angaben bei der Antragstellung; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Auch die belangte Behörde ging vom Vorliegen dieser Voraussetzung aus.

Der Gesamtgrad der Behinderung und die festgestellten Funktionseinschränkungen basieren auf dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten medizinischen Gutachten einer Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie/Allgemeinmedizin vom 28.09.2019. Darin wird auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Das Gutachten setzt sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den vorgelegten Befunden, den erstatteten Einwendungen und dem durch die belangte Behörde eingeholten Sachverständigengutachten auseinander. Die getroffenen Einschätzungen entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen und wurden auch entsprechend den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung richtig zugeordnet.

Dieses aktuelle Gutachten weicht in seiner Einschätzung vom erstinstanzlichen Vorgutachten ab und begründet widerspruchsfrei und schlüssig die nunmehr höhere Einschätzung. Im Vergleich zum erstinstanzlichen Vorgutachten vom 25.06.2018 wurde das führende Leiden 1 (Koronare Eingefäßerkrankung bei Zustand nach erfolgreicher Bypassoperation) um eine Stufe höher mit 40 v.H. bewertet, da eine chronische Rhythmusstörung ebenso mitabgebildet wurde. Die Leiden 2, 3 und 5 wurden gleich wie im Vorgutachten eingestuft. Das Leiden 4 (Zustand nach Mitralklappenersatz) wurde lediglich einer neuen Positionsnummer zugeordnet, der Grad der Behinderung blieb jedoch unverändert. Die Leiden 6, 7 und 8, dabei handelt es sich um gastroenterologische Leiden, wurden neu aufgenommen. Die einzelnen Veränderungen sind ausführlich in den vorgelegten Befunden dokumentiert, insbesondere im bei der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 02.09.2019 vorgelegten ärztlichen Entlassungsbericht eines näher genannten Zentrums für ambulante Rehabilitation vom 26.02.2019 sowie in Bezug auf die Leiden 6, 7 und 8 in den mit der Beschwerde vorgelegten Befundberichten einer näher genannten Abteilung für Gastroenterologie.

Eine Anämie geht aus den mit der Beschwerde vorgelegten Befunden nicht mehr hervor. Ein HNO-Befund wurde nicht vorgelegt, somit war eine Beurteilung im Hinblick auf die in der Beschwerde angegebene Drehschwindelsymptomatik nicht möglich. Eine Kieferoperation ist in den vorgelegten Befunden nicht ersichtlich und somit funktionell nicht einschätzbar.

Das führende Leiden 1 (Koronare Eingefäßerkrankung bei Zustand nach erfolgreicher Bypassoperation) wird aufgrund der funktionellen Relevanz und wesentlich negativen Leidensbeeinflussung durch die übrigen Leiden um eine Stufe erhöht.

Im vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten internistischen Gutachten vom 28.09.2019 wurde aktuell ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v. H. angenommen. Der neu ermittelte Gesamtgrad der Behinderung besteht seit dem Zeitpunkt der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers für dieses Gutachten (somit seit 02.09.2019), da ab diesem Zeitpunkt sämtliche beim Beschwerdeführer vorliegenden Leiden objektivierbar waren (insbesondere durch den bei der persönlichen Untersuchung vorgelegten ärztlichen Entlassungsbericht eines näher genannten Zentrums für ambulante Rehabilitation vom 26.02.2019).

Seitens beider Parteien wurde das aktuell vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte internistische Gutachten vom 28.09.2019 nicht bestritten. Es wurden seitens beider Parteien keinerlei Einwendungen vorgebracht.

Vonseiten des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des aktuellen Gutachtens vom 28.09.2019. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45.

(1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

...

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden."

Wie oben unter Punkt II.2. im Rahmen der beweiswürdigenden Ausführungen, auf die verwiesen wird, ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte, schlüssige, nachvollziehbare und widerspruchsfreie Sachverständigengutachten vom 28.09.2019 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers aktuell 50 v.H. beträgt. Die Gesundheitsschädigungen wurden im Gutachten auch nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft. Auch die Feststellungen im Gutachten, dass das führende Leiden 1 aufgrund der funktionellen Relevanz und wesentlich negativen Leidensbeeinflussung durch die übrigen Leiden um eine Stufe erhöht wird, ist nicht zu beanstanden. Wie ebenfalls bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, wurde das vorliegende aktuelle Gutachten von den Parteien des Verfahrens nicht bestritten.

Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt seit dem Zeitpunkt seiner persönlichen Untersuchung für das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte Gutachten (02.09.2019) 50 v.H., da ab diesem Zeitpunkt sämtliche beim Beschwerdeführer vorliegenden Leiden objektivierbar waren.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, erfüllt.

Die belangte Behörde wird dem Beschwerdeführer somit in der Folge einen unbefristeten Behindertenpass auszustellen haben.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde sowie insbesondere aus dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten vom 28.09.2019. Dies lässt - gerade auch vor dem Hintergrund des Umstandes, dass von beiden Parteien des Verfahrens kein Verhandlungsantrag gestellt wurde und mit der Entscheidung der Beschwerde stattgegeben wird - die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird. Dies gilt überdies insbesondere während der Phase der Wirksamkeit des Art 16 § 3 (iVm § 6 Abs 1) des 2. COVID-19-Gesetzes, BGBl I Nr. 16/2020.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass Grad der Behinderung Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W133.2208286.1.00

Im RIS seit

04.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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