TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/9 G303 2213962-1

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Veröffentlicht am 09.04.2020
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Entscheidungsdatum

09.04.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §41 Abs2
BBG §43
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

G303 2213962-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Eva WENDLER und den fachkundigen Laienrichter Herbert WINTERLEITNER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark, vom 25.07.2018, Zl. OB: XXXX, betreffend die Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) brachte am 28.03.2018 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark, (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass ein. Dem Antrag waren ein Konvolut an medizinischen Beweismitteln, eine Kopie des Aufenthaltstitels "Familienangehöriger", gültig bis 14.11.2020, und eine Medikamentenliste angeschlossen.

2. Im von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 13.05.2018 wird von Dr. XXXX, Facharzt für Neurologie, nach persönlicher Untersuchung des BF am 03.05.2018, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Schizoaffektive Störung Unterer RSW bei Depression und schwer aufrecht zu erhaltener Leistungsfähigkeit und Sozialkontakten.

03.06.02

50

2

Lähmungen des linken Gesichtsnervs (Nervus facialis) Unterer RSW-Stirnrunzeln reduziert, Augenschluss möglich

04.04.03

20

3

Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus Eine Stufe über dem untersten RSW bei oraler antidiabetischer Therapie und leicht erhöhten HbA1c-Werten

09.02.01

20

 

Gesamtgrad der Behinderung

 

60 v.H.

Begründend wurde ausgeführt, dass der Gesamtgrad der Behinderung durch die Gesundheitsschädigung (GS) 1, eine schizoaffektive Störung mit rezidivierenden depressiven Episoden, gebildet werde. Durch die GS 2 und die GS 3 komme es durch negative Interaktion zur Anhebung um eine Stufe.

Die degenerativen Wirbelsäulenveränderungen würden keinen Grad der Behinderung erreichen.

Im Vergleich zum Vorgutachten vom 21.08.2017 würden keine relevanten Veränderungen vorliegen.

3. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 20.06.2018 wurde dem BF ein schriftliches Parteiengehör gemäß § 45 AVG gewährt und das Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme zur Kenntnis gebracht. Zugleich wurde dem BF Gelegenheit gegeben, dazu binnen drei Wochen ab Zustellung Stellung zu nehmen.

3.1 Eine Stellungnahme langte seitens des BF dazu nach der vorliegenden Aktenlage nicht ein.

4. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 25.07.2018 wurde der Antrag des BF auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass zurückgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass mit Bescheid vom 24.11.2017 in dieser Sache rechtskräftig entschieden worden sei. Der BF habe am 28.03.2018 die Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass beantragt. Da seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen sei und der BF eine offenkundige Änderung seiner Gesundheitsschädigungen nicht glaubhaft geltend gemacht habe, war der Antrag zurückzuweisen.

5. Gegen diesen Bescheid erhob der BF mit E-Mail vom 01.08.2018 unter Vorlage neuer Befunde fristgerecht die als Einspruch bezeichnete Beschwerde, und begründet diese damit, dass eine Veränderung seines Gesundheitszustandes eingetreten sei.

6. Von Seiten der belangten Behörde wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung ein weiteres Sachverständigengutachten eingeholt.

In dem aufgrund der Aktenlage erstellten Gutachten von Dr. XXXX, Facharzt für Neurologie, vom 14.10.2018, wird im Wesentlichen wie folgt festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Schizoaffektive Störung Unterer RSW bei Depression und schwer aufrecht zu erhaltener Leistungsfähigkeit und Sozialkontakten.

03.06.02

50

2

Lähmungen des Gesichtsnervs bds. (rechts 2018, links 2012) Eine Stufe unter dem oberen RSW, da Augenschluss laut neurologischen Befund vom Juli 2018 inkomplett.

04.04.03

30

3

Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus Eine Stufe über dem untersten RSW bei oraler antidiabetischer Therapie und leicht erhöhten HbA1c-Werten

09.02.01

20

 

Gesamtgrad der Behinderung

 

60 v.H.

Als Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt, dass dieser durch die GS 1, einer schizoaffektiven Störung mit rezidivierenden depressiven Episoden, gebildet werde. Durch die GS 2 komme es durch negative Interaktion zur Anhebung um eine Stufe.

Die neu aufgetretene "Fazialisparese rechts" führe zu keiner weiteren Anhebung des Gesamtgrades der Behinderung. Die degenerativen Wirbelsäulenveränderungen seien derzeit ohne klinische Symptomatik, und würden somit auch zu keiner Anhebung führen.

7. Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nach der vorliegenden Aktenlage nicht erlassen. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde vorgelegt und langten diese am 01.02.2019 ein.

8. Das Ergebnis des medizinischen Beweisverfahrens, welches noch seitens der belangten Behörde im Rahmen des Verfahrens zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung durchgeführt wurde, wurde den Verfahrensparteien im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG seitens des erkennenden Gerichtes mit Schreiben vom 16.08.2019 zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern.

8.1. Eine Stellungnahme beziehungsweise Äußerung seitens der Verfahrensparteien langte dazu beim Bundesverwaltungsgericht nicht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 24.11.2017 wurde rechtskräftig festgestellt, dass der Grad der Behinderung 60 % beträgt.

Am 28.03.2018 - sohin innerhalb der Jahresfrist des § 41 Abs. 2 BBG - stellte der BF bei der belangten Behörde einen neuerlichen Antrag auf Neufestsetzung des Grades seiner Behinderung im Behindertenpass.

Der BF hat nicht glaubhaft geltend gemacht, dass seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung, eine offenkundige Änderung seiner Funktionsbeeinträchtigungen eingetreten ist.

Zum Entscheidungszeitpunkt besteht ein Grad der Behinderung in Höhe von 60 von Hundert.

2. Beweiswürdigung:

Der unter I. angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen zum letzten rechtskräftigen Bescheid der belangten Behörde sowie zur neuerlichen Antragstellung ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde, der Beschwerde sowie nunmehr aus dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellung, dass der BF eine offenkundige Änderung seiner Funktionsbeeinträchtigungen seit der letzten rechtskräftigen, mit 24.11.2017 datierten, Entscheidung der belangten Behörde im Verwaltungsverfahren nicht glaubhaft zu machen vermochte, gründet sich auf den Umstand, dass der BF kein entsprechend ausreichend konkretes Vorbringen im Rahmen seiner Antragstellung am 28.03.2018, das etwa durch in Vorlage gebrachte aktuelle medizinische Beweismittel untermauert wurde, erstattet hat. Der BF nutzte auch nicht die Möglichkeit eine offenkundige Änderung seiner Funktionsbeeinträchtigungen im Rahmen des schriftlich eingeräumten Parteiengehörs durch die belangte Behörde geltend zu machen.

Im seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. XXXX, Facharzt für Neurologie, vom 13.05.2018, wird schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass es im Vergleich zum Vorgutachten, das der rechtskräftigen Entscheidung vom 24.11.2017 zugrunde liegt, zu keinen relevanten gesundheitlichen Änderungen gekommen ist.

Erst nach Erlassung des angefochtenen Bescheides wurde im Rahmen der Beschwerdeerhebung ein ärztlicher Befundbericht des Krankenhauses der XXXX vom 29.05.2018 in Vorlage gebracht. Danach wurde eine komplette periphere Facialisparese rechts diagnostiziert.

Diese erstmals vorbrachte Diagnose wurde im Rahmen des Sachverständigengutachtens von Dr. XXXX vom 14.10.2018 bei der Einschätzung der Gesundheitsschädigung 2 - Lähmung des Gesichtsnervs - berücksichtigt. Es führt auch zu einer Änderung der Einschätzung dieser Gesundheitsschädigung, nämlich zu einer Erhöhung von 20 % GdB auf 30% GdB, nicht jedoch zu einer anderen Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung.

Das Sachverständigengutachten vom 14.10.2018 blieb im gegenständlichen Beschwerdeverfahren unbestritten, da dieses im Rahmen des schriftlich gewährten Parteiengehörs vom 16.08.2019 nicht bekämpft wurde. Damit konnte auch zum Entscheidungszeitpunkt ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 60 von Hundert objektiviert und festgestellt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 BVwGG (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetz BGBl. Nr. 283/1990 idgF) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter gemäß § 45 Abs. 4 BBG mitzuwirken.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF) geregelt (§ 1 VwGVG).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 idgF) die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idgF) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG steht es der Behörde im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen. Abweichend davon beträgt die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 46 BBG zwölf Wochen. Im gegenständlichen Fall wurde keine Beschwerdevorentscheidung getroffen.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen.

Gegenständlich wurde keine mündliche Verhandlung beantragt. Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren des BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen. Insbesondere wurde dem eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 14.10.2018 im Rahmen des gewährten schriftlichen Parteiengehörs weder von der belangten Behörde noch vom BF widersprochen. Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

3.2. Zu Spruchteil A):

Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs. 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist;

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen;

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten;

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. I Nr. 22/1970 idgF, angehören.

Gemäß § 41 Abs. 2 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:

Im Beschwerdefall wurde über die Höhe des Grades der Behinderung mit Bescheid der belangten Behörde vom 24.11.2017 zuletzt rechtskräftig entschieden. Am 28.03.2018 brachte der BF einen weiteren Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung ein.

In den Materialien zu § 41 Abs. 2 BBG (1348 Blg NR XVIII. GP) wurde klargestellt, dass Anträge auf Einschätzung (und damit auch auf Neueinschätzung) des Grades der Behinderung wie Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu behandeln sind. (vgl. VwGH 16.09.2008, Zl. 2008/11/0083)

Eine solche neuerliche Antragstellung innerhalb der Jahresfrist führt nach dem klaren Gesetzeswortlaut des § 41 Abs. 2 BBG nur dann nicht zu einer zurückweisenden Entscheidung ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind "offenkundig" solche Tatsachen, deren Richtigkeit - unter Bedachtnahme auf die Lebenserfahrung - der allgemeinen Überzeugung entsprechen bzw. allgemein bekannt sind "Offenkundigkeit" bringt es nach der genannten Rechtsprechung mit sich, dass eine Tatsache erkennbar ist, ohne dass eine Prüfung der individuellen Situation erforderlich ist (vgl. VwGH 16.09.2008, Zl. 2008/11/0083 mwH).

Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ist darauf hinzuweisen, dass der BF mit seiner Antragstellung am 28.03.2018 und den dabei vorgelegten medizinischen Unterlagen keine seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung offenkundig eingetretene Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung im Sinne des § 41 Abs. 2 BBG dargetan hat.

Gegenständlich wurde von der belangten Behörde sogar ein fachärztliches Sachverständigengutachten basierend auf einer weiteren persönlichen Untersuchung des BF am 03.05.2018 eingeholt, ohne dass eine einschätzungsrelevante Änderung festgestellt werden konnte.

Da damit objektiviert wurde, dass der neuerliche Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung innerhalb der Jahresfrist gestellt wurde und eine offenkundige andauernde Änderung des Leidenszustandes im Verfahren vor der belangten Behörde nicht glaubhaft geltend gemacht werden konnte, wurde dieser im angefochtenen Bescheid vom 25.07.2018 zu Recht gemäß § 41 Abs. 2 BBG zurückgewiesen.

Erst nach Erlassung des angefochtenen Bescheides wurde im Rahmen der Beschwerdeerhebung eine Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung, nämlich der Gesundheitsschädigung 2 - Lähmung des Gesichtsnervs, welche nunmehr beidseitig vorliegt, geltend gemacht. Diese Änderung konnte die belangte Behörde daher im angefochtenen Bescheid, der gemäß § 27 VwGVG zu überprüfen war, nicht berücksichtigen.

Im Übrigen konnte auch im medizinischen Sachverständigengutachten von Dr. XXXX vom 14.10.2018, das nach Beschwerdeerhebung zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung eingeholt wurde, durch die Änderung der Einschätzung der Gesundheitsschädigung 2 keine Änderung des Gesamtbehinderungsgrades festgestellt werden.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

3.3. Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Behindertenpass Frist Grad der Behinderung Neufestsetzung offenkundige Änderung Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G303.2213962.1.00

Im RIS seit

07.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

07.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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