Entscheidungsdatum
10.04.2020Norm
BEinstG §14Spruch
W217 2228826-1/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Ulrike LECHNER, LL.M sowie die fachkundige Laienrichterin Verena KNOGLER, BA, MA, als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch Mag. Gerald NIMFÜHR, Sekretär der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 27.12.2019, OB XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Anerkennung der Begünstigteneigenschaft, beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Am 17.09.2019 einlangend stellte Frau XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin) den Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten.
Zur Überprüfung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 12.11.2019, eingeholt. Darin ist Folgendes festgehalten:
"Anamnese:
Letzte hierortige Einstufung 2/2014 mit 30% (degenerative Wirbelsäulenveränderungen 30, Herzrhythmusstörungen 10, Gebärmutterentfernung 10)
TE, Tbc als Kind, 2 Granulome werden observiert
Abdominale Gebärmutterentfernung und Gebärmutterentfernung, Mamma PE rechts
2017-5 Herzkatheterablation
Asthma seit der Kindheit, war dann besser, seit einigen Jahren wieder bei Hitze und Streß sowie Wetterwechsel beziehungsweise Verkühlung
Derzeitige Beschwerden:
Die Antragswerberin klagt ?über immer wieder auftretende Tachycardien, die immer wieder im Ruhezustand kommen. Seit der Ablatio sei es zwar besser.
Sie habe 4-5 Stuhlgänge am Tag wegen ihres Reizdarms, die Nahrungsaufnahme sei eine Katastrophe, sie müsse immer schauen was sie esse.
Wenn man nicht gescheit essen kann ist man nicht gut belastbar.
Sie funktioniere nicht, wenn sie diese Zustände habe, und sei nicht belastbar, sei aber kein depressiver Mensch,
Natürlich schmerze auch das Kreuz und die Hände schlafen immer wieder ein und die Füße.
Diese Zosterschmerzen nach einer Gürtelrose lumbal seien schon schlimm, Herpes habe sie ja öfters vor allem in der Nase, vor 2 Jahren auch genital.
Außerdem sei sie ständig verkühlt und habe dauernd was, wo sie sich dann schone und schaue daß es nicht schlimmer werde, sei aber nicht wirklich gesund,
ständiger Harnwegsinfekt habe schon 2 x Salmonellen gehabt.'
Pollen, Kontrastmittel und Nahrungsmittel Allergie bekannt. Histaminintoleranz
Anderwärtige schwere Krankheiten, Operationen oder Spitalsaufenthalte werden negiert.
Lt. eigenen Angaben mit öffentlichen VM zur ho. Untersuchung gekommen.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Duloxetin, Mirtazapin, Zoldem, Xanor, Zolmitriptan, Relpax, Neurobion, Oleovit D3, Cal-D-Vita Pregabalin b.Bed. Concor, Isoptin, Aristocor, Betablocker, Analgetica b.Bed., Symbicort, Kreon, Rowachol, Bioflorin, Viropel, Ovestin, Buscopan,
Sozialanamnese:
seit ca. 25 Jahren im Bundesministerium für XXXX in der Personalabteilung tätig, pragmatisiert, 3 der letzten 12 Monate im Krankenstand, verheiratet seit ca. 2004, Gatte XXXX , keine Kinder
wohnt in Genossenschaftswohnung im 7. Stock mit Lift.
Kein Pflegegeld
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
2019-9 Allgemeines Krankenhaus XXXX , Kardiologie:
St.p. AVNRT slow pathway Ablation
St.p. Isthmusablation beim typischen Flattern
allergische Asthma bronchiale
Inkomplettes Pancreas divisum mit wechselndem Stuhlverhalten und Koliken - MRCP und US extern gemacht
Gallenblasenpolyp 3mm, Gallenblasensand, Knick im DHC
- Intermitt. Amylase/Lipaserhöhung iS einer subakuten Pankreatitis
- St.p. Gastritis.
Reizdarmsyndrom (chron. Darmerkrankung ausgeschlossen)
Histaminintoleranz
St.p. HE
kommt zur Kontrolle beim gehäuften Auftreten von Herzrasen, meistens nachts. In letzten 6 Monate treten diese Episoden 2-3 Woche auf mit einer Dauer von 30-45min, sistieren spontan auf. Lt. Pat im letzten Holter von 2018 kurze Episoden von Vorhofflimern dokumentiert, jedoch kein Befund dabei. Holter 2017 hierorts war unauffällig.
2019-8 mitgebrachter Befund Dr. XXXX , Augen: Keratis, ANA pos. MBL.
Defizienz, Visus rechts 1,0. Links 0,7
2019-8 Dr. XXXX , FA für Lungenkrankheiten XXXX :
allergisches Asthma bronchiale - i.e.L. Infektexacerbation
Frühblühersensibilisierung (Birke)
akute Sinusitis
bek. Granulome der Lunge
intermitt. Vorhofflattern/Vorhofflimmern
Z.n. AVNRT - Z. n. Ablation
bekannte MBL-Defizienz
2019-7 Assoc.Prof.Priv.Doz.Dr. XXXX , Facharzt für Allgemeine- und Viszeralchirurgie:
ausgeprägte Störung der Nahrungspassage mit erhöhter Stuhlfrequenz in den Morgen- und Vormittagsstunden. Als Ursache wurde eine Mannose-bindende Lektin (MBL) Defizienz D84.8 diagnostiziert, sowie ein inkomplettes Pankreas Divisum Q45.3.
2019-7 Dr. med. XXXX , Facharzt für Orthopädie: Cervikalsyndrom und Lumbalgie bei ausgeprägter Hypermobilität, muskulärer Insuffizienz und Prolaps L5/S1 links
2019-6 Univ.-Prof. Dr. XXXX , FA für Innere Medizin: Reizdarmsyndrom-M, St. p. Salmonelleninfektion 2017, Vd. a. Biofilme im lleum und Colon, Pankreas divisum, VH-Flimmern, St. p, Ablation, Mannose-binding Lectin (MBL) Defizienz heterozygot, Eisenmangel ohne Anämie
2019-6 Dr. XXXX , HNO: chron. Sin. max et ethm beidseits, Asthma,
2019-5 Dr. XXXX , Facharzt für Neurologie: rezidivierend-depressive Störung
- gegenwärtig leicht
- Anpassungsstörung
- Lumboischialgie
- Reizdarmsyndrom
- rezidiv. AV-Tachykardie, Vorhofflimmern
- MBL-Defizienz - erhöhte Infektneigung
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
53 jährige AW in gutem AZ kommt alleine zur Untersuchung, Rechtshänderin,
Ernährungszustand:
gut
Größe: 174,00 cm Gewicht: 63,00 kg Blutdruck: 130/80
Klinischer Status - Fachstatus:
Haut: und sichtbare Schleimhäute gut durchblutet, kein Ikterus, keine periphere oder zentrale Zyanose
Caput: HNAP frei, kein Meningismus, sichtbare Schleimhäute: unauffällig Zunge feucht, wird gerade hervorgestreckt, normal
PR unauffällig, Rachen: bland,
Gebiß: saniert,
Hörvermögen ohne Hörgerät unauffällig
Collum: Halsorgane unauffällig, keine Einflußstauung, keine Stenosegeräusche
Thorax: symmetrisch, Mammae unauffällig,
Cor: HT rhythmisch, mittellaut, normfrequent Puls: 72 / min
Pulmo: sonorer KS, Vesikuläratmen, Basen atemverschieblich, keine Dyspnoe in Ruhe und beim Gang im Zimmer
Abdomen: Bauchdecken über Thoraxniveau, Hepar nicht vergrößert, Lien nicht palpabel,
keine pathologischen Resistenzen tastbar, indolent,
blande NVH nach Pfannenstiel,
NL bds. frei
Extremitäten:
OE: Tonus, Trophik und grobe Kraft altersentsprechend unauffällig.
Nacken und Schürzengriff gut möglich,
in den Gelenken altersentsprechend frei beweglich, Faustschluß beidseits unauffällig,
eine Sensibilitätsstörung wird nicht angegeben
Feinmotorik und Fingerfertigkeit ungestört.
UE: Tonus, Trophik und grobe Kraft altersentsprechend unauffällig. in den Gelenken altersentsprechend frei beweglich, Bandstabilität,
keine Sensibilitätsausfälle, selbständige Hebung beider Beine von der Unterlage möglich, Grobe Kraft an beiden Beinen seitengleich normal.
Fußpulse tastbar, verstärkte Venenzeichnung keine Ödeme
PSR: seitengleich unauffällig, Nervenstämme: frei, Lasegue: neg.
Wirbelsäule: In der Aufsicht gerade, weitgehend im Lot, in der Seitenansicht gering verstärkte Brustkyphose und leichte Abflachung der physiologischen Lendenlordose, FBA: 10 cm, Aufrichten frei,
kein Klopfschmerz, Schober: , Ott: unauffällig,
endgradig eingeschränkte Seitneigung und Seitdrehung der LWS, altersentsprechend freie Beweglichkeit der HWS, Kinn-Brustabstand: 1 cm,
Hartspann der paravertebralen Muskulatur,
Gesamtmobilität - Gangbild:
kommt mit Halbschuhen frei gehend weitgehend unauffällig, Zehenballen- und Fersengang sowie Einbeinstand beidseits gut möglich. Die tiefe Hocke wird ohne Anhalten zu 1/2 durchgeführt. Vermag sich selbständig aus- und wieder anzuziehen
Status Psychicus:
Bewußtsein klar
gut kontaktfähig, Allseits orientiert, Gedanken in Form und Inhalt geordnet, psychomotorisch ausgeglichen, Merk- und Konzentrationsfähigkeit erhalten;
keine produktive oder psychotische Symptomatik,
Antrieb unauffällig, Affekt: dysthym
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktions-einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
GdB %
1
degenerative Wirbelsäulenveränderungen Heranziehung dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da mäßige Funktionsstörungen bei Cervikalsyndrom und Lumbalgie ohne radikuläre Ausfälle
02.01.02
30
2
allergische Asthma bronchiale Heranziehung dieser Position mit dem oberen Rahmensatz, da Infektexazerbationen ohne dokumentierte maßgebliche Lungenfunktionseinschränkung
06.05.01
20
3
Pancreasinsuffizienz in Kombination mit Reizdarmsymptom Heranziehung dieser Position mit 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da Mannose-bindende Lektin (MBL) Defizienz mit wechselndem Stuhlverhalten und Koliken
07.07.01
20
4
rezidivierend-depressive Störung mit Anpassungsstörung Heranziehung dieser Position mit 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da durch regelmäßige Medikamenteneinnahme stabilisierbar
03.06.01
20
5
Zustand nach Gebärmutterentfernung
08.03.02
20
6
Herzrhythmusstörung bei Zustand nach Ablation g.z.
05.01.01
10
7
Chronische Sinusitis Heranziehung dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da ohne wesentliche Folgeerscheinungen
12.04.04
10
8
Keratis mit Visus rechts von 1,0 und links 0,7 Tabelle Zeile 1 Kolonne 2
11.02.01
0
Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Leiden 2-4 erhöht nicht weiter, da keine maßgebliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung besteht.
Leiden 5-8 erhöht nicht, da von zu geringer funktioneller Relevanz
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Blutgerinnungsstörung Faktor XII Aktivität ohne manifestes Defizit, pulmonale Granulome in Observanz, Mikrohämaturie, Zustand nach Mammfibrom, Leberhämangiome ohne Lebersynthesesttörung und durch Protonenpumpenhemmer behandelbare Magenbeschwerden bei ausreichendem Ernährungszustand
Fibromyalgie und Postzosterneuralgie sind nicht durch aktuelle fachärztliche Befunde belegt
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Erstmalige Berücksichtigung von Leiden 2-4 und 7-8
X Dauerzustand
Frau XXXX kann trotz ihrer Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen) einer Erwerbstätigkeit nachgehen:
X JA"
2. Mit Schreiben vom 20.11.2019 wurde der Beschwerdeführerin das Gutachten von Dr. XXXX zugeleitet.
3. Im Rahmen des Parteiengehörs teilte die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 09.12.2019 mit, wenn nunmehr seitens des Gutachters begründet werde, dass Leiden 2-4 nicht erhöhend seien, da keine maßgebliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung bestehe, so sei dies weder schlüssig noch nachvollziehbar. Sie habe mehrere Befunde vorgelegt, welche, aus welchen Gründen auch immer, nicht als Beweismittel beachtet worden seien. Insbesondere sei nicht beachtet worden, dass sie auch an einer angeborenen schweren Erkrankung des Immunsystems leide. Hierzu legte sie zwei Befunde der Immunologischen Tagesklinik Dris XXXX vom 09.04.2019 und vom 09.12.2019 vor, sowie einen Befund Dris XXXX , FA für Innere Medizin vom 09.12.2019. Laut Mitteilung der behandelnden Ärzte sei die angeborene Erkrankung des Immunsystems in einer Gesamtschau der anderen übrigen Leidenszustände zu sehen. Insbesondere sei von einer maßgeblich ungünstigen wechselseitigen Leidensbeeinflussung auszugehen. Unter einem beantragte die Beschwerdeführerin die Einholung eines Gutachtens aus dem Fachgebiet der Inneren Medizin. Unter einem wurden weitere medizinische Befunde übermittelt.
4. Der bereits befasste Arzt für Allgemeinmedizin brachte in seiner Stellungnahme vom 23.12.2019 Folgendes vor:
"Antwort(en):
Die Antragswerberin - vertreten durch die GÖD - gab im Rahmen des Parteiengehörs vom 9.12.2019 an, daß sie mit dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht einverstanden sei, da ihre Leiden zu gering beziehungsweise nicht ausreichend eingeschätzt worden seien und legte ein Konvolut von teilweise schon bei der hierortigen Untersuchung vorliegenden Befunden vor.
Die von der Antragstellerin beim Antrag und bei der Untersuchung vorgebrachten Leiden wurden von allgemeinmedizinischer Seite unter Beachtung der von der Antragstellerin zur Verfügung gestellten Befunde zur Kenntnis genommen und einer Einschätzung gemäß der EVO unterzogen, wobei die nachgereichten Befunde diesbezüglich keine neuen Erkenntnisse enthalten.
Blutgerinnungsstörung Faktor XII Aktivität ohne manifestes Defizit, pulmonale Granulome in Observanz, Mikrohämaturie, Zustand nach Mammfibrom, Zustand nach wiederholtem Herpes zoster, Leberhämangiomen ohne Lebersynthesestörung, Gallenblasensludge und durch Protonenpumpenhemmer behandelbare Magenbeschwerden bei ausreichendem Ernährungszustand erreichen keinen Grad der Behinderung.
Eine höhere Einstufung der degenerative Wirbelsäulenveränderungen ohne radikuläre Ausfälle, eines allergischen Asthma ohne dokumentierte maßgebliche Lungenfunktionseinschränkung, einer Pankreasinsuffizienz, Reizdarmsyndroms mit wechselndem Stuhlverhalten bei MBL-Defizienz mit leichter Anfälligkeit für Infektepisoden, rezidivierende depressive Störung unter regelmäßige Medikamenteneinnahme und Psychotherapie , Zustand nach Gebärmutterentfernung , Herzrhythmusstörung bei Zustand nach Ablation ohne Hinweis auf strukturelle Herzerkrankung, chronische Sinusitis ohne wesentliche Folgeerscheinungen und geringfügige Visusverminderung links bei Keratitis ist nicht gerechtfertigt.
Auch ist eine Erhöhung des Gesamt Grades der Behinderung durch die neu aufgenommenen Leiden 2-4 nicht gerechtfertigt, da gerade eben keine maßgebliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung mit diesen Leiden besteht.
Insgesamt beinhalten die nachgereichten Einwendungen daher keine ausreichend relevanten Sachverhalte, welche eine Änderung des Gutachtens bewirken würden, sodaß daran festgehalten wird."
5. Die belangte Behörde wies mit Bescheid vom 27.12.2019 den Antrag der Beschwerdeführerin auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten ab. Begründend wurde auf das Gutachten von Dr. XXXX und dessen Stellungnahme hingewiesen. Demnach betrage der Grad der Behinderung 30%.
6. Gegen diesen Bescheid wurde von der bevollmächtigten Vertretung der Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben. Darin wurde vorgebracht, bei der im Rahmen des Parteiengehörs abgegebenen Stellungnahme seien mehrere aktuelle Befunde vorgelegt worden. Insbesondere sei nochmals auf die angeborene Erkrankung des Immunsystems der Beschwerdeführerin hingewiesen worden. Aus dem Befund vom 09.12.2019 gehe hervor, dass ein längeres Verweilen in größeren Personengruppen eine deutliche Erhöhung der Infektionsgefährdung für die Beschwerdeführerin darstelle. Weiters seien alle möglichen Maßnahmen zur Verhinderung einer vermeidbaren Exposition gegenüber infektiösen Organismen zu treffen, um ein vermehrtes Infektionsrisiko zu verhindern. Die damit einhergehende rezidivierende-depressive Störung mit Anpassungsstörung sei zwar im Gutachten unter laufender Nr. 4 beachtet worden, jedoch sei ausgeführt worden, dass das Leiden 4 nicht den Gesamtgrad der Behinderung erhöhe, da keine maßgebliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung bestehe. Weshalb keine maßgebliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliege, lasse sich jedoch auch der ergänzenden Stellungnahme nicht entnehmen. Die angeborene MBL-Defizienz sei zwar in der ergänzenden Stellungnahme des Gutachters erwähnt, habe jedoch keinerlei Abbildung in der Einschätzung der vorliegenden Funktionseinschränkungen gefunden. Wäre diese MBL-Defizienz beachtet worden, hätte dies zum Ergebnis führen müssen, dass eine wechselseitige Beeinflussung und eine Erhöhung des Grades der Behinderung vorliege, da die einzelnen Positionen verschiedene Organsysteme betreffen und sich eine ungünstige Auswirkung auf das Gesamtbild in funktioneller Hinsicht ergeben. Erneut wurde ausdrücklich die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet der Inneren Medizin beantragt.
7. Mit dem im Bundesverwaltungsgericht am 21.02.2020 eingelangten Schreiben hat die belangte Behörde den Verwaltungsakt und die Beschwerde vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 19b Abs. 1 BEinstG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten des § 14 Abs. 2 durch den Senat.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG sind die Erkenntnisse zu begründen. Für Beschlüsse ergibt sich aus § 31 Abs. 3 VwGVG eine sinngemäße Anwendung.
Zu A)
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden,
1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes.
Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung vom prinzipiellen Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte aus (vgl. u.a. 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, Ra 2015/01/0123 vom 06.07.2016).
Nach der Bestimmung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG kommt bereits nach ihrem Wortlaut die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht (vgl. auch Art. 130 Abs. 4 Z 1 B-VG). Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.
Ist die Voraussetzung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG erfüllt, hat das Verwaltungsgericht (sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist) "in der Sache selbst" zu entscheiden.
Das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, verlangt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird.
Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl. Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, Seite 127, Seite 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in Holoubek/Lang (Hrsg), Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, Seite 65, Seite 73 f).
Das verwaltungsbehördliche Verfahren erweist sich in Bezug auf den zu ermittelnden Sachverhalt aus folgenden Gründen als grob mangelhaft:
Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist, die Teilhabe am Arbeitsleben zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 3 BEinstG)
Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. (§ 4 Abs. 1 Einschätzungsverordnung BGBl. II Nr. 261/2010 auszugsweise)
Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten. (§ 4 Abs. 2 Einschätzungsverordnung BGBl. II Nr. 261/2010)
Als Nachweis für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten gilt die letzte rechtskräftige Entscheidung über die Einschätzung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit mindestens 50 vH
a) eines Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (der Schiedskommission) bzw. des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen oder der Bundesberufungskommission im Sinne des Bundesberufungskommissionsgesetzes, BGBl. I Nr. 150/2002, oder des Bundesverwaltungsgerichtes;
b) eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung bzw. eines nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, zuständigen Gerichtes;
c) eines Landeshauptmannes (des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz) oder des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen in Verbindung mit der Amtsbescheinigung gemäß § 4 des Opferfürsorgegesetzes;
d) in Vollziehung der landesgesetzlichen Unfallfürsorge (§ 3 Z 2 Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 200/1967).
Die Feststellung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Nachweis gilt zugleich als Feststellung des Grades der Behinderung. Die Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten (§ 2) auf Grund der in lit. a bis d genannten Nachweise erlischt mit Ablauf des dritten Monates, der dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung folgt, sofern nicht der begünstigte Behinderte innerhalb dieser Frist gegenüber dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen erklärt, weiterhin dem Personenkreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Personen angehören zu wollen. (§ 14 Abs. 1 BEinstG)
Liegt ein Nachweis im Sinne des Abs. 1 nicht vor, hat auf Antrag des Menschen mit Behinderung das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen den Grad der Behinderung nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) einzuschätzen und bei Zutreffen der im § 2 Abs. 1 angeführten sonstigen Voraussetzungen die Zugehörigkeit zum Kreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten (§ 2) sowie den Grad der Behinderung festzustellen. Hinsichtlich der ärztlichen Sachverständigen ist § 90 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, anzuwenden. Die Begünstigungen nach diesem Bundesgesetz werden mit dem Zutreffen der Voraussetzungen, frühestens mit dem Tag des Einlangens des Antrages beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen wirksam. Sie werden jedoch mit dem Ersten des Monates wirksam, in dem der Antrag eingelangt ist, wenn dieser unverzüglich nach dem Eintritt der Behinderung (Abs. 3) gestellt wird. Die Begünstigungen erlöschen mit Ablauf des Monates, der auf die Zustellung der Entscheidung folgt, mit der der Wegfall der Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten rechtskräftig ausgesprochen wird. (§ 14 Abs. 2 BEinstG)
Maßgebend für die Entscheidung ob die Beschwerdeführerin dem Personenkreis der begünstigten Behinderten angehört, ist die Feststellung der Art und des Ausmaßes der bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Gesundheitsschädigungen und in der Folge die Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung.
Eine allenfalls unterlaufene Fehleinschätzung kann nämlich ohne entsprechende Sachverhaltsänderung (Besserung des Leidenszustandes) nur unter den Voraussetzungen für die amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs. 1 und 3 AVG bzw. § 32 VwGVG nicht aber im Wege einer Neubeurteilung korrigiert werden.
Dazu hat die belangte Behörde im angefochtenen Verfahren nur ansatzweise Ermittlungen geführt.
Die belangte Behörde hat zwar ein allgemeinmedizinisches ärztliches Gutachten eingeholt, welches einen Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. feststellte, jedoch nach Gewährung von Parteiengehör, aufgrund der Einwendungen der Beschwerdeführerin, erneut lediglich eine Stellungnahme des bereits befassten Arztes für Allgemeinmedizin eingeholt, in welcher auf die Einwendungen der Beschwerdeführerin aber nur oberflächlich eingegangen wurde. Ein Gutachten eines Facharztes für Innere Medizin wurde jedoch nicht eingeholt. Bereits in der Stellungnahme im Rahmen des Parteiengehörs hat die Beschwerdeführerin ein Leiden betreffend die interne Medizin betreffend vorgebracht und dazu medizinische Unterlagen vorgelegt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte die belangte Behörde erkennen müssen, dass ein zusätzliches Gutachten aus dem Bereich Innere Medizin für eine umfassende Erhebung des relevanten Sachverhalts unbedingt erforderlich ist. Dennoch hat sie die Einholung eines neuen, auf persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin beruhenden, Gutachtens aus dem genannten Gebiet unterlassen und stattdessen den bereits befassten Arzt für Allgemeinmedizin mit der Erstattung eines weiteren, lediglich auf der Aktenlage beruhenden, Gutachtens beauftragt. Ebenso hat der Arzt für Allgemeinmedizin in seiner Stellungnahme nicht nachvollziehbar begründet, weshalb keine maßgebliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt.
Dadurch hat die belangte Behörde ihre Ermittlungs- bzw. Begründungspflicht in grober Weise verletzt. Die aufgezählten Mängel können gegenständlich auch nicht durch eine Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts saniert werden: Da Entscheidungen im Bereich des Behindertenrechts in höchstem Maße von ärztlichen Sachverständigengutachten abhängig sind, müsste das Bundesverwaltungsgericht dazu selbst das genannte Sachverständigengutachten einholen, was durch die dafür nötige erneute Untersuchung der Beschwerdeführerin zu einer erheblichen Verfahrensverzögerung führen würde, welche jedenfalls nicht im Sinne einer raschen und kostengünstigen Verfahrensführung liegen würden, zumal die belangte Behörde in diesem Verfahren mehrmals die Möglichkeit gehabt hätte, das internistische Gutachten einzuholen, dies aber unterlassen hat. Die belangte Behörde hat daher, um in der Diktion der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu bleiben, nur ansatzweise ermittelt bzw. Ermittlungen unterlassen, damit diese durch das Bundesverwaltungsgericht vorgenommen werden. Aus diesem Grund erscheint nach Ansicht des erkennenden Senats gegenständlich die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Zurückverweisung an die belangte Behörde jedenfalls gerechtfertigt.
Die Beschwerdeführerin hat im verwaltungsbehördlichen Verfahren umfassende internistische Befunde in Vorlage gebracht, welche einen jahrelangen Krankheitsverlauf dokumentieren.
Die belangte Behörde hat zur Überprüfung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin jedoch lediglich allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten eingeholt. Zwar besteht kein Anspruch auf die Zuziehung von Sachverständigen eines bestimmten medizinischen Teilgebietes, jedoch ist im vorliegenden Fall das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten zur Beurteilung des bei der Beschwerdeführerin vorliegenden internistischen Beschwerdebildes nicht geeignet. Aufgrund der vorliegenden medizinischen Unterlagen liegen konkrete Anhaltspunkte vor, dass zusätzlich zur erfolgten Einholung eines Sachverständigengutachtens der Fachrichtung Allgemeinmedizin auch die Einholung zumindest eines Gutachtens der Fachrichtung Innere Medizin unbedingt erforderlich ist, um eine vollständige und ausreichend qualifizierte Prüfung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin (auch im Hinblick auf eine mögliche wechselseitige Leidensbeeinflussung der festgestellten Gesundheitsschädigungen) zu gewährleisten. Die alleinige Heranziehung eines Sachverständigen der Fachrichtung Allgemeinmedizin durch die belangte Behörde ist somit offensichtlich sachwidrig erfolgt.
Darüber hinaus ist das eingeholte allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten hinsichtlich der Beurteilung der bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Leidenszustände und somit auch bezüglich der Beurteilung des Gesamtleidenszustandes nicht nachvollziehbar. So ist eine schlüssige und nachvollziehbare Auseinandersetzung mit den von der Beschwerdeführerin vorgelegten medizinischen Beweismitteln durch den befassten Sachverständigen nicht im ausreichenden Maße erfolgt, da in dem der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegten Sachverständigengutachten bzw. in der Stellungnahme vom 23.12.2019 auf die von der Beschwerdeführerin vorgelegten medizinischen Unterlagen nicht im Einzelnen eingegangen worden ist. Es wurde lediglich angeführt, dass die nachgereichten Befunde keine neuen Erkenntnisse enthalten würden, Aussagen über die Schwere der darin beschriebenen Gesundheitsschädigungen bzw. Feststellungen hinsichtlich deren Auswirkungen und Einfluss auf den Grad der Behinderung sind nicht getroffen worden.
Vor dem Hintergrund des § 2 Abs. 1 der Einschätzungsverordnung, wonach primär Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung (bzw. der Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen) für die konkrete Bemessung des Grads der Behinderung entscheidend sind, und des § 3 Abs. 1 leg. cit., wonach bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen deren Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer Wechselbeziehungen maßgebend sind, geht der VwGH davon aus, dass eine entsprechende Beurteilung auch bei der Bewertung der einzelnen, in der Anlage zur Einschätzungsverordnung bei einem bestimmten Krankheitsbild genannten und für die Bemessung des Grades der Behinderung innerhalb einer Bandbreite entscheidenden Parameter erforderlich ist. Eine derartige Beurteilung ist gemäß § 4 Abs. 1 der Einschätzungsverordnung von einem Sachverständigen vorzunehmen. (VwGH vom 11.11.2015, Zl. Ra 2014/11/0109 zum BBG)
Weshalb die MBL-Defizienz, welche zuletzt im Befund vom 09.12.2019 diagnostiziert wurde, nicht eigens als Gesundheitsschädigung berücksichtigt wurde, wurde vom Sachverständigen nicht ausreichend begründet.
Darüber hinaus wurde im gegenständlichen Gutachten zur Leidensbeeinflussung und damit zur Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung nicht ausreichend Stellung genommen. Es wurde lediglich festgestellt, dass die Leiden 2-4 nicht weiter erhöhen würden, da keine maßgebliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung bestehe. Weshalb jedoch insbesondere durch das Leiden lfd. Nr. 4 ("rezidivierend-depressive Störung mit Anpassungsstörung") keine maßgebliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt, wird vom Sachverständigen nicht begründet.
Der eingeholte medizinische Sachverständigenbeweis vermag daher die verwaltungsbehördliche Entscheidung nicht zu tragen. Ein Gutachten bzw. eine medizinische Stellungnahme, welche Ausführungen darüber vermissen lässt, aus welchen Gründen der ärztliche Sachverständige zu einer Beurteilung gelangt ist, stellt keine taugliche Grundlage für die von der belangten Behörde zu treffende Entscheidung dar (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321).
Die seitens des Entscheidungsorganes erforderliche Überprüfung im Rahmen der freien Beweiswürdigung ist auf dieser Grundlage nicht möglich. Der eingeholte medizinische Sachverständigenbeweis vermag die verwaltungsbehördliche Entscheidung nicht zu tragen.
Ein Gutachten bzw. eine medizinische Stellungnahme, welche Ausführungen darüber vermissen lässt, aus welchen Gründen der ärztliche Sachverständige zu einer Beurteilung gelangt ist, stellt keine taugliche Grundlage für die von der belangten Behörde zu treffende Entscheidung dar (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321).
Es ist nicht nachvollziehbar, warum die belangte Behörde darauf verzichtet hat, das Ermittlungsverfahren dahingehend zu erweitern, ein Gutachten der Fachrichtung Innere Medizin einzuholen.
Aus den dargelegten Gründen ist davon auszugehen, dass die belangte Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat und sich der vorliegende Sachverhalt zur Beurteilung des Grades der Behinderung als so mangelhaft erweist, dass weitere Ermittlungen bzw. konkretere Sachverhaltsfeststellungen erforderlich erscheinen.
Das Verwaltungsgericht hat im Falle einer Zurückverweisung darzulegen, welche notwendigen Ermittlungen die Verwaltungsbehörde unterlassen hat. (Ra 2014/20/0146 vom 20.05.2015)
Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde ein medizinisches Sachverständigengutachten der Fachrichtung Innere Medizin - basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin - zu den oben dargelegten Fragestellungen einzuholen und die Ergebnisse unter Einbeziehung des Beschwerdevorbringens, des im Rahmen des Parteiengehörs erhobenen Einwandes und der vorgelegten Beweismittel, bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen haben.
Von den Ergebnissen des weiteren Ermittlungsverfahrens wird die Beschwerdeführerin mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme in Wahrung des Parteiengehörs in Kenntnis zu setzen sein.
Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht kann - im Lichte der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 VwGVG - nicht im Sinne des Gesetzes liegen.
Die unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht läge angesichts des gegenständlichen gravierend mangelhaft geführten verwaltungsbehördlichen Ermittlungsverfahrens nicht im Interesse der Raschheit und wäre auch nicht mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden. Zu berücksichtigen ist auch der mit dem verwaltungsgerichtlichen Mehrparteienverfahren verbundene erhöhte Aufwand.
Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben.
Da der maßgebliche Sachverhalt im Fall der Beschwerdeführerin noch nicht feststeht und vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht rascher und kostengünstiger festgestellt werden kann, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
In den rechtlichen Ausführungen zu Spruchteil A wurde ausführlich unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, Ra 2015/01/0123 vom 06.07.2016, Ra 2014/20/0146 vom 20.05.2015, Ra 2015/08/0171 vom 27.01.2016, Ra 2015/10/0106 vom 24.02.2016) ausgeführt, warum die Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen geboten war.
Schlagworte
Ermittlungspflicht Grad der Behinderung Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W217.2228826.1.00Im RIS seit
04.08.2020Zuletzt aktualisiert am
04.08.2020