TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/14 W200 2228502-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.04.2020
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Entscheidungsdatum

14.04.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W200 2228502-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Scherz als Vorsitzende und durch den Richter Dr. Kuzminski sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Halbauer als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 07.01.2020, OB: 55434724500017, über die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe abgewiesen als der Spruch zu lauten hat:

Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses vom 10.05.2019 wird abgewiesen. Der Grad der Behinderung beträgt 40%.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin stellte am 10.05.2019 unter Vorlage von medizinischen Unterlagen den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses.

Das vom Sozialministeriumservice eingeholte allgemeinmedizinische Gutachten vom 03.10.2019, basierend auf einer Untersuchung am 04.09.2019, ergab einen Gesamtgrad der Behinderung von 40 vH und gestaltete sich in Auszügen wie folgt:

"Anamnese:

Knieoperation (Bänder) rechts 1986 nach einem Sportunfall, 1983 HE, Meniskusoperation

linkes Knie, Staroperationen bds., Schrittmacherimplantation, 2013 Hüftgelenksersatz links,

2019 H-TEP rechts - danach Rehabilitationsbehandlung in Baden - Befundbericht dazu wird

- trotz Versprechen, dass er gefaxt wird - nicht vorgelegt

Derzeitige Beschwerden:

Frau XXXX gibt an, Beschwerden vor allem in beiden Kniegelenken - rechts mehr als links - zu haben. Mit den operierten Hüftgelenken ist sie zufrieden. Ist mit dem Taxi zur Untersuchung gekommen.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Eliquis, Doxazosin, Sedacoron, Concor, Valsacor.

Sozialanamnese:

Pensionist, geschieden, 4 Kinder. Will einen Parkausweis.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Befund des Wahlarztes Dr. XXXX vom 29.4.2019: Coxarthrosis sin. operat. (Hüft-TEP links, 2013), Coxarthrosis dext., deformierte Varusgonarthrose utriusque, Impingementsyndrom beide Schultergelenke mit Cuffarthropathie - Implantation einer Hüfttotalendoprothese rechts am 15.5.2019 geplant. Es besteht eine posttraumatische deformierte Varusgonarthrose beidseits.

Internistischer Befund Dr. XXXX vom 17.4.2019: Implantation eines DDD-PM am 17.2.2014 - Brady-Tachy-Syndrom mit Pausen bis 8 Sekunden, Digitalis-Überdosierung, paroxysmales Vorhofflimmern, arterielle Hypertonie, Zustand nach H-TEP am 1.10.2013 -die kardiologische Kontrolle zeigte einen Sinusriiythmus im Ruhe-EKG. Echokardiographisch ist der Befund im Vergleich zum Vorjahr unverändert. Die Schrittmacherkontrolle zeigte unauffällige Messwerte. Insgesamt wurden 3 Vorhofflimmer-Episoden delektiert, wobei die längste Episode 22 Stunden angedauert hat. In Anbetracht dieser Episoden habe ich der Patientin zu einer Steigerung des Sedacorons auf 1 Tablette geraten.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand: Normal.

Ernährungszustand: Sehr gut.

Größe: 146,00 cm Gewicht: 75,00 kg Blutdruck: 145/85

Klinischer Status - Fachstatus:

Kopf/Hals: Haut und sichtbare Schleimhäute gut durchblutet, Visus und Gehör altersentsprechend unauffällig, unauffällige Halsorgane.

Thorax/Herz/Lunge: Schrittmacher links infraklavikulär, auskultatorisch unauffällig, keine Atemauffälligkeiten.

Abdomen: über TN, unauffällige Organgrenzen, keine Druckempfindlichkeit.

Obere Extremitäten: Endlageneinschränkungen beider Schultergelenke, kein Tremor.

Untere Extremitäten: H-TEP beiderseits mit tadellosen funktionellen Ergebnissen,

Kniekonturvergröberungen bds. (rechts > links), Narben im Bereich beider Kniegelenke

(rechts > links), beide Kniegelenke: leichtere O-Bein-Stellung, kein Streckdefizit, Beugung bds. > 90° möglich, keine Ödeme, keine sensomotorischen Defizite.

Wirbelsäule: unauffällig strukturiert, ausreichend frei bewegliche HWS, BWS/LWS - FBA im Stehen: 15 cm - kein Stützbedürfnis beim Aufrichten.

Gesamtmobilität - Gangbild:

kommt mit 2 UASK ins Untersuchungszimmer, wobei eine UASK nur mitgetragen wird!

Kann frei auf ihren Beinen stehen, Aus- und Ankleiden im Stehen < im Sitzen. Kann im Zimmer durchaus frei gehen.

Status Psychicus:

voll orientiert, Stimmung und Antrieb unauffällig, kooperativ.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Degenerative und postoperative Veränderungen am Stütz- und Bewegungsorgan Oberer Rahmensatz, da nachvollziehbare belastungsabhängige Beschwerden mit tadellosen Ergebnissen nach Hüftgelenksersatz beiderseits, mit staturangepasst normalem Bückvermögen, mit leichtgradigen Endlageneinschränkungen beider Schultergelenke und leichtgradigen/mäßiggradigen Gonarthrosen beiderseits - rechts mehr als links - vorliegen.

02.02.02

40

2

Hypertonie Schrittmacherimplantation mitberücksichtigt.

05.01.02

20

Gesamtgrad der Behinderung: 40 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Leiden 1 wird durch Leiden 2 wegen fehlender ungünstiger Beeinflussung des Hauptleidens und fehlender maßgeblicher funktioneller Zusatzrelevanz nicht weiter erhöht.

(...) Dauerzustand. (...)"

Die Beschwerdeführerin übermittelte im zum Gutachten gewährten Parteiengehör eine Stellungnahme und gab an, dass es ihr auf Grund der Instabilität und Schmerzhaftigkeit ihrer Kniegelenke und des Morbus Baastrup der Wirbelsäule nicht möglich sei, längere Gehstrecken als 100m mit Gehhilfen zu bewältigen. Sie könne aus diesem Grund auch nichts Schweres tragen. Alle verfügbaren Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel seien 300m bis 400m von ihrer Wohnung entfernt. Ein selbständiges Einkaufen sei ihr daher nur mit dem Auto möglich. Arztbesuche und Behördenwege sowie Besuche bei Familie und Freunden könnten auch nur derart erledigt werden. Das bereits mit Antrag vorgelegte Gutachten von Dr. XXXX und der Entlassungsbericht des Rehabilitationszentrums Engelsbad würden dies bestätigen. Die Beschwerdeführerin übermittelte zudem weitere medizinische Unterlagen.

Das Sozialministeriumservice holte aufgrund dieser Stellungnahme eine medizinische Stellungnahme des mit dem Gutachten befassten Allgemeinmediziners vom 07.01.2020 ein. Diese gestaltet sich wie folgt:

"Stellungnahme zu den Einwendungen zum Parteiengehör betreffend SVGA vom 4.9.2019 (...)

Befundnachreichung: Der wieder nachgereichte Befund des Wahlarztes Dr. XXXX vom 29.4.2019 war zum Zeitpunkt der Gutachtenserstellung bereits bekannt.

Befund Engelsbad vom 27.8.2019: H-TEP rechts am 15.5.2019 bei Coxarthrosis gravis dext., H-TEP links 2013, Gonarthrosis utriusque - ASK li KG 2004, M. Baastrup, SM-Implantation 2014, Art. Hypertonie, Glaukom rechts - um die Rehabilitation möglichst problemlos durchführen zu können, wurde der Patientin ein Analgetikum - Xefo 8 mg zweimal täglich - verordnet, welches sie aber auf Nachfrage nicht eingenommen hat. Das Ziel wäre eine Kräftigung der Beinmuskulatur, da die Pat ohnehin bald vor hat nach Beendigung der Rehab sich die Kniegelenke operieren zu lassen.

Gutachterliche Stellungnahme:

Die Stellungnahme und die Befundnachreichungen - neu davon ist nur der Bericht von Baden vom 27.8.209 - werden zur Kenntnis genommen - es ergeben sich dadurch aber keine relevanten neuen gutachterlichen Aspekte.

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt weiterhin 40 %.

Öffentliche Verkehrsmittel sind zumutbar, da weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren und oberen Extremitäten und der Wirbelsäule, noch erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, noch erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten / Funktionen vorliegen. Unter Berücksichtigung des erhobenen Untersuchungsbefundes und der vorliegenden Befunde kann eine kurze Wegstrecke aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe - unter zumutbarer medikamentöser Therapie und allenfalls unter Verwendung eines Gehstockes / einer Unterarmstützkrücke, da damit die Stand-und Gangsicherheit optimiert werden kann - ohne Unterbrechung zurückgelegt werden. Das erforderliche Hilfsmittel erschwert die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht in erheblichem Ausmaß. Die vorliegenden dauernden Gesundheitsschäden wirken sich nicht erheblich auf die Möglichkeit des sicheren Ein-und Aussteigens und auf die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieses Verkehrsmittels gegebenen Bedingungen aus. Das behinderungsbedingte ständige Erfordernis der Verwendung von 2 Stützkrücken zur Fortbewegung für kurze Wegstrecken ist durch die festgestellten Funktionseinschränkungen nicht begründbar. Die beobachtete Gesamtmobilität ist nicht in hohem Maß eingeschränkt, Kraft und Koordination sind gut, ausreichende Stand-und Trittsicherheit ist gegeben. Das Überwinden von Niveauunterschieden ist möglich, da der Bewegungsumfang der Gelenke der unteren Extremitäten ausreichend ist und das Festhalten bei guter Beweglichkeit und guter Kraftentfaltung der oberen Extremitäten nicht maßgeblich eingeschränkt ist

Schlussfolgerung: Es wird abschließend festgehalten, dass aus gutachterlicher Sicht nach neuerlicher Durchsicht des vorliegenden Aktenmaterials eine Änderung der getroffenen Beurteilungen nicht vorgeschlagen wird, da die relevanten objektivierbaren Gesundheitsschädigungen und Funktionsbehinderungen nach dem BBG und ihre Auswirkungen auf die Zumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel korrekt berücksichtigt und auch ausführlich begründet wurden. Beweisende gegenteilige Befunde liegen nicht vor."

Mit nunmehr angefochtenem Bescheid des Sozialministeriumservice vom 07.01.2020 wurde der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses mangels Vorliegen der Voraussetzungen abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass das durchgeführte Beweisverfahren einen Gesamtgrad der Behinderung von 40 vH ergeben habe. Auf Grund der im Zuge des Parteiengehörs erhobenen Einwände sei eine abermalige Überprüfung durch den ärztlichen Sachverständigen durchgeführt und dabei festgestellt worden, dass sich keine Änderung der ursprünglichen Einschätzung ergebe. Über den Antrag auf Ausstellung eines § 29b -Ausweises nach der StVO werde nicht abgesprochen, da die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht vorlägen.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und gab im Wesentlichen an, dass sie seit dem Jahr 2013 massive Gelenksbeschwerden und Herzprobleme in Form von Vorhofflimmern hätte, das selbst mit dem Herzschrittmacher schwer kontrollierbar sei. Dieser Zustand und zusätzliche Herzmedikamente bewirkten Kurzatmigkeit und dass sie alle 40m anhalten müsse, sobald es nur gering bergauf gehe. Neue Befunde legte die Beschwerdeführerin nicht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführerin erfüllt die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 40 vH.

1.2. Art und Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen:

beschwerderelevanter Status:

Kopf/Hals: Haut und sichtbare Schleimhäute gut durchblutet, Visus und Gehör altersentsprechend unauffällig, unauffällige Halsorgane.

Thorax/Herz/Lunge: Schrittmacher links infraklavikulär, auskultatorisch unauffällig, keine

Atemauffälligkeiten.

Abdomen: über TN, unauffällige Organgrenzen, keine Druckempfindlichkeit.

Obere Extremitäten: Endlageneinschränkungen beider Schultergelenke, kein Tremor.

Untere Extremitäten: H-TEP beiderseits mit tadellosen funktionellen Ergebnissen, Kniekonturvergröberungen bds. (rechts > links), Narben im Bereich beider Kniegelenke (rechts > links), beide Kniegelenke: leichtere O-Bein-Stellung, kein Streckdefizit, Beugung bds. > 90° möglich, keine Ödeme, keine sensomotorischen Defizite.

Wirbelsäule: unauffällig strukturiert, ausreichend frei bewegliche HWS, BWS/LWS - FBA im

Stehen: 15 cm - kein Stützbedürfnis beim Aufrichten.

Gesamtmobilität - Gangbild:

kommt mit 2 UASK ins Untersuchungszimmer, wobei eine UASK nur mitgetragen wird. Kann frei auf ihren Beinen stehen, Aus- und Ankleiden im Stehen < im Sitzen. Kann im Zimmer durchaus frei gehen.

Status Psychicus:

voll orientiert, Stimmung und Antrieb unauffällig, kooperativ.

1.3. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Degenerative und postoperative Veränderungen am Stütz- und Bewegungsorgan Oberer Rahmensatz, da nachvollziehbare belastungsabhängige Beschwerden mit tadellosen Ergebnissen nach Hüftgelenksersatz beiderseits, mit staturangepasst normalem Bückvermögen, mit leichtgradigen Endlageneinschränkungen beider Schultergelenke und leichtgradigen/mäßiggradigen Gonarthrosen beiderseits - rechts mehr als links - vorliegen.

02.02.02

40

2

Mäßige Hypertonie. Schrittmacherimplantation mitberücksichtigt.

05.01.02

20

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 40%, da Leiden 2 das führende Leiden 1 nicht weiter erhöht, weil keine maßgebliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung und funktionelle Zusatzrelevanz bestehen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung hinsichtlich des Grades der Behinderung der Beschwerdeführerin gründet sich auf das von der belangten Behörde eingeholte allgemeinmedizinische (03.10.2019) Gutachten, welches einen Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 40 % ergibt, sowie die - aufgrund der zu diesem Gutachten übermittelten Stellungnahme der Beschwerdeführerin - eingeholte medizinische Stellungnahme des Gutachters vom 07.01.2020.

Das von der belangten Behörde eingeholte Gutachten samt Stellungnahme sind schlüssig und nachvollziehbar.

Der von der belangten Behörde befasste Gutachter beschreibt den Status der Beschwerdeführerin genau und detailreich und unterzog auch alle von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen einer Beurteilung. Es weist keinerlei Widersprüche auf.

Das führende Leiden 1 stuft der Allgemeinmediziner in seinem Gutachten nachvollziehbar unter Pos.Nr. 02.02.02 - Degenerative und postoperative Veränderungen am Stütz- und Bewegungsorgan - mit einem GdB von 40 vH ein und begründet schlüssig die Anwendung des oberen Rahmensatzes damit, dass nachvollziehbare belastungsabhängige Beschwerden mit tadellosen Ergebnissen nach Hüftgelenksersatz beiderseits, mit der Statur entsprechend normalem Bückvermögen, mit leichtgradigen Endlageneinschränkungen beider Schultergelenke und leichtgradigen bis mäßiggradigen Gonarthrosen beiderseits - rechts mehr als links - vorliegen.

Das Leiden 2 stuft er schlüssig unter Pos.Nr. 05.01.02 - (Mäßige) Hypertonie - mit einem GdB von 20 vH ein und begründet nachvollziehbar die Anwendung dieser Position damit, dass in diesem Leiden die Schrittmacherimplantation mitberücksichtigt ist. Festgehalten wird, dass für dieses Leiden (Mäßige Hypertonie) ein fixer Rahmensatz von 20 vH besteht.

Aufgrund der zu diesem Gutachten übermittelten Stellungnahme der Beschwerdeführerin, holte die belangte Behörde eine medizinische Stellungnahme des Gutachters ein. In dieser führte der Gutachter zum Vorbringen der Beschwerdeführerin und ihren vorgelegten Unterlagen nachvollziehbar aus, dass hinsichtlich der Befundnachreichungen nur der Bericht von Baden vom 27.08.2019 neu ist und sich daraus aber keine Änderung der Einschätzung ergibt. Ausdrücklich hält der Gutachter fest, dass sich daraus und insbesondere auch nach neuerlicher Durchsicht aller vorliegenden Befunde und Unterlagen samt Stellungnahme der Beschwerdeführerin keine Änderung der getroffenen Beurteilung ergibt, da die relevanten objektivierbaren Gesundheitsschädigungen und Funktionseinschränkungen ausführlich begründet und bereits im Erstgutachten eingeschätzt wurden.

Das Sachverständigengutachten samt Stellungnahme werden in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt. Zweifel am Inhalt dieser bestehen für das BVwG keine - diese sind schlüssig und nachvollziehbar, sie weisen keine Widersprüche und Ungereimtheiten auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen.

Der Gutachter beschreibt den Status der Beschwerdeführerin genau und detailreich und unterzog auch alle von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen einer Beurteilung.

Für den erkennenden Senat ergibt sich kein Anhaltspunkt vom festgestellten Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 40 von Hundert abzuweichen. Die Ausführungen in der Beschwerde vermochten keine substantiierten Einwendungen gegen das eingeholte Sachverständigengutachten samt Stellungnahme darzustellen zumal die Beschwerdeführerin auch keine neuen medizinischen Befunde vorlegte. Die Beschwerdeführerin hat zwar eine Kurzatmigkeit behauptet, jedoch keinerlei diesbezügliche Befunde in der Beschwerde oder zuvor vorgelegt. Vielmehr ergaben sich bei der Untersuchung keine Atemauffälligkeiten.

Die Beschwerdeführerin ist dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten samt Stellungnahme somit nicht auf gleicher fachlicher Ebene ausreichend konkret entgegengetreten.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen in Gesamtbetrachtung keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten samt Stellungnahme. Diese wurden daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Zu A)

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)

Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören. (§ 40 Abs. 1 BBG)

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt. (§ 41 Abs. 1 BBG).

Der Behindertenpass hat den Vor- und Familiennamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen (§ 42 Abs. 1 BBG).

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG).

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird (§ 45 Abs. 2 BBG).

Die Feststellung hinsichtlich des Grades der Behinderung gründet sich auf das von der erstinstanzlichen Behörde eingeholte Gutachten, worin ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 40 % festgestellt wurde.

Die Beschwerdeführerin ist dem Gutachten nicht in substantiierter Weise entgegengetreten.

Die Stellungnahme der Beschwerdeführerin und die darin übermittelten medizinischen Unterlagen im Rahmen des gewährten Parteiengehörs sind - wie beweiswürdigend ausgeführt - angesichts der Ausführungen in der von der belangten Behörde eingeholten Stellungnahme des Gutachters ebenfalls nicht geeignet, eine andere Einschätzung herbeizuführen.

Nachdem die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorliegen, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Spruchinhalt des angefochtenen Bescheides, dass der Teil des Spruches zu entfallen hat, wonach die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt, wird auf das das Erkenntnis des VwGH Ra 2018/11/0204-7, Rz 24 vom 13. Dezember 2018 betreffend die Einziehung eines Behindertenpasses verwiesen:

§ 43 Abs. 1 BBG ermächtigt die Behörde daher zwar zu einem amtswegigen Vorgehen, allerdings nach den bisherigen Ausführungen nur zu einem Ausspruch der Einziehung des Behindertenpasses. Ein Bescheid, in dem ausgesprochen wird, dass die Betreffende mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50 % nicht mehr die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses erfülle, oder in dem festgestellt wird, dass ein Grad der Behinderung von weniger als 50 % besteht, findet in § 43 Abs. 1 BBG keine Deckung.

Analog dazu wird darauf hingewiesen, dass weder die §§ 40 und 41 noch § 45 BBG die Voraussetzungen für die von der belangen Behörde gewählte Formulierung "Mit einem Grad der Behinderung von 40% erfüllen Sie nicht die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses." bieten. Auch die Formulierung "Ihr Antrag ist daher abzuweisen." ist insofern falsch als sie eine Handlungsanweisung bzw. eine Forderung an einen Dritten beinhaltet, den Antrag abzuweisen.

Der Vollständigkeit halber wird zum Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung (StVO) festgehalten, dass Abs. 1 leg cit. besagt, dass Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990, die über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen ist.

Wie bereits festgestellt liegen unter Zugrundelegung des festgestellten Gesamtgrades der Behinderung die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses im vorliegenden Fall nicht vor. In weiterer Folge liegen auch nicht die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO vor zumal ein Behindertenpass (mit Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung") nach dem Bundesbehindertengesetz Voraussetzung für die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO ist.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG).

Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (§ 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG).

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221). Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Gesamtgrad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der bei der beschwerdeführenden Partei festgestellten Gesundheitsschädigungen.

Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher ein ärztliches Gutachten eingeholt. Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurde dieses samt Stellungnahme als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Die beschwerdeführende Partei hat auch mit der Beschwerde keine Beweismittel vorgelegt, welche mit der erstinstanzlichen gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang stehen. Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt, dem Bundesverwaltungsgericht liegt kein Beschwerdevorbringen vor, das mit der beschwerdeführenden Partei mündlich zu erörtern gewesen wäre.

Wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, ist das Beschwerdevorbringen nicht geeignet darzutun, dass ein höherer Gesamtgrad der Behinderung vorläge und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Im Übrigen wurde eine solche auch nicht beantragt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Schlagworte

Behindertenpass Grad der Behinderung Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W200.2228502.1.00

Im RIS seit

07.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

07.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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