Entscheidungsdatum
27.05.2020Norm
BBG §40Spruch
W265 2230881-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX geb. XXXX , gegen den gemäß § 45 Abs. 2 in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses ergangenen Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 01.04.2020, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Grad der Behinderung beträgt 50 von Hundert (v.H.).
Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses liegen vor.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin stellte am 22.07.2019 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice (in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet).
Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie sowie ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag. In dem auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 25.02.2020 basierenden neurologischen Gutachten vom 26.02.2020 wurde Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:
"Anamnese:
Seit der Jugend habe sie psychische Beschwerden (bipolare Störung), 1. stat. Aufnahme
1999, dann mehrfache stat. Aufnahmen zuletzt 9-12/2018 im AKH, derzeit bei XXXX 1/ Woche in Behandlung (Gesprächstherapie). Zusätzlich ist ein Tethered Cord Syndrom bekannt mit zeitweisen Missempfindungen in den Ue bds. und Blasenstörung
Derzeitige Beschwerden:
Depression, Blasenstörung
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Concerta 18mg, Efectin 300mg, Pregabalin 75-0-75, Lamictal 100 -0-200mg, Trittico 300mg
Sozialanamnese:
lebt alleine, I Pension seit 2006, kein Pflegegeld, keine Erwachsenenvertretung
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
21.12.18 AKH Wien: Die Aufnahme erfolgt aufgrund einer gemischten Episode bei bekannter bipolar-affektiver Störung in Absprache mit dem niedergelassenen Psychiater auf freiwilliger Basis am 05.09.2018 zur Stabilisierung und Therapieoptimierung.
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
Ernährungszustand:
Größe: cm Gewicht: kg Blutdruck:
Klinischer Status - Fachstatus:
Die Hirnnerven sind unauffällig, die Optomotorik ist intakt.
An den oberen Extremitäten bestehen rechtsseitig keine Paresen, linksseitig bestehen keine Paresen. Die Muskeleigenreflexe sind seitengleich mittellebhaft auslösbar.
Die Koordination ist intakt.
An den unteren Extremitäten bestehen rechtsseitig keine Paresen, linksseitig bestehen keine Paresen,
Fersen/ Zehenspitzen/ Einbeinstand bds. möglich,
die Muskeleigenreflexe sind seitengleich gesteigert auslösbar.
Die Koordination ist intakt.
Die Pyramidenzeichen sind an den oberen und unteren Extremitäten negativ.
Die Sensibilität wird im Bereich der UE bds zeitweise als gestört angegeben, Blasenstörung Das Gangbild ist ohne Hilfsmittel unauffällig
Gesamtmobilität - Gangbild:
Status Psychicus:
Zeitlich, örtlich zur Person ausreichend orientiert, Auffassung regelrecht, Antrieb vermindert, subjektiv kognitive Einschränkungen, Stimmung depressiv, Ein- und Durchschlafstörung, nicht produktiv, nicht suizidal eingeengt
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
Gdb %
1
Bipolare Störung Unterer Rahmensatz, da Teilselbständigkeit gegeben
03.06.02
50
2
Tethered CordSyndrom mit Paraspastik und Blasenstörung 1 Stufe über unterem Rahmensatz, da Fortbewegung ohne Hilfsmittel gut möglich
04.03.01
30
Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Das führende Leiden wird durch Leiden Nr.2 nicht angehoben, da kein relevantes, ungünstiges Zusammenwirken
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
Dauerzustand
x
Nachuntersuchung 02/2023 - Besserung möglich
Frau XXXX kann trotz ihrer Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen) einer Erwerbstätigkeit nachgehen: x JA
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine. Es liegen keine Funktionseinschränkungen aus nervenärztlicher Sicht vor, die das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke (300-400m) das Ein und Aussteigen bei den üblichen Niveauunterschieden ohne fremde Hilfe oder die Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel erheblich erschweren.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein
..."
In dem auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 25.02.2020 basierenden allgemeinmedizinischen Gutachten vom selben Tag wurde Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:
"Anamnese:
Erstbegutachtung
Tethered Cord Syndrom angeboren - eine Trennung wäre zu riskant gewesen.
Seit der Jugend bipolare Störung, neurogene Blasenentleerungstörung mit teilweiser Inkontinenz. Sie müsse sich Kathetern, dazu auch Darmentleerungsstörung.
Seit 2018 Autoimmungastritis festgestellt worden. Ein Karzinomverdacht konnte im Juli 2019 ausgeschlossen werden.
Diabetes mellitus seit ca. 2016 bekannt, letzter NBZ 126 mg% heute, letzte HbA1c 6,0 vor ca. 3-4 Monaten. Derzeit diätisch eingestellt.
Derzeitige Beschwerden:
Die Antragswerberin klagt "über Depressionen, Stuhl- und Blasenentleerungsstörung, Magensäure mit Übelkeit und Völlegefühl, sie vertrage fast kein Fett, zeitweise Mißempfindungen im unteren Bereich durch die tethered cord"
Keine spezifizierte Allergie bekannt
Anderwärtige schwere Krankheiten, Operationen oder Spitalsaufenthalte werden negiert.
Lt. eigenen Angaben mit öffentlichen VM zur ho. Untersuchung gekommen.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Concerta 18mg, Efectin 300mg, Pregabalin 75-0-75, Lamictal 100 -0-200mg, Trittico 300mg,
Sozialanamnese:
in Siebenbürgen geboren - seit ca. 2006 in Frühpension als Optikerin, ledig, keine Kinder.
wohnt alleine in Genossenschaftswohnung im Hochparterre, einige Stufen sind zu überwinden.
Kein Pflegegeld
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
2019-6 mitgebrachter Befund Allgemeines Krankenhaus Wien, Gastroenterologie:
Autoimmungastritis, AMAG assoziiertes NET/Karzinoid G1 im Corpus, Vit B12 und Eisenmangel, Typ II Diabetes, bipolare Störung, ADHS, tetherd cord Syndrom mit Blasen und Darmentleerungsstörung.
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
51 jährige AW in gutem AZ kommt alleine zur Untersuchung, Bihänderin,
Ernährungszustand:
gut
Größe: 168,00 cm Gewicht: 63,00 kg Blutdruck: 120/80
Klinischer Status - Fachstatus:
Haut: und sichtbare Schleimhäute gut durchblutet, kein Ikterus, keine periphere oder zentrale Zyanose
Caput: HNAP frei, kein Meningismus, sichtbare Schleimhäute: unauffällig Zunge feucht, wird gerade hervorgestreckt, normal
Brillenträgerin
PR unauffällig, Rachen: bland,
Gebiß: saniert,
Hörvermögen ohne Hörgerät unauffällig
Collum: Halsorgane unauffällig, keine Einflußstauung, keine Stenosegeräusche
Thorax: symmetrisch,
Cor: HT rhythmisch, mittellaut, normfrequent Puls: 72 / min
Pulmo: sonorer KS, Vesikuläratmen, Basen atemverschieblich, keine Dyspnoe in Ruhe und beim Gang im Zimmer
Abdomen: Bauchdecken im Thoraxniveau, Hepar nicht vergrößert, Lien nicht palpabel, keine pathologischen Resistenzen tastbar, indolent,
NL bds. frei
Extremitäten:
OE: Tonus, Trophik und grobe Kraft altersentsprechend unauffällig.
Nacken und Schürzengriff gut möglich, in den Gelenken aktiv und passiv altersentsprechend frei beweglich, Faustschluß beidseits unauffällig, eine Sensibilitätsstörung wird nicht angegeben
Feinmotorik und Fingerfertigkeit ungestört.
UE: Tonus, Trophik und grobe Kraft altersentsprechend unauffällig. in den Gelenken altersentsprechend frei beweglich, Bandstabilität,
Hyposensibilität gluteal, selbständige Hebung beider Beine von der Unterlage möglich, Grobe Kraft an beiden Beinen seitengleich normal.
Fußpulse tastbar, verstärkte Venenzeichnung, keine Ödeme
PSR: seitengleich lebhaft, Nervenstämme: frei, Lasegue: neg.
Wirbelsäule: In der Aufsicht gerade, weitgehend im Lot, in der Seitenansicht gering verstärkte Brustkyphose, blande Narbe sacral, FBA: 5 cm, Aufrichten frei,
kein Klopfschmerz, Schober: Ott: unauffällig,
altersentsprechend freie Beweglichkeit der WS, Kinn-Brustabstand: 1 cm,
Hartspann der paravertebralen Muskulatur,
Gesamtmobilität - Gangbild:
kommt mit knöchelhohen Schuhen frei gehend unauffällig, Zehenballen- und Fersengang sowie Einbeinstand beidseits gut möglich. Die tiefe Hocke wird ohne Anhalten nahezu vollständig durchgeführt. Vermag sich selbständig aus- und wieder anzuziehen
Status Psychicus:
Vergleiche neurologisches Fachgutachten
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
Gdb %
1
Karzinoid des Magens Heranziehung dieser Position mit 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da unter Berücksichtigung einer Autoimmungastritis
13.01.01
20
2
Eisenmangelanämie Heranziehung dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da Vitamin B12 Substitution erforderlich
10.01.01
10
3
Diabetes mellitus Typ II Heranziehung dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da weitgehend ausgeglichene Blutzuckereinstellung durch Diät gewährleistet ist.
09.02.01
10
Gesamtgrad der Behinderung 20 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Leiden 2-3 erhöht nicht, da von zu geringer funktioneller Relevanz
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Die neurologischen Leiden wird durch das hierortige Neuro-Fachgutachten eingestuft
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
keines vorliegend
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
X Dauerzustand
Frau XXXX kann trotz ihrer Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen) einer Erwerbstätigkeit nachgehen: x JA
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
keine
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
nein
Folgende Gesundheitsschädigungen im Sinne von Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung liegen vor, wegen:
Ja Nein Nicht geprüft
x - - Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie, Aids, Phenylketonurie oder eine vergleichbare schwere Stoffwechselerkrankung nach Pos. 09.03. GdB: 10 v.H.
- x - Gallen-, Leber- oder Nierenkrankheit
x - - Erkrankungen des Verdauungssystems GdB: 20 v.H.
..."
In der Gesamtbeurteilung des Arztes für Allgemeinmedizin vom 29.02.2020, worin die beiden oben angeführten Sachverständigengutachten zusammengefasst wurden, wurde Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:
"Zusammenfassung der Sachverständigengutachten
Die genannten Gutachten sind ein wesentlicher Bestandteil dieser Gesamtbeurteilung.
Auflistung der Diagnosen aus oa. Einzelgutachten zur Gesamtbeurteilung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
Gdb %
1
Bipolare Störung Unterer Rahmensatz, da Teilselbständigkeit gegeben
03.06.02
50
2
Tethered CordSyndrom mit Paraspastik und Blasenstörung 1 Stufe über unterem Rahmensatz, da Fortbewegung ohne Hilfsmittel gut möglich
04.03.01
30
3
Karzinoid des Magens Heranziehung dieser Position mit 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da unter Berücksichtigung einer Autoimmungastritis
13.01.01
20
4
Eisenmangelanämie Heranziehung dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da Vitamin B12 Substitution erforderlich
10.01.01
10
5
Diabetes mellitus Typ II Heranziehung dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da weitgehend ausgeglichene Blutzuckereinstellung durch Diät gewährleistet ist.
09.02.01
10
Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Das führende Leiden wird durch Leiden Nr.2 -3 nicht angehoben, da kein relevantes, ungünstiges Zusammenwirken, Leiden 4-5 erhöht nicht, da von zu geringer funktioneller Relevanz
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
keines vorliegend
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
Dauerzustand
x
Nachuntersuchung 02/2023 - Besserung möglich
Frau XXXX kann trotz ihrer Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen) einer Erwerbstätigkeit nachgehen: x JA
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine. Es liegen keine Funktionseinschränkungen vor, die das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke (300-400m) das Ein und Aussteigen bei den üblichen Niveauunterschieden ohne fremde Hilfe oder die Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel erheblich erschweren.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor? nein
Folgende Gesundheitsschädigungen im Sinne von Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung liegen vor, wegen:
Ja Nein Nicht geprüft
- - - Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie, Aids, Phenylketonurie oder eine vergleichbare schwere Stoffwechselerkrankung nach Pos. 09.03. GdB: 10 v.H.
- - - Gallen-, Leber- oder Nierenkrankheit
- - - Erkrankungen des Verdauungssystems GdB: 20 v.H.
..."
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 02.03.2020 wurde die Beschwerdeführerin aufgrund ihres Antrages (auf Ausstellung eines Behindertenpasses) betreffend Ausstellung eines Behindertenpasses um Vorlage eines Lichtbildes ersucht.
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 31.03.2020 wurde der Beschwerdeführerin aufgrund ihres Antrages (auf Ausstellung eines Behindertenpasses) vom 22.07.2019 mitgeteilt, dass laut Ergebnis des medizinischen Ermittlungsverfahrens ein Grad der Behinderung von 50 v.H. festgestellt worden sei. Die Voraussetzung für die Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 erster Teilstrich VO 303/1996 liegt vor" würde vorliegen. Der Behindertenpass im Scheckkartenformat werde in den nächsten Tagen übermittelt werden. Der Behindertenpass werde mit 01.05.2013 befristet ausgestellt. Die medizinischen Sachverständigengutachten vom 25.02.2020, vom, 26.02.2020 und vom 29.02.2020 wurden der Beschwerdeführerin gemeinsam mit diesem Schreiben übermittelt.
Mit Begleitschreiben vom 01.04.2020, wurde der Beschwerdeführerin der Behindertenpass mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 50 v.H. übermittelt. Diesem Behindertenpass kommt gemäß der Bestimmung des § 45 Abs. 2 BBG Bescheidcharakter zu.
Mit am 07.05.2020 bei der belangten Behörde eingelangten Schreiben erhob die Beschwerdeführerin gegen die als Bescheid geltende Ausstellung des Behindertenpasses fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin brachte sie im Wesentlichen vor, dass ihrer Meinung nach der Schweregrad gewisser chronischer Erkrankungen/Beschwerden nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Am Tag der Untersuchung sei es ihr sehr schlecht gegangen (komplette Atemwegsinfektion/ Bronchitis/ Nebenhöhenentzündung/ Konzentrationsstörungen), aber sie habe den Temin keinesfalls absagen wollen, nachdem sie über sechs Monate darauf gewartet habe. Daher könne es sein, dass sie nur unvollständige Angaben gemacht habe bzw. vergessen habe zu erwähnen. In den letzten Wochen gehe es ihr psychisch schlecht und sie könne sich nicht gut konzentrieren, weswegen sie das nunmehrige Schreiben kurz halte. Eine detaillierte Sachdarstellung und Begründung werde sie in den nächsten 10 Tagen nachreichen.
Mit Beschwerdeergänzung vom 20.05.2020 führte die Beschwerdeführerin aus, sie wolle nunmehr ihren Einspruch konkret begründen, da ihrer Meinung nach der Schweregrad einzelner chronischer Erkrankungen/Beschwerden nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. In erster Linie habe sie den Behindertenpass beantragt, damit sie den Eurokey für die Behindertentoiletten erhalte, weil sich ihre seit der Jugend bestehende Blasenproblematik neurogener Art immer mehr verschlechtere. Durch die Inkontinenz mit sehr häufigem Harndrang sowie der entstandenen Blasenentleerungsstörung sei ihr Leben seit der Jugend ziemlich eingeschränkt. Sie habe erst nach Erhalt des Behindertenpasses erfahren, dass man den Eurokey extra beantragen müsse. Ihre Krankheiten würden sich gegenseitig beenflussen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin brachte am 22.07.2019 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice ein.
Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1. Bipolare Störung
2. Tethered CordSyndrom mit Paraspastik und Blasenstörung
3. Karzinoid des Magens
4. Eisenmangelanämie
5. Diabetes mellitus Typ II
Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, medizinischer Einschätzung und deren wechselseitiger Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie vom 26.02.2020 und eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 25.02.2020, Gesamtbeurteilung der beiden Sachverständigengutachten durch einen Arzt für Allgemeinmedizin vom 29.02.2020 zu Grunde gelegt.
Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt aktuell 50 v.H.
2. Beweiswürdigung:
Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.
Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland ergibt sich aus dem Akt; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.
Der Gesamtgrad der Behinderung gründet sich auf die durch die belangte Behörde eingeholten Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie vom 26.02.2020, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 25.02.2020 sowie einem Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 25.02.2020, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 25.02.2020 sowie der Zusammenfassung der beiden Sachverständigengutachten zu einer Gesamtbeurteilung durch einen Arzt für Allgemeinmedizin vom 29.02.2020.
Darin wird auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Die sachverständigen Gutachter setzten sich auch mit der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussungen und dem Zusammenwirken der zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen auseinander. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen. Die Gesundheitsschädigungen wurden nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.
Insoweit die Beschwerdeführerin angibt, dass gewissen chronische Erkrankungen/Beschwerden nicht ausreichend berücksichtigt worden seien, so ist dazu auszuführen, dass die Leiden der Beschwerdeführerin in den eingeholten Sachverständigengutachten berücksichtigt und entsprechend dem Ausmaß der Funktionseinschränkungen korrekt eingestuft wurden. Die Gutachter begründeten schlüssig und nachvollziehbar die Heranziehung der gewählten Positionsnummern und die Einschätzung des Grades der Behinderung.
Dass es der Beschwerdeführerin am Tag der persönlichen Untersuchung schlecht gegangen sei (komplette Atemwegsinfektion/ Bronchitis/ Nebenhöhlenentzündung/ Konzentrationsstörungen), lässt sich angesichts ihrer eigenen Angaben im Rahmen der Anamnese nicht objektivieren. Die Beschwerdeführerin wies zwar auf ihre bipolare Störung, die neurogene Blasenentleerungsstörung mit teilweiser Inkontinenz, die Autoimmungastritis und Diabetes mellitus hin, die auch in den Sachverständigengutachten als Funktionsbeeinträchtigungen korrekt eingestuft wurden, jedoch wurden die in der Beschwerde monierten Erkrankungen bzw. Beschwerden von der Beschwerdeführerin nicht angegeben und konnten diese im Rahmen der persönlichen Untersuchung durch den neurologischen Sachverständigen sowie den allgemeinmedizinischen Sachverständigen am 25.02.2020 nicht festgestellt werden.
Die Beschwerdeführerin legte im Rahmen der Beschwerde keine Befunde vor, die geeignet wären, eine andere Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen mit einem höheren Grad der Behinderung herbeizuführen bzw. eine zwischenzeitig eingetretene Verschlechterung der Leidenszustände zu belegen und allenfalls zu einer anderen rechtlichen Beurteilung zu führen. Auch die Ausführungen in der Beschwerdeergänzung vom 20.05.2020 sind die geeignet, eine andere Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen mit einem höheren Grad der Behinderung herbeizuführen. Sämtliche Funktionsbeeinträchtigungen der Beschwerdeführerin wurden in den eingeholten Sachverständigengutachten berücksichtigt und entsprechend dem Ausmaß der Funktionseinschränkungen korrekt eingestuft.
Betreffend das Vorbringen in der Beschwerdeergänzung, sie habe den Behindertenpass in erster Linie deshalb beantragt, damit sie den Eurokey für die Behindertentoiletten erhalte, wird auf die Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung verwiesen.
Die Beschwerdeführerin ist dem vorliegenden Sachverständigengutachten im Lichte obiger Ausführungen daher nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 16.09.2019. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes lauten auszugsweise:
"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
...
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
...
§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
...
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."
Wie oben unter Punkt II.2. ausgeführt, werden der gegenständlichen Entscheidung die seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie vom 26.02.2020 und eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 25.02.2020 sowie Gesamtbeurteilung der beiden Sachverständigengutachten durch einen Arzt für Allgemeinmedizin vom 29.02.2020 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin aktuell 50 v.H. beträgt. Die Funktionseinschränkungen wurde im Gutachten entsprechend den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.
Was das Vorbringen der Beschwerdeführerin betrifft, sie habe in erster Linie den Behindertenpass beantragt, damit sie den Eurokey für die Behindertentoiletten erhalten, so sei der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, dass dieses Vorbringen im Rahmen der gegenständlichen Entscheidung nicht berücksichtigt werden kann und am Ergebnis der Entscheidung nichts ändert. Ein entsprechender Antrag zwecks Erhalt des Eurokeys ist im Rahmen eines Verfahrens für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass zu prüfen. Dies ist jedoch nicht Gegenstand des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens.
Die Beschwerdeführerin ist diesen medizinischen Sachverständigengutachten, wie bereits erwähnt, nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).
Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, erfüllt.
Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung wurde unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass Grad der Behinderung SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W265.2230881.1.00Im RIS seit
04.08.2020Zuletzt aktualisiert am
04.08.2020