Entscheidungsdatum
27.05.2020Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W216 2226943-1/6E
W216 2226943-2/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marion STEINER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Benedikta TAURER sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzerinnen über die Beschwerden von XXXX , geb. XXXX , bevollmächtigt vertreten durch den Verein ChronischKrank, Kirchengasse 3, 4470 Enns,
1. gegen den Behindertenpass, OB: XXXX , in dem ein Grad der Behinderung von 50 vom Hundert (50 v.H.) eingetragen wurde, und 2. gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 08.11.2019, OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrags auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG (jeweils) nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer brachte am 03.04.2019 einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (im Folgenden: belangte Behörde) ein. Folgender Hinweis ist im Antragsformular der Behörde enthalten:
"Wenn Sie noch nicht im Besitz eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung 'Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel' sind, gilt dieser Antrag auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Vornahme der Zusatzeintragung 'Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel' in den Behindertenpass."
2. Seitens der belangten Behörde wurde in der Folge ein Facharzt für Neurologie um Erstellung eines Sachverständigengutachtens ersucht, um zu beurteilen, ob die medizinischen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses sowie die beantragte Zusatzeintragung vorlägen. In dem eingeholten Sachverständigengutachten vom 31.07.2019 wurde nach Erstellung eines Untersuchungsbefundes und einer Diagnoseliste seitens des befassten Facharztes im Ergebnis festgehalten, dass dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar sei und folgende Funktionseinschränkungen beim Beschwerdeführer vorlägen:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
Gdb %
1
Chronic fatique Syndrom gz Unterer Rahmensatz da phasenweise Einschränkung der Leistungsfähigkeit.
03.05.02
50
2
Panikattacken gz Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz da selten auftretend
03.04.01
20
Nach der Einschätzungsverordnung sei ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. festzustellen.
3. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 31.07.2019 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 45 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) Gelegenheit gegeben, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen.
4. Der Beschwerdeführer erstattete durch seine bevollmächtigte Vertretung mit Schreiben vom 01.09.2019 - unter Vorlage eines Empfehlungsschreibens von wienwork - Integrative Betriebe und AusbildungsgmbH vom 01.09.2019 sowie eines Arztbriefes eines Facharztes für Neurologie vom 29.08.2019 - eine Stellungnahme, in der er sich mit dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens als nicht einverstanden zeigte.
5. Zur Überprüfung der Einwendungen des Beschwerdeführers sowie des neu vorgelegten Befundes wurde der Facharzt für Neurologie um die Erstattung einer Stellungnahme ersucht. In der Stellungnahme des Sachverständigen vom 07.11.2019 kam dieser zu dem Ergebnis, dass eine Abänderung der getroffenen Einstufung auch unter Zugrundelegung der Einwendungen und des neu vorgelegten Befundes nicht objektivierbar sei.
6. Mit angefochtenem Bescheid der belangten Behörde vom 08.11.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 03.04.2019 auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG abgewiesen. Begründend wurde unter Bezugnahme auf das Ergebnis des ärztlichen Begutachtungsverfahrens im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die begehrte Zusatzeintragung nicht vorliegen würden.
7. Am 12.11.2019 wurde dem Beschwerdeführer ein Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. ausgestellt.
8. Mit Schreiben jeweils vom 16.12.2019 erhob der Beschwerdeführer durch seine bevollmächtigte Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid mit dem sein Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen wurde als auch gegen den Bescheid in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses.
9. Die Beschwerden und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht seitens der belangten Behörde am 27.12.2019 und am 14.01.2020 vorgelegt.
10. Zur Überprüfung der Einwendungen wurden vom Bundesverwaltungsgericht zwei medizinische Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, basierend auf der persönlichen Begutachtung des Beschwerdeführers am 25.02.2020, mit dem Ergebnis eingeholt, dass im Vergleich zum eingeholten Sachverständigengutachten der belangten Behörde keine abweichende Beurteilung vorliege, dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar sei und der Gesamtgrad der Behinderung 50 vH betrage.
11. Mit Schreiben vom 03.03.2020 wurden der Beschwerdeführer und die belangte Behörde vom Bundesverwaltungsgericht über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen - unter Beachtung der COVID-19-Pandemie bedingten Unterbrechungen von Fristen - die Gelegenheit eingeräumt, zu den beiden übermittelten medizinischen Sachverständigengutachten Stellung zu nehmen.
Weder der Beschwerdeführer noch die belangte Behörde erstatteten eine Stellungnahme.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Das Bundesverwaltungsgericht geht aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt aus:
Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
Der Beschwerdeführer stellte am 03.04.2019 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses sowie auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.
In den gegenständlichen Beschwerdeverfahren wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Eintragung des Grades der Behinderung von 50 v.H. in dem am 12.11.2019 ausgestellten Behindertenpass sowie gegen die Abweisung seines Antrags auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.
Ausmaß der beim Beschwerdeführer vorliegenden Funktionseinschränkungen:
Neurostatus:
Die Hirnnerven sind unauffällig, die Optomotorik ist intakt, an den oberen Extremitäten bestehen keine Paresen. Die Muskeleigenreflexe sind seitengleich mittellebhaft auslösbar, die Koordination ist intakt, an den unteren Extremitäten bestehen keine Paresen, Fersen/ Zehenspitzen/ Einbeinstand beidseits möglich, die Muskeleigenreflexe sind seitengleich mittellebhaft auslösbar. Die Koordination ist intakt, die Pyramidenzeichen sind an den oberen und unteren Extremitäten negativ. Die Sensibilität wird allseits als intakt angegeben Das Gangbild ist ohne Hilfsmittel unauffällig.
Psychiatrischer Status:
Örtlich, zeitlich, zur Person und situativ ausreichend orientiert, Antriebsstörung, Auffassung regelrecht, Affekt ausgeglichen, Stimmungslage dysthym, Somatisierungsneigung, in beiden Skalenbereichen affizierbar. Ein und Durchschlafstörung, keine produktive Symptomatik, keine Suizidalität.
Beim Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1) Chronic Fatigue Syndrom, Positionsnummer (Pos.Nr.) 03.05.02, Grad der Behinderung (GdB): 50%;
2) Panikattacken, Pos.Nr. 03.04.01, GdB: 20%.
Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt 50 v.H.
Leiden 1 wird durch Leiden 2 aufgrund einer Leidensüberschneidung nicht angehoben.
Die Erschöpfungszustände und diverse körperliche Symptome sind im Grad der Behinderung enthalten.
Es ist eine Nachuntersuchung für Mai 2021 vorzusehen, da eine Besserung möglich ist.
Es liegen keine Funktionseinschränkungen vor, die das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke (300-400m), das Ein- und Aussteigen bei den üblichen Niveauunterschieden ohne fremde Hilfe oder die Beförderung Stehen, Sitzplatzsuche, Stand und Gangsicherheit, Kraft zum Anhalten) in einem öffentlichen Verkehrsmittel erheblich erschweren. Es liegen keine maßgeblichen Schmerzzustände vor bzw. findet derzeit keine fachspezifische Schmerztherapie statt. Es sind keine Hilfsmittel erforderlich. Es sind keine maßgeblichen sensomotorischen Ausfälle objektivierbar, es können bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auch Sachen transportiert werden.
Beim Beschwerdeführer bestehen keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der oberen und der unteren Extremitäten sowie der Wirbelsäule, welche die Mobilität erheblich und dauerhaft einschränken.
Es liegt keine erhebliche Erschwernis beim Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, Be- und Einsteigen sowie bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor.
Es bestehen anhand der Befundlage auch keine Hinweise auf das Vorliegen einer hochgradigen Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit. Ebenso wenig liegt beim Beschwerdeführer eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor.
Insgesamt spricht bei Berücksichtigung der gesundheitlichen Einschränkungen des Beschwerdeführers aus medizinischer Sicht nichts dagegen, dass ihm die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zugemutet wird.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, ergibt sich aus einem vom Bundesverwaltungsgericht erstellten Auszug aus dem Zentralen Melderegister.
2.2. Die Feststellungen über den Gegenstand der Beschwerdeverfahren basieren auf dem Akteninhalt.
2.3. Der festgestellte Gesamtgrad der Behinderung gründet sich auf die beiden seitens des Bundesverwaltungsgerichts eingeholten Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie jeweils vom 25.02.2020 in einer Gesamtschau mit dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie vom 31.07.2019 und dessen medizinischer Stellungnahme vom 07.11.2019. Darin wird auf die Leiden des Beschwerdeführers, deren Ausmaß und wechselseitige Leidensbeeinflussung vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen.
Einbezogen wurden von den befassten Sachverständigen die im Zuge des Verfahrens vorgelegten Befunde, die im Übrigen nicht in Widerspruch zu den gutachterlichen Beurteilungen stehen und kein höheres Funktionsdefizit dokumentieren, als anlässlich der Begutachtungen festgestellt werden konnte.
Die vorliegenden Sachverständigenbeweise werden seitens des Bundesverwaltungsgerichtes als schlüssig erachtet. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen von persönlichen Untersuchungen erhobenen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen; die Gesundheitsschädigungen wurden nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung korrekt eingestuft.
Diesbezüglich ist im Lichte der Anlage zur Einschätzungsverordnung festzuhalten, dass im Sachverständigengutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie angesichts des beim Beschwerdeführer bestehenden Chronic Fatigue Syndroms (Leiden 1) korrekt die Positionsnummer 03.05.02 (Störungen mittleren Grades) unter Heranziehung des unteren Rahmensatzes von 50 v.H. gewählt wurde. Die konkret vorgenommene Einschätzung wurde vom befassten Facharzt für Neurologie und Psychiatrie schlüssig damit begründet, dass mehrfache Symptome mit ernsthafter Beeinträchtigung im Alltag bei teilweise erhaltener Arbeitsfähig beim Beschwerdeführer feststellbar seien.
Hinsichtlich der unter Leiden 2 berücksichtigten Panikattacken wurde vom Sachverständigen korrekt die Positionsnummer 03.04.01 mit einem Rahmensatz von 20 v.H. (1 Stufe über dem unteren Rahmensatz) herangezogen. Begründend wurde diesbezüglich im Gutachten auf die Seltenheit des Auftretens sowie auf die vorhandenen Therapieoptionen verwiesen.
Nicht zu beanstanden ist auch die Begründung des Sachverständigen für den Gesamtgrad der beim Beschwerdeführer vorliegenden Behinderung. So hält dieser in seinem Gutachten schlüssig fest, dass das Leiden 1 durch das Leiden 2 wegen der vorliegenden Leidensüberschneidung nicht angehoben werde. Die vorliegenden Erschöpfungszustände und diverse körperlichen Symptome seien im Grad der Behinderung enthalten. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie hält weiters korrekt fest, dass derzeit lediglich eine niedrig dosierte antidepressive Medikation stattfinde, jedoch keine weiteren fachspezifischen Behandlungen und auch keine Gesprächstherapie. Die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers sei für einen Teilzeitjob (20h) erhalten.
2.4. Die Feststellungen zum Nichtvorliegen erheblicher - die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bewirkender - Funktionseinschränkungen gründen sich ebenfalls auf die beiden seitens des Bundesverwaltungsgerichts eingeholten Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie jeweils vom 25.02.2020 in einer Gesamtschau mit dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie vom 31.07.2019 und dessen medizinischer Stellungnahme vom 07.11.2019.
Hinsichtlich der Auswirkungen der festgestellten Gesundheitsschädigungen nach Art und Schwere auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde vom Sachverständigen in diesen Gutachten ausführlich und schlüssig begründet, warum dem Beschwerdeführer aus medizinischer Sicht die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist.
Die in den Gutachten auf Basis klinischer Untersuchungen des Beschwerdeführers festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen ergaben ebenso wie die von ihm vorgelegten Befunde keine Hinweise auf erhebliche Einschränkungen der unteren und oberen Extremitäten, auf erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit und psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten sowie auf das Vorliegen einer schweren anhaltenden Erkrankung des Immunsystems und einer hochgradigen Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit, die eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bewirken könnten.
Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie hält unter anderem diesbezüglich schlüssig fest, dass beim Beschwerdeführer zwar eine chronische Erkrankung mit Erschöpfungszuständen und diverse körperliche Symptome vorlägen, es seien jedoch keine maßgeblichen sensomotorischen Ausfälle objektivierbar. Als Voraussetzung für eine dauernde psychische Erkrankung müssten alle sinnvollen, verfügbaren und zumutbaren Therapiemethoden zum Einsatz gekommen und nachgewiesen sein. Diese Voraussetzungen seien hier weder in neurologischer noch in psychiatrischer Sicht erfüllt.
2.5. Auch die Einwendungen des Beschwerdeführers im Rahmen der Beschwerde waren nicht geeignet, eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen. Befunde, die das Ergebnis der vorliegenden Gutachten widerlegen hätten können, wurden anlässlich der Beschwerdeerhebung bzw. im Zuge des Beschwerdeverfahrens nicht vorgelegt. Dem Gutachten eines Sachverständigen kann zwar auch ohne Gegengutachten in der Weise entgegengetreten werden, als die Parteien Unschlüssigkeiten oder Unvollständigkeiten des Gutachtens aufzeigen. Das Beschwerdevorbringen ist - wie bereits ausgeführt - jedoch nicht geeignet, die gutachterliche Beurteilung, wonach ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 50 vH vorliegt und dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist, zu entkräften. Vom Beschwerdeführer ist kein Vorbringen erstattet worden bzw. sind keine Beweismittel vorgelegt worden, durch welche eine Erweiterung des Ermittlungsverfahrens angezeigt gewesen wäre. Die vom Beschwerdeführer im angefochtenen Verfahren vorgelegten medizinischen Beweismittel und die geschilderten Leidenszustände sind eingehender Überprüfungen unterzogen und im Rahmen der Gutachtenserstellungen berücksichtigt worden, soweit einschätzungsrelevante Aspekte davon betroffen gewesen sind.
Der Beschwerdeführer hat es im Ergebnis nicht vermocht, durch ein substantiiertes Vorbringen aufzuzeigen, wie sich im Lichte der bestehenden Funktionseinschränkungen eine Erhöhung des Grades der Behinderung auf über 50 v.H. und die Feststellung erheblicher - die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bewirkender - Funktionseinschränkungen ergeben sollten.
Das Bundesverwaltungsgericht erachtet die vorliegenden Sachverständigenbeweise für schlüssig, nachvollziehbar und vollständig. Sie werden der gegenständlichen Entscheidung in freier Beweiswürdigung zugrunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus § 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.
Die gegenständlichen Beschwerdeverfahren wurden gemäß § 17 VwGVG iVm § 39 Abs. 2 AVG zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
Zu A)
3.2. Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:
"BEHINDERTENPASS
§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist."
"§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.
(...)"
"§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
(...)"
"§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
(...)"
"§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."
3.3. §§ 2 und 3 der Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012, sehen Folgendes vor:
"Grad der Behinderung
§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.
(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.
(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen."
"Gesamtgrad der Behinderung
§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.
(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.
Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.
(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn
- sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,
- zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.
(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine."
3.4.1. Die in Ausübung der Ermächtigung des § 47 BBG erlassene Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, ist am 01.01.2014 in Kraft getreten und wurde mit 22.09.2016, BGBl. II Nr. 263/2016, novelliert. § 1 dieser Verordnung lautet auszugsweise:
"§ 1. (4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:
...
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- - erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten
- - erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- - erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
- - eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- - eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen."
3.4.2. In den Erläuterungen zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen wird hinsichtlich der hier maßgeblichen Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 (vormals: § 1 Abs. 2 Z 3) - soweit im gegenständlichen Fall relevant - insbesondere Folgendes ausgeführt:
"Zu § 1 Abs. 2 Z 3:
Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
Die Voraussetzung des vollendeten 36. Lebensmonats wurde deshalb gewählt, da im Durchschnitt auch ein nicht behindertes Kind vor dem vollendeten 3. Lebensjahr im Zusammenhang mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Wegstrecken nicht ohne Begleitung selbständig gehen kann.
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes ?dauerhafte Mobilitätseinschränkung' hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe ?erheblich' und ?schwer' werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
- hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
- Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
- COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
- Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
- - mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden.
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
- Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,
- hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,
- schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,
- nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich.
Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:
- anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID - sever combined immundeficiency),
- schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),
- fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,
- selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktionen nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.
Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.
Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.
Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat. (...)"
3.5. Zum Grad der Behinderung im Behindertenpass:
3.5.1. Zunächst ist festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war. Bei ihrer Beurteilung hat sich die Behörde eines oder mehrerer Sachverständiger zu bedienen, wobei es dem Antragsteller freisteht, zu versuchen, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 30.04.2014, 2011/11/0098; 21.08.2014, Ro 2014/11/0023; 20.05.2015, 2013/11/0200).
Gegenständlich wurden seitens des Bundesverwaltungsgerichtes zwecks Beurteilung des Beschwerdevorbringens Sachverständigengutachten aus den Fachgebieten Neurologie und Psychiatrie eingeholt, die auf Basis einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers erstattet wurden und die den von der Judikatur (sowie von der Einschätzungsverordnung) aufgestellten Anforderungen entsprechen.
3.5.2. Wie oben eingehend ausgeführt, werden der gegenständlichen Entscheidung hinsichtlich des Grades der Behinderung die schlüssigen Sachverständigengutachten zugrunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers 50 v.H. beträgt. Wie ebenfalls bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, waren die Einwendungen in der Beschwerde nicht geeignet, ein anderes Ergebnis zu erwirken. Der Beschwerdeführer ist den - nicht als unschlüssig zu erkennenden - Sachverständigengutachten auch nicht im Rahmen des ihm seitens des Bundesverwaltungsgerichts hierzu eingeräumten Parteiengehörs entgegengetreten.
Es ist daher davon auszugehen, dass der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers zum Entscheidungszeitpunkt 50 v.H. beträgt.
Die Beschwerde gegen den Behindertenpass, in dem ein Grad der Behinderung von 50 v.H. eingetragen ist, war daher abzuweisen.
3.6. Zur Vornahme der begehrten Zusatzeintragung:
3.6.1. Nach der (noch zur Rechtslage nach der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen, BGBl. 86/1991, ergangenen) ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Behörde, um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 20.04.2004, 2003/11/0078 [= VwSlg. 16.340 A/2004]; VwGH 01.06.2005, 2003/10/0108; VwGH 29.06.2006, 2006/10/0050; VwGH 18.12.2006, 2006/11/0211; VwGH 17.11.2009, 2006/11/0178; VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142; VwGH 23.05.2012, 2008/11/0128; VwGH 17.06.2013, 2010/11/0021; VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013; 27.01.2015, 2012/11/0186; 01.03.2016, Ro 2014/11/0024, je mwN).
Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321 [= VwSlg. 15.577 A/2001]). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).
Dabei kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Allgemeinen an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus sonstigen, von der Gesundheitsbeeinträchtigung unabhängigen Gründen erschweren, wie etwa die Entfernung des Wohnorts des Beschwerdeführers vom nächstgelegenen Bahnhof (vgl. VwGH 22.10.2002, 2001/11/0258 und VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).
3.6.2. Diese (zur Rechtslage vor Erlassung der Verordnung BGBl. II Nr. 495/2013 idF BGBl. II Nr. 263/2016 ergangene) Rechtsprechung ist zur Beurteilung der Voraussetzungen der Zusatzeintragung nach § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen unverändert von Bedeutung. Dies folgt bereits daraus, dass die zitierte Verordnungsbestimmung jene rechtlich relevanten Gesichtspunkte der Benützung eines Verkehrsmittels, auf die die bisherige Rechtsprechung abstellt (Zugangsmöglichkeit, Ein- und Aussteigemöglichkeit, Stehen, Sitzplatzsuche etc.), nicht modifiziert oder beseitigt hat, sondern weiterhin auf den Begriff der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel abstellt und lediglich ergänzend regelt, welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen "insbesondere" als solche in Betracht kommen, die die Unzumutbarkeit nach sich ziehen können.
3.6.3. Der gegenständlichen Entscheidung hinsichtlich der begehrten Vornahme einer Zusatzeintragung in den Behindertenpass werden - wie dargelegt - ebenfalls die als schlüssig erkannten Sachverständigengutachten zugrunde gelegt. Der Beschwerdeführer ist diesen im Rahmen des ihm eingeräumten Parteiengehörs nicht entgegengetreten. Unter Berücksichtigung der gutachterlichen medizinischen Beurteilung liegen beim Beschwerdeführer keine erheblichen - die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bewirkenden - Funktionseinschränkungen vor.
Somit erfüllt der Beschwerdeführer die in § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen geforderten Voraussetzungen für die Vornahme der von ihr begehrten Zusatzeintragung nicht.
Die Beschwerde gegen die im angefochtenen Bescheid erfolgte Abweisung des Antrags auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass war daher abzuweisen.
3.7. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
3.7.1. Nach § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG). Wurde kein entsprechender Antrag gestellt, ist die Frage, ob von Amts wegen eine Verhandlung durchgeführt wird, in das pflichtgemäße - und zu begründende - Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die in § 24 Abs. 2, 3, 4 und 5 leg.cit. normierten Ausnahmebestimmungen als Anhaltspunkte der Ermessensübung anzusehen sind (vgl. zur insofern gleichartigen Regelungsstruktur des § 67d Abs. 1 und 2 bis 4 AVG [alte Fassung] die Darstellung bei Hengstschläger/Leeb, AVG [2007] § 67d Rz 17 und 29, mwH). Gemäß Abs. 3 leg.cit. hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Gemäß Abs. 4 leg.cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
3.7.2. Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus den beiden seitens des Bundesverwaltungsgerichts eingeholten Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie jeweils vom 25.02.2020 in einer Gesamtschau mit dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie vom 31.07.2019 und dessen medizinischer Stellungnahme vom 07.11.2019. Diesen - vom erkennenden Gericht als schlüssig erachteten - Gutachten ist der Beschwerdeführer weder auf gleicher fachlicher Ebene noch durch ein sonst substantiiertes Vorbringen entgegengetreten. Die strittigen Tatsachenfragen gehören dem Bereich an, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. dazu Punkt II.3.6.1. und II.3.7.1.); die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes und der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II 495/2013 idF BGBl. II Nr. 263/2016, sind - soweit für den Fall von Bedeutung - eindeutig. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behindertenpass Grad der Behinderung Sachverständigengutachten Zumutbarkeit ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W216.2226943.2.00Im RIS seit
04.08.2020Zuletzt aktualisiert am
04.08.2020