TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/27 W201 2229676-1

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Veröffentlicht am 27.05.2020
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Entscheidungsdatum

27.05.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W201 2229676-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Angela SCHIDLOF als Vorsitzenden und die Richterin Dr. Margit MÖSLINGER-GEHMAYR sowie den fachkundigen Laienrichter Franz GROSCHAN als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich, vom 05.03.2020,

OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin hat am 11.12.2019 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung; Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) unter Vorlage eines Befundkonvolutes einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gestellt.

2. Dem, durch die belangte Behörde eingeholten, auf persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin am 10.02.2020 basierenden Sachverständigengutachten

Dris. XXXX , Fachärztin für Innere Medizin und Ärztin für Allgemeinmedizin ist im Wesentlichen Folgendes zu entnehmen:

"Klinischer Status -Fachstatus:

Allgemeinzustand normal. Ernährungszustand unauffällig. Größe XXXX cm, Gewicht XXXX kg.

Kopf frei beweglich. Hirnnervenaustrittspunkte frei. Hörvermögen gut, Sehvermögen gut.

Hals: keine vergrößerten Lymphknoten tastbar, Schilddrüse schluckverschieblich.

Herz: Herztöne rhythmisch, rein, normofrequent.

Lunge: Vesiculäratmen, keine Rasselgeräusche, Lungenbasen verschieblich.

Bauch: weich, kein Druckschmerz, keine Abwehrspannung, Leber und Milz nicht tastbar.

Caput unauffällig.

Extremitäten und Gelenke frei beweglich. Gesamtmobilität - Gangbild unauffällig.

Status Psychicus unauffällig.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Position

GdB

01

Multiple Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Meteorismus Oberer Rahmensatz bei multiplen Unverträglichkeiten ohne Schleimhautveränderungen.

g.Z. 07.04.04

20 vH

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung: Osteoporose, da von ungenügender funktioneller Relevanz. "

3. Im Rahmen des gemäß § 45 Abs. 3 AVG durch die belangte Behörde am 13.02.2020 erteilten Parteiengehörs hat die Beschwerdeführerin unter Vorlage eines Auszuges aus der Einschätzungsverordnung und eines allgemeinmedizinischen Befundes Dris. XXXX vom 26.02.2020 vorgebracht, dass der Befund auf die strikte Diätnotwendigkeit bezüglich Gluten, Kuhmilcheiweiß und Hühnerei hinweise.

4. Zur Überprüfung der Einwendungen wurde von der belangten Behörde eine - auf der Aktenlage basierende - mit 04.03.2020 datierte, medizinische Stellungnahme von der bereits zuvor befassten Sachverständigen, Dr. XXXX , eingeholt, welcher (auszugsweise) Folgendes zu entnehmen ist:

"Aus dem vorgelegten Befund wird keine weitere Erkenntnis abgeleitet. Die bekannten Leiden wurden gutachterlich korrekt eingeschätzt und in der entsprechenden Positionsnummer abgebildet. Eine rückwirkende Bestätigung kann gutachterlich nicht erfolgen, da der momentane Gesundheitszustand ausschlaggebend ist für die Beurteilung. Somit erfolgt keine Änderung des Gutachtens, keine Änderung des Gesamtgrades der Behinderung."

5. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 BBG abgewiesen und einen Grad der Behinderung in Höhe von 20 vH festgestellt.

Begründend wurde ausgeführt, dass das durchgeführte medizinische Beweisverfahren ergeben habe, dass ein Grad der Behinderung von 20 vH vorliegen würde. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, welche einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Da somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien, sei der Antrag abzuweisen gewesen.

Als Beilage zum Bescheid wurde von der belangten Behörde das eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX und deren ergänzende Stellungnahme übermittelt.

6. Gegen diesen Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben.

Ohne Vorlage von Beweismitteln wurde von der Beschwerdeführerin zusammengefasst, vorgebracht, die erhobenen Einwendungen hätten keine Berücksichtigung gefunden, der Grad der Behinderung wäre mit mindestens 30 vH festzusetzen. Auch sei zu bestätigen, dass ein Mehraufwand für Diätverpflegung der höchsten Stufe vorliege. Gemäß der Einschätzungsverordnung sei bei nachgewiesener Glutenunverträglichkeit explizit ein Behinderungsgrad von mindestens 30 % vorgesehen. Der Nachweis über die Glutenunverträglichkeit sei erbracht worden. Im konkreten Fall bestehe darüber hinaus noch eine Intoleranz gegen Kuhmilch und Ei wodurch der Mehraufwand für Diätverpflegung noch höher sei, als im Falle einer bloßen Zöliakie. Auch sei anzuführen, dass die Behinderung bereits seit Juni 2019 bestehe.

7. Die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakt langte der Aktenlage nach am 17.03.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführerin erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz im Inland.

Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ist am 11.12.2019 bei der belangten Behörde eingelangt.

Der Verwaltungsakt ist unter Anschluss der Beschwerdeschrift am 17.03.2020 im Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

1.2. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 20 vH.

Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Position

GdB

01

Multiple Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Meteorismus Oberer Rahmensatz bei multiplen Unverträglichkeiten ohne Schleimhautveränderungen.

g.Z. 07.04.04

20 vH

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

Zu 1.2.) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen und des Gesamtgrades der Behinderung der Beschwerdeführerin gründen sich - in freier Beweiswürdigung - auf das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX , basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin, deren ergänzende Stellungnahme sowie auf die von der Beschwerdeführerin vorgelegten medizinischen Beweismittel.

Das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten und dessen Ergänzung sind schlüssig und nachvollziehbar und weisen keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art des Leidens und dessen Ausmaß ausführlich eingegangen. Die vorgelegten Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen und stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des vorliegenden Sachverständigenbeweises.

Die bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Gesundheitsschädigungen wurden im eingeholten Sachverständigengutachten dem befunddokumentierten Ausmaß der Funktionseinschränkungen entsprechend beurteilt und im Einklang mit den vorgelegten Befunden und dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen klinischen Befund unter die entsprechenden Positionsnummern der Anlage zur Einschätzungsverordnung korrekt eingeordnet.

Zum Einwand der Beschwerdeführerin, dass nach der Einschätzungsverordnung die vorliegende Gesundheitsschädigung auf Grund der dokumentierten Glutenunverträglichkeit jedenfalls mit einem Grad der Behinderung von 30 vH zu beurteilen sei, ist festzuhalten, dass mit Verordnung BGBl. II Nr. 251/2012 vom 13.07.2012 eine Änderung der Einschätzungsverordnung vorgenommen wurde.

Die Beurteilung der bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Gesundheitsschädigung erfolgte somit im Einklang mit der Einschätzungsverordnung welche Richtsatzposition 07.04.04 für Chronische Darmstörungen leichten Grades ohne chronische Schleimhautveränderungen vorsieht, wobei ein Grad der Behinderung in Höhe von 20 vH heranzuziehen ist, wenn geringe Auswirkungen vorliegen und keine oder geringe Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes bestehen. Den vorliegenden multiplen Nahrungsmittelunverträglichkeiten wurde durch die Heranziehung des oberen Rahmensatzes dieser Richtsatzposition Rechnung getragen. Eine höhere Beurteilung dieses Leidens ist nicht möglich, da bei der Beschwerdeführerin im Rahmen der persönlichen Untersuchung ein unauffälliger Allgemeinzustand objektiviert werden konnte und auch auf Grund des Ernährungszustandes - XXXX cm, XXXX kg (BMI 21,23) nicht auf ein höheres Beeinträchtigungsausmaß geschlossen werden kann. Überdies konnten chronische Darmstörungen mittleren Grades, häufige Durchfälle mit nachweislich chronischen Schleimhautveränderungen sowie eine geringe bis mittelschwere Beeinträchtigung des Allgemein- und Ernährungszustandes nicht objektiviert werden, sind nicht befunddokumentiert und wurden von der Beschwerdeführerin auch nicht behauptet.

Hinzuzufügen wäre, dass auch vor Änderung der Einschätzungsverordnung das alleinige Vorliegen einer Glutenunverträglichkeit für eine Höhereinschätzung des Grades der Behinderung nicht ausreichend gewesen wäre. Vielmehr wäre auch zu diesem Zeitpunkt eine Beurteilung mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH nur dann erfolgt, wenn häufige rezidivierende oder länger anhaltende Beschwerden, häufige Durchfälle mit nachweislich chronischen Schleimhautveränderungen, nachweisliche Glutenunverträglichkeit und geringe bis mittelschwere Beeinträchtigung des Allgemein- und Ernährungszustandes vorgelegen hätten.

Das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX und dessen ergänzende Stellungnahme, stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Die Beschwerdeführerin ist den - nicht als unschlüssig zu erkennenden - Sachverständigengutachten nicht substantiiert entgegengetreten. Medizinische Beweismittel, durch die das Beschwerdevorbringen fundiert belegt bzw. dem eingeholten Sachverständigengutachten substantiiert entgegengetreten wird, sind von der Beschwerdeführerin im Rahmen der Beschwerde nicht vorgelegt worden. Es ist von der Beschwerdeführerin somit kein Vorbringen erstattet worden bzw. sind keine Beweismittel vorgelegt worden, durch welche eine Erweiterung des Ermittlungsverfahrens angezeigt gewesen wäre. Die Angaben der Beschwerdeführerin konnten somit nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden.

Das Sachverständigengutachten Dris. XXXX und deren Ergänzung werden daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Mai 1990 über die Beratung, Betreuung und besondere Hilfe für behinderte Menschen (Bundesbehindertengesetz - BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

1. Abweisung der Beschwerde:

Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Auf den Fall bezogen:

Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, sind weder das Beschwerdevorbringen noch die vorgelegten Beweismittel geeignet, darzutun, dass der in Höhe von 20 vH festgestellte Grad der Behinderung nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß der Beschwerdeführerin entspräche.

Die vorliegende Gesundheitsschädigung wurden im Einklang mit den Vorgaben der Einschätzungsverordnung dem Ausmaß der vorliegenden Funktionseinschränkungen entsprechend beurteilt.

Die Beschwerdeführerin ist dem durch die belangte Behörde eingeholten, auf persönlicher Untersuchung basierenden medizinischen Sachverständigengutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Neue medizinische Beweismittel, welche geeignet wären, eine Erweiterung des Ermittlungsverfahrens zu begründen, wurden nicht in Vorlage gebracht.

Da ein Grad der Behinderung von 20 vH festgestellt wurde und somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, ist "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 erster Satz AVG für die Berufungsbehörde die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde gebildet hat und nicht das, was der Berufungswerber zum Inhalt der Berufungsschrift gemacht hat. (VwGH vom 11.11.1991, Zl. 90/19/0505)

Diese Judikatur ist auf die Begrenzung des Beschwerdegegenstandes der Verwaltungsgerichte übertragbar. "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem VwG ist - ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfumfangs - jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat. B 17.12.2014, Ra 2014/03/0049

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. Ein im Beschwerdeverfahren vorgebrachtes Begehren, welches den Gegenstand des angefochtenen Verfahrens überschreitet, kann den zulässigen Beschwerdegegenstand nicht darüber hinaus erweitern.

Bezüglich der Einwendungen der Beschwerdeführerin welche auf die Eintragung des Zusatzvermerkes "Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996" abzielen wird daher festgehalten, dass diese Zusatzeintragung nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides - welcher lediglich über den Grad der Behinderung abspricht - ist und daher durch das BVwG darüber nicht abgesprochen werden kann.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Im gegenständlichen Fall sind maßgebend für die Entscheidung die Art und das Ausmaß der bei der Beschwerdeführerin festgestellten Gesundheitsschädigungen und der daraus resultierende Gesamtgrad der Behinderung. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher im erstinstanzlichen Verfahren ein auf persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin basierendes ärztliches Sachverständigengutachten und eine ergänzende Stellungnahme eingeholt. Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, wurden diese als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich den tragenden beweiswürdigenden Erwägungen der belangten Behörde, dass das eingeholte Sachverständigengutachten und die ergänzende Stellungnahme schlüssig und frei von Widersprüchen sind, angeschlossen. Die Beschwerdeführerin hat von diesem Sachverständigenbeweis vollinhaltlich Kenntnis erlangt. Das Beschwerdevorbringen war allerdings - wie im Rahmen der Beweiswürdigung bereits ausgeführt - nicht geeignet die sachverständigen Feststellungen und Beurteilungen zu entkräften bzw. relevante Bedenken an den gutachterlichen Schlussfolgerungen hervorzurufen. Die Beschwerdeführerin hat auch keine Beweismittel vorgelegt, welche mit der gutachterlichen Beurteilung nicht in Einklang stehen. Sohin ist der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist auch kein absoluter. (VfGH vom 09.06.2017, E 1162/2017)

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass Grad der Behinderung Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W201.2229676.1.00

Im RIS seit

04.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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