TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/27 I414 2223544-1

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Veröffentlicht am 27.05.2020
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Entscheidungsdatum

27.05.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

I414 2223544-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER als Vorsitzender und den Richter Dr. Harald NEUSCHMID sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Elisabeth RIEDER als Beisitzerin über die Beschwerde von XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Tirol (SMS) vom 08.08.2019, Zl. XXXX, betreffend den Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und festgestellt, dass der Gesamtgrad der Behinderung 80% beträgt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer ist seit 07.02.2017 in Besitz eines Behindertenpasses. Am 18.07.2019 beantragte er die Neufestsetzung des Grades der Behinderung und legte ein Konvolut an ärztlichen Unterlagen bei.

In einem Sachverständigengutachten vom 30.07.2019 hielt der psychiatrische Facharzt Dr. T. fest wie folgt:

"Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktions-einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen, Persönlichkeits- bzw. Verhaltensstörung mit maßgeblichen sozialen Beeinträchtigungen Persönlichkeitsstörung mit maßgeblichen sozialen Beeinträchtigungen, sowie komplexer Begleitsymptomatik insbesondere depressive und ängstliche Symptome umfassend. Zudem auch kognitive Störung und sehr geringe psychosoziale Belastbarkeit. Es ist nun der mittlere Rahmensatz anzuwenden.

03.04.02

60

2

Neurotische Belastungsreaktionen, somatoforme Störungen und posttraumatische Belastungsstörung PTSD, Neurotische Belastungsreaktionen, somatoforme Störungen und posttraumatische Belastungsstörung PTSD - Störungen leichten Grades Platzangst, mit Panikattacken, erste Anzeichen sozialer Desintegration, daher oberer Rahmensatz. Die Angstsymptomatik ist als eigenes Leiden neben der Persönlichkeitsstörung aus dem Symptomkomplex gewissermaßen herauszulösen, daher eigene Positionsnummer

03.05.01

40

Gesamtgrad der Behinderung: 70 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Die beiden psychischen Leiden 1 und 2 verstärken sich andauernd wechselseitig ungünstig, was den gesamten Grad der Behinderung um eine Stufe erhöht.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Knieprobleme, ohne Befunde und ohne dokumentierte funktionelle Einbußen;

pos. Suchtanamnese, ist aber stabil abstinent lt. Befunden.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Zunahme bzw. zunehmende Chronifizierung und Verstärkung der psychischen Leiden und der damit verbundenen sozialen Beschwerden."

Zudem wurde festgehalten, dass es sich um einen Dauerzustand handle und der Beschwerdeführer auf eine Begleitperson angewiesen sei.

Dem Beschwerdeführer wurde ein unbefristeter Behindertenpass in Scheckkartenformat mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 70% und den Zusatzeintragungen "Der Inhaber des Passes bedarf einer Begleitperson" und "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" ausgestellt.

Mit Rechtsmittel vom 11.09.2019 wandte der Beschwerdeführer ein, dass in seinem Fall schwerste soziale Beeinträchtigungen vorlägen. Dies bestätige ein Befund der Krankenhauses Kufstein von 05.07.2019. Seiner Meinung nach wäre ein höherer Grad der Behinderung indiziert.

Beschwerde und Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 19.09.2019 zur Entscheidung vorgelegt. Am 23.09.2019 wurde ein weiterer Befund des Beschwerdeführers nachgereicht.

Vom erkennenden Gericht wurde Dr. T. beauftragt, sein fachärztliches Gutachten vom 30.07.2019 unter Einbeziehung der in der Beschwerde vorgelegten ärztlichen Unterlagen zu ergänzen. In seinem Gutachten vom 06.11.2019 stellte der Psychiater zusammengefasst fest, dass sich aufgrund der neu vorgelegten Befunde keine Änderung an den Positionsnummern ergebe, betreffend Leiden 1 aber der obere Rahmensatz anzunehmen sei. Der Gesamtgrad der Behinderung betrage nunmehr 80%.

Nach Gewährung eines Parteiengehörs zeigte sich der Beschwerdeführer einverstanden und verzichtete auf eine weitere Stellungnahme. Seitens der belangten Behörde langte keine Stellungnahme ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist österreichischer Staatsangehöriger und hat seinen Wohnsitz im Inland.

Ihm wurde am 09.08.2019 ein Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 70% ausgestellt. Es wurden Zusatzeintragungen gewährt.

Der Beschwerdeführer leidet an einer Persönlichkeits- und Verhaltensstörung mit maßgeblichen sozialen Beeinträchtigungen, Positionsnummer 03.04.02 mit einem Grad der Behinderung von 70% (Leiden 1) und an einer Angstsymptomatik leichten Grades, Positionsnummer 03.05.01 mit einem Grad der Behinderung von 40% (Leiden 2).

Leiden 1 und 2 verstärken sich dauernd wechselseitig ungünstig. Der Gesamtgrad der Behinderung wird um eine Stufe erhöht und beträgt 80%.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde aufgenommen durch die Einsicht in den Akt der belangten Behörde, insbesondere in den Antrag vom 18.07.2019, in die Gutachten von Dr. T. vom 30.07.2019 und 06.11.2019, in den bekämpften Bescheid sowie in den Beschwerdeschriftsatz.

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers sowie zum Behindertenpass basieren auf dem vorliegenden Verwaltungsakt und sind unstrittig. Unbestritten blieben auch die gewährten Zusatzeintragungen, die Beschwerde richtet sich ausschließlich gegen den Gesamtgrad der Behinderung.

Die getroffenen Einschätzungen basieren auf dem erhobenen klinischen Befund und den vorgelegten medizinischen Beweismitteln und entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen nach der Einschätzungsverordnung.

Insgesamt ist festzuhalten, dass der Gutachter auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausreichend eingegangen ist, und die Beeinträchtigungen im Sinne der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft wurden.

Insbesondere im Ergänzungsgutachten legte Dr. T. ausführlich und nachvollziehbar dar, weshalb hinsichtlich Leiden 1 weiterhin Positionsnummer 03.04.02 zur Anwendung kommt, allerdings der obere Rahmensatz heranzuziehen ist. Es wurde beschrieben, dass die Begrifflichkeit "schwer" bzw. "schwerst" bei der Einschätzung des Leidens 1 nach der Einschätzungsverordnung nicht ohne weiteres übernommen werden kann. Es ist die multiaxiale Diagnostik MAS anzuwenden und kann auch unter Einbeziehung des Beschwerdevorbringens Leiden 1 unverändert unter Positionsnummer 03.04.02 subsumiert werden. Die neu vorgelegten Befunde bedingen aber die Anwendung des oberen Rahmensatzes, sodass der Grad der Behinderung von Leiden 1 70% zu betragen hat. Es wurde darauf aufbauend schlüssig ausgeführt, dass sich aufgrund wechselseitiger Leidensbeeinflussung, auch wenn Leiden 2 unverändert unter Positionsnummer 03.05.01 und einem Grad der Behinderung von 40% einzuschätzen ist, der Gesamtgrad der Behinderung um eine Stufe erhöht und somit 80% beträgt.

Das Gutachten steht mit den allgemeinen Gesetzen der Logik in Einklang, ist schlüssig und vollständig. Es enthält Befund und Gutachten im engeren Sinn und wurde durch die ergänzende Stellungnahme komplettiert. Aufgrund der unterschiedlichen Bedeutungen der Begrifflichkeiten "schwer" bzw. "schwerst" in einem psychiatrischen Befund im Gegensatz zur Einschätzungsverordnung, die nach dem MAS-Modell anzuwenden ist, führte Dr. T. umfassend aus, weshalb nicht die Positionsnummer 03.04.03 mit einem Rahmensatz von 80 bis 100% zum Tragen kommt. Aus diesen Gründen legt der erkennende Senat diese Gutachten von Dr. T. unter freier Beweiswürdigung seiner Entscheidung zu Grunde. Den Ausführungen wurde seitens der Parteien nicht mehr entgegengetreten, sodass angenommen werden kann, dass nunmehr ein unstrittiger Sachverhalt vorliegt.

Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Nach § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG). Wurde - wie im vorliegenden Fall - kein entsprechender Antrag gestellt, ist die Frage, ob von Amts wegen eine Verhandlung durchgeführt wird, in das pflichtgemäße - und zu begründende - Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die in § 24 Abs. 2, 3, 4 und 5 normierten Ausnahmebestimmungen als Anhaltspunkte der Ermessensübung anzusehen sind (vgl. zur insofern gleichartigen Regelungsstruktur des § 67d Abs. 1 und 2 bis 4 AVG [alte Fassung] die Darstellung bei Hengstschläger/Leeb, AVG [2007] § 67d Rz 17 und 29, mwH). Gemäß Abs. 3 leg.cit. hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Gemäß Abs. 4 leg. cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde und dem eingeholten Ergänzungsgutachten. Zudem sind die Verfahrensparteien dem letztlich eingeholten Ergänzungsgutachten nicht (mehr) entgegengetreten.

Dies lässt - gerade auch vor dem Hintergrund des Umstandes, dass eine mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde - die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. § 7 Abs. 1 BVwGG lautet wie folgt:

"Senate

§ 7. (1) Die Senate bestehen aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei weiteren Mitgliedern als Beisitzern. Für jeden Senat sind mindestens ein Stellvertreter des Vorsitzenden und mindestens zwei Ersatzmitglieder (Ersatzbeisitzer) zu bestimmen."

§ 45 Abs. 3 und 4 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl 1990/283 in der geltenden Fassung, lauten wie folgt:

"(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen."

Über die vorliegende Beschwerde war daher durch einen Senat, bestehend aus zwei Berufsrichtern und einem fachkundigen Laienrichter, zu entscheiden.

Die §§ 1, 17, 28 Abs. 1 und 2 und 58 Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG) lauten wie folgt:

"§ 1. Dieses Bundesgesetz regelt das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.

§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist."

Zu Spruchpunkt A):

3.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des BBG lauten wie folgt:

"§ 43 (1) Treten Änderungen ein, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpaß berührt werden, hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen diese zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpaß auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpaß einzuziehen.

(2) Der Besitzer des Behindertenpasses ist verpflichtet, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen binnen vier Wochen jede Änderung anzuzeigen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpaß berührt werden, und über Aufforderung dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Behindertenpaß vorzulegen.

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht Vorheriger Suchbegriffstattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu."

§ 4 der Einschätzungsverordnung (EVO) in der geltenden Fassung, lautet wie folgt:

"Grundlage der Einschätzung

§ 4. (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten."

Dem vom Bundesverwaltungsgericht als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei gewertete Sachverständigengutachten von Dr. T. vom 30.07.2019 und 06.11.2019 folgend, beträgt der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers nunmehr 80%.

Die führende funktionelle Einschränkung wurde vom Gutachter unter die Positionsnummer 03.04.02 mit einem Grad der Behinderung von 70% eingestuft. Die Anlage zur Einschätzungsverordnung sieht bei dieser Positionsnummer einen Grad der Behinderung zwischen 50 und 70% vor. Der Gutachter führt begründend für den höchstmöglichen herangezogenen Grad der Behinderung von 70% aus, dass aufgrund der neuen Befunde die Schwere der sozialen Nachteile und Funktionsstörungen wesentlich deutlicher betont und begründet werden. Diese Einordnung entspricht den Voraussetzungen der Anlage zur Einschätzungsverordnung, wonach ernsthafte und durchgängig Beeinträchtigungen der meisten sozialen Bereiche vorliegen müssen und dies auch schon im Gutachten vom 30.07.2019 bejaht wurde. Es kam nunmehr auf die Schwere an und wurde zur Bestimmung das multiaxiale Diagnostik Modell herangezogen und erklärt.

Die Einstufung des Leidens 2 mit einem Grad der Behinderung von 40% laut Positionsnummer 03.05.01 entspricht ebenfalls dem vorgegebenen Rahmen der Anlage zur Verordnung und blieb dieser Punkt auch unbestritten.

Auch bei der Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist der Gutachter nach den Vorgaben von § 3 Abs. 3 der Einschätzungsverordnung ausgegangen, wonach eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, (nur) dann vorliegt, wenn sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt oder zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen. Diesbezüglich hat der Gutachter angegeben, dass sich die beiden Leiden wechselseitig negativ beeinflussen und begründete dies ebenso schlüssig. Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers wurde daher zu Recht mit 80% festgestellt.

Entgegen der Feststellung im angefochtenen Bescheid, wonach der Grad der Behinderung 70% betrage, beträgt der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers nunmehr 80%. Gegen die gewährten Zusatzeintragungen richtete sich die Beschwerde nicht und bleiben diese somit unverändert Bestandteil des Behindertenpasses.

Der Beschwerde war daher stattzugeben und spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Insbesondere zur Frage der Feststellung und Einschätzung der Leiden mittels fachärztlichem Gutachten konnte auf die angeführte Judikatur zurückgegriffen werden.

Schlagworte

Behindertenpass Grad der Behinderung Neufestsetzung Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I414.2223544.1.00

Im RIS seit

04.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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