TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/28 W217 2226086-1

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Veröffentlicht am 28.05.2020
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Entscheidungsdatum

28.05.2020

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W217 2226086-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Ulrike LECHNER L.L.M, sowie die fachkundige Laienrichterin Verena KNOGLER BA, MA als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, NÖ und Bgld., gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 07.10.2019, OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass liegen vor.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Herr XXXX (in der Folge: BF) ist seit 19.10.2018 Inhaber eines Behindertenpasses. Der Grad der Behinderung wurde mit 70% festgestellt.

Mit Antrag vom 21.06.2019 begehrte der BF beim Sozialministeriumservice (in der Folge: belangte Behörde) die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass sowie die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung.

Im von der belangten Behörde daraufhin eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 10.09.2019, basierend auf der persönlichen Untersuchung des BF, wurden von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, folgende Funktionseinschränkungen festgestellt:

Tabelle kann nicht abgebildet werden

Betreffend die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde festgehalten:

1. Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine. Es liegt ein Zustand bei fortgeschrittener Lungenkrebserkrankung vor, jedoch weiterhin ohne Abbauerscheinungen von höherem Ausmaß bzw. ohne maßgebliche Reduktion der körperlichen Belastbarkeit. Somit ist das Erreichen, das sichere Ein- und Aussteigen sowie die sichere Beförderung in öffentlichen Verkehrsmitteln ohne maßgebliche Erschwernis zu bewältigen.

2. Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein

Gutachterliche Stellungnahme:

Die behinderungsbedingte überwiegende Notwendigkeit des hierorts verwendeten Rollstuhles ist mangels objektivierbarer höhergradiger Ausprägung der Funktionseinschränkungen, insbesondere auch hinsichtlich Leiden Nr.1, nicht begründbar.

2. Gegen dieses Gutachten wurden vom BF im Rahmen des hierzu erteilten Parteiengehörs mit Schriftsatz vom 24.09.2019 unter Beilage eines Befundkonvolutes Einwendungen erhoben. Der BF leide unter einem zentralen N. Bronchi unter laufender Chemotherapie. Aufgrund seiner Grunderkrankung und der damit einhergehenden körperlichen Schwäche sei er nicht in der Lage, die Anmarschwege per öffentliche Verkehrsmittel zu bewältigen. Auch sei es ihm aufgrund des herabgesetzten Immunsystems nicht möglich, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.

Der bereits befasste Arzt für Allgemeinmedizin führte hierauf in seiner Stellungnahme vom 04.10.2019 Folgendes aus:

"Antwort(en):

Der Antragswerber - vertreten durch den KOBV - gab im Rahmen des Parteiengehörs vom 27.09.2019 an, daß er mit dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht einverstanden sei, da die Zusatzeintragung ?Unzumutbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel' trotz eingeschränkter Leistungsfähigkeit bei Bronchusca. nicht berücksichtigt wurde

Beigelegt wurde ein Gesundheitszeugnis von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin vom 23.09.2019, der beschreibt, daß es dem Pat. Aufgrund seiner Grundkrankheit nicht möglich sei längere Strecken zu gehen bzw. öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen

Weiters wurde ein Befund des XXXX , Lungenabteilung vom 22-8-2019 vorgelegt, der bei V.a. Pneumonie re. Bei laufender Chemotherapie, ein Plattenepithel-CA re. OL mit Satellitenherden im rechten Oberlappen, eine verplumpte Nebenniere li., St.p. Ulcus pylori, St.p. Magen-OP nach Ulcus duodeni, Hiatushernie, Cholecystolithiasis und Psoarisis mit nach erfolgter verschobener Chemotherapie und Antibiose in gutem Allgemeinzustand entlassenem Pat. beschreibt.

Ein weiterer Befund wurde bis jetzt noch nicht vorgelegt.

Die vom Antragsteller beim Antrag und bei der Untersuchung vorgebrachten Leiden wurden von allgemeinmedizinischer Seite unter Beachtung der vom Antragsteller zur Verfügung gestellten Befunde zur Kenntnis genommen und einer Einschätzung unterzogen, insbesondere konnte auch in der hierortigen Begutachtung eine derartige Einschränkung der Gehfähigkeit oder körperlichen Leistungsfähigkeit, welche eine erhebliche Erschwernis der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel bewirken könnte , gerade eben nicht objektiviert werden

Die neu vorgelegten Befunde zeigen keine Veränderungen auf, die einen geänderte Einstufung bewirken müßten. Nach erfolgreicher Therapie bei Pneumonieverdacht ist ein guter Allgemeinzustand beschrieben

Insgesamt beinhalten die nachgereichten Einwendungen daher keine ausreichend relevanten Sachverhalte, welche eine Änderung des Gutachtens bewirken würden, sodaß daran festgehalten wird."

3. Mit Bescheid vom 07.10.2019, OB: XXXX , wies die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass ab.

Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt worden sei, welches ergeben habe, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragungen nicht vorliegen würden.

4. In seiner Beschwerde vom 11.11.2019 brachte der BF vor, dass zur korrekten Beurteilung der Auswirkungen des vorliegenden Lungenkarzinoms auf die Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel die Einholung eines lungenfachärztlichen Sachverständigengutachtens unabdingbar sei. Aufgrund der durchgeführten Bestrahlungen zur Behandlung des fortgeschrittenen Lungenkarzinoms sei seine körperliche Leistungsfähigkeit massivst eingeschränkt. Er sei nicht in der Lage, längere Wegstrecken zurückzulegen und müsse infolge der auftretenden Atemnot nach rund 50 min eine Pause eingelegt werden. Die Bewältigung der Anmarschwege zu öffentlichen Verkehrsmitteln sei dem BF somit in angemessener Zeit nicht möglich und sei er zur Erledigung seiner Alltagsgeschäfte sowie der nötigen Arztbesuche dringend auf die Benützung von Behindertenparkplätzen angewiesen. Weiters sei ihm aufgrund des herabgesetzten Immunsystems der Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht zumutbar. Dem BF sei ein Grad der Behinderung von 70 v.H. infolge seines fortgeschrittenen Lungenkarzinoms zuerkannt worden.

5. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 04.12.2019 von der belangten Behörde vorgelegt.

6. In der Folge holte das Bundesverwaltungsgericht ein ergänzendes Sachverständigengutachten, basierend auf der persönlichen Untersuchung des BF, ein.

Dr. XXXX , Lungenfacharzt und Arzt für Allgemeinmedizin, führt in seinem Sachverständigengutachten vom 25.03.2020 Folgendes aus:

"Vorgeschichte und aktueller Sachverhalt

Der BF soll lungenfachärztlich untersucht werden, da er gegen das allgemeinmedizinische Gutachten Dr. XXXX Abl. 106-108 sowie Stellungnahme Abl. 116 Berufung einlegt. Im Wesentlichen besteht der Antrag auf Gewährung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

Als Grunderkrankung ist ein fortgeschrittenes Lungenkarzinom mit reduziertem Allgemein- und Ernährungszustand in der rechten Lunge mit Metastasen im rechten Oberlappen und Einwachsen in die rechten Pulmonalarterie, weiters liegen Absiedelungen in Rippenfell und Teile der linken Seite des Herzens vor.

Dem (offensichtlich jüngsten) Befundbericht wird das Schreiben des XXXX vom 25.10.2019 Abl. 121-122 eingesehen und die oben genannten Diagnosen entnommen.

Die stationäre Aufnahme war wegen Lungenentzündung rechts, sowie Befall der Lymphbahnen des Lungenfelles notwendig geworden.

Aus der Vorgeschichte sind Bestrahlung und zuletzt Chemotherapie im Oktober 2019 bekannt. Der rechts zentral angesiedelte Tumor wächst in verschiedene Blutgefäße, Herz und große Bronchien ein, sodass es zu zunehmenden Problemen mit dem Herz- und Kreislaufsystem und der Atmung kommt

Als Folge dieser fortgeschrittenen bösartigen Erkrankung ist es zu einer wesentlichen Herabsetzung des Allgemein- und Ernährungszustandes und allgemeiner Schwäche gekommen.

Die Befundaufnahme erfolgt am 19.02.2020 im Zeitraum von 10:25-11:00 in der Ordination des endgefertigten Sachverständigen.

Der BF wird von seinem Enkel begleitet und auch Zuhause betreut.

Der BF wird in einem Rollstuhl und unter Unterstützung durch seinen Enkel in die Ordination gebracht.

Der Allgemein- und Ernährungszustand ist deutlich bzw. massiv herabgesetzt und es besteht Atemnot bereits beim Sprechen.

Eingesehen wird das Gutachten Dr. XXXX vom 03.09.2019, welches noch vor der stationären Aufnahme im XXXX am 25.10.2019 erstellt wurde, wobei damals auch die Bestrahlungsbehandlung zuletzt durchgeführt wurde.

Diagnosen wie oben angeführt. Zum damaligen Zeitpunkt wird der Allgemeinzustand als ?etwas reduziert' bezeichnet. Bereits damals wurde ein Rollstuhl verwendet.

In der Begründung der Ablehnung der Unzumutbarkeit für ÖVM wurden vom Sachverständigen ?weiterhin keine Abbauerscheinungen vom höheren Ausmaß bzw. ohne maßgebliche Reduktion der körperlichen Belastbarkeit' festgestellt. Die Notwendigkeit eines Rollstuhles konnte nicht objektiviert werden.

Weiters eingesehen wird das allgemeinmedizinische Gutachten Dr. XXXX 02.04.2019, Benützung öffentlicher Verkehrsmittel: Fortgeschrittene Lungenkrebserkrankung ohne Abbauerscheinungen vom höheren Ausmaß bzw. ohne maßgebliche Reduktion der körperlichen Belastbarkeit.

Folgende maßgeblichen Befunde werden eingesehen:

XXXX 05.10.2018, Abl. 70: Verdacht auf Bronchuskarzinom, Gewichtsabnahme von 26 Kg (!) innerhalb von 2 Jahren. Eine Bronchoskopie wurde angeraten.

Bronchoskopie mit histologischem Befund vom 08.10.2018: verhornendes Plattenepithelkarzinom rechts zentral.

MRT des Gehirns 15.10.2018: keine Metastasen

Beschwerde Abl. 57 vom 23 01.2018: es wird auf Nasenpolypen hingewiesen, die übrigen Beschwerdeangaben betreffen das orthopädische Fachgebiet.

Die übrigen im Gerichtsakt vorliegenden Befunde stammen aus dem Zeitraum vor der Erstdiagnose des Lungenkrebses, sodass sie für die aktuell vom Gericht angefragte Beurteilung nicht relevant bzw. nicht mein Fachgebiet betreffen.

Allergie: keine bekannt

Alkohol: negiert, Nikotin: negiert

Medikamente: Microlax, Laevolac, Zoldem, Hydal, Fortecortin, Novalgin, Pantoloc. Als Hilfsmittel wird bei Wegen außer Haus ein Rollstuhl verwendet, wobei der Enkel des BF selbigen schiebt. Eine Langzeitsauerstofftherapie wurde bis zum aktuellen Zeitpunkt Februar 2020 noch nicht etabliert.

Subjektive Beschwerden (Angaben des Beschwerdeführers)

Er sei zu schwach, um außerhalb der Wohnung selbsttätig zu gehen, er benötige deshalb die Hilfe seines Enkels oder einer anderen Hilfsperson, die den Rollstuhl schiebe. Er hätte zwischen 2016 und 2018 fast 30 Kg Gewicht verloren, als Ursache hätte man dann Lungenkrebs entdeckt. Durch Bestrahlung- und Chemotherapie bzw. Fortschreiten der Krebserkrankung sei er immer schwächer geworden. Er sei nicht in der Lage, auf der Strasse weiter als 50-100 Meter maximal zu gehen, an manchen Tagen schaffe er nicht mal diese Strecke. Schon bei der kleinsten Anstrengung sei er kurzatmig. Er beziehe Pflegegeld der Stufe 2. Im Herbst 2019 hätte er die letzten Bestrahlungen erhalten. Er hätte nicht mehr lange zu leben. Häufig Reizhusten, Brustkorbschmerz, Beinschmerzen, Schmerzen auch am Rücken und in der Herzgegend. Häufig Reizhusten, wenig Auswurf. Er schlucke starke Schmerztabletten.

Objektiver Untersuchungsbefund

Der BF wird von seinem Enkel mit einem Rollstuhl in die Ordination gebracht, er ist in der Lage, langsam aus dem Rollstuhl aufzustehen, freier Stand und freies Sitzen sind möglich.

Der Allgemein- und Ernährungszustand ist deutlich reduziert, das Gewicht beträgt 45 kg bei einer Größe von 169 cm. Beim Sprechen und bei schon geringen Anstrengungen wie Entkleiden des Oberkörpers kommt es zu erkennbarer Atemnot.

Dem Sachverständigen bietet sich das Bild einer weit fortgeschrittenen bösartigen Erkrankung (Lungenkrebs).

Aus der Erfahrung des endgefertigten Sachverständigen ergibt sich bereits aus dem gesamtheitlichen klinischen Zustandsbild, dass die als Beschwerdeangabe geltend gemachten Probleme wie Schwäche und Atemnot bei geringsten Belastungen, sowie Unvermögen, außerhalb der Wohnung längere Wegstrecken als 50 Meter zurückzulegen, durchaus glaubhaft.

Herz: reine frequente rhythmische Herztöne, Frequenz: 122 pro Minute, Blutdruck: 90/60

Lunge: hypersonorer Klopfschalll abgeschwächtes Atemgeräusch wie bei hochgradigen Emphysem mit lautem exspiratorischem Pfeifen und Giemen, Sauerstoffsättigung bei Raumluftatmung 96% im Normbereich

Gliedmaßen: keine Krampfadern, keine Beinödeme, bzgl. der Gelenke darf auf das orthopädische Vorgutachten Dr. XXXX verwiesen werden, es besteht der Zustand nach Prothesenimplantation an der rechten Hüfte. Weiters Verlust des rechten Zeigefingers vorbekannt. Gleichfalls vorbekannt ist eine Funktionseinschränkung des rechten Schultergelenkes nach Luxation.

Lungenfunktionsprüfung: Veränderungen wie bei COPD III mit hochgradigem Lungenemphysem

Diagnosen:

Lfd Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden

 

1. inoperables fortgeschrittenes Plattenepithelkarzinom der rechten Lunge zentral mit Zustand nach Bestrahlung- und Chemotherapie, sowie Einwachsen von Sekundarien im Lungenfell, Rippenfell, rechte Pulmonalarterie und das Herz 2. fortgeschrittene chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung (COPD III) mit hochgradigem Lungenemphysem 3. 12-Finger-Darm-Geschwür 2019 (in Behandlung) 4. Gallensteinleiden 5. Zustand nach Magen-Operation wegen Magen- und 12-Finger-Darm-Geschwür vor Jahren (in Serbien) 6. Zwerchfellbruch in der Anamnese

Beantwortung der Fragestellungen des Gerichtes

Ad1) Der BF zeigt das Vollbild einer weitgehend fortgeschrittenen inoperablen Lungenkrebserkrankung mit massiv reduziertem Allgemein- und Ernährungszustand.

Bestrahlung- und Chemotherapie wurden 2019 durchgeführt.

Die Krebserkrankung ist als deutlich fortgeschritten zu bezeichnen. Es werden mehrere lebenswichtige Organsysteme (Herz und Lungen) von Metastasen infiltriert.

Es wird ein morphin-artiges Schmerzmittel (Hydal), sowie eine Cortison-Dauerbehandlung durchgeführt, um einen erträglichen Zustand zu erhalten.

Nach der jahrzehntelangen Erfahrung des endgefertigten Sachverständigen als Pulmologe, Allgemeinmediziner und Sachverständiger besteht im gegenständlichen Verfahren eindeutig die Voraussetzung für die Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

Neben der allgemeinen Schwäche, dem ausgeprägten Gewichtsverlust und reduzierten Ernährungszustand sind insbesondere auch die Folgen der Behandlung der Krebserkrankung (Bestrahlung- und Chemotherapie), sowie die Auswirkungen der Metastasen auf lebenswichtige Organsysteme, weiters eine fortgeschrittene chronische Atemwegserkrankung (COPD III) mit hochgradigem Emphysem zu benennen. Das klinische Zustandsbild zeigte Atemnot bereits beim Sprechen und bei geringen Belastungen (z.B. beim Entkleiden des Oberkörpers).

ad2) wie oben angeführt

ad3) Die dort geltend gemachten körperlichen Einschränkungen im Rahmen des fortgeschrittenen Lungenkarzinoms treffen aus gutachterlicher Sicht zu.

Bzgl. öffentlicher Verkehrsmittel darf auf Begründung zu ad1 verwiesen werden.

Zur Frage des Immunsystems und der Infektanfälligkeit innerhalb von öffentlichen Verkehrsmittel:

Auch schwer kranke Patienten sollten die Möglichkeit erhalten, am öffentlichen Leben - soweit noch möglich - teilhaben zu können, dies gilt für den Besuch von Kulturstätten, öffentlichen Einrichtungen, Geschäften, ebenso wie für Wartebereiche von Krankenhäusern und Ordinationen. Die genannten Räume werden vom BF ja nachweislich wiederkehrend auch aufgesucht. Aus gutachterlicher Sicht ist es jedoch unzulässig, den mit den oben genannten Bereichen absolut vergleichbaren Innenraum öffentlicher Verkehrsmittel gezielt auszunehmen, während andere, von der Infektionsgefahr mindestens gleichartig zu betrachtende Räumlichkeiten regelmäßig benützt werden.

Die zur Gutachtenserstellung relevanten Befunde wurden im Text zitiert eine Vielzahl der Unterlagen betrifft das orthopädische Fachgebiet.

Ergänzend erwähnt wird ein Schreiben des praktischen Arztes Dr. XXXX Abl. 110 vom 23.09.2019, wo auf die Unfähigkeit des Patienten, längere Strecken zu gehen, hingewiesen wird. Ein objektiver Befund ist in dem Schreiben allerdings nicht enthalten. Die Schlüsselbefunde wurden ausführlich zitiert

ad4) Aus lungenfachärztlicher Sicht und nach eigener Untersuchung des BF können die Feststellungen des Vorgutachters nicht eindeutig nachvollzogen werden. Möglicherweise ist es im Rahmen der Lungenentzündung rechts im Herbst 2019 mit stationärem Aufenthalt im XXXX zu einer weiteren Verschlechterung gekommen.

Unzweifelhaft ist jedoch, dass ein deutlich herabgesetzter Allgemein- und Ernährungszustand mit einem Gewichtsverlust von fast 30 Kg bereits 2018 bekannt war.

Aus der Erfahrung des endgefertigten Sachverständigen ergibt sich, dass die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bereits zum Zeitpunkt der Erstellung des bekämpften Gutachtens Abl. 106 vom 10.09.2019 bestanden hat.

Möglicherweise konnten damals aus gutachterlicher Sicht noch nicht alle vorhandenen Krebsabsiedelungen befundmäßig erfasst werden, welche dann im XXXX im Befund vom 25.10.2019 beschrieben wurden. Eine gewisse Verschlechterung dürfte gegenüber dem Zeitpunkt des Vorgutachtens vom September 2019 auch insoferne eingetreten sein, als Anfang Oktober 2019 nach der Chemotherapie noch eine Bestrahlungstherapie durchgeführt wurde,

Aus Sicht des endgefertigten Sachverständigen besteht, wie oben ausführlich dargestellt, das Bild einer fortgeschrittenen metastasierenden Lungenkrebserkrankung, inoperabel, Chemotherapie und Bestrahlung, allgemeine Schwäche, Nebenwirkung der Behandlung und Chemotherapie, zusätzlich eine (im Vorgutachten nicht erwähnte) COPD des Stadiums III mit hochgradigen Lungenemphysem und Atemnot bereits beim Sprechen. Daraus ergibt sich eine abweichende Beurteilung.

ad5) Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich, da ein Dauerzustand vorliegt.

Die Neuerungsbeschränkung wurde beachtet, wonach ab 04.12.2019 keine neuen Tatsachen oder Beweismittel mehr vorgebracht werden dürfen. Das oben angeführte Leidensbild bestand bereits vor diesem Datum."

7. Die Gelegenheit, zu dem vom Bundesverwaltungsgericht übermittelten Sachverständigengutachten Stellung zu nehmen, blieb seitens der belangten Behörde ungenützt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Am 21.06.2019 langte bei der belangten Behörde der gegenständliche Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass ein.

Der BF ist Inhaber eines am 19.10.2018 ausgestellten Behindertenpasses. Der Grad der Behinderung wurde mit 70% festgestellt.

Beim BF liegen folgende Funktionseinschränkungen vor:

- inoperables fortgeschrittenes Plattenepithelkarzinom der rechten Lunge zentral mit Zustand nach Bestrahlung- und Chemotherapie, sowie Einwachsen von Sekundarien im Lungenfell, Rippenfell, rechte Pulmonalarterie und das Herz

- fortgeschrittene chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung (COPD III) mit hochgradigem Lungenemphysem

- 12-Finger-Darm-Geschwür 2019 (in Behandlung)

- Gallensteinleiden

- Zustand nach Magen-Operation wegen Magen- und 12-Finger-Darm-Geschwür vor Jahren (in Serbien)

- Zwerchfellbruch in der Anamnese

Die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass liegen vor.

Hinsichtlich der Auswirkungen der beim BF bestehenden Funktionseinschränkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wird die diesbezügliche Beurteilung in dem oben wiedergegebenen medizinischen Gutachten Dris. XXXX der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" basiert auf dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zum Behindertenpass ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung", die zur Gewährung der Vornahme dieser Zusatzeintragung führen, gründen sich auf das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte Sachverständigengutachten eines Lungenfacharztes/Arzt für Allgemeinmedizin vom 25.03.2020. Unter Berücksichtigung der vom BF ins Verfahren eingebrachten medizinischen Unterlagen und nach persönlicher Untersuchung des BF wurde vom medizinischen Sachverständigen festgestellt, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für den BF nicht zumutbar ist.

Der Lungenfacharzt/Arzt für Allgemeinmedizin gelangte unter den von ihm geprüften Gesichtspunkten auf Grundlage der Ergebnisse der persönlichen Untersuchung des BF am 19.02.2020 zu dem Schluss, dass im Fall des BF öffentliche Verkehrsmittel nicht zumutbar sind, und begründete dies, dass neben der allgemeinen Schwäche, dem ausgeprägten Gewichtsverlust und reduzierten Ernährungszustand insbesondere auch die Folgen der Behandlung der Krebserkrankung (Bestrahlung- und Chemotherapie), sowie die Auswirkungen der Metastasen auf lebenswichtige Organsysteme, weiters eine fortgeschrittene chronische Atemwegserkrankung (COPD III) mit hochgradigem Emphysem beim BF vorliegen würden. Bereits beim Sprechen und bei geringen Belastungen, wie beim Entkleiden des Oberkörpers, zeige das klinische Zustandsbild Atemnot.

Somit waren die im Rahmen der Beschwerde erhobenen Einwände geeignet, das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zu entkräften, da sie ausreichend substantiiert waren.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichts bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des medizinischen Sachverständigengutachten Dris. XXXX , welches daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt wird.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu Spruchpunkt A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hierzu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hierfür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

...

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128, und die dort angeführte Vorjudikatur sowie vom 22. Oktober 2002, Zl. 2001/11/0242, vom 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt.

Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt. (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080)

Wie bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt, wurde seitens des vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten, auf einer persönlichen Untersuchung des BF basierenden, Sachverständigengutachtens eines Lungenfacharztes/Arzt für Allgemeinmedizin vom 25.03.2020, nachvollziehbar festgestellt, dass im Fall des BF die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass vorliegen.

Beim BF sind, wie bereits in den beweiswürdigenden Ausführungen ausgeführt wurde, ausgehend von diesem Sachverständigengutachten aktuell erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen objektiviert; im Rahmen der persönlichen Begutachtung wurde festgestellt, dass der BF aufgrund seiner weitgehend fortgeschrittenen inoperablen Lungenkrebserkrankung mit massiv reduziertem Allgemein- und Ernährungszustand, nicht mehr in der Lage ist, die geforderte Gehstrecke von 300-400 m in angemessener Zeit selbständig zu bewältigen, bereits beim Sprechen und bei geringen Belastungen zeigt sich Atemnot.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Im gegenständlichen Fall bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob dem BF die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist, ein Gutachten eines medizinischen Sachverständigen. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt. Wie oben bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass Sachverständigengutachten Unzumutbarkeit Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W217.2226086.1.00

Im RIS seit

04.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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