TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/28 W201 2227461-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.05.2020
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Entscheidungsdatum

28.05.2020

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W201 2227461-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Angela SCHIDLOF als Vorsitzende und die Richterin Dr. Margit MÖSLINGER-GEHMAYR sowie den fachkundigen Laienrichter Franz GROSCHAN als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , bevollmächtigt vertreten durch den KOBV - Der Behindertenverband für Wien, NÖ und Bgld., gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 10.10.2019, XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, , gemäß § 42 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung " in den Behindertenpass liegen vor.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) hat der Beschwerdeführerin am 05.05.2014 einen unbefristeten Behindertenpass ausgestellt, einen Grad der Behinderung in Höhe von 50 vH eingetragen und die Eintragung der Zusatzvermerke "D1", "Prothese" und "Fahrpreisermäßigung" vorgenommen.

2. Ein von der Beschwerdeführerin am 08.05.2014 gestellter Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 03.10.2014 abgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.09.2016,

GZ W115 2013704-1/11E, abgewiesen.

3. Ein neuerlicher Antrag vom 06.11.2018 auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 12.02.2019 abgewiesen.

4. Die Beschwerdeführerin stellte einlangend am 14.06.2019 bei der belangten Behörde unter Vorlage medizinischer Beweismittel einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b der Straßenverkehrsordnung (StVO), welcher auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gilt.

5. Dem, durch die belangte Behörde eingeholten, auf persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin am 02.09.2019 basierenden Sachverständigengutachten Dris. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin ist (auszugsweise) Folgendes zu entnehmen:

"Klinischer Status - Fachstatus:

Allgemeinzustand gut. Ernährungszustand gut.

Haut: und sichtbare Schleimhäute gut durchblutet, kein Ikterus, keine periphere oder zentrale Zyanose.

Caput: HNAP frei, kein Meningismus, sichtbare Schleimhäute unauffällig, Zunge feucht wird gerade hervorgestreckt, normal. Brillenträgerin. PR unauffällig. Rachen bland. Hörvermögen ohne Hörgerät unauffällig. Collum: Halsorgane unauffällig, keine Einflussstauung, keine Stenosegeräusche.

Thorax: Symmetrisch, blande Narbenverhältnisse bei Port-a-Cath rechts subclavikulär.

Cor: HT rhythmisch, mittellaut, normfrequent, Puls 72/min, Blutdruck 130/80. Pulmo: sonorer Klopfschall, Vesikuläratmen, Basen atemverschieblich, keine Dyspnoe in Ruhe und beim Gang im Zimmer.

Abdomen: Bauchdecken in Thoraxniveau, Hepar nicht vergrößert, Lien nicht palpabel, keine pathologischen Resistenzen tastbar, indolent, blande NVH nach AE. NL beidseits frei.

Obere Extremitäten: Tonus, Trophik und grobe Kraft altersentsprechend unauffällig, blande Narbenverhältnisse rechter Ellbogen und beide Schultern. Nackengriff rechts wird wegen Port-a-Cath nicht durchgeführt, links möglich. Schürzengriff beidseits möglich. Hebung rechtes Schultergelenk nicht über die Horizontale, sonst in den Gelenken altersentsprechend frei beweglich. Faustschluss beidseits unauffällig. Eine Sensibilitätsstörung wird nicht angegeben. Feinmotorik und Fingerfertigkeit ungestört.

Untere Extremitäten: Tonus, Trophik und grobe Kraft altersentsprechend unauffällig. Blande Narbenverhältnisse linkes Knie, Beugung bis 85° bei Hüftbeugung beidseits bis 100°. Sonst in den Gelenken altersentsprechend frei beweglich. Bandstabilität. Hypästhesien re. Schienbein angegeben. Selbständige Hebung beider Beine von der Unterlage möglich. Grobe Kraft an den Beinen seitengleich normal. Fußpulse tastbar. Verstärkte Venenzeichnung, keine Ödeme. PSR seitengleich unauffällig. Nervenstämme frei, Lasegue negativ.

Wirbelsäule: In der Aufsicht gerade, weitgehend im Lot, in der Seitenansicht verstärkte Brustkyphose. FBA 30 cm durchgeführt. Aufrichten frei. Klopfschmerz. Schober: zu 1/3 eingeschränkte Seitneigung und Seitdrehung der LWS. Altersentsprechend freie Beweglichkeit der HWS. Kinn-Brustabstand 1 cm. Hartspann der paravertebralen Muskulatur.

Gesamtmobilität-Gangbild: Kommt mit Halbschuhen und einem Rollator, ohne diesen einige Schritte im Untersuchungszimmer mit weitgehend unauffälliger Abrollbewegung durchgeführt. Zehenballen- und Fersengang sowie Einbeinstand beidseits mit Anhalten durchführbar. Vermag sich selbständig aus- und wieder anzukleiden.

Status Psychicus: Bewusstsein klar. Gut kontaktfähig. Allseits orientiert. Gedanken in Form und Inhalt geordnet, psychomotorisch ausgeglichen. Merk- und Konzentrationsfähigkeit erhalten. Keine produktive oder psychotische Symptomatik. Antrieb unauffällig. Affekt dysthym.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

01

Akute myeloische Leukämie mit Ausreifung unter laufender Chemotherapie

02

Mehrsegmental degenerativer Wirbelsäulenschaden nach Bandscheibenoperationen mit mäßigen Funktionseinschränkungen

03

Knietotalendoprothese rechts mit Athrofibrose

04

Periarthritis humerus scapularis beidseits bei Zustand nach subacromialer Dekompression links

05

Arterielle Hypertonie bei Zustand nach Ablatio wegen atrialer Tachykardie 2010

06

Diabetes mellitus Typ II

07

Varikositas beidseits, Zustand nach Venenstripping

08

Zustand nach Entfernung der Gebärmutter

09

Obstruktive Bronchitis"

Zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wird Folgendes festgehalten:

"1. Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine. Bedingt durch die degenerativen Gelenks- und Wirbelsäulenveränderungen liegt eine moderate Einschränkung der selbständigen Gehfähigkeit vor, welche jedoch das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke (300-400m), sowie das Ein- und Aussteigen und Mitfahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erheblich erschwert. Darüber hinaus ist die behinderungsbedingte Notwendigkeit eines - anlässlich der Untersuchung verwendeten - Rollators mit den objektivierbaren Funktionseinschränkungen nicht ausreichend begründbar.

2. Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein. Unter Chemotherapie kann es episodisch zu einem Absinken der Immunabwehrkompetenz kommen, welches jedoch einer schweren, anhaltenden Immunschwäche nicht vergleichbar ist."

6. Im Rahmen des gemäß § 45 Abs. 3 AVG am 11.09.2019 erteilten Parteiengehörs hat die Beschwerdeführerin keine Einwendungen erhoben.

7. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung" Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen. Die Abweisung wurde mit dem Ergebnis der ärztlichen Untersuchung begründet.

Als Beilage zum Bescheid wurde das eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX übermittelt.

8. Gegen diesen Bescheid wurde von der bevollmächtigten Vertretung der Beschwerdeführerin unter Vorlage eines Befundkonvolutes fristgerecht Beschwerde erhoben. Begründend wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass nicht ausreichend auf die Auswirkungen der Leukämie sowie deren Behandlung mit Chemotherapie eingegangen worden sei. Die Beschwerdeführerin sei aufgrund der Therapien sehr geschwächt und nur in der Lage mit dem Rollator zu gehen, wobei sie keinesfalls 300m weit komme. Aufgrund des herabgesetzten Immunsystems würden bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Infekte drohen und sei deren Benützung daher nicht möglich. Dem Befund des XXXX vom 29.10.2019 sei zu entnehmen, dass aus hämatoonkologischer Sicht die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel durch die äußerst reduzierte Immunlage eine potentielle Lebensgefahr für die Beschwerdeführerin darstelle und daher unzumutbar sei. Es werde daher mit dem eingeholten Sachverständigengutachten der Allgemeinmedizin keinesfalls das Auslangen gefunden. Als Beweis würden die vorgelegten Befunde, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und einzuholende Sachverständigengutachten der Fachrichtungen Innere Medizin und Onkologie genannt.

9. Mit Schreiben vom 13.01.2020 hat die belangte Behörde den Verwaltungsakt und die Beschwerde vorgelegt.

10. Im zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes durch das Bundesverwaltungsgericht eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten

Dris. XXXX , Fachärztin für Innere Medizin wird basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 24.02.2020 (auszugsweise) Folgendes festgestellt:

"Status:

Reduzierter Allgemeinzustand, guter Ernährungszustand (Gewichtsverlust von 14 kg). Blasses Hautkolorit, Fibrome am Rücken.

Kopf: frei beweglich, Hirnnervenaustrittspunkte frei. Hörvermögen gut. Sehvermögen gut. Hals: keine vergrößerten Lymphknoten tastbar, Schilddrüse schluckverschieblich.

Herz: Herztöne rhythmisch, rein, normofrequent.

Lunge: Vesikuläratmung, keine Rasselgeräusche, Lungenbasen verschieblich.

Bauch: Weich, kein Druckschmerz, keine Abwehrspannung. Leber und Milz nicht tastbar.

Wirbelsäule: HWS: Rotation der HWS frei, KJA 3 cm. BWS: achsengerade, nicht klopfdolent. LWS: Klopfschmerz in der Lendenwirbelsäule. Becken stabil.

Rechte obere Extremität: Schulter endlagig schmerzbedingt in der Beweglichkeit eingeschränkt. Ab- und Adduktion nur sehr eingeschränkt möglich. Schürzen- und Nackengriff nicht möglich. Ellbogen-, Hand- und Fingergelenke aktiv und passiv frei. Periphere Sens. du DB zum Untersuchungszeitpunkt o.B.

Linke obere Extremität: Schulter endlagig eingeschränkt in der Beweglichkeit. Nacken- und Schürzengriff eingeschränkt. Ellbogen-, Hand- und Fingergelenke aktiv und passiv frei. Periphere Sens. und DB zum Untersuchungszeitpunt o.B. Gebrauchshand rechts.

Rechte untere Extremität: Hüfte: leichter Rotations- und Stauchungsschmerz. Knie: Blande Narbe nach KTEP, Beugung bis 80°.

Linke untere Extremität: Hüfte: geringer Rotations- und Stauchungsschmerz. Knie: Beugung und Streckung eingeschränkt.

Muskulatur der oberen und unteren Extremitäten seitengleich ausgebildet. Sensibilitätsstörungen in den Unterschenkeln angegeben.

Status Psychicus: Klar orientiert in allen Qualitäten.

Gehfähigkeit: Kommt gehend in die Ordination, zur Sicherheit wird eine Unterarmstützkrücke verwendet, Lagewechsel erschwert möglich, Aufstehen mit anhalten.

 

Diagnoseliste

01

Akute myeloische Leukämie mit Ausreifung, Implantation Porth aCath, Chemotherapie, zyklischer Verlauf

02

Hypertonie

03

Adipositas

04

Diabetes mellitus Typ II

05

St.p. Ablation bei atrialer Tachykardie 2010

06

St.p. Schulter OP links 2018

07

KnieTEP 2014, Revision 10/2015

08

St.p. Diskusprolaps L4/L5/S1 - OP 1999, 2004, 2005

09

St.p. Borreliose 2014

10

St.p Nikotinabusus

11

St.p. HE, Varikositas

12

Obstruktive Bronchitis"

Zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wird Folgendes festgehalten:

Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor?

Trotz der bekannten funktionellen Einschränkungen in den unteren Extremitäten nach Knie TEP rechts und Abnützung im Kniegelenk links sind keine Einschränkungen objektivierbar, die zu einer wesentlichen Einschränkung führen würden.

Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der oberen Extremitäten vor?

Eingeschränkte Beweglichkeit der beiden Schultergelenke mit eingeschränktem Nacken- und Schürzengriff beidseits rechts größer links.

Liegen erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor?

Aufgrund der laufenden Chemotherapie besteht eine Einschränkung bei reduziertem Allgemeinzustand. Eine übliche Belastung ist daher derzeit nicht gegeben, zur Sicherheit wird von der Patientin zumindest eine Unterarmstützkrücke verwendet, teils auch ein Rollator. Eine Wegstrecke von 300-400m in 10min kann derzeit nur mit Pausen zurückgelegt werden, da immer wieder Atemnot bei Belastung auftritt.

Stellungnahme zu den Einwendungen der Beschwerdeführerin

Bei der Patientin besteht seit 05/2019 eine akute myeloische Leukämie unter laufender Chemotherapie. Insgesamt besteht seither ein zunehmend reduzierter Allgemeinzustand. Unter Befundzusammenschau und auch im Rahmen der persönlichen Untersuchung konnte dies objektiviert werden. Die Patientin ist nur mit Gehhilfe (Unterarmstützkrücke oder Rollator) mobil und kann eine Wegstrecke von 300-400 m nur mit Pausen zurücklegen, da die Atemnot in den Vordergrund rückt. Das Überwinden von Niveauunterschieden ist der Patientin mit Anhalten an Haltegriffen möglich, der Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel sollte sitzend erfolgen.

Begründung einer eventuell vom bisherigen Ergebnis abweichenden Beurteilung:

Abweichend vom Vorgutachten rückt hier vor allem der reduzierte Allgemeinzustand in den Vordergrund, der auf die Leukämie unter Chemotherapie zurückzuführen ist. Hier liegt eine generelle körperliche Schwäche vor. Additiv wirkt sich hier die bereits vorbestehende Einschränkung im Bewegungsapparat aus. Zur Fortbewegung ist eine Gehhilfe notwendig und es müssen Pausen bei Wegstrecken von 300 - 400 m eingelegt werden. Eine Nachuntersuchung ist nach Abschluss der Chemotherapie indiziert, bzw. nach Beendigung der Heilungsbewährung, da dann von einer Besserung des Allgemeinzustandes ausgegangen werden muss."

11. Mit Schreiben vom 16.04.2020 wurden die Verfahrensparteien vom Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt, und wurde die Möglichkeit eingeräumt, eine Stellungnahme abzugeben. Weder die belangte Behörde noch die Beschwerdeführerin haben Einwendungen erhoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz im Inland. Die Beschwerdeführerin ist im Besitz eines unbefristet ausgestellten Behindertenpasses.

1.2. Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:

Bei der Beschwerdeführerin besteht eine akute myeloische Leukämie mit Ausreifung und Implantation eines Porth a Cath unter Chemotherapie welche zu zunehmend reduziertem Allgemeinzustand, genereller körperlicher Schwäche und damit verbunden Atemnot führt.

Es ist der Beschwerdeführerin nicht möglich eine Wegstrecke von 300-400m ohne Pausen zurückzulegen.

Die dauernden Gesundheitsschädigungen wirken sich maßgebend negativ auf die Erreichbarkeit von öffentlichen Verkehrsmitteln aus. Das Erreichen eines öffentlichen Verkehrsmittels in angemessener Zeit ist der Beschwerdeführerin nicht möglich.

1.3. Der Beschwerdeführerin ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar.

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den Voraussetzungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und dem - diesbezüglich widerspruchsfreien - Akteninhalten.

Zu 1.2. bis 1.3.) Die Feststellungen zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gründen auf dem durch das Bundesverwaltungsgericht eingeholten internistischen Sachverständigengutachten Dris. XXXX , basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin, dem Beschwerdevorbringen und den vorgelegten medizinische Beweismitteln.

Das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte fachärztliche Sachverständigengutachten Dris. XXXX ist schlüssig und nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Auch wurde zu den Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel umfassend Stellung genommen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchungen der Beschwerdeführerin erhobenen klinischen Befund, entsprechen unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen. Die vorgelegten Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen, die befasste Sachverständige hat sich eingehend damit auseinandergesetzt.

Das genannte Sachverständigengutachten wird daher der Entscheidung in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.

Die erfolgte Beurteilung der Auswirkungen der Leukämieerkrankung der Beschwerdeführerin auf die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln resultiert aus der nunmehr durchgeführten fachärztlich internistischen Untersuchung und den von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Einwendungen und vorgelegten medizinischen Beweismitteln.

Die befasste Sachverständige erläutert ihre Beurteilung nachvollziehbar, schlüssig und im Einklang mit dem erhobenen Untersuchungsbefund damit, dass der Beschwerdeführerin auf Grund der körperlichen Schwäche und der resultierenden Atemnot, das Zurücklegen von Wegstrecken von 300-400m nur mit Pausen möglich ist, wobei sich auf die bestehende Einschränkung des Bewegungsapparates (die Beschwerdeführerin ist nur mit Gehilfe mobil) zusätzlich negativ auswirkt.

Der im Gutachten Dris. XXXX erfolgten Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde nicht entgegengetreten, sondern wurde das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens im Rahmen des erteilten Parteiengehörs unbeeinsprucht zur Kenntnis genommen.

Hinsichtlich des Vorbringens der Beschwerdeführerin, es bestehe auf Grund der Chemotherapie eine Immunschwäche welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel verunmögliche, ist festzuhalten, dass diesbezüglich eine weiterführende Überprüfung nicht erforderlich war, da sich bereits aus dem objektivierten reduzierten Allgemeinzustand und der körperlichen Schwäche ergab, dass der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar ist.

Die Krankengeschichte der Beschwerdeführerin wurde umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt.

Das Sachverständigengutachten Dris. XXXX steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Die Angaben der Beschwerdeführerin waren sohin geeignet das der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegte Sachverständigengutachten zu entkräften und eine geänderte Beurteilung herbeizuführen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)

Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)

Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)

Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden. (§ 46 BBG auszugsweise idF des BGBl. I Nr. 57/2015)

§ 46 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 57/2015 tritt mit 1. Juli 2015 in Kraft. (§ 54 Abs. 18 BBG)

Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist u.a. jedenfalls einzutragen:

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

(§ 1 Abs. 4 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen auszugsweise)

Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktions-beeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

(§ 1 Abs. 5 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen)

In den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird Folgendes ausgeführt:

Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):

Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleichbedeutend.

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128, und die dort angeführte Vorjudikatur sowie vom 22. Oktober 2002, Zl. 2001/11/0242, vom 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt.

Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt. (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080)

Betreffend das Kalkül "kurze Wegstrecke" wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 - 400 m ausgeht. (vgl. u.a. Ro 2014/11/0013 vom 27.05.2014, 2012/11/0186 vom 27.01.2015)

Auf den Beschwerdefall bezogen:

Das Beschwerdevorbringen ist geeignet darzutun, dass die der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegte gutachterliche Beurteilung nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß der Beschwerdeführerin entspricht.

Wie unter Punkt II.2. ausgeführt, war der Sachverständigen Dris. XXXX zu folgen welche schlüssig darstellt, dass die vorliegenden Gesundheitsschädigungen erheblich negative Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben.

Der Beschwerdeführerin ist es auf Grund der bestehenden Funktionseinschränkungen in Form eines reduzierten Allgemeinzustandes, körperlicher Schwäche und Atemnot, resultierend aus der bestehenden Leukämieerkrankung und deren Behandlung, nicht möglich ein öffentliches Verkehrsmittel ohne Unterbrechung und in angemessener Zeit zu erreichen.

Die bei der Beschwerdeführerin festgestellten Funktionseinschränkungen wirken sich somit maßgeblich negativ auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(§ 24 Abs. 1 VwGVG)

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen für den beantragten Zusatzvermerk sind die Art und das Ausmaß der vorliegenden Funktionseinschränkungen sowie deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher durch das Bundesverwaltungsgericht ein fachärztliches Sachverständigengutachten eingeholt. Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Die Beschwerdeführerin hat vom eingeholten Sachverständigengutachten vollinhaltlich Kenntnis erlangt.

Im Rahmen des Parteiengehörs hatten die Verfahrensparteien die Möglichkeit sich zu äußern. Das Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens wurde jedoch nicht bestritten. Die Beschwerdeführerin wurde im verwaltungsgerichtlichen Verfahren persönlich internistisch untersucht. Die vorgebrachten Argumente wurden im eingeholten Sachverständigengutachten berücksichtigt, soweit diese einschätzungsrelevante Aspekte enthalten bzw. noch aktuell und auch Gegenstand des Verfahrens sind und resultiert daraus die geänderte Beurteilung hinsichtlich der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

Sohin ist der Sachverhalt geklärt und unbestritten. Daher konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung einerseits von Tatsachenfragen abhängt. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen. Andererseits sind Rechtsfragen zu lösen, welchen keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen stützen.

In den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird ausgeführt, dass damit präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden sollen. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt. Es war sohin keine - von der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abweichende - Neuregelung beabsichtigt.

Vielmehr wird in den Erläuterungen ausdrücklich festgehalten, dass im Hinblick auf die ab 01.01.2014 eingerichtete zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit, um Rechtssicherheit zu gewährleisten und die Einheitlichkeit der Vollziehung der im Behindertenpass möglichen Eintragungen sicherzustellen, die Voraussetzungen, die die Vornahme von Eintragungen im Behindertenpass rechtfertigen, in einer Verordnung geregelt werden sollen.

Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.

Schlagworte

Behindertenpass Sachverständigengutachten Unzumutbarkeit Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W201.2227461.1.00

Im RIS seit

04.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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