TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/28 W201 2227166-1

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Veröffentlicht am 28.05.2020
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Entscheidungsdatum

28.05.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W201 2227166-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Angela SCHIDLOF als Vorsitzenden und die Richterin Dr. Margit MÖSLINGER-GEHMAYR sowie den fachkundigen Laienrichter Franz GROSCHAN als Beisitzer über die Beschwerde von

XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Burgenland, vom 06.12.2019,

OB: XXXX , in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin hat am 28.08.2019 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung; Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) unter Vorlage eines Befundkonvolutes einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gestellt.

2. Dem, durch die belangte Behörde eingeholten, auf persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin am 21.10.2019 basierenden Sachverständigengutachten

Dris. XXXX , Fachärztin für Neurologie ist (auszugsweise) im Wesentlichen Folgendes zu entnehmen:

"Klinischer Status -Fachstatus:

Allgemeinzustand gut. Ernährungszustand normal. Rechtshänderin.

HN: I-XII altersgemäß,

HWS: Rotation nach rechts endlagig eingeschränkt, KJA 12 cm

OE: MER seitengleich mittellebhaft, AVV/FNV sicher, Nackengriff beidseits möglich, Gelenke frei beweglich, kein sensomotorisches Defizit

Rumpf: kein sensibles Niveau, WS nicht kopfdolent, FBA 0 cm

UE: MER seitengleich mittellebhaft, Lasegue/Babinski negativ, Gelenke frei beweglich, kein sensomot. Defizit.

Gesamtmobilität-Gangbild: Kommt selbständig gehend in Konfektionsschuhen zur Untersuchung. Romberg/Gang/komplizierte Gangarten/Einbeinstand beidseits sicher möglich.

Status Psychicus: Voll orientiert, gut kontaktfähig, Duktus/Antrieb regelrecht. Nachtschlaf "Katastrophe" - ausgeprägte Durchschlafstörung, keine produktive Symptomatik/mnestische Defizite

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Position

GdB

01

Alkoholkrankheit, bipolar II Störung Unterer Rahmensatz bei Zustand nach mehreren stationären Entwöhnungen, affektive Begleiterkrankung

03.08.02

50 vH

02

Aufbrauchserscheinungen der Wirbelsäule Oberer Rahmensatz, geringe Einschränkung im Alltag, keine Nervenwurzelreizsymptomatik

02.01.01

20 vH

 

Gesamtgrad der Behinderung

50 vH

 

Der Gesamtgrad der Behinderung wird von Leiden 1 gebildet. Keine maßgebliche Verschlechterung des Gesamtbildes durch Leiden 2.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung: Aufbraucherscheinungen der Schultergelenke - derzeit ohne funktionelle Relevanz, Laktoseintoleranz - keine Beschwerden angegeben."

3. Am 13.11.2019 hat die Beschwerdeführerin einen ambulanten Patientenbrief des AKH vom 18.10.2019 in Vorlage gebracht.

4. Zur Überprüfung des Befundes wurde von der belangten Behörde eine - auf der Aktenlage basierende - mit 21.11.2019 datierte, medizinische Stellungnahme von der Sachverständigen Dr. XXXX eingeholt, welcher zu entnehmen ist, dass der neu vorgelegte FA-Befund keine Änderung des vorliegenden Sachverständigengutachtens

Dris. XXXX vom 21.10.2019 bedingt.

5. Mit Schreiben vom 05.12.2019 hat die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens einen Grad der Behinderung von

50 ergeben habe und wurden das Gutachten Dris. XXXX und die Stellungnahme Dris. XXXX in der Beilage übermittelt.

6. Am 06.12.2019 hat die belangte Behörde der Beschwerdeführerin einen unbefristeten Behindertenpass ausgestellt und einen Grad der Behinderung in Höhe

50 vH eingetragen.

7. Gegen diesen Bescheid in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses wurde von der Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben.

Unter neuerlicher Vorlage des Ambulanten Patientenbriefes des XXXX und einer Aufenthaltsbestätigung des XXXX wurde von der Beschwerdeführerin im Wesentlichen vorgebracht, sie leide auch an ADHS, was nicht berücksichtigt worden sei. Sie befinde sich wieder im XXXX und müsse weitere ambulante Psychotherapie und fachärztliche Betreuung anschließen. Es würden vermutlich weitere Stabilisierungsaufenthalte erforderlich sein. Sie beantrage daher die Erhöhung des Grades der Behinderung.

8. Die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakt langte der Aktenlage nach am 07.01.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

9. Im zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes durch das Bundesverwaltungsgericht eingeholten medizinischen Ergänzungsgutachten

Dris. XXXX , Fachärztin für Neurologie und Ärztin für Allgemeinmedizin wird basierend auf der Aktenlage (auszugsweise) Folgendes festgestellt:

"Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Position

GdB

01

Alkoholkrankheit, Bipolar II Störung Unterer Rahmensatz bei Zustand nach mehreren stationären Entwöhnungen, affektive Begleiterkrankung

03.08.02

50 vH

02

Aufbraucherscheinungen der Wirbelsäule Oberer Rahmensatz, geringe Einschränkung im Alltag, keine Nervenwurzelreizsymptomatik

02.01.01

20 vH

 

Gesamtgrad der Behinderung

50 vH

 

Der Gesamtgrad der Behinderung wird von Leiden 1 gebildet. Keine maßgebliche Verschlechterung des Gesamtbildes durch Leiden 2.

Erläuterungen:

Bei der Patientin besteht ein seit Jahren dokumentiertes Alkoholabhängigkeitssyndrom (Befunde mit Entwöhnungsbehandlungen wurden ab 3/2010 vorgelegt), zusätzlich in mehreren Befunden Komorbidität im Sinne einer Bipolar II Störung dokumentiert. Im August 2019 gezielte erstmalige Austestung bzgl. eines ADHS am XXXX , welches im Abschlussbefund als zugrundeliegende Erkrankung angenommen wird. Eine entsprechende medikamentöse Therapie wird nicht eingeleitet und erneut ein stationärer Aufenthalt zur Alkoholentwöhnung empfohlen. In der Anamneseerhebung vom 21.10.2019 berichtet die Patientin über einen Schulabschluss mit Matura (relevante schulische Probleme wurden nicht erwähnt). Danach im Verkauf gearbeitet, letzte Vollzeitbeschäftigung 2005. Aufgrund der Befundlage und des Gutachtens vom 21.10.2019 ist ein ADHS mit Behinderungswertigkeit in der Kindheit/Jugend nicht dokumentiert (die Matura konnte abgelegt werden, kein Befund über eine psychiatrische Intervention in der Kindheit/Jugend vorgelegt). Sämtliche vorgelegten Befunde dokumentieren ein Alkoholabhängigkeitssyndrom als Führungsdiagnose über Jahre. Ein begleitendes oder vielleicht ursächliches ADHS erscheint aufgrund des Befundes XXXX möglich, allerdings ist die Führungsdiagnose in Bezug auf Behinderung laut Einschätzungsverordnung in der Alkoholabhängigkeit zu sehen. Typischerweise bestehen bei Alkoholabhängigkeit auch häufig Komorbiditäten (wie in zahlreichen Befunden dargelegt: Bipolar II Störung, histrionische Persönlichkeitsstörung). Das nun diagnostizierte ADHS ist in diesem Sinne als Komorbidität/Begleiterkrankung zu werten und in der Einschätzung der Alkoholkrankheit mit einem GdB von 50 vH miteingeschlossen. Das Gesamtbild ist mit einem Grad der Behinderung von 50 vH ausreichend erfasst. Somit ergibt sich keine Änderung des Gutachtens vom 21.10.2019."

9. Mit Schreiben vom 25.02.2020 wurden die Verfahrensparteien vom Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt, und wurde ihnen die Möglichkeit eingeräumt, eine Stellungnahme abzugeben.

Weder die Beschwerdeführerin noch die belangte Behörde haben Einwendungen erhoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführerin erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz im Inland.

Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ist am 28.08.2019 bei der belangten Behörde eingelangt.

Der Verwaltungsakt ist unter Anschluss der Beschwerdeschrift am 07.01.2020 im Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

1.2. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 50 vH.

Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Position

GdB

01

Alkoholkrankheit, Bipolar II Störung Unterer Rahmensatz bei Zustand nach mehreren stationären Entwöhnungen, affektive Begleiterkrankung

03.08.02

50 vH

02

Aufbraucherscheinungen der Wirbelsäule Oberer Rahmensatz, geringe Einschränkung im Alltag, keine Nervenwurzelreizsymptomatik

02.01.01

20 vH

 

Gesamtgrad der Behinderung

50 vH

 

Der Gesamtgrad der Behinderung wird von Leiden 1 gebildet. Keine maßgebliche Verschlechterung des Gesamtbildes durch Leiden

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

Zu 1.2.) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen und des Gesamtgrades der Behinderung der Beschwerdeführerin gründen sich - in freier Beweiswürdigung - auf das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin, sowie auf das durch das Bundesverwaltungsgericht auf der Aktenlage basierende Ergänzungsgutachten Dris. XXXX .

Das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten und das durch das Bundesverwaltungsgericht eingeholte Ergänzungsgutachten sind schlüssig und nachvollziehbar und weisen keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und dessen Ausmaß ausführlich eingegangen. Die vorgelegten Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen und stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des vorliegenden Sachverständigenbeweises.

Die bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Gesundheitsschädigungen wurden in den eingeholten Sachverständigengutachten dem befunddokumentierten Ausmaß der Funktionseinschränkungen entsprechend beurteilt und im Einklang mit den vorgelegten Befunden und dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen klinischen Befund unter die entsprechenden Positionsnummern der Anlage zur Einschätzungsverordnung korrekt zugeordnet.

Zum Einwand der Beschwerdeführerin, dass das diagnostizierte ADHS nicht berücksichtigt worden sei, erläutert Dr. XXXX fachärztlich überzeugend und schlüssig, dass dieses nicht als gesondertes Leiden zu beurteilen ist, sondern als Komorbidität zu werten und somit in die Beurteilung des psychischen Leidenszustandes als Gesamtbild miteingeflossen ist. Vielmehr steht bei der Beschwerdeführerin das vorliegende Alkoholabhängigkeitssyndrom im Vordergrund und stellt somit die Führungsdiagnose dar.

Die Beurteilung der bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Gesundheitsschädigung erfolgte somit im Einklang mit der Einschätzungsverordnung welche Richtsatzposition 03.08.02 für Suchterkrankungen mit fortgeschrittenen körperlichen und psychischen Veränderungen vorsieht, wobei ein Grad der Behinderung in Höhe von 50 vH heranzuziehen ist, wenn hochgradige Abhängigkeit vorliegt, nachgewiesene stationäre Entzugsversuche erfolgt sind und affektive Begleiterkrankungen bestehen. Diese in der Einschätzungsverordnung genannten Gründe liegen im gegenständlichen Fall eindeutig vor.

Der Beurteilung des Wirbelsäulenleidens wurde von der Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten.

Das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte Sachverständigengutachten

Dris. XXXX und deren im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingeholtes Ergänzungsgutachten stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens wurde auch im Rahmen des durch das Bundesverwaltungsgericht erteilten Parteiengehörs durch die Beschwerdeführerin unbeeinsprucht zur Kenntnis genommen.

Die Angaben der Beschwerdeführerin konnten somit nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden.

Das Sachverständigengutachten Dris. XXXX und deren Ergänzungsgutachten werden daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Mai 1990 über die Beratung, Betreuung und besondere Hilfe für behinderte Menschen (Bundesbehindertengesetz - BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

1. Abweisung der Beschwerde:

Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Auf den Fall bezogen:

Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, sind weder das Beschwerdevorbringen noch die vorgelegten Beweismittel geeignet darzutun, dass der in Höhe von 50 vH festgestellte Grad der Behinderung nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß der Beschwerdeführerin entspräche.

Die vorliegenden Gesundheitsschädigungen wurden im Einklang mit den Vorgaben der Einschätzungsverordnung, dem Ausmaß der vorliegenden Funktionseinschränkungen entsprechend, beurteilt.

Das Beschwerdevorbringen wurde insofern berücksichtigt, als die vorgebrachten Einwendungen und vorgelegten medizinischen Beweismittel einer fachärztlichen Überprüfung unterzogen wurden. Die Angaben der Beschwerdeführerin konnten jedoch nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden.

Da ein Grad der Behinderung von 50 vH festgestellt wurde war spruchgemäß zu entscheiden.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Im gegenständlichen Fall sind maßgebend für die Entscheidung die Art und das Ausmaß der bei der Beschwerdeführerin festgestellten Gesundheitsschädigungen und der daraus resultierende Gesamtgrad der Behinderung. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte Sachverständigengutachten geprüft und wurde durch das Bundesverwaltungsgericht ein fachärztlich neurologisches Ergänzungsgutachten eingeholt. Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, wurden diese als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Die Beschwerdeführerin hat von dem durch die belangte Behörde und von dem durch das Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten vollinhaltlich Kenntnis erlangt.

Im Rahmen des Parteiengehörs hatten die Verfahrensparteien die Möglichkeit sich zu äußern. Das Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens wurde jedoch im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht erteilten Parteiengehörs nicht bestritten.

Sohin ist der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist auch kein absoluter. (VfGH vom 09.06.2017, E 1162/2017)

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass Grad der Behinderung Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W201.2227166.1.00

Im RIS seit

04.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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