Entscheidungsdatum
28.05.2020Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W201 2222094-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Angela SCHIDLOF als Vorsitzende und die Richterin Dr. Margit MÖSLINGER-GEHMAYR sowie den fachkundigen Laienrichter Franz GROSCHAN als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 03.07.2019, OB XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
Die Voraussetzungen für die Eintragung des Zusatzes "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung " in den Behindertenpass liegen nicht vor.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG .
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) hat dem Beschwerdeführer am 06.10.1992 einen unbefristeten Behindertenpass ausgestellt und einen Grad der Behinderung in Höhe von 70 vH eingetragen.
2. Der Beschwerdeführer stellte einlangend am 21.02.2019 bei der belangten Behörde unter Vorlage medizinischer Beweismittel einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gem. § 29b StvO 1960 (Parkausweis) welcher auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gilt.
3. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 04.04.2019 eingeholt, welchem -auszugsweise - Folgendes zu entnehmen ist:
"Klinischer Status:
Allgemeinzustand normal. Ernährungszustand schlank.
Kopf/Hals: haut und sichtbare Schleimhäute gut durchblutet. Visus (Brillenträger) und Gehör altersentsprechend unauffällig. Unauffällige Halsorgane.
Thorax/Herz/Lunge: Inspektorisch und auskultatorisch unauffällig, während der Untersuchungsdauer (auch beim selbständigen Aus- und Ankleiden) keine Atemauffälligkeiten. Blutdruck 115/70.
Abdomen: Unter Thoraxniveau. Reizlose Narbe. Unauffällige Organgrenzen. Trägt in der normalen Unterhose eine Inkontinenzeinlage, keine Druckempfindlichkeit.
Obere Extremitäten: Altersentsprechend frei beweglich, kein Tremor.
Untere Extremitäten: Beingelenke frei beweglich, das passive Durchbewegen der Beine gelingt rechts flüssiger als links. Keine Ödeme. Keine motorischen Defizite.
Wirbelsäule: Weitgehend unauffällig strukturiert. Ausreichend frei bewegliche HWS. BWS/LWS - Narbe nach Bandscheibenoperation - FBA im Stehen 25 cm.
Gesamtmobilität - Gangbild: Kommt mit Gehstock weitgehend unauffälligen Schrittes ins Untersuchungszimmer. Kann frei auf den Beinen stehen. Kann im Zimmer auch ohne Hilfsmittel gehen.
Status Psychicus: Voll orientiert, Stimmung und Antrieb unauffällig, kooperativ.
Ergebnis der durchgeführten Untersuchung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
01
Zustand nach Billroth I, GERD
02
Blasenkarzinomrezidiv - aktuell 10/18 nicht invasives, papilläres Urothelkarzinom, low grade Tumorstadium pTa, PSA 4,1 unter Finasterid
03
Rarefikation der Lungenstruktur in beiden Oberlappen, Emphysemblasen in den Oberfeldern
04
Degenerative, osteoporotische und postoperative Veränderungen am Stütz- und Bewegungsorgan
05
Struma nodosa, Hypothyreose
Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine.
Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein.
Gutachterliche Stellungnahme:
Öffentliche Verkehrsmittel sind zumutbar, da weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren und oberen Extremitäten und der Wirbelsäule, noch erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, noch erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten/Funktionen vorliegen. Eine kurze Wegstrecke kann unter Berücksichtigung des erhobenen Untersuchungsbefundes und der vorliegenden Befunde aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe - allenfalls unter Verwendung eines einfachen Hilfsmittels (Gehstock oder Stützkrücke) was die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht erheblich erschwert - ohne Unterbrechung zurückgelegt werden. Die vorliegenden dauernden Gesundheitsschädigungen wirken sich nicht auf die Möglichkeit des sicheren Ein- und Aussteigens und auf die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieses Verkehrsmittels gegebenen Bedingungen aus.
4. Im Rahmen des gemäß § 45 Abs. 3 AVG eingeräumten Parteiengehörs wurden keine Einwendungen erhoben.
5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung " abgewiesen.
Die Abweisung wurde mit dem Ergebnis des medizinischen Ermittlungsverfahrens begründet.
Als Beilage zum Bescheid wurde das eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX übermittelt.
6. Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer am 01.08.2019 unter nachträglicher Vorlage von medizinischen Beweismitteln, fristgerecht Beschwerde erhoben, wobei der Beschwerdeführer im Wesentlichen vorbringt, dass im Rahmen der Untersuchung die Beweismittel nicht ausreichend gewürdigt worden seien. Er leide an einem Zustand nach Magenoperation, Operation von Bandscheibenvorfällen, Leistenbruch, Blasentumor-operationen, einem Struma nodosa mit Hypothyreose und Osteoporose. Auf Grund einer chronischen Lumbago leide er an Verspannungen, Bewegungseinschränkungen, Steifigkeit und es bestehe ein Sturzrisiko. Durch die chronische Dorsalgie habe er brennende, stechende Schmerzen in Fußsohlen, Kreuz und Rücken. Auf Grund der Depressionen habe er Angst, sei gereizt und niedergeschlagen und leide an Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Übelkeit. Die ständigen Schmerzen würden ihn sehr belasten. Weiter bestehe eine Arthrose der Halswirbelsäule, ein Lungenleiden, Harninkontinenz sowie ein Zustand bei Chemotherapie.
7. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten von DDr. XXXX , Fachärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie sowie Ärztin für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 17.10.2019 eingeholt, in welchem - auszugsweise - im Wesentlichen Folgendes festgestellt wurde:
"Status:
Allgemeinzustand gut. Ernährungszustand gut.
Caput/Collum: Klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen.
Thorax: Symmetrisch, elastisch. Atemexkursionen seitengleich. VA. HAT rein, rhythmisch.
Abdomen: Klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz. Keine Vorlagen, kein Hinweis auf Inkontinenz. Integument unauffällig.
Schultergürtel und beide oberen Extremitäten: Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden. Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig. Aktive Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig. Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.
Becken und beide unteren Extremitäten: Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits ohne Anhalten und ohne Einsinken durchführbar. Der Einbeinstand ist mit Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist zu einem Drittel möglich. Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse. Beinlänge ident. Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich. Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig. Aktive Beweglichkeit: Hüften, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich. Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist links bis 50°, rechts bis 60° bei KG 5 möglich.
Wirbelsäule: Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, mäßig Hartspann, Klopfschmerz über der LWS. Aktive Beweglichkeit: HWS: in allen Ebenen frei beweglich. BWS/LWS: FBA 30cm, Rotation und Seitneigung zur Hälfte eingeschränkt, Lasegue beidseits negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.
Gesamtmobilität-Gangbild: Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen mit einem Gehstock, das Gangbild ist geringgradig links hinkend und geringgradig verlangsamt, sonst unauffällig. Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.
Status Psychicus: Allseits orientiert. Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig. Stimmungslage ausgeglichen.
Diagnoseliste:
1) Zustand nach Billroth I, gastroösophageale Refluxkrankheit
2) Blasenkarzinom Rezidiv 10/2018, Urothelkarzinom
3) Degenerative, osteoporotische und postoperative Veränderungen am Stütz- und Bewegungsapparat
4) Struma nodosa, Hypothyreose
Stellungnahme:
Bei der fachärztlich-orthopädischen Untersuchung finden sich an beiden oberen Extremitäten keine behinderungsrelevanten funktionsbeeinträchtigenden Einschränkungen der Beweglichkeit, Motorik oder Sensibilität, wodurch ein festes Anhalten und ein sicherer Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel gegeben ist. Eine Gehstrecke von 300 - 400 Meter ist, allenfalls unter Verwendung eines einfachen Hilfemittels, aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe bewältigbar und zuzumuten. Das Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel, sowie das Bewältigen von Niveauunterschieden oder Hindernissen, die Sitzplatzsuche und die notwendige Fortbewegung innerhalb eines öffentlichen Verkehrsmittels sind wegen des ausreichenden Bewegungsumfanges aller großen Gelenke der unteren Extremitäten, wenn erforderlich im Nachstellschritt, nicht erheblich erschwert. Kraft und Koordination sind ausreichend, es liegt kein Hinweis für eine relevante Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit vor, kognitive Defizite sind nicht fassbar. Eine maßgebliche Behinderung beim Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke und bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist somit nicht ausreichend begründbar. Eine Therapierefraktion hinsichtlich der angegebenen Beschwerden ist nicht gegeben, da mit multimodaler Therapie eine Beschwerdeerleichterung zu erwarten wäre. Es liegt auch keine konsumierende Erkrankung vor, welche zu einer Schwächung des Allgemeinzustandes führt, ausreichend guter Ernährungszustand und kein Hinweis für eine kardiopulmonale Funktionseinschränkung.
Stellungnahme zu den Einwendungen des Beschwerdeführers:
Art und Ausmaß allfälliger Schmerzzustände, die speziell mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einhergehen, können nur indirekt erfasst werden. Anhand des beobachteten Gangbildes mit geringgradig links hinkendem Gehen und sicherer Gesamtmobilität, des aktuellen Untersuchungsergebnisses mit ausreichender Beweglichkeit sämtlicher Gelenke der unteren Extremitäten und des derzeitigen Therapieerfordernisses (NSAR) ergibt sich keine Hinweis auf höhergradige Schmerzzustände, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Überwinden von Niveauunterschieden und das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschwerten. Eine maßgebliche Harnentleerungsstörung ist den vorliegenden urologischen Befunden nicht zu entnehmen. Insbesondere gibt es keinen Nachweis einer Harninkontinenz.
8. Mit Schreiben vom 24.03.2020 wurden die Verfahrensparteien vom Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt, und wurde die Möglichkeit eingeräumt, eine Stellungnahme abzugeben.
Die belangte Behörde hat keine Einwendungen erhoben.
Der Beschwerdeführer hat mit Schreiben vom 17.04.2020 vorgebracht, dass er neun Monate lang bettlägrig gewesen sei und gepflegt worden sei. Er müsse mehr auf seine Gesundheit achtgeben. Er nehme die Entscheidung des Gerichtes zur Kenntnis.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz im Inland. Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines unbefristet ausgestellten Behindertenpasses.
1.2. Der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" ist am 21.02.2019 bei der belangten Behörde eingelangt.
1.3. Beim Beschwerdeführer liegen Folgende Funktionseinschränkungen vor:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
01
Zustand nach Billroth I, gastroösophageale Refluxkrankheit
02
Blasenkarzinom Rezidiv 10/2018, Urothelkarzinom
03
Degenerative, osteoporotische und postoperative Veränderungen am Stütz- und Bewegungsapparat
04
Struma nodosa, Hypothyreose
05
Rarefikation der Lungenstruktur in beiden Oberlappen, Emphysemblasen in den Oberfeldern
1.4. Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
Der Beschwerdeführer kann sich im öffentlichen Raum selbständig fortbewegen, eine kurze Wegstrecke (ca. 300 m - 400 m) aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, gegebenenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe (Gehstock oder Unterarmstützkrücke), ohne maßgebende Unterbrechung zurücklegen bzw. wird durch die Verwendung allenfalls erforderlicher Behelfe die Benützung des öffentlichen Transportmittels nicht in hohem Maße erschwert. Die dauernden Gesundheitsschädigungen wirken sich nicht maßgebend auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens aus. Der sichere und gefährdungsfreie Transport im öffentlichen Verkehrsmittel ist nicht erheblich eingeschränkt.
Die Geh-, Steh- und Steigfähigkeit des Beschwerdeführers sowie die Möglichkeit Haltegriffe zu erreichen und sich festzuhalten sind genügend. Niveauunterschiede können überwunden werden, da die Beugefunktion im Bereich der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke ausreichend ist und das sichere Ein- und Aussteigen gewährleistet sind.
Eine vom Beschwerdeführer anamnestisch angeführter häufiger Harndrang bzw. das Verlieren von Harn wirkt sich nicht in erheblichem Ausmaß negativ auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus.
Ein Lungenleiden, welches eine relevante Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit des Beschwerdeführers nach sich ziehen würde, liegt nicht vor.
Beim Beschwerdeführer liegen im Hinblick auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auch keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder der Sinnesfunktionen vor, es besteht auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems.
Die festgestellten Funktionseinschränkungen wirken sich - auch im Gesamtbild - nicht in erheblichem Ausmaß negativ auf die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel aus.
1.5. Dem Beschwerdeführer ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.
1. Beweiswürdigung:
Zu 1.1. und 1.2.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.
Zu 1.2. bis 1.5.) Die Feststellungen zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gründen auf dem durch das Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten Dris. XXXX , und dem erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachten Dris. XXXX , basierend auf den persönlichen Untersuchungen des Beschwerdeführers.
Die vorliegenden ärztlichen Sachverständigengutachten sind hinsichtlich der Beurteilung der körperlichen Fähigkeit des Beschwerdeführers öffentliche Verkehrsmittel zu benützen schlüssig nachvollziehbar und widerspruchsfrei.
In den eingeholten Gutachten wurde auf die Art der Leiden, deren Ausmaß und Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ausführlich eingegangen. Die übereinstimmemden Sachverständigengutachten Dris. XXXX und Dris. XXXX werden daher der Entscheidung in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.
Zusätzlich zu den im Gutachten Dris. XXXX erhobenen Gesundheitsschädigungen wurde nunmehr auch die befunddokumentierte und im erstinstanzlichen Gutachten Dris. XXXX objektivierte Gesundheitsschädigung "Rarefikation der Lungenstruktur in beiden Oberlappen, Emphysemblasen in den Oberfeldern" in die Diagnoseliste aufgenommen, wobei diese Gesundheitsschädigung keine Auswirkung auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel hat. So wurde diese Gesundheitsschädigung lediglich im Röntgenbefund vom 14.06.2016 dokumentiert, welcher aber -mangels Status und Untersuchungsbefund - keinen Aufschluss über resultierende Funktionseinschränkungen gibt. Diesbezügliche relevante Funktionseinschränkungen konnten weder im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhoben werden - es wurde in beiden Gutachten keine relevante respiratorische Einschränkung objektiviert - noch wurden lungenfachärztliche Befunde in Vorlage gebracht, welche eine resultierende Funktionseinschränkung dokumentieren würden. Es wurden vom Beschwerdeführer auch keine diesbezüglichen Einschränkungen vorgebracht. Vom Vorliegen einer schweren Form einer Atemwegserkrankung im Sinne einer chronisch obstruktiven Atemwegserkrankung im Stadium IV kann daher nicht ausgegangen werden.
Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Schmerzzustände, resultierend aus Gesundheitsschädigungen des Bewegungsapparates ist festzuhalten, dass anhand des beobachteten Gangbildes mit geringgradig links hinkendem Gehen und sicherer Gesamtmobilität bei guter Beweglichkeit sämtlicher Gelenke der unteren und oberen Extremitäten kein Hinweis auf höhergradige Schmerzzustände vorliegt, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke oder Überwinden von Niveauunterschieden erheblich erschweren könnten. Auch lässt die vom Beschwerdeführer eingenommene Medikation nicht auf höhere Schmerzzustände schließen. So wird im Gutachten Dris. XXXX auch dargestellt, dass keine Therapierefraktion hinsichtlich der angegebenen Beschwerden besteht und unter multimodaler Therapie eine Beschwerdeerleichterung zu erwarten ist.
Zur vorgebrachten Harnhalteschwäche erläutert Dr. XXXX nachvollziehbar, dass eine maßgebliche Harnentleerungsstörung den vorliegenden urologischen Befunden nicht zu entnehmen ist und insbesondere kein Nachweis einer imperativen Harninkontinenz vorliegt. Diese Beurteilung steht auch im Einklang mit dem vom Beschwerdeführer vorgelegten urologischen Befund Dr. XXXX vom 29.07.2019 welcher dargestellt, dass kein Hinweis auf Rezidiv vorliegt, praktisch kein Harnverlust besteht und Inkontinenz nur gelegentlich auftritt.
Die eingeholten Sachverständigengutachten stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.
Die Krankengeschichte des Beschwerdeführers wurde umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt.
Dem Beschwerdevorbringen wurde insofern entsprochen, als das Bundesverwaltungsgericht ein weiteres auf persönlicher Untersuchung basierende Sachverständigengutachten eingeholt hat. Das Beschwerdevorbringen und die vorgelegten Beweismittel sind jedoch nicht geeignet die gutachterliche Beurteilung, wonach eine ausreichende Funktionsfähigkeit des Bewegungsapparates und genügende körperliche Belastbarkeit gegeben sind bzw. sich die dauernden Gesundheitsschädigungen nicht maßgebend negativ auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirken, zu entkräften.
Die Angaben des Beschwerdeführers konnten nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden und wurden im Rahmen des Parteiengehörs auch keine Einwendungen erhoben.
2. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A) Abweisung der Beschwerde
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)
Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)
Der Behindertenpaß ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)
Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist u.a. jedenfalls einzutragen:
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
(§ 1 Abs. 4 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen auszugsweise)
Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktions-beeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
(§ 1 Abs. 5 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen)
In den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird Folgendes ausgeführt:
Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):
Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
- hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
- Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
- COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
- Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
- mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:
- vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystem als Nebenwirkung im Rahmen von Chemo- und /oder Strahlentherapien,
- laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, Abstoßreaktionen von Transplantaten zu verhindern oder die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken,
- Kleinwuchs
- gut versorgte Ileostoma, Colostoma und Ähnliches mit dichtem Verschluss. Es kommt weder zu Austritt von Stuhl oder Stuhlwasser noch zu Geruchsbelästigungen. Lediglich bei ungünstiger Lokalisation und deswegen permanent undichter Versorgung ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar,
- bei Inkontinenz, da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Lediglich bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar.
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128, und die dort angeführte Vorjudikatur sowie vom 22. Oktober 2002, Zl. 2001/11/0242, vom 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).
Auf den Beschwerdefall bezogen:
Wie unter Punkt II.2. ausgeführt, war den Sachverständigen zu folgen, dass weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten bzw. des sonstigen Stütz- und Bewegungsapparates noch erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vorliegen.
Zum Vorbringen wird angemerkt, dass sowohl die Geh-, Steh- und Steigfähigkeit des Beschwerdeführers als auch dessen kardiopulmonale Belastbarkeit ausreichend sind um öffentliche Verkehrsmittel zu erreichen und bei diesen ein- und auszusteigen. Dem in den Gutachten beschriebenen Bewegungsumfang ist der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten.
Hinsichtlich des Beschwerdevorbringens, der Beschwerdeführer leide an Harnverlust, ist festzuhalten, dass die Verwendung von Inkontinenzprodukten bzw. Hygieneartikeln zumutbar ist. Die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte sind ausreichend sicher und beugen maßgebenden Verunreinigungen durch austretenden Harn vor. Eine eventuelle Geruchsbelästigung tritt erst nach mehreren Stunden auf, weshalb ein Einlagenwechsel rechtzeitig erfolgen kann. Eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wird dadurch nicht begründet.
Die vorgebrachten Schmerzen konnten nicht in einem Ausmaß festgestellt werden, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschweren.
Beim Beschwerdeführer konnten auch keine maßgeblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder von Sinnesfunktionen festgestellt werden, es besteht auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems.
Daher ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.
Das Beschwerdevorbringen und vorgelegten Beweismittel waren nicht geeignet darzutun, dass die gutachterliche Beurteilung, wonach eine ausreichende Funktionsfähigkeit des Bewegungsapparates und genügende körperliche Belastbarkeit gegeben sind bzw. sich die dauernden Gesundheitsschädigungen nicht maßgebend negativ auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirken, nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß des Beschwerdeführers entspräche.
Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß erreichen, welches die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)
Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen für den beantragten Zusatzvermerk sind die Art, das Ausmaß und die Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
Zur Klärung des Sachverhaltes wurden daher von der belangten Behörde und vom Bundesverwaltungsgericht medizinische Sachverständigengutachten eingeholt. Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurden hinsichtlich der Beurteilung der körperlichen Möglichkeit des Beschwerdeführers öffentliche Verkehrsmittel zu benützen, als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.
Der Beschwerdeführer hat von den Sachverständigengutachten vollinhaltlich Kenntnis erlangt. Im Rahmen des Parteiengehörs hatten die Verfahrensparteien die Möglichkeit sich zu äußern. Das Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens wurde jedoch im Rahmen des erteilten Parteiengehörs nicht bestritten, sondern hat der Beschwerdeführer das Ergebnis ausdrücklich zur Kenntnis genommen.
Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Im Übrigen wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren nicht beantragt und wurde das Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens im Rahmen des Parteiengehörs nicht bestritten. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist auch kein absoluter. (VfGH vom 09.06.2017, E 1162/2017)
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung einerseits von Tatsachenfragen abhängt. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen. Andererseits sind Rechtsfragen zu lösen, welchen keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
In den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird ausgeführt, dass damit präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden sollen. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt. Es war sohin keine - von der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abweichende - Neuregelung beabsichtigt.
Vielmehr wird in den Erläuterungen ausdrücklich festgehalten, dass im Hinblick auf die ab 01.01.2014 eingerichtete zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit, um Rechtssicherheit zu gewährleisten und die Einheitlichkeit der Vollziehung der im Behindertenpass möglichen Eintragungen sicherzustellen, die Voraussetzungen, die die Vornahme von Eintragungen im Behindertenpass rechtfertigen, in einer Verordnung geregelt werden sollen.
Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.
Schlagworte
Behindertenpass Sachverständigengutachten Zumutbarkeit ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W201.2222094.1.00Im RIS seit
04.08.2020Zuletzt aktualisiert am
04.08.2020