Entscheidungsdatum
28.05.2020Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W201 2219471-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Angela SCHIDLOF als Vorsitzende und die Richterin Dr. Margit MÖSLINGER-GEHMAYR sowie den fachkundigen Laienrichter Franz GROSCHAN als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 23.04.2019, OB XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
Die Voraussetzungen für die Eintragung des Zusatzes "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung " in den Behindertenpass liegen nicht vor.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG .
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte einlangend am 10.12.2018 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) unter Vorlage medizinischer Beweismittel einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gem. § 29b StvO 1960 (Parkausweis) welcher auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" gilt sofern der Beschwerdeführer nicht bereits im Besitz eines solchen ist.
2. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Facharzt für Lungenheilkunde, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 23.01.2019 eingeholt, welchem -auszugsweise - Folgendes zu entnehmen ist:
"Anamnestische Angaben: COPD seit 30 Jahren bekannt, steht in lungenfachärztlicher Kontrolle seit 2013, hätte er eine 10-Liter-Sauerstoffflasche zu Hause, zur gegenständlichen Untersuchung wird keine mobile Sauerstoffversorgung mitgeführt.
Klinischer Status:
Altersentsprechend normaler Allgemeinzustand, keine Ruhedyspnoe, keine mobile Sauerstoffversorgung, ein Gespräch in Zimmerlautstärke über einen Hörbereich von 3- 4 Metern möglich, keine Hörgeräte. Normaler Ernährungszustand.
Kopf/Hals: Keine obere Einflussstauung, keine Struma, keine Lippenzyanose, die Hirnnerven frei.
Herz: Reine, rhythmische Herztöne, Frequenz 82 pro Minute, Blutdruck 80/50.
Lunge: Hypersonorer Klopfschall, abgeschwächtes Atemgeräusch wie bei Emphysem mit bronchitisch trockenem Rasselgeräusch beidseits.
Gliedmaßen: Keine Krampfadern, keine Beinödeme, die großen Gelenke frei beweglich.
Gesamtmobilität-Gangbild: Altersentsprechende unauffällige Gesamtmobilität. Unauffälliges Gangbild. Es wird keine Gehhilfe verwendet. Freier Stand und freies Sitzen problemlos möglich.
Status Psychicus: Unauffällig. Zeitlich und örtlich orientiert. Keine fassbaren kognitiven Defizite. Ausgeglichene freundliche Stimmungslage.
Ergebnis der durchgeführten Untersuchung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Position
GdB
01
Schwere chronisch obstruktive Atemwegserkrankung (COPD III) mit sekundärem Lungenemphysem und Asthma bronchiale in der Anamnese. Oberer Rahmensatz, da langjähriger chronischer Krankheitsverlauf mit wiederholten akuten Exazerbationen, ausgeprägtem Lungenemphysem, Überlappung mit allergischem Asthma bronchiale und deutlicher Einschränkung der Atemfunktion.
06.06.03
70 vH
Gesamtgrad der Behinderung
70 vH
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
- Milde depressive Störung, unter medikamentöser Behandlung stabil, vollständige soziale Integration und keine Hinweise für kognitive Defizite.
- Bluthochdruck: gute Therapieeinstellung, keine kardiovaskulären Folgeerkrankungen.
- Zustand nach Riss der Achillessehne 2007: keine Funktionsstörung im Sinne einer Behinderung objektivierbar.
- Zustand nach beidseitiger Operation eines grauen Stars: erfolgreiche Operation, keine funktionellen Folgeerscheinungen."
Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine. Es liegt eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung, bei Zustand nach Teilresektion des rechten Oberlappens, ohne Notwendigkeit einer mobilen Sauerstoffversorgung vor. Dieses Leiden verursacht eine mäßige Reduktion der körperlichen Leistungsfähigkeit, ist jedoch für leichte Belastungen therapeutisch kompensiert, sodass das Erreichen, das Be- und Entsteigen sowie die sichere Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dadurch nicht erheblich erschwert ist.
Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein."
3. Im Rahmen des gemäß § 45 Abs. 3 AVG erteilten Parteiengehörs wurde, ohne Vorlage von Beweismitteln, im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass der Beschwerdeführer zwar 300m unter Schmerzen durch den Achillessehneneinriss zurücklegen könne, dies aber nur wenn er alle 20 Meter eine Pause einlege, da er keine Luft mehr bekomme. Auf Grund des bei längeren Wegen auftretenden Schwindels benötige er auch eine Begleitperson und seien ihm Wege der alltäglichen Verrichtung nicht alleine möglich. Es sei somit auch die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - welche auch 30 Minuten entfernt seien - nicht einmal anzudenken. Auch trage der Beschwerdeführer seit 5 Jahren zwei Hörgeräte und seine Pflegestufe sei auf Stufe 2 angehoben worden. Auch sei eine Sauerstoff-Langzeittherapie verschrieben worden.
4. Zur Überprüfung der Einwendungen wurde von der belangten Behörde vom bereits befassten Sachverständigen, Dr. XXXX , basierend auf der Aktenlage, eine mit 19.04.2019 datierte medizinischen Stellungnahme eingeholt, in welcher Folgendes festgehalten wurde:
"Die 10-Liter Sauerstoffflasche in der Wohnung wird in meinem Gutachten ausdrücklich erwähnt, es ist allerdings festzustellen, dass zu meiner Untersuchung im Jänner 2019 keine mobile Sauerstoffversorgung notwendig war. Das Krankheitsbild wurde vollinhaltlich berücksichtigt und die Problematik der Atemnot bei Belastung im Gutachten ausgeführt. Eine Grunderkrankung, welche zu Gehstreckenrelevantem, regelmäßigen Schwindel führt, ist nicht bekannt. Die Versorgung durch Hörgeräte wird zur Kenntnis genommen, stellt somit eine Verbesserung der Schwerhörigkeit dar und verändert nicht die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel. Pflegegeld der Stufe 2 wird ebenfalls zur Kenntnis genommen, ein diesbezügliches Gutachten oder neue objektive Befunde liegen allerdings nicht vor. Aus der Pflegegeldstufe alleine ist eine Änderung der Diagnosen oder der Einschätzung der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel naturgemäß nicht möglich. Im Vordergrund steht die COPD. Im Gutachten wurde ausführlich darauf hingewiesen, dass die Untersuchungen der Lungenabteilung des Krankenhauses XXXX (Blutgasanalyse) zufriedenstellende Werte zeigten, sodass eine Langzeitsauerstofftherapie nicht indiziert war. Es konnten keine kognitiven Defizite festgestellt werden und der Kunde leidet auch an keinen höhergradigen Funktionsstörungen des Stütz- und Bewegungsapparates. Die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde im eigenen Gutachten vom 23.01.2019 ausführlich begründet. Neue Beweismittel oder Befunde werden nicht vorgelegt. Somit bleibt es unverändert bei dem bereits erstellten Gutachten."
5. Am 24.04.2019 hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer einen unbefristeten Behindertenpass ausgestellt und einen Grad der Behinderung in Höhe von 70 vH eingetragen.
6. Mit dem am 23.04.2019 erlassenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung " abgewiesen.
Die Abweisung wurde mit dem Ergebnis des medizinischen Ermittlungsverfahrens begründet.
7. Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer am 22.05.2019 unter Vorlage von medizinischen Beweismitteln und Wiederholung der im Rahmen des Parteiengehörs der belangten Behörde erhobenen Einwendungen fristgerecht Beschwerde erhoben. Ergänzend wurde angeführt, dass ein Behindertenparkausweis beantragt worden sei, der Beschwerdeführer aber einen Behindertenpass erhalten habe, was aber nicht das Problem des Parkens löse. Auch habe ein XXXX jähriger es verdient, dass seine Lebensqualität erhalten bleibe.
8. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 11.11.2019 eingeholt, in welchem - auszugsweise - im Wesentlichen Folgendes festgestellt wurde:
"Status:
Aus- und Ankleiden erfolgt überwiegend selbständig, die Schuhe werden selbst angezogen. Allgemeinzustand gut. Ernährungszustand gut.
Caput/Hals: Hörgeräte beidseits (HdO), sonst unauffällig, keine Lippenzyanose, Sprache unauffällig, keine Halsvenenstauung, Schilddrüse schluckverschieblich.
Cor: leise, reine Herztöne, rhythmische Herzaktion, Blutdruck 115/65.
Pulmo: V.A. beidseits, etwas abgeschwächtes Atemgeräusch, keine Rasselgeräusche, sonorer KS, Basen atemversch., keine Kurzatmigkeit beim Sprechen, keine maßgebliche Kurzatmigkeit bei Bewegungsprüfung im Untersuchungszimmer, BF kommt ohne Sauerstoffgerät.
Abdomen: unauffällig, weich, keine Druckpunkte, keine pathologischen Resistenzen palp., Leber am Ribo palp., Milz n.p., Darmgeräusche normal und unauffällig, Nierenlager bds. frei.
HWS: Kopfdrehung- und seitneigung nach rechts und links frei, Inkl. und Rekl. endlagig eingeschränkt. BWS: gerade, LWS: Rumpfdrehung und -seitneigung endlagig einschränkt.
Obere Extremitäten: Schultergelenk rechts frei beweglich, Nackengriff frei, Schürzengriff frei, Schultergelenk links frei beweglich, Nackengriff frei, Schürzengriff frei. Ellbogengelenk rechts frei beweglich. Ellbogengelenk links frei beweglich, Handgelenke frei beweglich, Fingergelenke beidseits frei, Daumengelenke bds. frei, Faustschluss bds. durchführbar, Zangengriff bds. durchführbar, Greif- und Haltefunktionen beidseits unauffällig, vergröberte DIP-Gelenke des 2. Fingers rechts stärker als links, beidseits vergröbertes Endglied des Daumens.
Untere Extremitäten: Hüftgelenke rechts Beweglichkeit frei, Flexion 130°. Hüftgelenk links Beweglichkeit frei, Flexion 130°. Kniegelenke frei beweglich, bandstabil. Sprunggelenke beidseits frei. Fußheben und -senken frei, Zehenbeweglichkeit unauffällig. Hocke ohne Anhalten durchführbar, beide unteren Extremitäten können 85° gut und rasch von der Unterlage gehoben werden. Beinpulse beidseits tastbar, Fußpulse beidseits tastbar. Temperatur beider unteren Extremitäten seitengleich unauffällig und normal. Venen: Varikositas beidseits, Ödeme: keine.
Neurologisch: Kraft der oberen und unteren Extremitäten seitengleich unauffällig und normal, maßgebliche Sensibilitätsstörungen werden nicht angegeben. Romberg unauffällig. Unterberger unauffällig, keine Schwindelsymptomatik.
Psychisch: Anamneseerhebung und Kommunikation unauffällig und gut möglich, bei Anamneseerhebung ergänzt fallweise Tochter. BF ist klar, wach, in allen Qualitäten orientiert. Stimmung ausgeglichen. Denkziel wird erreicht, grobklinisch keine maßgeblichen Konzentrationsstörungen.
Gang: Ohne Hilfsmittel unauffälliges, flüssiges und sicheres Gangbild. Keine Gangunsicherheit, keine Sturzneigung, keine Schwindelsymptomatik. Der BF trägt Konfektionsschuhe. Aufstehen aus sitzender und liegender Körperhaltung selbständig, unauffällig und gut möglich. Aufstehen aus sitzender Körperhaltung ohne Anhalten. Freies Stehen sicher und gut möglich. Zehenspitzenstand beidseits gut durchführbar. Fersenstand beidseits mit Anhalten durchführbar. Treppen zum Empfangsschalter werden sicher und flüssig mit Anhalten am Handlauf links begangen.
Diagnoseliste:
- Chronisch obstruktive Atemwegserkrankung bei chronischem Asthma bronchiale mit Allergieneigung und Lungenemphysem bei Zustand nach Nikotinabusus.
- Zustand nach Verletzung der linken Achillessehne 2007
- Arterielle Hypertonie
- Einschränkung des Hörvermögens beidseits mit Hörgeräteversorgung beidseits
- Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule
- Zustand nach Leistenbruchoperation beidseits 1986
- Zustand nach Operation eines grauen Stars an beiden Augen
- Zustand nach Mandelentfernung
Zur Diagnoseliste:
Hinsichtlich des Lungenleidens lassen sich im Rahmen der nunmehr durchgeführten klinischen Untersuchung grobklinisch keine erheblichen bzw. sehr schweren Störungen der Lungenfunktion objektivieren. Ein mobiles Sauerstoffgerät ist nicht erforderlich und wird nicht verwendet. Das vorliegende Lungenleiden erschwert die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht auf erhebliche Weise.
Ein Zustand nach Verletzung der linken Achillessehne erreicht bei Fehlen maßgeblicher funktioneller Einschränkungen kein Ausmaß, welches die sichere Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf erhebliche Weise erschwert.
Ein Bluthochdruck, welcher mittels Kombinationstherapie kompensierbar ist, erschwert die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht auf erhebliche Weise.
Das Hörleiden beidseits mit Hörgeräteversorgung erschwert die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht auf erhebliche Weise.
Die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule mit endgradigen funktionellen Einschränkungen in der Hals- und Lendenwirbelsäule erschweren die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht auf erhebliche Weise. Maßgebliche neurologische Defizite im Sinne von Lähmungserscheinungen, insbesondere an den unteren Extremitäten, lassen sich nicht erheben und liegen nicht vor.
Ein Zustand nach Leistenbruchoperation beidseits sowie Zustand nach Mandelentfernung erschwert die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht auf erhebliche Weise.
Ein Zustand nach Operation eines grauen Stars an beiden Augen ohne dokumentierte erheblich ausgeprägte Einschränkungen der Sehleistung erschwert die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht auf erhebliche Weise.
Vorgelegte Befunde und medizinische Unterlagen:
Vorliegend ist ein internistisch-lungenfachärztlicher Befund von Dr. XXXX vom 8. Oktober 2018, in welchem ein Asthma bronchiale mit fixierter Obstruktion beschrieben wird. Eine medikamentöse Therapie ist verordnet. Zudem Inhalationen und eine Atemphysiotherapie. Ein Patientenbrief der lungenärztlichen Abteilung des Krankenhauses XXXX vom
3. Februar 2017 beschreibt ein chronisches Asthma bronchiale, eine überlappende chronisch obstruktive Atemwegserkrankung, ein zentrilobuläres Lungenemphysem, eine Gräserpollenallergie, einen Zustand nach Lungenentzündung im Juni 2009, eine arterielle Hypertonie, einen Zustand nach Leistenbruch-Operation beidseits 1986, ein Zustand nach Mandelentfernung, ein Zustand nach Katarakt-Operation beidseits, ein Zustand nach chronischem Tabakabusus sowie anamnestisch einen Zustand nach Asbestexposition. Die Aufnahme erfolgte aufgrund einer seit einer Woche bestehenden Kurzatmigkeit mit produktivem Husten mit Auswurf. In der Lungenfunktion ergab sich eine hochgradig obstruktive Ventilationsstörung. Unter den durchgeführten Maßnahmen (medikamentös, physiotherapeutisch) zeigen sich unter Raumluft zufriedenstellende Blutgaswerte. Darin erwähnt ist ein vorübergehender Schwindel mit begleitendem vermindertem Blutdruck. Eine Reduktion der Blutdruckmedikation wurde im Rahmen des Aufenthaltes durchgeführt. Die Entlassung erfolgte in gebessertem Allgemeinzustand vom 3. Februar 2017. In der Lungenfunktion vom 26. Januar 2017 ist eine Ein-Sekundenkapazität von 42% beschrieben. In der Lungenfunktion am 1. Februar 2017 ist eine Einsekundenkapazität von 59% beschrieben.
Ein Röntgenbefund vom 19. September 2018 beschreibt in der Lunge ein Emphysem mit Pleuraschwielen beidseits, im Bereich der Halswirbelsäule eine Verminderung der Knochensubstanz bei hochgradiger Osteochondrose und höhenreduziertem 5. Halswirbel-körper, eine Spondylarthrose im mittleren Halswirbelsäulen-Drittel sowie einen unauffälligen Schädel.
Stellungnahme:
Im Rahmen der aktuell durchgeführten klinischen Untersuchung ließen sich eine unauffällige Funktion der Gelenke der unteren Extremitäten sowie der oberen Extremitäten objektivieren. Greif- und Haltefunktion ist beidseits unauffällig gegeben.
Im Bereich der Wirbelsäule zeigte sich eine geringgradige Funktionseinschränkung der Hals- und Lendenwirbelsäule.
Eine erheblich eingeschränkte Herzfunktion ließ sich bei Fehlen maßgeblicher Dekompensationszeichen sowie einer insgesamt unauffälligen Auskultation nicht erheben.
Bei chronisch obstruktiver Atemwegserkrankung und Asthma bronchiale sowie Lungenemphysem und Allergieneigung konnte im Rahmen der klinischen Untersuchung keine erhebliche bzw. schwere Einschränkung der Lungenfunktion erhoben werden. Eine mobile Sauerstoffversorgung wird nicht verwendet und ist nicht erforderlich.
Eine relevante periphere arterielle Verschlusskrankheit der unteren Extremitäten ließ sich bei gut tastbaren Beinpulsen nicht objektivieren.
Ein psychisches Leiden, welches die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf erhebliche Weise erschwert, liegt nicht vor.
Auch in Anbetracht des fortgeschrittenen Alters ist, bei Vorliegen eines guten Allgemeinzustandes und unauffälligen Ernährungszustandes sowie ohne Hilfsmittelverwendung unauffälligen Gangbildes, das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von rund 300-400m, das Überwinden von Niveauunterschieden, das Be- und Entsteigen und der sichere und gefährdungsfreie Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht auf erhebliche Weise erschwert. Eine maßgebliche Gangunsicherheit sowie eine maßgebliche Schwindelsymptomatik bzw. Sturzneigung ließen sich im Rahmen der klinischen Untersuchung nicht erheben. Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung ,,Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung" liegen derzeit nicht vor.
Hinsichtlich des Lungenleidens ist mittels der medikamentösen Therapiemaßnahmen eine Stabilisierung zu erreichen. Die Behandlungsmaßnahmen sind zumutbar.
Bei Zustand nach Verletzung der linken Achillessehne lassen sich keine maßgeblichen funktionellen Einschränkungen erheben. Zur Behandlung einer möglichen Schmerzsymptomatik nach Achillessehnenverletzung ist die Durchführung heimgymnastischer Maßnahmen sowie eventuell einer medikamentösen Schmerztherapie sinnvoll und zumutbar."
9. Im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 17 VwGVG iVm § 45 Abs. 3 AVG erteilten Parteiengehörs haben weder die belangte Behörde noch der Beschwerdeführer Einwendungen erhoben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz im Inland. Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines unbefristet ausgestellten Behindertenpasses.
1.2. Der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" ist am 10.12.2018 bei der belangten Behörde eingelangt.
1.3. Beim Beschwerdeführer liegen Folgende Funktionseinschränkungen vor:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
01
Chronisch obstruktive Atemwegserkrankung bei chronischem Asthma bronchiale mit Allergieneigung und Lungenemphysem bei Zustand nach Nikotinabusus.
02
Zustand nach Verletzung der linken Achillessehne 2007
03
Arterielle Hypertonie
04
Einschränkung des Hörvermögens beidseits mit Hörgeräteversorgung beidseits
05
Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule
06
Zustand nach Leistenbruchoperation beidseits 1986
07
Zustand nach Operation eines grauen Stars an beiden Augen
08
Zustand nach Mandelentfernung
1.4. Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
Der Beschwerdeführer kann sich im öffentlichen Raum selbständig fortbewegen, eine kurze Wegstrecke (ca. 300 m - 400 m) aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, gegebenenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe (Gehstock oder Unterarmstützkrücke), ohne maßgebende Unterbrechung zurücklegen bzw. wird durch die Verwendung allenfalls erforderlicher Behelfe die Benützung des öffentlichen Transportmittels nicht in hohem Maße erschwert. Die dauernden Gesundheitsschädigungen wirken sich nicht maßgebend auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens aus. Der sichere und gefährdungsfreie Transport im öffentlichen Verkehrsmittel ist nicht erheblich eingeschränkt.
Die Geh-, Steh- und Steigfähigkeit des Beschwerdeführers sowie die Möglichkeit Haltegriffe zu erreichen und sich festzuhalten sind genügend. Niveauunterschiede können überwunden werden, da die Beugefunktion im Bereich der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke ausreichend ist und das sichere Ein- und Aussteigen gewährleistet sind.
Hinsichtlich des Lungenleidens liegen keine erheblichen bzw. sehr schweren Störungen der Lungenfunktion vor. Ein mobiles Sauerstoffgerät ist nicht erforderlich und wird auch nicht verwendet. Das vorliegende Lungenleiden führt nicht zur Verminderung der körperlichen Belastbarkeit in einem Ausmaß welches das Erreichen oder die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel verunmöglicht. Eine Langzeitsauerstofftherapie ist nicht indiziert.
Ein für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel relevantes Herz-/Kreislaufleiden liegt nicht vor.
Beim Beschwerdeführer liegen im Hinblick auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auch keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder der Sinnesfunktionen vor, es besteht auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems.
Die festgestellten Funktionseinschränkungen wirken sich - auch im Gesamtbild - nicht in erheblichem Ausmaß negativ auf die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel aus.
1.5. Dem Beschwerdeführer ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.
1. Beweiswürdigung:
Zu 1.1. und 1.2.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.
Zu 1.2. bis 1.5.) Die Feststellungen zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gründen auf dem durch das Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten Dris. XXXX , basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers.
Das eingeholte fachärztliche Sachverständigengutachten ist- auch in Zusammenschau mit dem durch die belangte Behörde eingeholten Sachverständigengutachten - schlüssig und nachvollziehbar. Die nunmehr erfolgte Erweiterung der Diagnoseliste stellt gegenüber dem durch die belangte Behörde eingeholten lungenfachärztlichen Gutachten keine Widerspruch dar, sondern resultiert aus der erstmaligen Befassung eines Sachverständigen aus dem Bereich der Allgemeinmedizin und der Vorlage weiterer medizinischer Beweismittel.
Im eingeholten Gutachten Dris. XXXX wurde auf die Art der Leiden, deren Ausmaß und Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ausführlich eingegangen. Das Sachverständigengutachten wird daher der Entscheidung in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.
So wird im eingeholten Gutachten schlüssig, nachvollziehbar und im Einklang mit dem erhobenen Untersuchungsbefund ausgeführt, dass zwar eine chronisch obstruktive Atemwegserkrankung bei chronischem Asthma bronchiale mit Allergieneigung vorliegt, dass sich aber keine erhebliche bzw. sehr schwere Einschränkung der Lungenfunktion erheben lässt. Der Sachverständige erläutert anschaulich, dass die Lungenfunktionsbefunde, welche im Rahmen des stationären Aufenthaltes im KH XXXX Jänner/Februar 2017 erhoben wurde, eine Verbesserung der Lungenfunktion unter medikamentöser Therapie dokumentieren und der vorliegende Lungenfunktionsbefund vom 08.10.2018 eine in Relation zur Vitalkapazität mittelgradig verminderte Ein-Sekundenkapazität beschreibt. Die vorliegenden Befunde dokumentieren keine sehr schwere Form einer Atemwegserkrankung im Sinne einer chronisch obstruktiven Atemwegserkrankung im Stadium IV. Auch ist in den vorliegenden Befunden das Erfordernis einer mobilen Sauerstofftherapie nicht dokumentiert und ist der Beschwerdeführer auch ohne Sauerstoffversorgung zur Untersuchung erschienen.
Der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Zustand nach Verletzung der Achillessehne im Jahr 2007 war ebenso nicht geeignet, die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zu belegen, da keine maßgeblichen funktionellen Einschränkungen vorliegen. So konnte im Rahmen der persönlichen Untersuchung ein unauffälliges, sicheres und flüssiges Gangbild objektiviert werden, und waren dem Beschwerdeführer sowohl der Zehenspitzenstand sowie - mit Anhalten - auch der Fersenstand möglich. Auch konnte die Treppe, welche im Rahmen der Untersuchung zu überwinden war, mit Anhalten am Handlauf vom Beschwerdeführer sicher und flüssig begangen werden, wodurch nicht auf Einschränkungen der unteren Extremitäten geschlossen werden kann, welche das Erreichen oder das Be- und Entsteigen von öffentlichen Verkehrsmitteln maßgeblich erschweren würden.
Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Schmerzzustände, resultierend aus dem Zustand nach Verletzung der Achillessehne ist festzuhalten, dass anhand des beobachteten Gangbildes und der sicheren Gesamtmobilität mit guter Beweglichkeit sämtlicher Gelenke der unteren Extremitäten kein Hinweis auf höhergradige Schmerzzustände vorliegt, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke oder Überwinden von Niveauunterschieden erheblich erschweren könnten. So wird vom befassten Sachverständigen auch im Einklang mit dem Untersuchungsbefund dargelegt, dass zur Behandlung einer möglichen Schmerzsymptomatik die Durchführung heilgymnastischer Maßnahmen bzw. eventuell einer medikamentösen Schmerztherapie sinnvoll und zumutbar ist.
Ein bestehender Bluthochdruck - medikamentös erfolgreich therapiert - beeinträchtigt die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht in erheblicher Weise. Ein Herzleiden konnte im Rahmen der Untersuchung nicht objektiviert werden und wurde vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet.
Eine Hörverminderung bzw. das Tragen von Hörgeräten ist nicht geeignet, die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zu begründen. So konnte der Beschwerdeführer sich im Rahmen der Untersuchungen problemlos im Raum orientieren und war auch die Anamneseerhebung nicht erschwert durchführbar.
Das eingeholte Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit des befassten Sachverständigen oder dessen Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.
Die Krankengeschichte des Beschwerdeführers wurde umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt.
Dem Beschwerdevorbringen wurde insofern entsprochen, als das Bundesverwaltungsgericht ein weiteres auf persönlicher Untersuchung basierendes Sachverständigengutachten eingeholt hat. Das Beschwerdevorbringen und die vorgelegten Beweismittel sind jedoch nicht geeignet, die gutachterliche Beurteilung, wonach eine ausreichende Funktionsfähigkeit des Bewegungsapparates und genügende körperliche Belastbarkeit gegeben sind, bzw. sich die dauernden Gesundheitsschädigungen nicht maßgebend negativ auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirken, zu entkräften.
Die Angaben des Beschwerdeführers konnten nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden und wurden im Rahmen des Parteiengehör auch keine Einwendungen erhoben.
2. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A) Abweisung der Beschwerde
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)
Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)
Der Behindertenpaß ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)
Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist u.a. jedenfalls einzutragen:
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
(§ 1 Abs. 4 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen auszugsweise)
Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktions-beeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
(§ 1 Abs. 5 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen)
In den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird Folgendes ausgeführt:
Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):
Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
- hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
- Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
- COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
- Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
- mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
- Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr
- hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten
- schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen
- nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128, und die dort angeführte Vorjudikatur sowie vom 22. Oktober 2002, Zl. 2001/11/0242, vom 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).
Auf den Beschwerdefall bezogen:
Wie unter Punkt II.2. ausgeführt, war sämtlichen im Rahmen des Verfahrens eingeholten, übereinstimmenden Sachverständigen zu folgen, dass weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten bzw. des sonstigen Stütz- und Bewegungsapparates noch erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vorliegen.
Zum Vorbringen wird angemerkt, dass sowohl die Geh-, Steh- und Steigfähigkeit des Beschwerdeführers als auch seine kardiopulmonale Belastbarkeit ausreichend sind um öffentliche Verkehrsmittel zu Erreichen und bei diesen Ein- und Auszusteigen.
Beim Beschwerdeführer konnten auch keine maßgebenden Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder von Sinnesfunktionen festgestellt werden, es besteht auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems.
Daher ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.
Das Beschwerdevorbringen und vorgelegten Beweismittel waren nicht geeignet darzutun, dass die gutachterliche Beurteilung, wonach eine ausreichende Funktionsfähigkeit des Bewegungsapparates und genügende körperliche Belastbarkeit gegeben sind bzw. sich die dauernden Gesundheitsschädigungen nicht maßgebend negativ auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirken, nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß des Beschwerdeführers entspräche.
Da es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ankommt, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren, ist das Vorbringen betreffend die mangelnde Infrastruktur (Vorhandensein und Erreichbarkeit, Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel) oder den Transport von schweren Gepäckstücken und das Tätigen von Einkäufen rechtlich nicht von Relevanz und kann daher bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht berücksichtigt werden. (VwGH 2001/11/0258 vom 22.10.2002) und darauf aufbauend - etwas anders 2014/11/0013 vom 27.05.2014 und 2008/11/0128 vom 23.05.2012
Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß erreichen, welches die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)
Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen für den beantragten Zusatzvermerk sind die Art, das Ausmaß und die Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt. Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurde dieses - auch in Zusammenschau mit dem durch die belangte Behörde eingeholten Sachverständigengutachten - als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.
Der Beschwerdeführer hat vom eingeholten Sachverständigengutachten vollinhaltlich Kenntnis erlangt. Im Rahmen des Parteiengehörs hatten die Verfahrensparteien die Möglichkeit sich zu äußern. Das Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens wurde jedoch im Rahmen des erteilten Parteiengehörs nicht bestritten.
Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Im Übrigen wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren nicht beantragt und wurde das Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens im Rahmen des Parteiengehörs nicht bestritten. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist auch kein absoluter. (VfGH vom 09.06.2017, E 1162/2017)
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung einerseits von Tatsachenfragen abhängt. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen. Andererseits sind Rechtsfragen zu lösen, welchen keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
In den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird ausgeführt, dass ausgehend von den bisherigen durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Beurteilungskriterien zur Frage "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" Funktionseinschränkungen relevant sind, die die selbstständige Fortbewegung im öffentlichen Raum sowie den sicheren, gefährdungsfreien Transport im öffentlichen Verkehrsmittel erheblich einschränken. Als Aktionsradius ist eine Gehstrecke von rund 10 Minuten, entsprechend einer Entfernung von rund 300 bis 400 m anzunehmen. Es war sohin keine - von der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abweichende - Neuregelung beabsichtigt.
Vielmehr wird in den Erläuterung ausdrücklich festgehalten, dass im Hinblick auf die ab 01.01.2014 eingerichtete zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit, um Rechtssicherheit zu gewährleisten und die Einheitlichkeit der Vollziehung der im Behindertenpass möglichen Eintragungen sicherzustellen, die Voraussetzungen, die die Vornahme von Eintragungen im Behindertenpass rechtfertigen, in einer Verordnung geregelt werden sollen.
Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.
Schlagworte
Behindertenpass Sachverständigengutachten Zumutbarkeit ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W201.2219471.1.00Im RIS seit
04.08.2020Zuletzt aktualisiert am
04.08.2020