Entscheidungsdatum
28.05.2020Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W201 2218618-1/22E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Angela SCHIDLOF als Vorsitzende und die Richterin Dr. Margit MÖSLINGER-GEHMAYR sowie den fachkundigen Laienrichter Franz GROSCHAN als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch RA Dr. Sebastian LENZ, 1010 Wien, Laurenzerberg 1, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 25.03.2019, OB XXXX , in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 16.04.2019 betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben.
Die Voraussetzungen für die Eintragung des Zusatzvermerkes "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung " in den Behindertenpass liegen vor.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG .
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) stellte dem Beschwerdeführer am 13.09.2017 einen unbefristeten Behindertenpass aus, es wurde ein Grad der Behinderung in Höhe von 50 vH eingetragen und die Zusatzeintragungen "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 erster Teilstrich VO 303/1996 liegt vor" und "Der Inhaber des Passes ist Träger von Osteosynthesematerial" vorgenommen.
Der Entscheidung der belangten Behörde wurde das Sachverständigengutachten
Dris. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 19.07.2019 zu Grunde gelegt.
2. Die gegen diesen Bescheid - in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses - erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.07.2018, GZ: W141 2172709-1/10E abgewiesen.
Der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes wurde das Sachverständigengutachten Dris. XXXX , Fachärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie sowie Ärztin für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung am 01.02.2018 zu Grunde gelegt.
3. Der Beschwerdeführer stellte einlangend am 08.10.2018 bei der belangten Behörde unter Vorlage medizinischer Beweismittel einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gem. § 29b StvO 1960 (Parkausweis) sowie einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.
4. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX Arzt für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 18.12.2018 eingeholt, welchem -auszugsweise - Folgendes zu entnehmen ist:
"Klinischer Status:
Aus- und Ankleiden erfolgt selbstständig, Aufstehen und Lagewechsel selbständig möglich.
Caput: ua., keine Lippenzyanose, keine Halsvenenstauung.
Cor: reine Herztöne, rhythmische Herzaktion, blande Thorakotomienarbe im mittleren Be reich etwas verbreitert, äußerlich unauffällig. Pulmo: V.A., sonorer KS, Basen atemversch., keine Sprechdyspnoe, keine maßgebliche Kurzatmigkeit bei Bewegungsprüfung im Untersuchungszimmer.
Abdomen: weich, über Thoraxniveau, keine Druckpunkte, keine path. Resistenzen palp. Leber am Ribo palp., Milz n.p., Darmgeräusche normal und unauffällig. Nierenlager bds. frei. HWS: Kopfdrehung und -seitneigung: nach rechts und links, lnkl. und Rekl. frei.
BWS: gerade
LWS: Rumpfdrehung und -seitneigung endlagig eingeschränkt.
Obere Extremitäten: Schultergelenk rechts: Armvorheben und -seitheben 140°. Schultergelenk links: Armvorheben und -seitheben 140°. Nacken- und Schürzengriff beidseits frei durchführbar. Ellenbogengelenk rechts: Beugung und Streckung frei. Ellenbogengelenk links: Beugung und Streckung frei. Handgelenke frei beweglich, Fingergelenke bds. frei. Daumengelenke bds. frei, Faustschluss bds. komplett durchführbar, Zangengriff bds. durchführbar, Greif- und Haltefunktion beidseits unauffällig. Kraft der oberen Extremitäten seitengleich unauffällig und gut.
Untere Extremitäten: Hüftgelenk rechts: Flexion 95°, Abd. und Add. altersentsprechend frei. Hüftgelenk links: Flexion 95°, Abduktion und Adduktion frei. Kniegelenk rechts: Beugung frei. Streckung frei, bandstabil. Kniegelenk links: Beugung frei, Streckung frei, bandstabil. Sprunggelenk rechts: frei. Sprunggelenk links: frei. Sonstige Gelenke altersentsprechend frei. Fußheben und Fußsenken bds. durchführbar. 1-Beinstand bds. durchführbar. Hocke mit Anhalten durchführbar - die Hände erreichen Kniegelenkshöhe. Beide UE können von der Unterlage abgehoben werden, Kraft beider unterer Extremitäten seitengleich gut und normal. Bein- und Fußpulse bds. palp. Venen: verstärkte Venenzeichnung. Ödeme: geringe Ödeme im Knöchelbereich beidseits.
Stuhl: unauffällig. Harnanamnese: unauffällig. Sensibilität an den unteren Extremitäten seitengleich unauffällig. Romberg unauffällig, Unterberger unauffällig und ohne Drehtendenz.
Gesamtmobilität - Gangbild: Etwas breitbasiger und etwas verlangsamter, ohne Hilfsmittelverwendung sicherer Gang. Konfektionsschuhe. Freies Stehen gut möglich, Aufstehen aus sitzender und liegender Körperhaltung unauffällig und gut möglich. Zehenspitzenstand und Fersenstand beidseits ohne Anhalten gut durchführbar.
Status Psychicus: Klar, wach, in allen Qualitäten orientiert, keine Denkstörung, Denkziel wird erreicht, Stimmung ausgeglichen. Anamneseerhebung und Kommunikation unauffällig und gut möglich.
Ergebnis der durchgeführten Untersuchung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
01
Diabetes mellitus Typ II, insulinpflichtig
02
Hypertensive Kardiomyopathie mit permanentem Vorhofflimmern
03
Degenerative Veränderungen des Stütz- und Bewegungsapparates
04
Chronisch venöse Insuffizienz
05
Dehiszenz bei Zustand nach Sternotomie
06
Polyneuropathie
Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine. lm Rahmen der klinischen Untersuchung stellen sich ein guter Allgemeinzustand und ein adipöser Ernährungszustand dar. Erhebliche funktionelle Einschränkungen der Gelenke der unteren Extremitäten, der Wirbelsäulenfunktion bzw. der oberen Extremitäten liegen nicht vor. Greif- und Haltefunktion ist an beiden oberen Extremitäten unauffällig und gut gegeben. Maßgebliche motorische Defizite bzw. Lähmungen, insbesondere an den unteren Extremitäten, lassen sich nicht objektivieren. Das Gangbild stellt sich auch ohne Hilfsmittelverwendung sicher und flüssig dar. Erhebliche kardiopulmonale Funktionseinschränkungen lassen sich nicht objektivieren. Eine periphere arterielle Verschlusserkrankung der unteren Extremitäten liegt nicht vor. Ein psychisches Leiden, welches die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf erhebliche Weise erschwert, liegt nicht vor. Zusammenfassend ist das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300-400 m, das Überwinden von Niveauunterschieden, das Be- und Entsteigen und die sichere Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht auf erhebliche Weise erschwert.
Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems liegt nicht vor."
5. Mit dem am 25.03.2019 erlassenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" abgewiesen.
Die Abweisung wurde mit dem Ergebnis des medizinischen Ermittlungsverfahrens begründet.
6. Mit Schreiben vom 28.03.2019 wurde vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers unter Vorlage von medizinischen Beweismitteln im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, der Antragsteller würde unter einer sensomotorischen Polyneuropathie der unteren Extremitäten leiden und sei in seiner Gehstrecke auf 10-15 m eingeschränkt. Auch sei die Behauptung, dass keine erhebliche kardiopulmonale Funktionseinschränkung vorliegen würde, nicht nachvollziehbar, da ein permanentes Vorhofflimmern bestehen würde. Zudem bestehe ein Zustand nach Sternotomie-Dehiszenz nach einer umfangreichen Herzoperation im November 2014 mit Eröffnung des Brustkorbes. Bei Adipositas sei er mit Verbindungsdrähten und Schrauben versorgt worden. Ein Röntgen aus Mai 2017 zeige, dass 2 von 3 Cerclagen gebrochen seien. Seitdem bestehe eine lnstabilität des Sternums. Das erhebliche Risiko einer Hautperforation (gerade nach einem Sturz) und einer nachfolgenden lnfektion würde grundsätzlich eine Revisionsoperation indizieren. Aufgrund des schlechten internistischen Zustandes und des erheblichen Operationsrisikos bestehe eine Kontraindikation für den Eingriff. Der Antragsteller habe von einem Facharzt für Chirurgie und Thoraxchirurgie die Anweisung erhalten nicht zu stürzen und beim Gehen besonders vorsichtig zu sein. Hintergrund dafür sei, dass im Falle eines Sturzes die gebrochenen Cerclagen zu Verletzungen führen könnten und dadurch ein erhebliches Infektionsrisiko bestehe. Hinsichtlich der psychischen Komponente fürchte der Antragsteller die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel, da er Angst, gestoßen zu werden oder zu stürzen. Auch wenn der Antragsteller eine Wegstrecke von 300-400 m zurücklegen könnte, wäre die Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar, weil das Sturzrisiko alleine und die fatalen Folgen eines Sturzes viel zu hoch wären. Der vorliegende Status post Sternotomie-Dehiszenz mit gebrochenen Drahtcerclagen und dislozierter Schrauben im Brustbereich und die daraus resultierenden Beschwerden und Risiken seien nicht ausreichend im Gutachten berücksichtigt.
7. Zur Überprüfung der Einwendungen wurde von der belangten Behörde vom bereits befassten Sachverständigen, Dr. XXXX , basierend auf der Aktenlage, eine mit 05.04.2019 datierte medizinische Stellungnahme eingeholt, in welcher nach Wiederholung der erhobenen Einwendungen im Wesentlichen Folgendes festgehalten wurde:
"Der vorliegende neurologische Befund des Krankenhauses XXXX vom 5. August 2018 beschreibt eine stationäre Aufnahme zur Abklärung einer Polyneuropathie aufgrund von Bamstigkeitsgefühl und Schmerzen im Bereich beider Beine. Anamnestisch werden vom Patienten ,,ab und zu" Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule und eine eingeschränkte Gehstrecke (maximal 10-15 m) aufgrund der Schmerzen angegeben. lm klinisch-neurologischen Status waren ein beidseits schwacher Achillessehnenreflex und ein vermindertes Vibrationsempfinden an beiden unteren Extremitäten aufgefallen und das Gangbild war breitbasig und unsicher. Elektrophysiologisch erbrachte die Untersuchung eine sensomotorische Polyneuropathie der unteren Extremitäten. Aufgrund der angegebenen Schmerzen vor allem nachts wurde eine medikamentöse Therapie begonnen. Aufgrund einer epiduralen Lipomatose mit geringer Diskusprotrusion L3/L4 wurde eine neurochirurgische Vorstellung empfohlen. Die 24 Stunden Blutdruckmessung erbrachte eine im Normbereich liegende Blutdruckregulation. Eine klinisch relevante periphere arterielle Verschlusserkrankung konnte ausgeschlossen werden. Die medikamentöse Behandlung der Zuckerkrankheit wurde nach internistischem Konsilium optimiert. Unter der Therapie mit Neurontin zur Behandlung der Polyneuropathie und bei laufender physiotherapeutischer Therapie ist eine deutliche Besserung der Symptomatik dokumentiert. Auch wurden dem Patienten ein TENS-Gerät sowie Wirbelsäulenübungen zur weiteren Behandlung mitgegeben.
Nunmehr neu vorgelegt wird ein Röntgen des Brustbeins vom 27. Mai 2016. Ein offensichtlicher Zustand nach Aortenklappen-Operation via medianer Sternotomie ist dokumentiert. Radiologisch finden sich 3 Sternum-Cerclagen, die 2 oberen seien gebrochen. Zudem sind im Brustbein 3 Miniplatten zu erkennen. Beschrieben sind Dislokationen der Platten sowie auch eine teilweise veränderte Lage der untersten Schraube. Beschrieben ist auch der Verdacht, dass die unterste Platte dem Sternum nicht vollkommen anliege und soweit beurteilbar, noch keine signifikante Konsolidierung der Sternotomie erfolgt sei. Zur genaueren und überlagerungsfreien Beurteilung sei eine CT-Untersuchung empfehlenswert.
Nicht vorgelegt werden die empfohlene CT-Untersuchung des Brustbeines bzw. eventuelle Kontroll-Röntgenuntersuchungen hinsichtlich des Osteosynthesematerials. Auch das Ergebnis des von neurologischer Seite empfohlenen neurochirurgischen Konsiliums liegt nicht vor.
lm Rahmen der klinischen Untersuchung am 18. Dezember 2018 ließen sich ein guter Allgemeinzustand und ein adipöser Ernährungszustand objektivieren. lm Vergleich zum vorliegenden Vorgutachten von Herrn Dr. XXXX vom 6. September 2017 lässt sich ein deutlich reduziertes Körpergewicht objektivieren. Während im Rahmen der Begutachtung von Dr. XXXX ein Körpergewicht von 146 kg beschrieben ist, ließ sich nunmehr ein Körpergewicht von 130 kg objektivieren. Der Blutdruck präsentierte sich aktuell im Normbereich. Bei laut Vorhofflimmern lassen sich im Rahmen der nunmehrigen Untersuchung grobklinisch keine maßgeblichen Arrhythmien der Herzaktion objektivieren. lm Rahmen der aktuellen klinischen Untersuchung konnten keine kardialen Dekompensationszeichen erhoben werden welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf erhebliche Weise erschweren. Auch ließen sich keine erheblichen Einschränkungen der Lungenfunktion erheben welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf erhebliche Weise erschweren. lm Bereich der Gelenke der unteren Extremitäten ließen sich keine erheblichen funktionellen Einschränkungen erheben. Das Gangbild präsentierte sich nunmehr etwas breitbasiger und etwas verlangsamter, jedoch ohne Verwendung eines Hilfsmittels sicher. Lagewechsel aus sitzender und liegender Körperhaltung, wie beispielsweise das Aufstehen aus sitzender Position, präsentierte sich unauffällig. lm Bereich der nunmehrigen klinischen Untersuchung ließen sich keine derart maßgeblichen neurologischen Defizite bzw. Lähmungserscheinungen objektivieren, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf erhebliche Weise erschweren. Eine Sturzneigung bzw. erhebliche Sturzgefahr ließ sich im Rahmen der Untersuchung nicht erheben. Auch liegen keine Befunde vor, welche diese Sturzgefahr aus ärztlicher Sicht eindeutig dokumentieren. Befunde einer Notfallambulanz bzw. relevante unfallchirurgische Befunde bei Zustand nach möglichem Sturzgeschehen liegen nicht vor. Eine periphere arterielle Verschlusserkrankung im Bereich der unteren Extremitäten, welche zu einer erheblichen Limitierung der Gehstrecke führen könnte, wurde laut nervenärztlichem Befund ausgeschlossen.
Hinsichtlich des Zustandes nach Herzoperation mit Eröffnung des Brustbeines belegt der Befund vom 27.05.2016 die Dislokation einiger Schrauben und Platten im Brustbeinbereich. Von Seite des Radiologen wird die Durchführung einer Computertomografie empfohlen. Ein Befund einer Computertomografie des Brustbeines liegt nicht vor. Auch liegen keine radiologischen Kontrolluntersuchungen vor. Der neurologische Befundbericht vom 05.08.2018 dokumentiert keine Komplikationen nach Eröffnung des Brustbeines nach Herzoperation. lm Rahmen der nunmehr durchgeführten klinischen Untersuchung ließ sich eine blande Narbe am Brustbein mit etwas verbreitertem, jedoch äußerlich unauffälligem Narbenbereich objektivieren. Das Hautbild der Narbe war unauffällig.
Vorliegend ist ein unfallchirurgisch-allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten von Frau
DDr. XXXX nach persönlicher Untersuchung am 01.02.2018 (Bescheid des BVwG vom 23.07.2018). Bei gutem Allgemeinzustand und gutem Ernährungszustand mit einem Körpergewicht von 130 kg ist eine kleine Mulde am Brustbein und in einem Teilbereich des Brustbeins bestehende knöcherne Dehiszenz nach Herzoperation beschrieben. Die Haut zeigte sich geschlossen und eine lnstabilität im Brustkorbbereich ist nicht vorliegend. Herz und Lunge sind als unauffällig beschrieben. Auch die Herzfunktion ist als rhythmisch dokumentiert. Das Gangbild ist ohne Hilfsmittelverwendung etwas verlangsamt und hinkfrei, insgesamt sicher und unauffällig beschrieben. Beim Aufstehen und Hinlegen sowie beim Gehen, einschließlich der Wendemanöver, präsentierte sich der Beschwerdeführer etwas verlangsam. Die Einschätzung der degenerativen Veränderungen des Stütz- und Bewegungsapparates erfolgte unter Berücksichtigung der Beschwerden vor allem im Bereich der Lendenwirbelsäule und Hüftgelenke ohne relevante funktionelle Einschränkung mit einem Behinderungsgrad von 30%. Die Dehiszenz bei Zustand nach Sternotomie wurde mit einem Behinderungsgrad von 20 % eingeschätzt, da die Sternotomie nicht vollständig zusammengewachsen ist, jedoch keine lnstabilität des Brustkorbes und keine nachgewiesene Lungenfunktionseinschränkung vorliegen.
Unter Berücksichtigung der nunmehr durchgeführten klinischen Untersuchung mit Objektivierung eines guten Allgemeinzustandes sowie eines adipösen Ernährungszustandes, bei ohne Hilfsmittelverwendung etwas verlangsamtem, jedoch flüssigen und sicheren Gangbildes, lassen sich keine erheblichen funktionellen Einschränkungen der Gelenke der unteren Extremitäten sowie der Wirbelsäule objektivieren. Bei Polyneuropathie mit dokumentierter deutlicher Besserung mittels konservativer Therapiemaßnahmen ließen sich im Rahmen der nunmehr durchgeführten Untersuchung keine derart erheblichen neurologischen Defizite objektivieren, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf erhebliche Weise erschweren. Auch ließ sich eine erhebliche Sturzgefahr nicht objektivieren. Die beschriebene Angst vor einem Sturzgeschehen erschwert die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht auf erhebliche Weise. Eine teilweise Dehiszenz des Brustbeins ohne Hinweis auf Komplikationen wie lnfektionen bzw. Hautdefekte und ohne Hinweis auf lnstabilität des Brustkorbes erschwert die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht auf erhebliche Weise. Zusammenfassend ist das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke v von 300-400 m, das Überwinden von Niveauunterschieden, das Be- und Entsteigen und die sichere Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht auf erhebliche Weise erschwert. Es ergeben sich keine Änderungen der Einschätzung hinsichtlich der beantragten Zusatzeintragung."
8. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 16.04.2019 hat die belangte Behörde im Rahmen der ergangenen Beschwerdevorentscheidung, die fristgerecht eingelangte Beschwerde gegen den Bescheid vom 25.03.2019, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung", gemäß § 42, § 45 und § 46 BBG iVm § 14 VwGVG abgewiesen.
Die Abweisung wurde mit dem Ergebnis des medizinischen Ermittlungsverfahrens begründet.
9. Gegen den Bescheid vom 25.03.2019 wurde vom Beschwerdeführer am 06.05.2019 unter Vorlage von medizinischen Beweismitteln und Wiederholung der im Rahmen des Parteiengehörs am 28.03.2019 bereits vorgebrachten Einwendungen fristgerecht Beschwerde erhoben. Ergänzend wurde angeführt, der Beschwerdeführer leide an chronischer Lumboischialgie beidseits mit beträchtlicher, schmerzhafter Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule, klinischen Zeichen einer Claudicatio spinalis, MRT-nachgewiesener Vertebrostenose L5/S1 aufgrund einer deutlichen Lipomatose und weiteren teils deutlichen Aufbraucherscheinungen der Lendenwirbelsäule. Weiters an deutlicher schmerzhafter Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke bei Coxarthrosen beidseits und klinischen Zeichen einer Gonarthrose beidseits mit deutlicher, schmerzhafter Bewegungseinschränkung beider Kniegelenke. Es bestehe ein Zustand nach Aortenklappenersatz mit deutlich verzögerter Knochenheilung nach der Sternotomie bei teilweise disloziertem und gebrochenem Osteosynthesematerial in situ, Verdacht auf Schulterengesyndrom beidseits mit mittelgradiger bis deutlicher schmerzhafter Funktionseinschränkung, deutlicher Spreizfuß beidseits und eine ausgeprägte sensomotorische Polyneuropathie der unteren Extremitäten sowohl vom axonalen als auch vom demyelinisierenden Typ im Rahmen des Diabetes mellitus. Weiters bestehe eine Vorhofflimmerarrythmie, Hypertonie sowie Adipositas Grad II. Aufgrund dieser Beschwerden sei dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar. Aus dem beiliegenden Gutachten Dr. XXXX gehe eindeutig hervor, dass dem Beschwerdeführer schon auf Grund der orthopädischen Einschränkungen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht mehr zumutbar sei. Dieses Gutachten beruhe auf einer aktuellen Untersuchung vom 26.04.2019 und befunde auch MRT-Bilder der LWS welche noch nicht berücksichtigt worden seien. Auszugsweise Inhalte dieses Gutachtens zitierend wird vorgebracht, dass Dr. XXXX darstellt, dass auf Grund der beim Beschwerdeführer vorliegenden Diagnosen mit Sicherheit ein erhöhtes Sturzrisiko besteht. Hinzu komme das beim Beschwerdeführer auf Grund seiner Gesamtsituation bestehende beträchtlich erhöhte Infektionsrisiko.
10 Mit dem - im Bundesverwaltungsgericht am 09.05.2019 eingelangten - Schreiben gleichen Datums hat die belangte Behörde den Verwaltungsakt und die Beschwerde vorgelegt.
11. Mit Schriftsatz vom 06.05.2019, eingelangt bei der belangten Behörde am 08.05.2019 hat der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers unter Wiederholung des Beschwerdevorbringens und Vorlage medizinischer Beweismittel rechtzeitig die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht beantragt.
12. Mit dem - im Bundesverwaltungsgericht am 13.05.2019 eingelangten - Schreiben gleichen Datums hat die belangte Behörde den Verwaltungsakt und den Vorlageantrag übermittelt.
13. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten von DDr. XXXX , Fachärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie sowie Ärztin für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 05.09.2019 eingeholt, in welchem - auszugsweise - im Wesentlichen Folgendes festgestellt wurde:
"Status:
Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand gut.
Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen
Thorax: mediane Narbe über dem Sternum, kleine Mulde tastbar, in einem Teilbereich des Brustbeins knöcherne Dehiszenz von etwa 2 cm, Haut geschlossen, geringgradig elastisch federnd, keine Thoraxinstabilität. Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch. RR 150/80.
Abdomen: 2 kleinere Narben epigastrisch, klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz. Integument: unauffällig.
Schultergürtel und beide oberen Extremitäten: Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden. Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig. Aktive Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig. Nacken- und Schürzengriff sind endlagig eingeschränkt durchführbar.
Becken und beide unteren Extremitäten: Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits ohne Anhalten und ohne Einsinken durchführbar. Der Einbeinstand ist mit Anhalten möglich. Die tiefe Hocke wird nicht durchgeführt. Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse. Beinlänge ident. Die Durchblutung ist ungestört, mäßig Ödeme distale Unterschenkel bis Sprunggelenk beidseits links mehr als rechts, Varizen, geringgradige Hyperpigmentierung, die Sensibilität wird im Bereich der Füße als gestört angegeben. Hüftgelenk beidseits: unauffällig. Kniegelenk beidseits: unauffällig Sprunggelenke beidseits, mäßige Umfangsvermehrung, achsengerecht, nicht verplumpt, stabil. Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig. Aktive Beweglichkeit: Hüften, Knie frei. Sprunggelenke: beidseits OSG beidseits 0/0/30, USG annähernd frei. Zehen sind seitengleich frei beweglich. Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.
Wirbelsäule: Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, deutlich Hartspann im Bereich der Schulter- und Nackenmuskulatur und paralumbal, kein Klopfschmerz über der Wirbelsäule. Aktive Beweglichkeit: HWS: in allen Ebenen endlagig eingeschränkt beweglich. BWS/LWS: FBA: 30 cm. Rotation und Seitneigen jeweils 20°. Lasegue bds. negativ. Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.
Gesamtmobilität - Gangbild: Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen mit einer Unterarmstützkrücke, das Gangbild ist ohne Krücken behäbig, insgesamt sicher und raumgewinnend möglich. Gesamtmobilität beim Hinlegen und Aufstehen verlangsamt, selbstständig möglich. Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.
Status psychicus: Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.
Diagnoseliste:
1) Diabetes mellitus Typ ll, insulinpflichtig
2) Hypertensive Cardiomyopathie mit permanentem Vorhofflimmern, Koronare Herzkrankheit,
3) Degenerative Veränderungen des Stütz- und Bewegungsapparates
4) Chronisch venöse lnsuffizienz
5) Dehiszenz bei Zustand nach Sternotomie
6) Polyneuropathie
Vorgelegte Befunde und medizinische Unterlagen:
Stellungnahme zum Privatgutachten Dr. XXXX : Zu sämtlichen in der Diagnoseliste angeführten Erkrankungen wurde bereits im vorliegenden Gutachten ausführlich Stellung genommen. lnsbesondere ist hervorzuheben, dass neuerlich eine maximale Gehstrecke von exakt 10-15m angegeben wird. Dies ist nicht nachvollziehbar, da bereits der Weg vom Warteraum ins Untersuchungszimmer der Ordination länger als 15 m ist. Empfohlen wurde eine neurochirurgische Vorstellung, diese wurde jedoch bis dato nicht durchgeführt bzw. ist nicht dokumentiert. Weder ist diese hochgradige Einschränkung der Gehstrecke durch aktuelle Befunde der bildgebenden Diagnostik belegt, noch ist in sämtlichen vorliegenden Befunden im Akt ein eindeutiger Nachweis einer Vertebrostenose bestätigt, sodass eine daraus abzuleitende Claudicatio spinalis- Symptomatik nicht angenommen werden kann. Hinsichtlich Sturzproblematik und Cerclagen muss festgehalten werden, dass weder eine relevante Gangunsicherheit festgestellt werden kann, noch mit Sicherheit angenommen werden kann, dass ein Sturz gravierende Auswirkungen auf den Brustkorb bzw. das Sternum haben wird. Keinesfalls ist mit Sicherheit und auch nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass es durch einen Sturz zu einer lnfektion kommen würde.
lm Rahmen der aktuellen Begutachtung nachgereichte Befunde: Entlassungsbericht XXXX 15.07.2019 (selbstständig mobil, benutzt keine Hilfsmittel, freie Gehstrecke 50 m, Stiegen steigen bis zu einem Stockwerk problemlos im Wechselschritt) Labor vom 27.06.2019 (HbA1 c 8,5 o/o, Glucose 213), EKG vom 18.02.2019 (Vorhofflimmerarrhythmie, normofrequent). Keine neuen lnformationen, nachgereichte Befunde führen zu keiner Änderung der getroffenen Beurteilung.
Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor?
Nein. Weder im Bereich der Gelenke der unteren Extremitäten konnte eine relevante Funktionseinschränkung festgestellt werden, guter Bewegungsumfang, Kraft seitengleich und unauffällig, bei bekanntem Polyneuropathiesyndrom kein Hinweis für ein objektivierbares, klinisch relevantes motorisches Defizit. Die geringgradige chronisch venöse lnsuffizienz führt zu einer geringen Einschränkung des Bewegungsumfangs der Sprunggelenke, diesbezüglich ist eine Behandlungsmöglichkeit (Stützstrümpfe, abschwellende Medikamente) zumutbar und möglich.
Liegen erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor?
Nein. Das permanente Vorhofflimmern mit normaler Frequenz führt zu keiner Einschränkung der Herzleistung. Bei Zustand nach Bypassoperation bei koronarer Herzkrankheit liegt kein Nachweis einer maßgeblichen Einschränkung der Pumpfunktion vor. Eine pulmonale Funktionseinschränkung ist nicht objektivierbar.
Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
Es liegen keine Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten und der Wirbelsäule vor, welche die Mobilität erheblich und dauerhaft einschränkten. Es sind belastungsabhängige Probleme im Bereich der Wirbelsäule im Vordergrund, welche die Steh- und Gehleistung mäßig einschränken. Die Gesamtmobilität ist jedoch ausreichend, um kurze Wegstrecken von etwa 300-400 m, allenfalls unter Verwendung einer einfachen Gehhilfe, ohne fremde Hilfe und ohne Pause, zurücklegen zu können und um Niveauunterschiede zu überwinden, das sichere Aus- und Einsteigen ist möglich. Eine Vertebrostenose ist nicht durch entsprechende aktuelle Befunde der bildgebenden Diagnostik bestätigt. lm Bereich der Gelenke der unteren Extremitäten liegt keine relevante Funktionsbeeinträchtigung vor. Eine maßgebliche Stand- und Gangunsicherheit bei nachgewiesenen Polyneuropathiesyndrom ist nicht gegeben, insbesondere konnte kein Hinweis auf ein motorisches Defizit festgestellt werden. An den oberen Extremitäten sind keine höhergradigen Funktionsbehinderungen fassbar, die Kraft seitengleich und gut, sodass die Benützung von Haltegriffen zumutbar und möglich ist. Der sichere und gefährdungsfreie Transport, einschließlich Sitzplatzsuche und Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt, ist nicht erheblich erschwert. Es liegt kein Hinweis für eine relevante Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit vor, bei Zustand nach erfolgreicher Bypassoperation einer koronare Herzkrankheit ist keine maßgebliche Einschränkung der Pumpfunktion dokumentiert, sodass eine erhebliche Erschwernis beim Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, Be- und Entsteigen sowie bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht begründbar ist. Hinsichtlich multimodaler Behandlungsmöglichkeiten der Abnützungserscheinungen des Stütz- und Bewegungsapparates sind Therapieoptionen gegeben, insbesondere hinsichtlich physikalischer Behandlungen und lntensivierung der analgetischen Therapie.
Stellungnahme zu den Einwendungen des Beschwerdeführers
Vorgebracht wird, dass die Gehstrecke auf 10-15 m eingeschränkt sei. Dies ist anhand vorgenommener Untersuchung und sämtlicher vorgelegter Befunde nicht nachvollziehbar. Weder in sämtlichen im Akt vorliegenden Gutachten konnte eine maßgebliche Einschränkung der Gesamtmobilität bzw. des Gangbilds festgestellt werden noch im neurologischen Bericht. Permanentes Vorhofflimmern, normofrequent, führt zu keiner maßgeblichen Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit. Dass er eine Sternum-Dehiszenz habe und ein Sturz zu einer Dislokation der Cerclagen führe, ist nicht mit Sicherheit anzunehmen. Was wäre, wenn er zu Sturz käme, ist aus aktueller gutachterlicher Sicht nicht beurteil bar. Tatsache ist, dass zwar das Sternum nicht knöchern durchbaut ist, jedoch dadurch die Kriterien für die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht erfüllt sind, das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300-400 mit ist möglich, Stufensteigen ist möglich und auch dokumentiert, der Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln dadurch nicht erheblich erschwert. Es liegt eine Polyneuropathie vor, jedoch ist ein motorisches Defizit nicht objektivierbar, keine wesentliche Gangbildbeeinträchtigung, Spurverbreiterung oder Gangunsicherheit objektivierbar. Eine erhebliche kardiopulmonale Funktionseinschränkung ist nicht objektivierbar, permanentes Vorhofflimmern, normofrequent, führt zu keiner maßgeblichen Beeinträchtigung. Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule ohne Wurzelreizzeichen führen zu keiner erheblichen Funktionsbeeinträchtigung, eine Vertebrostenose ist nicht mit Sicherheit nachvollziehbar, siehe MRT. lm Bereich der Gelenke der unteren Extremitäten konnte keine wesentliche Funktionseinschränkung festgestellt werden. lm Bereich der Schultergelenke liegt eine endlagige Funktionseinschränkung vor. Spreizfuß beidseits stellt kein behinderungsrelevantes Leiden und keine wesentliche Beeinträchtigung dar. Eine Claudicatio spinalis-Symptomatik ist eben nicht mit Sicherheit objektiviert und nicht durch aktuelle Befunde der bildgebenden Diagnostik belegt."
14. Im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 17 VwGVG iVm § 45 Abs. 3 AVG am 23.09.2019 erteilten Parteiengehörs hat die belangte Behörde keine Einwendungen erhoben.
Der Beschwerdeführer hat mit Schriftsatz vom 04.10.2019 unter Vorlage eines weiteren Beweismittels vorgebracht, dass der Beschwerdeführer unter einer hochgradigen sensomotorischen Polyneuropathie der unteren Extremitäten und leide und entgegen den Ausführungen im Gutachten seine tatsächliche Gehstrecke auf 10 bis 15 Meter eingeschränkt sei, wie sich auch aus den vorgelegten medizinischen Beweismitteln ergebe. Die Sachverständige gehe von einem zu geringen Ausmaß der Polyneuropathie aus. In den vorgelegten Beweismitteln sei eine ausgeprägte bis sogar hochgradig ausgeprägte Polyneuropathie hervor. Dieses Ausmaß sei wesentlich für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel. Entgegen den Ausführungen der Sachverständigen habe der Beschwerdeführer ihr keinesfalls mit Leichtigkeit nachgehen können, sondern habe mehrmals stehen bleiben und Luft holen müssen. Weiters sei nicht nachvollziehbar, wie die Sachverständige zur Annahme komme, dass das permanente Vorhofflimmern nicht zu einer maßgeblichen Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit führe. Sie stelle lediglich dar, dass das Vorhofflimmern normofrequent sei, erläutere aber nich,t wie sie zu dieser Annahme komme. Auch mit der beim Beschwerdeführer bestehenden erhöhten Sturzgefahr - dokumentiert durch das vorgelegte Gutachten Dr. XXXX - einhergehend mit einem besonders hohen Verletzungsrisiko, aufgrund des Zustandes nach Sternotomie-Dehiszenz, habe die Sachverständige sich nicht auseinandergesetzt. Dies obwohl der behandelnde Chirurg explizit darauf hingewiesen habe, dass der Beschwerdeführer nicht stürzen solle und daher beim Gehen besonders vorsichtig sein müsse. Entgegen den Ausführungen der Sachverständigen sei aufgrund der festgestellten Vertebrostenose L5/S1 bei deutlicher epiduraler Lipomatose mit Einengung der Cauda equina und weiteren teils deutlicheren Aufbraucherscheinungen der Lendenwirbelsäule, sehr wohl eine Claudicatio spinalis-Symptomatik mit Sicherheit objektiviert. Auch entspreche es nicht den Tatsachen, dass der Beschwerdeführer sich mit Leichtigkeit aus- und anziehen habe können, sondern habe seine Frau ihm die Schuhe zubinden müssen. Auch sei der Beschwerdeführer bei einem Neurologen gewesen, es habe dessen Behandlung aber nicht zur Besserung geführt. Auch sei bis dato die psychische Komponente vollkommen außer Acht gelassen worden. Es bestehe eine deutliche gedrückte Stimmungslage mit vermehrter Ängstlichkeit und eine reaktive Depression.
15. Zur Überprüfung der Einwendungen wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Fachärztin für Neurologie sowie Ärztin für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 28.01.2020 eingeholt, in welchem - auszugsweise - im Wesentlichen Folgendes festgestellt wurde:
"Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand gut. Ernährungszustand adipös.
HN: I-XII altersgemäß
HWS-Rotation bds. 15°, KJA 2 cm
Obere Extremitäten: MER seitengleich flau, AVV mit Halte- und Intentionstremor beide obere Extremitäten, FNV beidseits endlagig dysmetrisch. Nackengriff beidseits möglich. Gelenke altersgemäß beweglich. Keine trophische Störung. Sens auf NR seitengleich. Keine Parese.
Rumpf: Kein sensibles Niveau. LWS klopfdolent, FBA nicht prüfbar - Sturzgefahr.
Untere Extremitäten: PSR seitengleich flau. ASR beidseits fehlend. Deutliche Stauungsinduration beide untere Extremtäten. Knöchelödeme beidseits. Vibrationsempfindung links distal fehlend, rechts erhalten. Keine Parese/Muskelatrophie. Lasegue/Babinski negativ. Gelenke altersgemäß beweglich - keine höhergradige Einschränkung.
Gesamtmobilität/Gangbild: Kommt mit 1 Unterarmstützkrücke gehend zu Untersuchung. Flache Slipper. Aufstehen aus dem Sitzen mit Abstützen beider oberer Extremitäten. Gang ohne Hilfsmittel gering breitspurig, kleinschrittig, ausreichend sicher. Romberg mit ungerichtetem Schwanken.
Status Psychicus: Voll orientiert, gut kontaktfähig, klagsam. Antrieb/Duktus regelrecht. Keine produktive Symptomatik/mnestischen Defizite.
Diagnosen:
1) Insulinpflichtiger Diabetes mellitus bei stabiler Stoffwechsellage und massiver Adipositas
2) Hypertensive Herzmuskelschädigung mit permanentem Vorhofflimmern, Zustand nach Herzklappenoperation
3) Degenerative und überlastungsbedingte Veränderungen am Stütz- und Bewegungsapparat, Enge des Wirbelkanals im Bereich der Lendenwirbelsäule (Vertebrostenose)
4) Diabetische Nervenschädigung an beiden unteren Extremitäten, keine Schwäche, nur sensible Ausfälle und Missempfindungen.
5) Chronische venöse Insuffizienz mit Schwellungsneigung
6) Dehiszenz bei Zustand nach Sternotomie
Zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
Polyneuropathie: Aus neurologischer Sicht besteht eine diabetische Nervenschädigung an beiden unteren Extremitäten, welche typisch bei langjährigem Krankheitsverlauf auftritt. Es bestehen keine motorischen Ausfälle, "lediglich" eine Gefühlsstörung und Missempfindungen welche unangenehm sind. Eine Gehstrecke von 300-400 Meter in 10 Minuten ist von dieser Erkrankung her ausreichend sicher zu bewältigen. Es besteht zwar eine gewisse subjektive Gangunsicherheit, welche durch Hilfsmittel und Achtsamkeit (es besteht keine kognitive Einschränkung) ausreichend gut kompensiert werden kann.
Von Relevanz stellt sich allerdings die radiologisch beschriebene Vertebrostenose aus dem MRT der LWS vom 07.06.2018 dar. Im Entlassungsbrief XXXX vom 15.07.2019 wird eine freie Gehstrecke von 50 Meter beschrieben, Stiegen steigen 1 Stockwerk im Wechselschritt problemlos möglich. Es liegt kein Befund der empfohlenen neurochirurgischen Begutachtung vor. In den Entlassungsdiagnosen XXXX wird eine Claudicatio spinalis (Schmerzen in den Beinen/Kreuz durch Gehen ausgelöst bei engem Wirbelkanal, Sitz/Stehpausen müssen eingelegt werden und bessern die Beschwerden) angeführt. Das Privatgutachten Dr. XXXX schildet die Claudicatio Symptomatik als glaubwürdig.
Es besteht diesbezüglich keine Therapie - es werden keine Schmerzmittel eingenommen, lt. dem Beschwerdeführer wegen der Nierenschädigung. Aus medizinischer Sicht ist eine Schmerztherapie auch bei Nierenschädigung möglich und zumutbar. Ein möglicher operativer Eingriff (eine neurochirurgische Begutachtung wurde empfohlen aber nicht vorgelegt) ist aufgrund der laufenden Blutverdünnung und cardialen Vorerkrankungen sicherlich als letzte Möglichkeit nach Ausschöpfen der konservativen Therapie zu überlegen.
Eine angegebene schmerzbedingte Einschränkung der Gehstrecke auf jedenfalls unter 300 - 400 Meter ist in Anbetracht des MRT Befundes und auch des Entlassungsbriefes glaubwürdig. Die Notwendigkeit von Pausen (Sitz- oder Stehpausen) ist nachvollziehbar.
Das Überwinden von Niveauunterschieden und der Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel sind ausreichend sicher möglich. Erhaltene Greiffunktionen an den oberen Extremitäten. Es liegen keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor. Das permanente Vorhofflimmern, Zustand nach Bypassoperation, Zustand nach Klappenersatz verursachen keine höhergradig eingeschränkte Pumpfunktion des Herzens.
16. Im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 17 VwGVG iVm § 45 Abs. 3 AVG am 17.03.2020 erteilten Parteiengehörs hat die belangte Behörde keine Einwendungen erhoben.
Von der bevollmächtigten Vertretung wurde mit Schreiben vom 08.04.2020 zusammenfassen vorgebracht, dass aus dem Gutachten Dris. XXXX unzweifelhaft hervorgehen, dass es dem Beschwerdeführer nicht möglich sei eine Gehstrecke von 300- 400 m zurückzulegen, und ihm daher die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar sei. Hinsichtlich der Thematik Zumutbarkeit von Schmerztherapie und Therapieoptionen sowie Herzbeschwerden verbunden mit erheblicher Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit stelle der Beschwerdeführer den Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens der Fachrichtung Innere Medizin.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz im Inland. Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines unbefristet ausgestellten Behindertenpasses.
1.2. Der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" ist am 08.10.2018 bei der belangten Behörde eingelangt.
1.3. Beim Beschwerdeführer liegen folgende Funktionseinschränkungen vor:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
01
Insulinpflichtiger Diabetes mellitus bei stabiler Stoffwechsellage und massiver Adipositas
02
Hypertensive Herzmuskelschädigung mit permanentem Vorhofflimmern, Zustand nach Herzklappenoperation
03
Degenerative und überlastungsbedingte Veränderungen am Stütz- und Bewegungsapparat, Enge des Wirbelkanals im Bereich der Lendenwirbelsäule (Vertebrostenose)
04
Diabetische Nervenschädigung an beiden unteren Extremitäten, keine Schwäche, nur sensible Ausfälle und Missempfindungen.
05
Chronische venöse Insuffizienz mit Schwellungsneigung
06
Dehiszenz bei Zustand nach Sternotomie
1.4. Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
Der Beschwerdeführer kann sich zwar selbständig im öffentlichen Raum fortbewegen, es kann aber eine kurze Wegstrecke (ca. 300 m - 400 m) nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, gegebenenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe, ohne Unterbrechung zurückgelegt werden.
Die festgestellten Funktionseinschränkungen wirken sich im Gesamtbild in erheblichem Ausmaß negativ auf die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel aus.
Aufgrund massiv eingeschränkter Wegstrecke in Verbindung mit dem Erfordernis bereits nach kürzesten Wegstrecken Pausen einlegen zu müssen, ist der Beschwerdeführer nicht in der Lage öffentliche Verkehrsmittel in angemessener Zeit und ohne Unterbrechungen zu erreichen.
1.5. Dem Beschwerdeführer ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar.
1. Beweiswürdigung:
Zu 1.1. und 1.2.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.
Zu 1.2. bis 1.5.) Die Feststellungen zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gründen auf den durch das Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten Dris. XXXX und Dris. XXXX , basierend auf den persönlichen Untersuchungen des Beschwerdeführers.
Die eingeholten fachärztlichen Sachverständigengutachten sind schlüssig und nachvollziehbar und hinsichtlich der festgestellten relevanten Diagnosen frei von Widersprüchen. Die nunmehr erfolgte Neubeurteilung der Enge des Wirbelkanales im Bereich der Lendenwirbelsäule (Vertebrostenose) durch Dr. XXXX im Hinblick auf die Auswirkungen bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel resultiert aus der nunmehr erstmaligen Befassung einer Sachverständigen der Fachrichtung Neurologie. Es wird daher hinsichtlich der Beurteilung der Auswirkungen des neurologischen Leidens den Ausführungen der Fachärztin für Neurologie gefolgt.
So erläutert Dr. XXXX schlüssig, nachvollziehbar und im Einklang mit dem erhobenen Untersuchungsbefund, dass eine schmerzbedingte Einschränkung der Gehstrecke auf jedenfalls unter 300 - 400 Meter in Anbetracht des Ergebnisses des MRT vom 07.06.2018 und des Entlassungsbriefes des XXXX glaubwürdig ist, und die Notwendigkeit von Pausen (Sitz- oder Stehpausen) schlüssig und nachvollziehbar ist.
Diese Beurteilung steht auch im Einklang mit den vom Beschwerdeführer vorgelegten medizinischen Beweismitteln. So wird im MRT vom 07.06.2018 eine ausgeprägte epidurale Lipomatose bei L4/5 und L5/S1 mit Bedrängung der Cauda equina Faser beschrieben und wird sowohl im Entlassungsbericht des XXXX als auch im vorgelegten Gutachten Dris. XXXX erläutert, dass der Beschwerdeführer an einer Claudicatio Symptomatik leidet, welche die Gehstrecke aufgrund der auftretenden Schmerzen massiv einschränkt.
In den vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Gutachten wurde auf die Art der Leiden, deren Ausmaß und Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ausführlich eingegangen. Die Sachverständigengutachten werden daher der Entscheidung in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.
Hinsichtlich des vom Beschwerdeführer zuletzt vorgebrachten Antrages auf Einholung eines Sachverständigengutachtens der Fachrichtung Innere Medizin ist festzuhalten, dass die Einholung eines weiteren Gutachtens nicht erforderlich war, da sich bereits wie oben dargestellt aus dem Gutachten Dris. XXXX ergibt, dass dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar ist, womit der Beschwerdegegenstand sich als geklärt darstellt.
Das eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.
Die Krankengeschichte des Beschwerdeführers wurde umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt.
Dem Beschwerdevorbringen wurde insofern entsprochen, als das Bundesverwaltungsgericht weitere auf persönlicher Untersuchung basierende Sachverständigengutachten eingeholt hat woraus auch die geänderte Beurteilung resultiert.
Das Beschwerdevorbringen, die Einwendungen und die vorgelegten Beweismittel waren somit geeignet die gutachterliche Beurteilung, wonach eine ausreichende Funktionsfähigkeit des Bewegungsapparates gegeben ist bzw. sich die dauernden Gesundheitsschädigungen nicht maßgebend negativ auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirken, zu entkräften.
2. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)
Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)
Der Behindertenpaß ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)
Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist u.a. jedenfalls einzutragen:
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
(§ 1 Abs. 4 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen auszugsweise)
Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktions-beeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
(§ 1 Abs. 5 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen)
In den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird Folgendes ausgeführt:
Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):
Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
- hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
- Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
- COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
- Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
- mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in