TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/29 W217 2229244-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.05.2020
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Entscheidungsdatum

29.05.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W217 2229244-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Ulrike LECHNER, LL.M sowie die fachkundige Laienrichterin Verena KNOGLER, BA, MA, als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den als Bescheid geltenden Behindertenpass des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 20.02.2020, OB: XXXX , betreffend die Höhe des festgestellten Grades der Behinderung in nicht-öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Herr XXXX (in der Folge: BF) ist seit 22.09.2015 Inhaber eines Behindertenpasses, mit einem festgestellten Grad der Behinderung in Höhe von 80%. Der Behindertenpass wurde bis 28.02.2020 befristet ausgestellt. Einlangend am 06.11.2019 begehrte der BF die Neuausstellung des Behindertenpasses. Ein Konvolut an medizinischen Unterlagen wurde beigelegt.

In einem von der belangten Behörde hierzu eingeholten Sachverständigengutachten vom 18.02.2019, basierend auf der persönlichen Begutachtung des BF, stellt DDr. XXXX , Fachärztin für Orthopädie, fest:

"Anamnese:

Letzte Begutachtung am 10. 11. 2017

1 Ulcus cruris am linken Bein 70 %

2 Abnützungen der Wirbelsäule 40 %

3 Gonarthrose rechts%

Gesamtgrad der Behinderung 80 %

Erhebliche Erschwernis der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist nachvollziehbar.

Nachuntersuchung 11/2019, da Besserung möglich ist.

22.02.2019 Femoro-poplitealer Bypass von der distalen Arteria femoralis superficialis auf die Arteria poplitea rechts

13/12/2017 Unterschenkelamputation links

Pap. Struktur in der Blase ca. 1 cm, TUR geplant

Derzeitige Beschwerden:

?Schmerzen habe ich im rechten Knie, eine Operation wäre am 2.12.2019, war aber nicht möglich, da ein Blasentumor festgestellt wurde. Am 18.12.2019 wurde die Blasenoperation durchgeführt.

Hatte 4 x eine Bandscheibenoperation, seither habe ich eine Blasenschwäche, wenn ich nach einer halben Stunde keinen Harn lassen kann, muss ich selbstkatheterisieren, das ist etwa 2 x pro Woche bis 3 x im Monat erforderlich. Eventuell soll ein Blasenschrittmacher implantiert werden. Bei der Zystoskopie wurde dann der Tumor festgestellt.

Insgesamt hatte ich in meinem Leben bereits etwa 40 Oerationen, am linken Unterschenkel etwa 30.

12/2017 wurde der linke Unterschenkel amputiert.

Hergekommen bin ich mit dem Auto, wurde gebracht.'

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Medikamente: Lixiana, Vendal bei Bed., Atorvastatin, Tamsu

Allergie: Tramal, Voltaren, Inalgon, Ketamin

Nikotin: 10

Hilfsmittel: 2 Unterarmstützkrücken

Laufende Therapie bei Hausarzt Dr. XXXX , XXXX , Urologie XXXX, Gefäßambulanz XXXX , Orthopädie KH XXXX

Sozialanamnese:

Geschieden, 2 erwachsene Söhne, lebt in Wohnung im 5. Stockwerk mit Lift.

Berufsanamnese: Pensionist, BUP seit 2008

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Stationäre Aufnahme Knietotalendoprothese rechts 1. 12. 2019

Ambulanter Besuch Zytoskopie 18. 10. 2019 (Blasenfunktionsstörung (akontraktiler Detrusor) bei Z.n.viermaliger Bandscheibenoperation zwischen 1987 und 1989

Pat. mit hypokontraktilem Detrusor unter ISK zum Ausschluss subvesikaler Obstruktion zur Zystoskopie. -> in Zysto Zufallsbefund pap. Tumor li SW)

MRT der HWS 25.05.2019 (geringgradige bis mäßige degenerative Veränderungen)

Befund XXXX Abteilung für Gefäßchirurgie 8. 3. 2019 (PAVK Stadium IV rechts mit AFS Verschluss rechts.

Zustand nach Stent-PTA der Arteria femoralis superficialis und Arteria poplitea rechts am

19.01.2018

Femoro-poplitealer Bypass von der distalen Arteria femoralis superficialis auf die Arteria poplitea im Segment III mittels kontralateraler Vena saphena magna (Klappen zerstört). Intraoperative Angiographie am 22.02.2019)

CTA Becken-Bein 12.02.2019 (Z.n. Stent-PTA der distalen AFS rechts, der Stent weitgehend verschlossen.

Z.n. Unterschenkelamputation links. Plaque der Arteria poplitea links unter Induktion einer hochgradigen Stenose.)

MRT der LWS vom 08.09.2018 (Status-post Hemilaminektomie links in Höhe L4/L5 und L5/S1

Der Nervenwurzel S1 links ist imprimiert. Der austretenden Spinalnerven im Segment L5/S1 links ist deutlich komprimiert)

Befund Orthopädie XXXX 19.01.2018 (Wundheilungsstörung und Osteomyelitis bei St.p. multiplen Vor-OPs am Calcaneus links (inkl. Hautlappenplastik und Calcaniusexstirpation)

USCH-Amputation links am 13.12.2017

pAVK2a/b (Poplitea /distaler AFS Verschluss rechts)

Ektasie der infrarenalen BA, St.p. 3x K-ASK rechts, St.p. Discusprolaps L4/L5/S1 OP)

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

gut, 54a

Ernährungszustand:

BMI 30,3

Größe: 178,00 cm Gewicht: 96,00 kg Blutdruck:

Klinischer Status - Fachstatus:

Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen

Thorax: symmetrisch, elastisch

Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch.

Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz.

Integument: unauffällig

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:

Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse.

Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.

Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.

Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig.

Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.

Becken und beide unteren Extremitäten:

Freies Stehen mit angelegter Unterschenkelprothese links sicher möglich,

Zehenballenstand und Fersenstand rechts mit Anhalten und ohne Einsinken durchführbar.

Der Einbeinstand ist rechts mit Anhalten, links nicht möglich. Die tiefe Hocke ist nicht möglich.

Die Durchblutung ist ungestört, periphere Pulse rechts gut tastbar, keine Ödeme, keine Varizen.

Zustand nach Unterschenkelamputation links, Stumpflänge 15 cm, unauffällig.

Knie rechts: keine Umfangsvermehrung, keine Überwärmung, keine Krepitation.

Narbe Oberschenkel bds nach Venenentnahme

Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Hüften bds frei, Knie rechts 0/0/125, links 0/0/110, Sprunggelenke und Zehen sind rechts frei beweglich.

Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.

Wirbelsäule:

Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet. Mäßig Hartspann. Kein Klopfschmerz über der Wirbelsäule, ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei. Narbe LWS median L5/S1 und Druckschmerz

Aktive Beweglichkeit:

HWS: in allen Ebenen frei beweglich

BWS/LWS: FBA: 20 cm, in allen Ebenen frei beweglich

Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt selbständig gehend mit Halbschuh rechts und angelegter Unterschenkelprothese links, das freie Stehen beim Anziehen möglich.

Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.

Status Psychicus:

Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Amputation im Unterschenkelbereich links bei genügender Funktionstüchtigkeit des Stumpfes Fixer Rahmensatz

02.05.44

50

2

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule Oberer Rahmensatz, da fortgeschrittene radiologische Veränderungen mit Zustand nach Bandscheibenoperation und anhaltende Beschwerden bei mäßig eingeschränkter Beweglichkeit ohne neurologisches Defizit.

02.01.02

40

3

Entleerungsstörung der Blase 2 Stufen über dem unteren Rahmensatz, da intermittierendes Selbstkatheterisieren erforderlich.

08.01.06

30

4

Arterielle Verschlusskrankheit rechte untere Extremitäten, Zustand nach Bypassoperation rechts Unterer Rahmensatz, da aktuell postoperativ gute periphere Durchblutung.

05.03.02

20

5

Gonarthrose rechts Unterer Rahmensatz, da geringfügige Einschränkung der Beugefähigkeit.

02.05.18

10

Gesamtgrad der Behinderung 60 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Leiden 1 wird durch Leiden 2 um 1 Stufe erhöht, da ein ungünstiges Zusammenwirken vorliegt. Die weiteren Leiden erhöhen nicht, da keine maßgebliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung mit führendem Leiden 1 vorliegt.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Papilläre Struktur in der Blase ca. 1 cm, TUR geplant: unbekannte Dignität

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Bei Zustand nach Amputation des linken Unterschenkels wird Leiden 1 des VGA neu bezeichnet und neu eingestuft.

Keine Änderung von Leiden 2 und 3 des VGA.

Hinzukommen von Leiden 3 und 4

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Amputation des linken Unterschenkels erfordert Neubezeichnung und Neueinstufung von Leiden 1, daher Änderung des Gesamt-GdB.

X Dauerzustand"

2. Mit Schreiben vom 19.02.2020 wurde dem BF das Gutachten von DDr. XXXX zugeleitet.

3. Mit Schreiben vom 20.02.2020, OB: XXXX , übermittelte die belangte Behörde dem BF den Behindertenpass in Scheckkartenformat.

4. Mit Schriftsatz vom 26.02.2020, eingelangt am 03.03.2020, erhob der BF fristgerecht das Rechtmittel der Beschwerde und brachte dazu vor, dass es ihm unverständlich sei, wie ein Arzt oder eine Ärztin etwas behaupte, was überhaupt nicht stimme. Sein Gesundheitszustand habe sich seit dem letzten Gutachten sehr verschlechtert. Neue Befunde wurden keine beigebracht.

5. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 04.03.2020 von der belangten Behörde vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist Inhaber eines bis zum 28.02.2020 befristet ausgestellten Behindertenpasses, mit einem festgestellten Grad der Behinderung in Höhe von 80%. Einlangend am 06.11.2019 begehrte der BF die Neuausstellung des Behindertenpasses.

Der BF hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Beim BF wurden folgende Funktionsstörungen festgestellt:

1. Amputation im Unterschenkelbereich links bei genügender Funktionstüchtigkeit des Stumpfes (Pos. Nr. 02.05.44, 50% GdB)

2. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule (Pos. Nr. 02.01.02, 40% GdB)

3. Entleerungsstörung der Blase (Pos. Nr. 08.01.06, 30% GdB)

4. Arterielle Verschlusskrankheit rechte untere Extremitäten, Zustand nach Bypassoperation rechts (Pos. Nr. 05.03.02, 20% GdB)

5. Gonarthrose rechts (Pos. Nr. 02.05.18, 10% GdB)

Der Gesamtgrad der Behinderung des BF beträgt 60 v.H.

2. Beweiswürdigung:

Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.

Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des BF im Inland ergibt sich aus der Einsichtnahme im zentralen Melderegister.

Die Feststellung hinsichtlich des Gesamtgrades der Behinderung des BF in der Höhe von 60 v.H. beruht auf dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten vom 18.02.2020 einer Fachärztin für Orthopädie, basierend auf der persönlichen Untersuchung des BF.

In diesem Gutachten wird auf die Art der Leiden des BF, deren Ausmaß und allfällige wechselseitige ungünstige Leidensbeeinflussungen ausführlich, schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Die medizinische Sachverständige setzte sich auf Grundlage der persönlichen Begutachtung mit den vorgelegten Befunden, die im Gutachten angeführt sind, auseinander. Die getroffene Einschätzung, basierend auf dem im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befund, entspricht der festgestellten Funktionsbeeinträchtigung.

Pos. Nr. 02.05.44 der Anlage zur Einschätzungsverordnung lautet:

02.05.44

Amputation im Unterschenkelbereich bei genügender Funktionstüchtigkeit des Stumpfes und/oder der Gelenke

50 %

Bei dieser Pos. Nr. handelt es sich um einen fixen Rahmensatz.

Pos. Nr. 02.01.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung lautet:

"02.01.02 Funktionseinschränkungen mittleren Grades 30 - 40 %

Rezidivierende Episoden (mehrmals pro Jahr) über Wochen andauernd

maßgebliche radiologische Veränderungen

andauernder Therapiebedarf wie Heilgymnastik, physikalische Therapie, Analgetika

Beispiel: Bandscheibenvorfall ohne Wurzelreizung (pseudoradikuläre Symptomatik)

30 %: Rezidivierende Episoden (mehrmals pro Jahr) über Wochen andauernd, maßgebliche radiologische Veränderungen andauernder Therapiebedarf wie Heilgymnastik, physikalische Therapie, Analgetika

40%: Rezidivierend und anhaltend, Dauerschmerzen eventuell episodische Verschlechterungen, maßgebliche radiologische und/oder morphologische Veränderungen maßgebliche Einschränkungen im Alltag und Arbeitsleben"

Die Sachverständige begründete die Heranziehung der im Rahmen der EVO angewandten Pos. Nr. 02.01.02 mit 40 % mit fortgeschrittenen radiologischen Veränderungen mit Zustand nach Bandscheibenoperation und anhaltende Beschwerden bei mäßig eingeschränkter Beweglichkeit ohne neurologisches Defizit bestehen.

Diese Schlussfolgerungen der medizinischen Sachverständigen finden Bestätigung in ihren Aufzeichnungen bei der persönlichen Untersuchung am 16.01.2020 im Rahmen des oben wiedergegebenen Untersuchungsbefundes ["Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet. Mäßig Hartspann. Kein Klopfschmerz über der Wirbelsäule, ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei. Narbe LWS median L5/S1 und Druckschmerz. Aktive Beweglichkeit: HWS: in allen Ebenen frei beweglich. BWS/LWS: FBA: 20 cm, in allen Ebenen frei beweglich. Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar."].

Pos. Nr. 08.01.06 lautet:

"Entleerungsstörung der Blase und der Harnröhre leichten bis mittleren Grades 10 - 40 %

10 - 20 %: geringe Restharnbildung, längeres Nachträufeln

30 - 40 %:erhebliche Restharnbildung, manuelle Entleerung notwendig, Blasenschrittmacher"

Die Sachverständige begründete die Heranziehung der im Rahmen der EVO angewandten Pos. Nr. 08.01.06 (30 %) mit 2 Stufen über dem unteren Rahmensatz, da intermittierendes Selbstkatheterisieren erforderlich ist. Dies bestätigte der BF selbst im Rahmen der ärztlichen Begutachtung ("Derzeitige Beschwerden: ... Hatte 4 x eine Bandscheibenoperation, seither habe ich eine Blasenschwäche, wenn ich nach einer halben Stunde keinen Harn lassen kann, muss ich selbstkatheterisieren, das ist etwa 2 x pro Woche bis 3 x im Monat erforderlich. Eventuell soll ein Blasenschrittmacher implantiert werden. Bei der Zystoskopie wurde dann der Tumor festgestellt.")

Pos. Nr. 05.03 lautet:

"05.03 Arterielles Gefäßsystem

05.03.01 Funktionseinschränkungen leichten Grades 10 %

Arterielle Verschlusskrankheit I

05.03.02 Funktionseinschränkungen mittleren Grades 20 - 40 %

20 %: Arterielle Verschlusskrankheit Stadium II a

40 %: Arterielle Verschlusskrankheit II b mit Therapieoption

Aortenaneurysma ohne baldige Operationsindikation"

Die Sachverständige begründete die Heranziehung der im Rahmen der EVO angewandten Pos. Nr. 05.03.02 mit 20% und somit dem unteren Rahmensatz, dass aktuell postoperativ eine gute periphere Durchblutung besteht. Dies deckt sich auch insbesondere mit dem vom BF vorgelegten Patientenbrief des XXXX vom 08.03.2019, worin festgehalten ist, "Zusammenfassung des Aufenthalts: die stationäre Aufnahme des Patienten erfolgte aufgrund einer PAVK Stadium IV rechts bei einem Verschluss der A. femoralis superficialis rechts. Aus der Bildgebung zeigt sich die Indikation für die gefäßchirurgische Sanierung mittels femoropolitealem Bypass, welche am 22.02.2018 wie in oben genannter Weise durchgeführt werden konnte. Der postoperative Verlauf war komplikationslos, in der Kontrolle lag der Dopplerindex bei 1."

Pos. Nr. 02.05 Untere Extremitäten lautet:

"Kniegelenk

Funktionseinschränkungen im Kniegelenk als Folge von Knorpel-, Band- und Meniskusläsionen. Ausprägungen von Knorpelschäden geringeren, mittleren und schwereren Grades werden in der Einschätzung mitberücksichtigt. Bei Versorgung mit Endoprothesen (einseitig oder beidseitig) wird der Einschätzungswert um 10 % erhöht.

02.05.18 Funktionseinschränkung geringen Grades einseitig 10 - 20 %

Streckung/Beugung bis 0-0-90°"

Die Sachverständige begründete die Heranziehung der im Rahmen der EVO angewandten Pos. Nr. 02.05.18 (10%), dass nur eine geringfügige Einschränkung der Beugefähigkeit besteht. Diese Schlussfolgerung der medizinischen Sachverständigen findet Bestätigung in ihren Aufzeichnungen bei der persönlichen Untersuchung am 16.01.2020 im Rahmen des oben wiedergegebenen Untersuchungsbefundes ("Knie rechts: keine Umfangsvermehrung, keine Überwärmung, keine Krepitation. Narbe Oberschenkel bds nach Venenentnahme. Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig. Aktive Beweglichkeit: Hüften bds frei, Knie rechts 0/0/125, links 0/0/110, Sprunggelenke und Zehen sind rechts frei beweglich.").

Abschließend legt die Sachverständige klar, dass Leiden 1 durch Leiden 2 um 1 Stufe erhöht wird, da ein ungünstiges Zusammenwirken vorliegt. Die weiteren Leiden erhöhen jedoch nicht, da keine maßgebliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung mit dem führendem Leiden 1 vorliegt.

Der BF ist dem eingeholten Sachverständigengutachten nicht und damit auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Die vom BF eingebrachte Beschwerde enthält kein substantielles Vorbringen, welches die Einholung eines weiteren Gutachtens erfordern würde. Neue Befunde wurden keine vorgelegt. So behauptete der BF in seiner Beschwerde allein, sein Gesundheitszustand habe sich verschlechtert.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu Spruchpunkt A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hierfür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

...

Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012) lauten auszugsweise wie folgt:

§ 1. Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Grad der Behinderung:

§ 2 Abs. 1 Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigung sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

Gemäß § 3 Abs. 1 der Einschätzungsverordnung ist eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

Gemäß Abs. 2 leg.cit. ist bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit diese durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Zunächst ist festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war, was im Verfahren auch unbestritten geblieben ist.

Wie oben unter Punkt II.2. ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung das oben dargestellte Sachverständigengutachten zu Grunde gelegt, aus dem sich ein Grad der Behinderung des BF von 60 v. H. ergibt.

In diesem Gutachten wird auf die Art der Leiden des BF und deren Ausmaß ausführlich, schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Die medizinische Sachverständige setzte sich auf Grundlage der persönlichen Begutachtung mit den vorgelegten Befunden, die in dem Gutachten angeführt sind, sowie auch mit der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussungen und dem Zusammenwirken der zu berücksichtigenden objektivierten Gesundheitsschädigungen auseinander.

Der BF ist den Ausführungen der beigezogenen medizinischen Sachverständigen, denen das Bundesverwaltungsgericht folgt, im Ergebnis nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, er hat - wie bereits oben ausgeführt - kein aktuelles Sachverständigengutachten bzw. keine sachverständige Aussage vorgelegt, in welcher in sachverhaltsbezogener und rechtlich erheblicher Form die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Befundnahmen und Schlussfolgerungen der dem gegenständlichen Verfahren beigezogenen Sachverständigen unzutreffend oder unschlüssig seien.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Im gegenständlichen Fall bildet die Grundlage für die Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung ein Gutachten einer medizinischen Sachverständigen. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt. Wie oben bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass Grad der Behinderung Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W217.2229244.1.00

Im RIS seit

04.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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