Entscheidungsdatum
29.05.2020Norm
BBG §40Spruch
W132 2229758-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Regina BAUMGARTL als Beisitzerinnen, über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich, vom 06.02.2020, OB 61733417200019, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Am 23.07.2019 hat der Beschwerdeführer beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) unter Vorlage eines Befundkonvolutes einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gestellt.
1.1. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 19.12.2019, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung in Höhe von 40 vH bewertet wurde.
1.2. Im Rahmen des gemäß § 45 Abs. 3 AVG erteilten Parteiengehörs wurden Einwendungen erhoben.
1.3. Zur Überprüfung der Einwendungen wurde von der belangten Behörde vom bereits befassten Sachverständigen, Dr. XXXX , basierend auf der Aktenlage, eine mit 06.02.2020 datierte medizinischen Stellungnahme mit dem Ergebnis eingeholt, dass weder die erhobenen Einwendungen, noch die vorgelegten Beweismittel geeignet seien, eine geänderte Beurteilung zu begründen.
1.4. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 BBG abgewiesen, und einen Grad der Behinderung in Höhe von 40 vH festgestellt.
Als Beilage zum Bescheid wurde der eingeholte Sachverständigenbeweis zur Kenntnis gebracht.
2. Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben. Unter Vorlage eines Röntgenbefundes wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Beschwerdeführer neue Röntgenbilder erhalten habe. Auch seien nunmehr orthopädische Schuhe angepasst worden. Sein behandelnder Arzt könne nicht nachvollziehen, weshalb der Beschwerdeführer trotz seiner Einschränkungen keinen Behindertenpass erhalte. Er ersuche um neuerliche Untersuchung und Prüfung seines Falles.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Da sich der Beschwerdeführer mit dem im angefochtenen Bescheid festgestellten Grad der Behinderung nicht einverstanden erklärt hat, war dieser zu überprüfen.
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz im Inland.
1.2. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 40 vH.
1.2.1. Ausmaß der Funktionseinschränkungen:
Allgemeinzustand normal. Ernährungszustand adipös. Caput: bland. Collum bland.
Thorax: Unauffällig. Cor: Herztöne rein, rhythmisch, normfrequent. Blutdruck: 140/90. Pulmo: Vesikuläratmung Abdomen: Hepar am Rippenbogen, Milz nicht palpabel, keine Defence oder Druckdolenz.
Obere Extremitäten: Schulter-, Ellenbogen-, Hand- und Fingergelenke frei beweglich. Faustschluss beidseits möglich.
Wirbelsäule im Lot. Finger-Boden-Abstand 30 cm. SN und RT bland. Lasegue negativ.
Untere Extremitäten: Zehenstand beidseits möglich. Fersengang beidseits nicht möglich. Einbeinstand beidseits etwas unsicher. Linker Unterschenkel mäßige Schwellung. Unteres Sprunggelenk steif, Flex./Extension zu 1/2 reduziert. Linker Knöchel Innenseite Verband, anamnestisch Ulcus, wird nicht inspiziert. Stützstrumpf links. Hüftgelenke beidseits bland. Kniegelenke beidseits bland. Sprunggelenke rechts frei beweglich in allen Ebenen. Haut bland.
Neurologisch: Grob neurologisch unauffällig.
Gesamtmobilität-Gangbild am Tag der Untersuchung: Leicht hinkend, verlangsamt, keine Gehhilfe, Straßenschuhe. Das Gangbild ist sicher und raumgreifend.
Status Psychicus: Voll orientiert, Antrieb und Affizierbarkeit normal, Stimmung ausgeglichen.
1.2.2. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:
Lfd. Nr.
Funktionseinschränkung
Position
GdB
01
Zustand nach mehreren Unterschenkelbrüchen links, zuletzt 2018, Marknagelung, Metallentfernung, verzögerte Wundheilung Zwei Stufen über dem unteren Rahmensatz, da deutliche Bewegungseinschränkung in den linken Sprunggelenken.
02.05.32
30 vH
02
Insulinpflichtiger Diabetes mellitus, bei stabiler Stoffwechsellage Unterer Rahmensatz, da geringe Insulindosen notwendig. Inkludiert auch den Bluthochdruck.
09.02.02
30 vH
Gesamtgrad der Behinderung
40 vH
Die führende Funktionsbeeinträchtigung Nr. 1 wird durch Leiden unter Nr. 2 um eine Stufe erhöht, da negatives wechselseitiges Zusammenwirken mit Leiden 1 besteht.
Ein Zustand nach Nabelbruchoperation erreicht keinen Grad der Behinderung, da keine relevanten Funktionsstörungen daraus resultieren.
2. Beweiswürdigung:
Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.
Zu 1.2.) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die eingeholten und vorgelegten Beweismittel:
Das von der belangten Behörde eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten Dris. XXXX und dessen Ergänzung sind schlüssig, nachvollziehbar, und frei von Widersprüchen. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers erhobenen klinischen Befund, entsprechen unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen.
Die vorgelegten Beweismittel sind nicht geeignet, die gutachterlichen Feststellungen überzeugend in Frage zu stellen, bzw. einen höheren Gesamtgrad der Behinderung zu begründen. Es wird kein anderes Funktionsdefizit beschrieben, als gutachterlich festgestellt wurde. Die vorgelegten Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen, der Sachverständige hat sich eingehend damit auseinandergesetzt und fasst deren wesentlichen Inhalte wie folgt zusammen:
- Entlassungsbrief KH Amstetten vom17.01.2019: Fract. apert. tibiae sin. gr. II operat. et reoperat. infect. ND: Hypertonie, DM, Hyperurikämie, Adipositas per magna.
- KH Amstetten vom 17.04.2019: Geplante NB: Von Seiten der Wundsituation weiterhin Wundheilungsstörung im Bereich der Schienbeinvorderkante in einer Läng von nahezu 25cm x 2 bis 3cm. Hier blande Verkrustung. Weiters ein Defekt im Bereich der Bolzeneinbringungsstelle prox. mit seröser Sekretion. Insgesamt Bein deutlich weichteilverdickt mit bereits trophischen Hautveränderungen. Die Haut komplett ausgetrocknet, beträchtliches Lymphödem vorliegend. Die periphere Db i.O. Keine fortgeleiteten oder lokalen Entzündungszeichen. Weiterhin auch belastungsabhängige Schmerzen. In der RöKo kein vollständiger Durchbau der Fraktur nach 6 Monaten, deswegen zusätzlich auch noch Zuweisung ad CT zum Ausschluss einer Pseudoarthrose. In der RöKo von heute wie bereits beschrieben der Frakturspalt noch einsehbar, in der a.p. Aufnahme fragliche Spangenbildung lateralseitig. Der prox. Bolzen hat sich nun etwas gelockert und steht ca. 1 cm über Kortikalisniveau. Der Nagel insgesamt dynamisiert eingebracht. Von Seiten der Wundsituation empfehlen wir exzessive Hautpflege mit fettender Salbe, weiters auch Vorstellung hierorts an der Physiotherapie zwecks zwecks Lymphdrainagen und Lasertherapie. Reparil Dragees rezeptiert. Weiters sollte auch nach Ansprache mit dem HA evtl. eine entwässernde Therapie in Betracht gezogen werden.
- Ambulanzkarte KH Waidhofen/Ybbs vom 28.10.2019: Chronische Ostitis Tibia links bei Zustand nach Unterschenkelfraktur mit Marknagelung - Materialentfernung. Rö CHI vom 28.10.2019: US links: vollständige Überbauung.
Zu dem mit der Beschwerde vorgelegten Röntgenbefund der Füße und Sprunggelenke ist auszuführen, dass darin zusammengefasst die bereits bekannten und beurteilten Veränderungen beschrieben werden. Über das Ausmaß der Funktionseinschränkungen gibt dieser Befunde keinen Aufschluss. Für die Beurteilung von Gesundheitsschädigungen im Rahmen der Einschätzungsverordnung ist bei radiologischen Befunden jedoch die Korrelation mit der klinischen Symptomatik für die Einschätzung relevant. Im Gegensatz dazu hat im Rahmen der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers der befasste Sachverständige einen umfassenden klinischen Befund des gesamten Stütz- und Bewegungsapparates erhoben, und bewertet.
Die Beurteilung des Sprunggelenksleidens des Beschwerdeführers ist im Einklang mit der Einschätzungsverordnung erfolgt, welche Position 02.05.32 für einseitige Funktionseinschränkungen des Sprunggelenkes vorsieht, wobei der deutlichen Bewegungseinschränkung des linken Sprunggelenkes des Beschwerdeführers, durch die Beurteilung mit zwei Stufen über dem unteren Rahmensatz, und somit einem Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH, ausreichend hoch Rechnung getragen wurde. Eine Versteifung des Sprunggelenkes, welche mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 40 vH zu bewerten wäre, liegt nicht vor.
Zum Vorbringen, dass mittlerweile orthopädische Schuhe angepasst wurden ist festzuhalten, dass dies für eine Verbesserung des Gesundheitszustandes spricht, da wie der Beschwerdeführer im Einwand vom 28.01.2020 selbst vorbrachte, die Anpassung eines orthopädischen Schuhes vom Orthopäden erst vorgenommen werden kann, wenn die Wundheilung des linken Fußes abgeschlossen ist.
Die Beurteilung des vorliegenden Diabetes mellitus und des Bluthochdruckes, wurde vom Beschwerdeführer nicht beeinsprucht.
Die beim Beschwerdeführer vorliegenden Gesundheitsschädigungen wurden im eingeholten Sachverständigengutachten Dris. XXXX dem Ausmaß der vorliegenden Funktionseinschränkungen entsprechend beurteilt, und im Einklang mit den vorgelegten Befunden, und dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen klinischen Befund, unter die entsprechenden Positionsnummern der Anlage zur Einschätzungsverordnung korrekt eingeschätzt. Aufgrund des festgestellten Ausmaßes der Funktionseinschränkungen war einer höheren Einschätzung des Grades der Behinderung somit die Grundlage entzogen.
Das im angefochtenen Verfahren eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit des befassten Sachverständigen oder dessen Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.
Der Beschwerdeführer ist dem - nicht als unschlüssig zu erkennenden - Sachverständigengutachten nicht substantiiert entgegengetreten. Medizinische Beweismittel, durch die das Beschwerdevorbringen fundiert belegt, bzw. dem eingeholten Sachverständigengutachten substantiiert entgegengetreten wird, sind vom Beschwerdeführer im Rahmen der Beschwerde nicht vorgelegt worden. Dem Gutachten eines Sachverständigen kann zwar auch ohne Gegengutachten in der Weise entgegengetreten werden, als die Parteien Unschlüssigkeiten oder Unvollständigkeiten des Gutachtens aufzeigen. Das Beschwerdevorbringen und der damit vorgelegte Befund sind jedoch - wie bereits ausgeführt - nicht geeignet, die gutachterliche Beurteilung, wonach ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 40 vH vorliegt, zu entkräften. Es wird in der Beschwerde auch nicht konkret zum Ausdruck gebracht, inwiefern eine Fehleinschätzung vorliegt, bzw. ob, gegebenenfalls welche, gutachterlichen Ausführungen dem tatsächlichen Leidensausmaß widersprechen. Es ist vom Beschwerdeführer somit kein Vorbringen erstattet worden, bzw. sind keine Beweismittel vorgelegt worden, wodurch eine Erweiterung des Ermittlungsverfahrens angezeigt gewesen wäre. Dass sich der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers seit der sachverständigen Beurteilung maßgeblich verschlechtert hätte, ist nicht vorgebracht worden.
Die Angaben des Beschwerdeführers konnten nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
1. Zur Entscheidung in der Sache:
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)
Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist. (§ 40 Abs. 2 BBG)
Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.
Zuständige Stelle ist:
- Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).
- Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
- In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.
(§ 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988)
Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)
Der Behindertenpaß ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)
Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, sind das Beschwerdevorbringen und die vorgelegten Beweismittel nicht geeignet darzutun, dass der in Höhe von 40 vH festgestellte Grad der Behinderung nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß des Beschwerdeführers entspräche. Der Beschwerdeführer ist dem erhobenen klinischen Befund nicht überzeugend entgegengetreten. Er bringt nicht konkret zum Ausdruck, inwiefern eine Fehleinschätzung vorliegt, bzw. welche gutachterlichen Ausführungen nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß entsprechen.
Da ein Grad der Behinderung von vierzig (40) vH festgestellt wurde, und somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. (§ 24 Abs. 1 VwGVG)
Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)
Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)
Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Gesamtgrad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der beim Beschwerdeführer festgestellten Gesundheitsschädigungen. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher das der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegte Sachverständigengutachten geprüft. Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.
Der Beschwerdeführer hat vom zugrunde gelegten Sachverständigengutachten vollinhaltlich Kenntnis erlangt. Im Rahmen des Beschwerdevorbringens hatte der Beschwerdeführer die Möglichkeit sich zu äußern, bzw. Beweismittel vorzulegen. Es wurden der Beschwerde jedoch keine Beweismittel beigelegt, welche mit der gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang stehen. Das Beschwerdevorbringen war - wie unter Punkt II.2. bzw. II.3.1. bereits ausgeführt - nicht geeignet, relevante Bedenken an den sachverständigen Feststellungen und Beurteilungen hervorzurufen. Der Beschwerdeführer wurde im behördlichen Verfahren persönlich untersucht. Die vorgebrachten Argumente und vorgelegten Beweismittel wurden im eingeholten Sachverständigengutachten berücksichtigt, soweit diese einschätzungsrelevante Aspekte enthalten bzw. noch aktuell sind. Das Vorbringen wird durch die beigebrachten Beweismittel nicht erhärtet, vielmehr stehen diese nicht im Widerspruch zum eingeholten Sachverständigenbeweis. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich den tragenden beweiswürdigenden Erwägungen der belangten Behörde, dass das eingeholte Sachverständigengutachten schlüssig und frei von Widersprüchen ist, angeschlossen. Sohin ist der Sachverhalt geklärt. Daher konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.
Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist auch kein absoluter. (VfGH vom 09.06.2017, E 1162/2017)
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen.
Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.
Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.
Schlagworte
Behindertenpass Grad der Behinderung SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W132.2229758.1.00Im RIS seit
04.08.2020Zuletzt aktualisiert am
04.08.2020