Entscheidungsdatum
10.06.2020Norm
BBG §40Spruch
W200 2230005-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Scherz als Vorsitzende und durch den Richter Dr. Kuzminski sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Halbauer als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen die festgestellte Höhe im Behindertenpass, OB: 34876122300087, ausgestellt am 14.02.2020 durch das Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gem. § 1 Abs. 2, § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1, § 42 Abs. 1, § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) idgF als unbegründet abgewiesen. Der Grad der Behinderung beträgt 50 vH.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Erstverfahren:
Der Beschwerdeführer stellte einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses. Ein eingeholtes medizinisches Sachverständigengutachten vom 01.03.2018 ergab einen Gesamtgrad der Behinderung von 60%. Als Funktionseinschränkungen wurden "Hüftgelenke - untere Extremitäten, Hüftgelenke - Funktionseinschränkung mittleren Grades beidseitig, Pos.Nr. 02.05.10, GdB 50%" sowie "Wirbelsäule - Funktionseinschränkungen mittleren Grades, oberer Rahmensatz, da radiologisch verifizierte maßgebliche degenerative Veränderungen lumbosacral, periphere Schmerzausstrahlung, Lasegue beidseits positiv, Pos.Nr. 02.01.02, GdB 40%" festgestellt. Das Leiden 1 wurde durch Leiden 2 um eine Stufe erhöht, da einerseits eine maßgebliche wechselseitige Leidensbeeinflussung vorlag und es sich andererseits bei Leiden 2 auch um ein schwerwiegendes Leiden handelte. Dem Beschwerdeführer wurde sodann im Jahr 2018 ein befristeter Behindertenpass mit Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" ausgestellt und eine Nachuntersuchung für 02/2020 angeordnet mit der Begründung, dass eine deutliche Verbesserung der Mobilität durch H-TEP beidseits möglich sei.
Gegenständliches Verfahren:
Am 14.11.2019 stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Neuausstellung des Behindertenpasses. Als Gesundheitsschädigungen gab er "Hüftgelenk bds. + LWS, MRT LWS, Coxarthrose bds., OP Hüfte re., OP Hüfte li." an. Dem Antrag angeschlossen waren diesbezügliche medizinische Unterlagen.
Das vom Sozialministeriumservice (im Folgenden: SMS) eingeholte Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie vom 12.02.2020, basierend auf einer Begutachtung am selben Tag, ergab Folgendes:
"Anamnese:
Seit dem letzten h.o. Gutachten am 28.2.18 (GdB 60v.H. - 50% wegen Funktionseinschränkung beider Hüftgelenke, 40% wegen Funktionseinschränkung der Wirbelsäule) sind folgende Änderungen eingetreten:
Hüft-TEP rechts am 20.03.2019 im LK XXXX
LK XXXX 11.11.19: Implantation einer Hüft-TEP links
Letzte Woche hätte er die Rehabilitation beendet.
Derzeitige Beschwerden:
Anlaufproblematik linke Hüfte, er sei mit Gehstock mobil. Gehstrecke in der Ebene ca. 300 Meter mit 1 Gehstock. Stiegensteigen sei möglich.
Schmerzen an der Lendenwirbelsäule, Schmerzausstrahlung bis zur Halswirbelsäule und in das linke Bein.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Medikamente: keine
1 Gehstock
Sozialanamnese: Bauleiter, verheiratet, 2 Kinder
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Befund Dr. XXXX 22.5.18: Coxarthrose bds.
MRT d. LWS 13.12.18: Streckhaltung. Geringgradige Chondrosen L4 bis S1 mit geringgradigen Bandscheibenprotrusionen wie beschrieben. Intervertebralarthrosen im Segment L5/S1 mit geringgradiger knöcherner Einengung des entsprechenden Foramen intervertebrale bds.
Ambulanzbrief LK XXXX 30.4.19: Z.n. Hüft-TEP rechts am 20.03.2019
Röntgen 9.5.19: LWS: Multisegmentäre Spondylose. Kaudale Facettengelenksarthrosen. Becken: Regelrecht liegende HTEP re., Fortgeschrittene Coxarthrose li.
Arztbrief LK XXXX 11.11.19: Implantation einer Hüft-TEP links
(...) Allgemeinzustand: gut Ernährungszustand: gut
Größe: 180,00 cm Gewicht: 93,00 kg Blutdruck:
Klinischer Status - Fachstatus:
Wirbelsäule - Beweglichkeit:
HWS: Kinn-Jugulum Abstand: 3 cm, alle übrigen Ebenen: frei beweglich
BWS: gerade
LWS: Seitneigen nach links bis 20° möglich, nach rechts bis 20° möglich
FBA: 40 cm
Obere Extremitäten: Rechtshänder
Rechts: Schultergelenk: Abduktion bis 160° möglich, Ellenbogengelenk: frei, Handgelenk: frei, Finger: o.B.
Links: Schultergelenk: Abduktion bis 160° möglich, Ellenbogengelenk: frei, Handgelenk: frei, Finger: o.B.
Kraft- und Faustschluss: bds. frei
Kreuz- und Nackengriff: bds. möglich
Untere Extremitäten:
Rechts: Hüftgelenk: S 0-0-90, F 50-0-40, R 40-0-30, blande Narbe
Kniegelenk: S 0-0-160, kein Erguss, bandstabil
OSG: frei
Links: Hüftgelenk: S 0-0-90, F 50-0-40, R 40-0-30, blande Narbe
Kniegelenk: S 0-0-160, kein Erguss, bandstabil
OSG: frei
Varicen: keine
Füße: bds. o.B.
Zehen- und Fersenstand: bds. möglich
Gesamtmobilität - Gangbild: Gangbild: Hinken links, Gehbehelf: 1 Gehstock
Status Psychicus: Allseits orientiert, Gedankengang geordnet, nachvollziehbar, erreicht das Ziel, Mnestik unauffällig, Stimmung ausgeglichen, Antrieb im Normbereich, Affekt stabil, gute Affizierbarkeit in beiden Skalenbereichen
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Degenerative Wirbelsäulenveränderungen Oberer Rahmensatz, da radiologisch verifizierte maßgebliche degenerative Veränderungen lumbosacral, periphere Schmerzausstrahlung, Lasegue beidseits positiv
02.01.02
40
2
Hüftgelenkstotalersatz beidseits Mittlerer Rahmensatz, da beidseits eine Einschränkung der Beugung auf 90° vorliegt
02.05.08
30
Gesamtgrad der Behinderung: 50 v.H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Das Leiden 1 wird durch das Leiden 2 um 1 Stufe erhöht, da dieses maßgebliche funktionelle Zusatzrelevanz aufweist.
(...)
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Im Vergleich zum VGA wird das Hüftgelenksleiden nach operativer Sanierung um 2 Stufen herabgesetzt
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
Konsekutiv sinkt der GesGdb um 1 Stufe
Dauerzustand. (...)"
Aufgrund des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses und des im Gutachten festgestellten Gesamtgrades der Behinderung in Höhe von 50 von Hundert wurde dem Beschwerdeführer am 14.02.2020 ein Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 % und der Zusatzeintragung "Der Inhaber/die Inhaberin des Passes ist TrägerIn einer Prothese" ausgestellt (ab 01.03.2020 gültig).
Der Beschwerdeführer erhob mit Schreiben vom 28.02.2020 fristgerecht Beschwerde und monierte, dass ihm die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" gestrichen worden sei. Er hätte jedoch eine starke Behinderung aufgrund der beiden operierten Hüften (linke Hüfte schmerze sehr und er müsse mit Stock gehen). Mittlerweile sei auch seine LWS stark in Mitleidenschaft gezogen worden (Verkrümmung, Abnützung der Bandscheiben und LW5 sei verdreht). Er sei beruflich Bauleiter und daher immer mit dem Auto zu den Baustellen in fast ganz Österreich unterwegs. Da er auch die Baustellenunterlagen und Akten mitnehmen müsse, sei es unmöglich, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren bzw. wäre das viel zu teuer. Daher ersuche er um die genannte Zusatzeintragung. Mit Schreiben vom 04.03.2020 ergänzte der Beschwerdeführer sein Beschwerdevorbringen fristgerecht und gab an, dass er auch gegen den festgestellten Gesamtgrad der Behinderung Beschwerde erhebe, da sich sein Zustand nicht wirklich verbessert hätte (zuvor 60% GdB). Zudem bitte er um die Wiederaufnahme zum Kreis der begünstigten Behinderten. Dem Schreiben angeschlossen waren ein Röntgenbericht eines Reha-Zentrums vom 20.01.2020 sowie ein ärztlicher Entlassungsbericht des Reha-Zentrums vom 03.02.2020.
Das SMS teilte mit Beschwerdevorlage vom 30.03.2020 mit, dass derzeit noch ein Verfahren in Bezug auf die Eintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" läuft.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Dem Beschwerdeführer wurde am 14.02.2020 ein Behindertenpass (Grad der Behinderung 50 von Hundert) ausgestellt. Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt 50 von Hundert.
1.2. Art und Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen:
beschwerderelevanter Status:
Wirbelsäule - Beweglichkeit:
HWS: Kinn-Jugulum Abstand: 3 cm, alle übrigen Ebenen: frei beweglich.
BWS: gerade.
LWS: Seitneigen nach links bis 20° möglich, nach rechts bis 20° möglich.
FBA: 40 cm.
Obere Extremitäten: Rechtshänder.
Rechts: Schultergelenk: Abduktion bis 160° möglich, Ellenbogengelenk: frei, Handgelenk: frei, Finger: o.B.
Links: Schultergelenk: Abduktion bis 160° möglich, Ellenbogengelenk: frei, Handgelenk: frei, Finger: o.B.
Kraft- und Faustschluss: bds. frei.
Kreuz- und Nackengriff: bds. möglich.
Untere Extremitäten:
Rechts: Hüftgelenk: S 0-0-90, F 50-0-40, R 40-0-30, blande Narbe.
Kniegelenk: S 0-0-160, kein Erguss, bandstabil.
OSG: frei.
Links: Hüftgelenk: S 0-0-90, F 50-0-40, R 40-0-30, blande Narbe.
Kniegelenk: S 0-0-160, kein Erguss, bandstabil.
OSG: frei.
Varicen: keine.
Füße: bds. o.B.
Zehen- und Fersenstand: bds. möglich.
Gesamtmobilität - Gangbild: Links hinkend mit einem Gehstock als Gehbehelf.
Status Psychicus: Allseits orientiert, Gedankengang geordnet, nachvollziehbar, erreicht das Ziel, Mnestik unauffällig, Stimmung ausgeglichen, Antrieb im Normbereich, Affekt stabil, gute Affizierbarkeit in beiden Skalenbereichen.
1.3. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Degenerative Wirbelsäulenveränderungen Oberer Rahmensatz, da radiologisch verifizierte maßgebliche degenerative Veränderungen lumbosacral, periphere Schmerzausstrahlung, Lasegue beidseits positiv.
02.01.02
40
2
Hüftgelenkstotalersatz beidseits Mittlerer Rahmensatz, da beidseits eine Einschränkung der Beugung auf 90° vorliegt.
02.05.08
30
Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 50%, da Leiden 2 das führende Leiden 1 um eine Stufe erhöht, da dieses eine maßgebliche funktionelle Zusatzrelevanz aufweist.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellung hinsichtlich des Grades der Behinderung des Beschwerdeführers gründet sich auf das von der belangten Behörde eingeholte orthopädische Gutachten vom 12.02.2020, welches einen Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 50 % ergibt.
Das von der belangten Behörde eingeholte Gutachten ist schlüssig und nachvollziehbar. Die von der belangten Behörde befasste Gutachterin beschreibt den Status des Beschwerdeführers genau und detailreich und unterzog auch alle vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen einer Beurteilung. Es weist keinerlei Widersprüche auf.
Das führende Leiden 1 stuft die Fachärztin in ihrem Gutachten nachvollziehbar unter Pos.Nr. 02.01.02 - Degenerative Wirbelsäulenveränderungen - mit einem GdB von 40 vH ein und begründet schlüssig die Anwendung des oberen Rahmensatzes damit, dass radiologisch verifizierte maßgebliche degenerative Veränderungen lumbosacral und eine periphere Schmerzausstrahlung vorliegen sowie Lasegue beidseits positiv ist.
Das Leiden 2 stuft sie schlüssig unter Pos.Nr. 02.05.08 - Hüftgelenkstotalersatz beidseits - mit einem GdB von 30 vH ein und begründet nachvollziehbar die Anwendung dieser Position mit dem mittleren Rahmensatz damit, dass beidseits eine Einschränkung der Beugung auf 90° vorliegt.
Zum Gesamtgrad der Behinderung gibt die Gutachterin an, dass das Leiden 1 durch das Leiden 2 um eine Stufe erhöht wird, da dieses eine maßgebliche funktionelle Zusatzrelevanz aufweist.
Hinsichtlich des Beschwerdevorbringens, wonach sich der Zustand in Bezug auf das Hüftleiden des Beschwerdeführers nicht gebessert hätte, ist festzuhalten, dass die Gutachterin bereits in diesem Gutachten nachvollziehbar festhielt, dass im Vergleich zum Vorgutachten aus dem Jahr 2018 das Hüftgelenksleiden nach operativer Sanierung um zwei Stufen herabzusetzen ist. Schlüssig führt sie auch weiter aus, dass daher der Gesamtgrad der Behinderung konsekutiv um eine Stufe sinkt.
Hinsichtlich des Beschwerdevorbringens, wonach die LWS mittlerweile stark in Mitleidenschaft gezogen worden sei, ist festzuhalten, dass die Fachärztin für Orthopädie alle vom Beschwerdeführer bis zur Untersuchung vorgelegten Unterlagen einer Beurteilung unterzog und das Wirbelsäulenleiden bereits hinreichend berücksichtigt wurde. Daher wurden auch maßgebliche degenerative Veränderungen lumbosacral mit peripherer Schmerzausstrahlung festgestellt. Die mit Beschwerdeschreiben vom 04.03.2020 vorgelegten Reha-Unterlagen weisen auf kein höhergradiges Wirbelsäulendefizit, sondern vielmehr auf die ohnehin bereits festgestellten Schmerzzustände hin.
Zum Beschwerdevorbringen, wonach der Beschwerdeführer eine starke Behinderung aufgrund der beiden operierten Hüften (linke Hüfte schmerze sehr und er müsse mit Stock gehen) hätte, ist festzuhalten, dass auch dieses Leiden bereits mitberücksichtigt wurde. Auch hierzu weisen das neu vorgelegte Röntgenbericht vom 20.01.2020 und der darauf aufbauende ärztliche Entlassungsbericht vom 03.02.2020 des Reha-Aufenthaltes des Beschwerdeführers keine Verschlechterung im Vergleich zum vom SMS eingeholten Gutachten aus. Vielmehr ergibt sich aus dem ärztlichen Entlassungsbericht vom 03.02.2020 unter Bezugnahme auf die darin dokumentierte Abschlussuntersuchung am 03.02.2020 in Bezug auf die linke Hüfte, dass eine blande reizfreie Narbe, leichte Überwärmung und Weichteilschwellung, jedoch keine Rötung vorliegen. Zur Beweglichkeit hält der Arzt, ohne wesentliche Änderungen zum - zeitlich überdies nachgelagerten - vom SMS beauftragten Gutachten der Fachärztin für Orthopädie vom 12.02.2020 im Wesentlichen übereinstimmend fest: "ROM: Flexion: 90°, ARO: 40°, Abduktion: 40°". Überdies führt er aus, dass freie Bewegungen möglich sind und keine Druckschmerzen über dem Trochanter major vorliegen. Zudem liegen demnach auch keine sensiblen Defizite und keine motorischen Defizite vor. Die in diesem Gutachten geschilderten Schmerzzustände wurden, wie bereits ausgeführt, auch von der Fachärztin für Orthopädie bei dem entsprechenden Leiden mitberücksichtigt.
Das Sachverständigengutachten vom 12.02.2020 wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt. Zweifel an dessen Inhalt bestehen für das BVwG keine - dieses ist schlüssig und nachvollziehbar, es weist keine Widersprüche und Ungereimtheiten auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen.
Die Gutachterin beschreibt den Status des Beschwerdeführers genau und detailreich und unterzog auch alle vom Beschwerdeführer bis dahin vorgelegten Unterlagen einer Beurteilung.
Für den erkennenden Senat ergibt sich kein Anhaltspunkt vom festgestellten Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 50 von Hundert abzuweichen. Die Ausführungen in der Beschwerde vermochten keine substantiierten Einwendungen gegen das eingeholte Sachverständigengutachten darzustellen, zumal auch die vom Beschwerdeführer neu vorgelegten medizinischen Befunde keine weiteren Leiden ausweisen und die Untersuchung der Sachverständigen vom 12.02.2020 zudem zeitlich nachgelagert der Durchführung der Abschlussuntersuchung beim Reha-Aufenthalt des Beschwerdeführers stattfand und die Untersuchung somit jedenfalls aktuell ist.
Der Beschwerdeführer ist dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten somit nicht auf gleicher fachlicher Ebene ausreichend konkret entgegengetreten.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen in Gesamtbetrachtung keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachtens. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Zu A)
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)
Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören. (§ 40 Abs. 1 BBG)
Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt. (§ 41 Abs. 1 BBG)
Der Behindertenpass hat den Vor- und Familiennamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird. (§ 45 Abs. 2 BBG) Dem ausgestellten Behindertenpass kommt zudem Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)
Aufgrund des Antrages des Beschwerdeführers vom 14.11.2019 wurde ihm am 14.02.2020 ein Behindertenpass ausgestellt, mit dem ein Grad der Behinderung in Höhe von 50 von Hundert festgestellt wurde.
Wie bereits beweiswürdigend ausgeführt, bildet Grundlage für die Entscheidung ein ärztliches Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie vom 12.02.2020. In diesem wurde ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 50 von Hundert festgestellt.
Im Gutachten wird auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß ausführlich, schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Die Gutachterin setzt sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den vorgelegten Befunden, den erstatteten Einwendungen sowie auch mit der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussungen und dem Zusammenwirken der zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen auseinander.
Basierend darauf wurde dem Beschwerdeführer der nunmehr angefochtene Behindertenpass mit einem Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 50 von Hundert ausgestellt.
Das Beschwerdevorbringen ist - wie bereits beweiswürdigend dargelegt - nicht geeignet, einen höheren Grad der Behinderung herbeizuführen.
Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses liegen gemäß § 40 Abs. 1, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 vH ein Behindertenpass auszustellen ist, daher vor.
Die Beschwerde zielt allerdings auf einen höheren Grad der Behinderung als 50 vH ab. Aktuell ist aber kein höherer Grad der Behinderung als von 50 vH objektiviert.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
Es wird darauf hingewiesen, dass Verfahrensgegenstand nur die Beschwerde gegen die Höhe des festgestellten Grades der Behinderung und die Ausstellung des Behindertenpasses gewesen ist. Die übrigen vom Beschwerdeführer erhobenen Einwände (Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, Wiederaufnahme zum Kreis der begünstigten Behinderten) waren vom fallgegenständlichen Bescheid (Behindertenpass) nicht mitumfasst. Vielmehr teilte das Sozialministeriumservice mit Beschwerdevorlage vom 30.03.2020 mit, dass derzeit noch ein Verfahren in Bezug auf die Eintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" läuft und ein aktuelles Gutachten noch nicht erstellt wurde. Ebenso wird der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass ein Antrag auf Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten direkt beim Sozialministeriumservice als zuständige Behörde zu stellen ist. Der verfahrensgegenständliche Antrag des Beschwerdeführers und diesbezügliche Bescheid bezogen sich jedoch nur auf die Ausstellung eines Behindertenpasses.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. (§ 24 Abs. 1 VwGVG)
Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist. (§ 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG)
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Gesamtgrad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der bei der beschwerdeführenden Partei festgestellten Gesundheitsschädigungen.
Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher ein ärztliches Gutachten eingeholt. Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Die beschwerdeführende Partei hat auch mit der Beschwerde keine Beweismittel vorgelegt, welche mit der erstinstanzlichen gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang stehen. Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt, dem Bundesverwaltungsgericht liegt kein Beschwerdevorbringen vor, das mit der beschwerdeführenden Partei mündlich zu erörtern gewesen wäre.
Wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, ist das Beschwerdevorbringen nicht geeignet darzutun, dass ein höherer Gesamtgrad der Behinderung vorläge und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Im Übrigen wurde eine solche auch nicht beantragt.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.
Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.
Schlagworte
Behindertenpass Grad der Behinderung SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W200.2230005.1.00Im RIS seit
04.08.2020Zuletzt aktualisiert am
04.08.2020