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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag OberösterreichNorm
BauO OÖ 1994 §21 Abs2 Z4 idF 1998/070Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des Bürgermeisters der Gemeinde Puchenau, vertreten durch die ANWALTGMBH Rinner Teuchtmann in 4040 Linz, Hauptstraße 33, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 16. Oktober 2019, LVwG-450456/8/HW/FC, betreffend Verkehrsflächenbeitrag nach der Oö. Bauordnung 1994 (mitbeteiligte Partei: W S in P), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Antrag der revisionswerbenden Partei auf Zuspruch von Aufwandersatz wird abgewiesen.
Begründung
1 Der Bürgermeister der Gemeinde Puchenau (der Revisionswerber) hatte auf Grundlage des für den Bauplatz der Grundstücke Nr. 1 und 2, KG P, im Ausmaß von 2.252m2 erteilten Baubewilligungsbescheides vom 29. Juni 2017 für die Errichtung einer Garage mit Bescheid vom 25. März 2015 einen Verkehrsflächenbeitrag in der Höhe von € 7.511,97 vorgeschrieben, wogegen der Mitbeteiligte Beschwerde erhob: Er sei auch Einzelunternehmer und führe einen Klein- oder Mittelbetrieb im Sinn des § 21 Abs. 2 Z 4 der Oö. Bauordnung 1994. Das Grundstück und das bewilligte, neu errichtete Gebäude nutze er sowohl privat als auch beruflich. Aufgrund der teilweisen betrieblichen Nutzung seien die Voraussetzungen nach den Ermäßigungstatbeständen des § 20 Abs. 4 Z 2 lit. a und § 21 Abs. 2 Z 4 Oö. BauO 1994 erfüllt.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht der Beschwerde teilweise dahingehend statt, dass ein Verkehrsflächenbeitrag von € 1.361,15 vorgeschrieben wurde. Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass gegen diese Entscheidung eine ordentliche Revision zulässig sei.
Nach Darstellung des Verfahrensganges traf das Gericht folgende Sachverhaltsfeststellungen:
„Der [Mitbeteiligte] ist Alleineigentümer der Liegenschaft EZ 3, KG P, bestehend unter anderem aus den Grundstücken Nr. 1 (G) und 2 (G). Die beiden Grundstücke bilden einen bewilligten Bauplatz mit einer Gesamtfläche von 2.252 m2 (Grundbuchauszug). Auf diesen Grundstücken befinden sich zwei Wohnhäuser ... Das auf dem Grundstück Nr. 2, KG P, bestehende Wohnhaus wird vom [Mitbeteiligten] zu privaten Wohnzwecken genutzt. Das auf dem Grundstück Nr. 1, KG P, bestehende Gebäude dient keinem dauernden Wohnbedarf, sondern wird vom Vater des [Mitbeteiligten] aufgrund eines vertraglich vereinbarten Wohnrechts gelegentlich als Wochenendhaus genutzt ...
Anlässlich der Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung des Einfamilienwohnhauses auf dem Grundstück 2, KG P, im Jahr 2012 wurde dem [Mitbeteiligten] mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Puchenau vom 25. September 2014 ein Verkehrsflächenbeitrag in Höhe von EUR 2.004, 83 vorgeschrieben und vom [Mitbeteiligten] auch entrichtet. Bemessungsgrundlage für diese Vorschreibung war der damals allein aus dem Grundstück Nr. 2, KG P, bestehende Bauplatz mit einer Fläche von 1.055 m2. Dieser Bauplatz wurde im Jahr 2017 durch Zuschreibung des Grundstückes 1 zur EZ 3 auf das heutige Flächenausmaß von 2.252 m2 vergrößert (Beschwerde, Bescheid, Grundbuchsauszug).
Mit Bescheid vom 29. Juni 2017, GZ 131-009-000-2376-2017, wurde dem [Mitbeteiligten] aufgrund dessen Antrag eine Baubewilligung auf den Grundstücken Nr. 1 und 2, KG P, EZ 3, erteilt. Es handelt sich bei dem aufgrund dieser Baubewilligung errichteten Gebäude um eine Garage mit einem Hauptraum und einem Nebenraum ... Aus der Baubeschreibung zu dem verfahrensgegenständlichen Gebäude ergibt sich, dass die überbaute Fläche 258,60 m2 beträgt und die Nettonutzfläche 240,26 m2 beträgt ...
Der [Mitbeteiligte] ist hauptberuflich Mitarbeiter der Berufsfeuerwehr und betreibt nebenberuflich ein Forstunternehmen (‚Forstunternehmen S‘) in der Rechtsform eines (im Firmenbuch nicht registrierten) Einzelunternehmens. Der Unternehmensstandort befindet sich in der G, G (Beschwerde; Auszug Gewerbeinformationssystem Austria in der Anlage zur Beschwerde). Der [Mitbeteiligte] tritt mit seinem Forstunternehmen im Internet auf und bietet die von ihm angebotenen Leistungen dort einem unbegrenzten Personenkreis an. In seinem Unternehmen beschäftigte der [Mitbeteiligte] in den Jahren 2017 bis 2018 keine Mitarbeiter. Im Jahr 2017 erzielte der [Mitbeteiligte] Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 2.506,39 und Betriebseinnahmen in Höhe von EUR 28.087,44 (Beschwerde; Einkommensteuererklärung und Einkommensteuerbescheid für 2017 in der Anlage zur Beschwerde).
Die betriebliche Nutzung des aufgrund der Baubewilligung vom 29. Juni 2017 errichteten Gebäudes (Garage) beschränkt sich auf das Abstellen der betrieblich genutzten Fahrzeuge, nämlich einem Firmen-Fahrzeug (‚Pick-Up‘), einem Anhänger und einem Mini-Bagger. Daneben werden in der Garage auch ein Wohnmobil sowie das Privatfahrzeug der Lebensgefährtin des [Mitbeteiligten] abgestellt. Der Garagennebenraum wird hauptsächlich zur Lagerung von der Nutzung der abgestellten Fahrzeuge dienenden Bestandteile und Geräte (wie zB KFZ-Räder, Reifen, Dachträger etc) sowie von Gartengeräten genutzt. Dieser Nebenraum wird gelegentlich auch zur Durchführung kleinerer Reparaturen bzw Wartungsarbeiten an den betrieblichen und privaten Fahrzeugen (zB Räderwechsel, Innenreinigung) genutzt. Das flächenmäßige Ausmaß der betrieblichen Nutzung der Garage beträgt ca. 60% der Gesamtfläche. Der Rest der Fläche (ca. 40%) wird privat genutzt (Stellungnahme des [Mitbeteiligten] ON 6).
Die auf den Grundstücken Nr. 1 und 2, KG P, bestehenden Wohnhäuser werden vom [Mitbeteiligten] (bzw dessen Vater auf Grundlage eines vertraglich vereinbarten Wohnrechts) beinahe ausschließlich privat genutzt. Lediglich ein im Wohnungsverband des auf dem Grundstück Nr. 2, KG P, bestehenden Gebäudes gelegener Raum mit einer Nutzfläche in Höhe von ca. 11,20 m2 wird vom [Mitbeteiligten] zur Führung der Verwaltungsagenden seines Betriebs als Büro genutzt. Zudem wird ein im Kellergeschoß dieses Gebäudes gelegener Raum (‚Hobbyraum‘) gelegentlich für die Reparatur von betrieblich genutzten Kleingeraten verwendet (Stellungnahme des [Mitbeteiligten] vom 29. 9. 2019, ON 6).“
3 Nach weiterer Ausführung seiner Beweiswürdigung gelangte das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung zunächst zur Schlussfolgerung, dass bei einem gemischt genutzten Grundstück wie dem revisionsgegenständlich, auf dem neben einer teilweise betrieblich genutzten Garage im Wesentlichen zwei privat genutzte Wohnhäuser bestünden und bei dem bei einer Gesamtfläche des Grundstücks von 2.252m2 nur ein geringer Teil der Fläche betrieblich genutzt werde, nicht von einem betrieblich genutzten Grundstück im Sinn des § 20 Abs. 4 Z 2 Oö. BauO auszugehen sei.
4 Zur Anwendung der Ermäßigung des Verkehrsflächenbeitrages nach § 21 Abs. 2 Z 4 Oö. BauO führte das Verwaltungsgericht sodann aus:
„Die streitgegenständliche Ermäßigung des Verkehrsflächenbeitrags um 60 % soll nach dem Wortlaut des Gesetzes dann in Betracht kommen, ‚wenn die Baubewilligung erteilt wird für den Neu-, Zu- oder Umbau von [...] Gebäuden von Klein- oder Mittelbetrieben‘. Voraussetzung für die Anwendung dieser Befreiungsbestimmung ist nach der Rechtsprechung, dass die Baubewilligung einem Klein- und Mittelbetrieb erteilt wird, dieser Betrieb eine Bautätigkeit vornimmt und er in dem Gebäude eine betriebliche Tätigkeit entfaltet (VwGH 18. 4. 2008, 2008/17/0055, 15. 12. 2016, 2013/17/0760). Dabei betont der Verwaltungsgerichtshof, dass die Ermäßigung dann eingreift, wenn eine betriebliche Tätigkeit in dem Gebäude durch den Klein- oder Mittelbetrieb entfaltet wird, es kommt somit auf die betriebliche Nutzung des Gebäudes an. Nach Ansicht des erkennenden Gerichts ist daher insofern auf die tatsächliche Nutzung des aufgrund der Baubewilligung errichteten Gebäudes abzustellen.
Im vorliegenden Fall wurde dem [Mitbeteiligten], der durch die Führung seines Einzelunternehmens eine betriebliche Tätigkeit entfaltet (siehe dazu bereits Punkt III.l.2), die Baubewilligung erteilt. Der [Mitbeteiligte] nutzt auch die Garage (teilweise) für Zwecke seines Gewerbebetriebs, indem er seine dem Betrieb zuzurechnenden Fahrzeuge und Geräte darin lagert. Das vom [Mitbeteiligten] in Form eines Einzelunternehmens betriebene ‚Forstunternehmen S‘ ist auch, da er keine Mitarbeiter beschäftigt und angesichts der Umsätze, als Kleinunternehmen im Sinne des § 21 Abs 2 Z 4 Oö. BauO 1994 anzusehen.
Fraglich ist jedoch, ob die verfahrensgegenständliche Garage aufgrund der gemischten Nutzung sowohl für betriebliche als auch für private Zwecke als ‚Gebäude von einem Kleinbetrieb‘ im Sinne des § 21 Abs 2 Z 4 Oö. BauO 1994 anzusehen ist. Nach ihrem Wortlaut setzt die Ermäßigung nach § 21Abs 2 Z4 Oö. BauO 1994 das Vorliegen einer Baubewilligung für den Neu-, Zu- oder Umbau von ‚Gebäuden von Klein- oder Mittelbetrieben‘ voraus. Der Gesetzgeber hat keine besondere Regelung für den Fall der gemischten Nutzung eines Gebäudes vorgesehen, sodass nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes eine anteilige Ermäßigung des Verkehrsflächenbeitrags bei gemischt genutzten Gebäuden im Ausmaß des betrieblich genutzten Teils des Gebäudes nicht zulässig ist. Bei gemischt genutzten Gebäuden ist daher zu beurteilen, ob das Gebäude insgesamt dem Betrieb zuzuordnen ist. Davon ist nach Auffassung des erkennenden Gerichts auszugeben, wenn ein Gebäude überwiegend betrieblich genutzt wird (vgl. auch zur Zurechnung von Wirtschaftsgütern zum Betriebsvermögen im Ertragssteuerrecht Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, §4 Rz 78 f mit weiteren Nachweisen). Im gegenständlichen Fall wird von der gesamten Fläche des bewilligten Gebäudes eine Teilfläche von etwa 60% (der Gesamtfläche) betrieblich genutzt. Da somit das der Baubewilligung unterliegende Gebäude überwiegend für betriebliche Zwecke genutzt wird, liegt ein Gebäude eines Klein- oder Mittelbetriebs im Sinne des § 21Abs 2 Z 4 Oö. BauO 1994 vor. Somit sind sämtliche Voraussetzungen für die Anwendung des Ermäßigungstatbestands des § 21 Abs 2 Z 4 Oö. BauO 1994 erfüllt.“
Zusammengefasst sei - so die abschließende Conclusio - der Beschwerde daher insoweit stattzugeben, als die Ermäßigung des Verkehrsflächenbeitrages nach § 21 Abs. 2 Z 4 Oö. BauO zur Anwendung zu bringen sei, während die Frontlängendeckelung nach § 20 Abs. 4 Z 2 Oö. BauO nicht zu berücksichtigen sei. Der Verkehrsflächenbeitrag errechne sich mit dem - näher dargelegten geringeren - Betrag von € 1.361,15.
Seinen Ausspruch über die Zulässigkeit einer ordentlichen Revision begründete das Verwaltungsgericht damit, dass im Revisionsfall Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen würden, zu denen bislang keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen sei; dies betreffe insbesondere etwa die Frage, ob auch eine untergeordnete betriebliche Nutzung eines Grundstücks zur Anwendbarkeit der Ermäßigungsbestimmung des § 20 Abs. 4 Z 2 Oö. BauO führe.
5 Die gegen dieses Erkenntnis erhobene Amtsrevision des Bürgermeisters der Gemeinde Puchenau teilt die Ansicht des Verwaltungsgerichts über die Zulässigkeit einer ordentlichen Revision gegen das Erkenntnis vom 16. Oktober 2019, dies allerdings in Ansehung der Ermäßigungstatbestandes des § 21 Abs. 2 Z 4 Oö. BauO und der Frage von teils betrieblich, teils privat genutzten Gebäuden. Soweit ersichtlich liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Auslegung dieses Tatbestandes für solche Konstellationen vor. In den bislang zu diesem Tatbestand ergangenen Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes „(2008/17/0055; 2013/17/0760)“ sei es nur darum gegangen, ob § 21 Abs. 2 Z 4 Oö. BauO dem Grunde nach anzuwenden sei. Ausgehend vom Tatbestand des § 21 Abs. 2 Z 4 Oö. BauO ergebe sich die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses: Dieser Ermäßigungstatbestand knüpfe nicht primär an der Nutzung des Gebäudes an, sondern lediglich daran, ob eine Baubewilligung für ein Gebäude/eine Bautätigkeit eines Betriebes erteilt werde oder nicht. Die bedeute, dass eine allfällige nachträgliche Nutzung nicht entscheidend sein könne. Es müsse von vornherein klar sein, dass die Bewilligung für den Betrieb erfolge. Liege keine Bautätigkeit eines Betriebes vor oder werde keine Baubewilligung für einen Betrieb beantragt, könne der Ermäßigungstatbestand nicht schlagend werden. Dass der Betrieb in der Folge im erbauten Gebäude auch seine betriebliche Tätigkeit entfalten müsse, sei selbstverständlich. Die vom Verwaltungsgericht angedachte Lösung unter Übertragung von Grundsätzen aus dem Ertragssteuerrecht sei sachfremd und inkonsistent, weil eine solche entsprechend der teilweisen betrieblichen Nutzung zu einer verhältnismäßigen Ermäßigung führen müsste.
Die Amtsrevision beantragt, in der Sache zu entscheiden und das angefochtene Erkenntnis dahin abzuändern, dass die Beschwerde des Mitbeteiligten gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 25. März 2019 als unbegründet abgewiesen werde, in eventu das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben, dies unter Zuerkennung von Aufwandersatz.
6 Der Mitbeteiligte hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der er die Zurückweisung der Revision als unzulässig, in eventu deren Abweisung als unbegründet beantragt. Die im Revisionsfall zu beantwortende Frage sei vom Verwaltungsgerichtshofe im Erkenntnis vom 15. Dezember 2016, 2013/17/0760, bereits ausreichend geklärt worden, dass die Ermäßigung (nur) dann eingreife, wenn eine betriebliche Tätigkeit in dem Gebäude durch den Klein- oder Mittelbetrieb entfaltet werde, dem die Baubewilligung erteilt worden sei; demnach müssten die beiden Voraussetzungen - Erteilung einer Baubewilligung an einen Klein- oder Mittelbetrieb und betriebliche Nutzung durch diesen Betrieb - kumulativ vorliegen. Auch zur Frage, wie im Anwendungsbereich der Oö. BauO die Abgrenzung bei gemischten Gebäudenutzungen zu beurteilen sei, existiere bereits Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Der Ermäßigungstatbestand des § 21 Abs. 2 Z 4 Oö. BauO sei erfüllt, weil die Baubewilligung einem Kleinbetrieb erteilt worden sei. Mangels Eintragung des Unternehmens des Mitbeteiligten habe dieser die Baubewilligung unter seinem persönlichen Namen beantragt und bewilligt erhalten. Dessen ungeachtet sei die Baubewilligung einem Unternehmer iSd. § 1 Abs. 1 UGB erteilt worden. Dass Ausmaß der betrieblichen Nutzung der Garage betrage mehr als 50%; demnach werde das Gebäude betrieblich genutzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
7 Die Amtsrevision ist aus den folgenden Gründen zulässig und auch berechtigt:
8 Gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Ein solches Abweichen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG liegt hier vor:
10 Gemäß § 21 Abs. 2 Z 4 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66 - Oö BauO, idF der Oö. Bauordnungs-Novelle 1998, LGBl. Nr. 70, ermäßigt sich der Verkehrsflächenbeitrag um 60%, wenn die Baubewilligung für den Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden von Klein- oder Mittelbetrieben sowie von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben erteilt wird.
11 Die Ermäßigung des Verkehrsflächenbeitrages soll nach dem Wortlaut des § 21 Abs. 2 Z 4 Oö. BauO dann in Betracht kommen, wenn „die Baubewilligung für den Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden von Klein- oder Mittelbetrieben“ erteilt wird. Schon nach dem Wortlaut des Gesetzes kommt es auf die Erteilung der Baubewilligung (und somit auf die betriebliche Nutzung des Gebäudes) im Zusammenhang mit Klein- oder Mittelbetrieben an. Erkennbarer Zweck dieser Bestimmung ist die Begünstigung von Klein- und Mittelbetrieben, die (Argument: „Baubewilligung“) eine Bautätigkeit entfalten. Die Förderung eines Klein- oder Mittelbetriebes, der selbst keine Bautätigkeit entfaltet und der auch keine Baubewilligung erhalten hat, ist nicht von der erkennbaren Förderungsabsicht des Gesetzgebers umfasst (VwGH 18.4.2008, 2008/17/0055; vgl. auch Pabel, Kommentar zum Oö Baurecht, Rz 11 zu § 21 Oö BauO).
Die beiden im zitierten Erkenntnis genannten Voraussetzungen - die Erteilung der Baubewilligung an und die Entfaltung der betrieblichen Tätigkeit durch einen Klein-oder Mittelbetrieb - müssen kumulativ vorliegen (VwGH 15.12.2016, 2013/17/0760).
12 Ausgehend von den vom Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen ist der Mitbeteiligte hauptberuflich als Berufsfeuerwehrmann (unselbständig) beschäftigt und betreibt nebenberuflich das „Forstunternehmen S“ in Form eines Einzelunternehmens.
Auch bei Personen, die ein Einzelunternehmen betreiben, ist eine Unterscheidung zwischen betriebs- oder unternehmensbezogenem und nicht betriebs- oder unternehmensbezogenem Handeln möglich, wofür das Auftreten der Person entscheidend ist.
13 Ein unternehmensbezogenes Geschäft liegt nur dann vor, wenn es zum Betrieb des Unternehmens gehört; es muss also einen funktionellen Bezug zum Unternehmen aufweisen, was für Privatgeschäfte des Unternehmers nicht gilt. Dieser Unternehmensbezug muss für den Geschäftspartner (Erklärungsempfänger) erkennbar sein (vgl. Schauer in Krejci, RK [UGB], Rz 12 zu § 343 UGB).
14 Wiederum ausgehend von den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen wurde die der Vorschreibung des Verkehrsflächenbeitrages zugrunde liegende Baubewilligung dem Mitbeteiligten ohne erkennbare Bezugnahme auf dessen Einzelunternehmen oder auf eine beabsichtigte betriebliche Nutzung des bewilligten Gebäudes durch das Einzelunternehmen zuteil. Solches wurde weder von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens behauptet noch ergibt sich solches aus den vorgelegten Verwaltungsakten; vielmehr ist letzteren zu entnehmen, dass in der dem Ansuchen um Baubewilligung vom 6. Juni 2017 angeschlossenen Baubeschreibung nach § 29 Abs. 1 Z 3 Oö. BauO im Rahmen der technischen Beschreibung des Gebäudes dieses der „Privatperson“ zugeordnet wurde, nicht jedoch einem „Unternehmen“.
15 Vor diesem Hintergrund sah das Verwaltungsgericht zu Unrecht die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzung nach § 21 Abs. 2 Z 4 Oö. BauO, der Erteilung der Baubewilligung zugunsten eines Klein- oder Mittelbetriebes erfüllt, womit es das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastete.
Da auch die Revisionsbeantwortung eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses in der Anwendung des § 20 Abs. 4 Z 2 Oö. BauO durch das Verwaltungsgericht nicht behauptet, ist darauf nicht einzugehen.
16 Das angefochtene Erkenntnis ist daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG unter Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG aufzuheben.
17 Gemäß § 47 Abs. 4 VwGG hat der Revisionswerber (unter anderem) in dem hier vorliegenden Fall einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG keinen Anspruch auf Aufwandersatz, weshalb der diesbezügliche Antrag abzuweisen ist.
Wien, am 3. Juni 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RO2020160003.J00Im RIS seit
04.08.2020Zuletzt aktualisiert am
04.08.2020