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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache des S S, vertreten durch die Weh Rechtsanwalt GmbH in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Oktober 2019, W261 2144613-1/34E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 24. Juni 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er vor, er sei von den Taliban bedroht worden, weshalb er aus seinem Herkunftsstaat geflüchtet sei.
2 Mit Bescheid vom 23. Dezember 2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Das BVwG erachtete das Fluchtvorbingen des Revisionswerbers nicht als glaubhaft. Es traf Feststellungen zur Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan und führte aus, die Heimatprovinz des Revisionswerbers sei von militärischen Auseinandersetzungen und willkürlicher Gewalt betroffen. Dem Revisionswerber, der gesund und arbeitsfähig sei und über Schulbildung und Berufserfahrung in Afghanistan verfüge, stehe jedoch eine innerstaatliche Fluchtalternative in Mazar-e-Sharif offen.
5 Mit Beschluss vom 20. Dezember 2019, E 4291/2019-8, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen das Erkenntnis des BVwG erhobenen Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Zur Zulässigkeit der Revision wird zunächst vorgebracht, das BVwG werde seiner Begründungspflicht nicht gerecht. Die Ausführungen zu den Fluchtgründen des Revisionswerbers erschöpften sich in einer bloßen Beweiswürdigung. Das BVwG unterlasse es, dazu Feststellungen zu treffen.
10 Mit diesen Ausführungen übergeht die Revision den Inhalt des angefochtenen Erkenntnisses, mit dem das BVwG den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu etwa VwGH 5.3.2020, Ra 2019/19/0447) dargestellten Anforderungen an die Begründung der Erkenntnisse der Verwaltungsgerichte gerecht geworden ist. Das BVwG hat insbesonderehinsichtlich des Fluchtvorbringens des Revisionswerbers ausdrücklich festgestellt, dass dieser entgegen seinem Vorbringen nicht von den Taliban bedroht worden sei und ihm dies auch in Zukunft nicht drohe. Im Rahmen einer umfangreichen Beweiswürdigung hat das BVwG dargelegt, worauf es diese Feststellungen gründe und in rechtlicher Hinsicht insbesondere ausgeführt, dass im Sinn des § 3 Abs. 1 AsylG 2005 somit nicht glaubhaft sei, dass dem Revisionswerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention drohe (vgl. zum rechtlichen Begriff der Glaubhaftmachung VwGH 12.3.2020, Ra 2019/01/0472). Ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vermag die Revision daher insoweit nicht aufzuzeigen.
11 Soweit die Revision vorbringt, das BVwG hätte ein Sachverständigengutachten aus dem Fachbereich der Länderkunde einholen müssen, zeigt sie nicht auf, warum das BVwG - ohne entsprechendenBeweisantrag unter Bekanntgabe des Beweisthemas - fallbezogen von der Erforderlichkeit dieser Beweisaufnahme ausgehen hätte sollen (vgl. VwGH 18.3.2020, Ra 2019/20/0076, mwN). Im Übrigen legt die Revision auch die Relevanz dieses behaupteten Verfahrensmangels nicht dar (vgl. zum Erfordernis der Relevanzdarstellung bei Geltendmachung von Verfahrensmängeln als Zulassungsgründe etwa VwGH 13.2.2020, Ra 2020/01/0038).
12 Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung wendet die Revision sich schließlich gegen die Rückkehrentscheidung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel (vgl. VwGH 5.5.2020, Ra 2020/19/0140, mwN). Eine vom Verwaltungsgerichtshof als Zulässigkeitsgrund aufzugreifende Mangelhaftigkeit des Verfahrens des BVwG bzw. eine Unvertretbarkeit der Interessenabwägung vermag die Revision im vorliegenden Fall nicht darzulegen.
13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 16. Juni 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020190046.L01Im RIS seit
04.08.2020Zuletzt aktualisiert am
04.08.2020