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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Terlitza als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision der A I, vertreten durch MMag. Dr. Franz Stefan Pechmann, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Prinz-Eugen-Straße 70/2/1.1, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. März 2020, Zl. W212 2225880-1/8E, betreffend Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Österreichische Botschaft Damaskus), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die (nach eigenen Angaben) staatenlose Revisionswerberin stellte am 11. Juni 2018 schriftlich und am 26. Juni 2018 persönlich bei der Österreichischen Botschaft Damaskus (ÖB Damaskus) einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).
2 Mit Bescheid vom 5. August 2019 wies die ÖB Damaskus den Antrag der Revisionswerberin auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG in Verbindung mit § 35 AsylG 2005 ab.
3 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies die ÖB Damaskus mit Beschwerdevorentscheidung vom 29. Oktober 2019 als unbegründet ab.
4 Die Revisionswerberin brachte daraufhin am 13. November 2019 einen Vorlageantrag (datiert mit 7. November 2019) ein.
5 Mit Verspätungsvorhalt vom 13. Dezember 2019 wurde der Revisionswerberin vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mitgeteilt, dass sich die Beschwerde vom 9. September 2019 sowie der Vorlageantrag vom 7. November 2019 (eingelangt am 13. November 2019) nach der Aktenlage als verspätet darstelle und ihr eine Möglichkeit zu einer Stellungnahme eingeräumt, von welcher die Revisionswerberin jedoch nicht Gebrauch machte.
6 Mit dem nun angefochtenen Beschluss vom 13. März 2020 wies das BVwG den Vorlageantrag als verspätet zurück und sprach gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass die Revision nach Art. 133 Abs.4 B-VG nicht zulässig sei.
7 Begründend führte das BVwG aus, die Beschwerdevorentscheidung der ÖB Damaskus sei am 29. Oktober 2019 zugestellt worden und daher habe die zweiwöchige Einbringungsfrist des Vorlageantrages mit 12. November 2019 geendet. Der Vorlageantrag der Revisionswerberin sei jedoch erst am 13. November 2019 eingelangt und erweise sich somit als verspätet. Insofern sei auch die Beschwerde vom 9. September 2019 nicht mehr zu behandeln. Darüber hinaus sei darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdefrist bereits am 2. September 2019 geendet und die Beschwerde daher ebenfalls verspätet eingebracht worden sei. Nach § 15 Abs. 3 VwGVG müsse zwar die Behörde über die Rechtzeitigkeit und Zulässigkeit des Vorlageantrages absprechen, wenn die Behörde jedoch - wie im vorliegenden Fall - den Vorlageantrag nicht als verspätet zurückgewiesen und diesen mit der Beschwerde dem BVwG vorgelegt habe, komme diese Zuständigkeit dem Verwaltungsgericht zu, zumal mit der Vorlage des Vorlageantrages, der Beschwerde und des Verwaltungsaktes die Zuständigkeit zur Führung des Verfahrens auf das BVwG übergegangen und die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde erloschen sei.
8 Dagegen richtet sich vorliegende außerordentliche Revision.
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
12 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (nur) im Rahmen der dafür in der Revision (gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert) vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. etwa VwGH 9.1.2020, Ra 2018/01/0343, mwN). Die vorliegende Revision wird diesen Anforderungen nicht gerecht.
13 Zum Vorwurf der Aktenwidrigkeit ist darauf zu verweisen, dass eine Aktenwidrigkeit nur dann vorliegt, wenn der Akteninhalt unrichtig wiedergegeben wurde bzw. wenn sich das Verwaltungsgericht bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts mit dem Akteninhalt hinsichtlich der dort festgehaltenen Tatsachen in Widerspruch gesetzt hat (vgl. VwGH 18.3.2019, Ra 2019/01/0068, mwN). Die Revision legt in ihrem Zulässigkeitsvorbringen mit ihrem pauschalen und auf einer Mutmaßung beruhenden Vorbringen zur angeblichen Rechtzeitigkeit des Vorlageantrages nicht dar, inwiefern die Feststellungen des BVwG in unvertretbarer Weise nicht mit dem Akteninhalt übereinstimmen.
14 Das Vorliegen einer grundsätzlichen Rechtsfrage kann zudem nicht mit einem Vorbringen begründet werden, das unter das Neuerungsverbot fällt (vgl. jüngst VwGH 10.4.2020, Ra 2019/07/0096, mwN). Dieses Verbot gilt auch für solche Rechtsausführungen, deren Richtigkeit nur auf Grund von Tatsachenfeststellungen überprüft werden kann, die deshalb unterblieben sind, weil im Verwaltungsverfahren und im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht diesbezüglich nichts vorgebracht wurde (vgl. wiederum VwGH 10.4.2020, Ra 2019/07/0096, mwN). Die Revisionswerberin hat aber nach dem insoweit im Revisionsverfahren nicht strittigen Akteninhalt zum Verspätungsvorhalt des BVwG vom 13. Dezember 2019 nicht Stellung genommen und somit auch kein Vorbringen zur nun erstmals in der Revision behaupteten angeblichen Rechtzeitigkeit des Vorlageantrages erstattet.
15 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 16. Juni 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020010160.L00Im RIS seit
04.08.2020Zuletzt aktualisiert am
04.08.2020