Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §32 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 14. Juni 1996 (schriftlich ausgefertigt mit Datum 19. Juni 1996), Zl. UVS-05/K/37/00594/96, betreffend Übertretung des Wiener Parkometergesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Schreiben vom 19. Juli 1993 richtete der Magistrat der Stadt Wien an eine näher bezeichnete GmbH als Zulassungsbesitzer das Ersuchen, darüber Auskunft zu geben, wem das dem Kennzeichen nach näher bestimmte Fahrzeug, welches zu einem angegebenen Zeitpunkt in einer näher bezeichneten gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt gewesen sei, zu diesem Zeitpunkt überlassen worden sei.
In ihrer mit 28. Juli 1993 datierten und am 5. August 1993 bei der Erstbehörde eingelangten Antwort führte die GmbH den Beschwerdeführer als die gefragte Person an.
1.2. Hieraufhin erließ der Magistrat der Stadt Wien eine mit 6. August 1993 datierte Strafverfügung, in der dem Beschwerdeführer zur Last gelegt wurde, am 15. Juni 1993 zu einer näher angeführten Zeit das dem Kennzeichen nach bestimmte Kraftfahrzeug in Wien in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone an einem näher bestimmten Ort abgestellt zu haben, ohne für seine Kennzeichnung mit einem richtig entwerteten Parkschein gesorgt zu haben, weil der Parkschein gefehlt habe; der Beschwerdeführer habe dadurch die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) ausgesprochen.
1.3. In seiner mit 2. Februar 1995 datierten Berufung im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens führte der Beschwerdeführer unter anderem aus, daß er an einer Anschrift in Budapest (Ungarn) wohnhaft sei und ihm die Strafverfügungen nie zugestellt worden seien. Er habe auch die ihm zur Last gelegte Tat nie begangen.
1.4. Die Erstbehörde ging in der Folge aufgrund angestellter Erhebungen offenbar davon aus, daß eine Zustellung der genannten Strafverfügung vom 6. August 1993 noch nicht rechtswirksam erfolgt sei und stellte diese zu Handen des ausgewiesenen Rechtsfreundes des Beschwerdeführers am 26. Juni 1995 zu.
In seinem mit 7. Oktober 1995 datierten, aber bereits am 11. Juli 1995 bei der Erstbehörde eingelangten Einspruch gegen die oben angeführte Strafverfügung führte der Beschwerdeführer aus, er habe die ihm vorgeworfene Übertretung nicht begangen. Insbesondere sei es unrichtig, daß er zum angegebenen Zeitpunkt am angegebenen Ort "gestanden" sein solle sowie, daß dort überhaupt eine gebührenpflichtige Kurzparkzone verordnet und kundgemacht sei.
Über Vorhalt der Ergebnisse im Rahmen des von der Erstbehörde geführten Ermittlungsverfahrens gab der Beschwerdeführer in einer mit 15. Dezember 1995 datierten und am 16. Dezember 1995 bei der Erstbehörde eingelangten Stellungnahme an, daß er zum Tatzeitpunkt das näher bezeichnete Fahrzeug nicht gelenkt habe; es sei von Herrn M., wohnhaft an einer näher genannten Anschrift in Budapest, gelenkt worden.
Nachdem die Erstbehörde vergeblich unter der vom Beschwerdeführer genannten Adresse versucht hatte, eine Stellungnahme von M. zu erhalten, teilte sie dies dem Beschwerdeführer mit.
Dieser antwortete hierauf in seiner Stellungnahme vom 28. Februar 1996 (eingelangt bei der Erstbehörde am 29. Februar 1996) unter Angabe einer neuen Adresse des M. in Budapest, daß dieser zur Tatzeit um die Mittagszeit aus Budapest in Wien angekommen und am Nachmittag bzw. frühen Abend wieder zurückgefahren sei, somit nicht in Wien übernachtet habe. Gleichzeitig legte er die Ablichtung eines Führerscheines, ausgestellt auf M., vor.
1.5. Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis vom 14. März 1996 (zugestellt am 5. April 1996) wurde der Beschwerdeführer unter anderem (neben anderen gleichgearteten Fällen) auch schuldig erkannt, am 15. Juni 1993 zu einer näher genannten Zeit ein näher umschriebenes Kraftfahrzeug in Wien an einem näher umschriebenen Ort in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt zu haben, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültig entwerteten Parkschein gesorgt zu haben, da der Parkschein gefehlt habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt. Es wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Die Erstbehörde ging davon aus, daß die Behauptung, der Beschwerdeführer habe das Fahrzeug einer anderen Person (M.) überlassen, unglaubwürdig sei.
In seiner dagegen erhobenen, mit 17. April 1996 datierten Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, daß das Kraftfahrzeug zum angeführten Zeitpunkt nicht am angeführten Ort ohne Entrichtung der Gebührenpflicht geparkt gewesen sei; die Behörde hätte "zumindestens den Meldungsleger einvernehmen müssen, ob der Tatvorwurf überhaupt richtig" sei bzw. nicht etwa ein Irrtum vorliege. Desweiteren habe der Einschreiter (Beschwerdeführer) vorgebracht, daß die Kurzparkzone nicht ordnungsgemäß kundgemacht sei. Schließlich sei es der Behörde nicht gelungen, überhaupt zu beweisen, daß der Beschwerdeführer der Lenker gewesen sei; dieser habe M. als solchen genannt.
1.6. Die belangte Behörde führte am 14. Juni 1996 eine mündliche Verhandlung durch, zu der sie auch M. an der im erstinstanzlichen Verfahren zuletzt genannten Adresse zu laden versuchte. Da eine Zustellung unter der vom Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren zuletzt genannten Anschrift nicht vorgenommen werden konnte, wurde der Beschwerdeführer über seinen ausgewiesenen Rechtsfreund am 10. Juni 1996 aufgefordert, eine "ladungsfähige Adresse" bekanntzugeben. Am 13. Juni 1996 langte ein Fax bei der belangten Behörde ein, in der eine Anschrift des M. in Budapest angeführt wird.
Zur mündlichen Verhandlung vom 14. Juni 1996 erschien weder der zu Handen seines ausgewiesenen Rechtsvertreters geladene Beschwerdeführer noch dessen Rechtsfreund. Gründe hiefür sind dem Akt nicht zu entnehmen.
1.7. Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid der belangten Behörde, der in der mündlichen Verhandlung vom 14. Juni 1996 nach dem Inhalt des Verhandlungsprotokolles verkündet worden war und dessen schriftliche Ausfertigung mit 19. Juni 1996 datiert, gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte hinsichtlich des dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Delikts vom 15. Juni 1993 das erstinstanzliche Straferkenntnis.
1.8. Mit Beschluß vom 12. März 1997, B 4742/96-6, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der zunächst an ihn gerichteten Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG ab.
1.9. Der Beschwerdeführer bekämpft vor dem Verwaltungsgerichtshof in seiner - ergänzten - Beschwerde den Bescheid der belangten Behörde erkennbar wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, daß der Berufungsbescheid vom 19. Juni 1996 nach Ablauf der Frist des § 31 Abs. 3 VStG nicht mehr hätte erlassen werden dürfen; die Strafbarkeit der Tat sei daher verjährt.
Gemäß § 31 Abs. 3 erster Satz VStG darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden, wenn seit dem im § 31 Abs. 2 leg. cit. bezeichneten Zeitpunkt drei Jahre vergangen sind. Im Beschwerdefall wäre daher die Strafbarkeitsverjährung mit Ablauf des 15. Juni 1996 (vgl. § 32 Abs. 2 AVG) eingetreten.
Gemäß § 51f Abs. 2 VStG hindert das Nichterscheinen einer ordnungsgemäß zu einer öffentlichen mündlichen Verhandlung eines unabhängigen Verwaltungssenates in einer Verwaltungsstrafsache geladenen Partei weder die Durchführung der Verhandlung noch die Fällung des Erkenntnisses.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. November 1995, Zl. 95/02/0300, mwN), hindert selbst die Abwesenheit des ordnungsgemäß geladenen Beschuldigten nicht die wirksame Verkündung eines Erkenntnisses durch den Unabhängigen Verwaltungssenat. Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof auch schon ausgesprochen, daß es bei einer solchen Sachlage ohne Belang ist, daß die schriftliche Ausfertigung eines Erkenntnisses der belangten Behörde an den Beschwerdevertreter erst nach Ablauf der in § 31 Abs. 3 erster Satz VStG genannten Frist zugestellt wurde (vgl. das bereits erwähnte Erkenntnis vom 17. November 1995, mwN). Der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Verjährungseinwand trifft daher - trotz der erst am 21. Oktober 1996 erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Erkenntnisses an den Beschwerdevertreter - infolge wirksamer Verkündung des Erkenntnisses am 14. Juni 1996 nicht zu.
2.2. Im vorliegenden Fall ist weiters noch strittig, ob die belangte Behörde ohne weitere Ermittlungen (Ladung des M.) auf die Lenkereigenschaft des Beschwerdeführers schließen durfte.
Dabei ist zunächst darauf hinzuweisen, daß in der Frage der Beweiswürdigung die Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes darauf eingeschränkt ist, ob der maßgebende Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die hiebei angestellten Erwägungen schlüssig sind, weshalb es dem Gerichtshof verwehrt ist, die vorgenommene Beweiswürdigung darüber hinaus auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen (vgl. dazu insbesondere das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053, sowie das hg. Erkenntnis vom 29. September 1997, Zl. 96/17/0331, mwN).
Die Bezeichnung einer Person, die sich ständig oder überwiegend im Ausland aufhält, als verantwortlicher Lenker, verpflichtet den Beschuldigten zu einer verstärkten Mitwirkung. Dennoch wird die Behörde in der Regel den Versuch zu unternehmen haben, mit der als Lenker genannten Person im Ausland in Kontakt zu treten oder den Zulassungsbesitzer (oder den als Lenker sonst in Frage kommenden) zur Glaubhaftmachung der Existenz der Person und ihres Aufenthaltes im Inland auffordern müssen (vgl. beispielsweise das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. Juni 1991, Zl. 90/18/0091, VwSlg. 13.451/A, sowie das bereits erwähnte Erkenntnis vom 29. September 1997).
Im vorliegenden Fall kann jedoch im Unterbleiben der an sich gebotenen, weiteren Ermittlungen kein zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führender, wesentlicher Verfahrensmangel erblickt werden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stand es nämlich der belangten Behörde infolge des Grundsatzes der Unbeschränktheit der Beweismittel frei, ihren Erwägungen und Schlußfolgerungen das Verhalten des Beschwerdeführers zugrundezulegen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1986, Zl. 86/02/0086, mwH). Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsstrafverfahren zunächst die Tathandlung und deren Unrechtmäßigkeit bestritten. Erst in Konfrontation mit den Beweisergebnissen im erstinstanzlichen Verfahren hat er M. als den genannt, der das Fahrzeug gelenkt haben soll. Sowohl unter der zunächst im erstinstanzlichen Verfahren angeführten Anschrift des M. wie auch unter der in der Folge genannten konnte M. nicht erreicht werden. Auch in seiner Berufung bestritt der Beschwerdeführer die Tathandlung und deren Unrechtmäßigkeit ohne darzulegen, warum er - bei einer behaupteten Lenkereigenschaft von M. - über die näheren Umstände des Abstellens des Fahrzeuges informiert sein konnte. Darüber hinaus blieb die aufgrund der Aktenlage getroffene Annahme der belangten Behörde unwidersprochen, die bekannt gegebenen Anschriften des M. in Budapest seien ident mit denen, die der Beschwerdeführer als seine eigenen im Laufe des Verfahrens (wenn auch bezogen auf andere Zeitpunkte) angeführt habe.
Die bereits von der Erstbehörde und dann in der Folge auch von der belangten Behörde gezogene Folgerung, der Beschwerdeführer habe selbst sein Fahrzeug ohne Entrichtung der Parkometerabgabe in der Kurzparkzone abgestellt, und versuche nur, diesen Umstand vor der Behörde zu verbergen, um sich selbst der Verantwortung zu entziehen, kann im Beschwerdefall aus den dargelegten Erwägungen im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zustehenden Kontrolle der Beweiswürdigung nicht als unschlüssig erkannt werden.
2.3. Gemäß § 1 Abs. 3 des Parkometergesetzblattes, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 47/1974 hat jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abstellt, die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten.
Gemäß § 4 Abs. 1 des (Wiener) Parkometergesetzes idF Landesgesetzblatt Nr. 30/1977, sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu S 3.000,-- zu bestrafen.
2.4. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt wird.
Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Schlagworte
Verwaltungsrecht Internationales Rechtsbeziehungen zum Ausland VwRallg12 Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der RechtswirkungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997170167.X00Im RIS seit
11.07.2001