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L37069 Kurzparkzonenabgabe Parkabgabe Parkgebühren Wien;Norm
KFG 1967 §103 Abs2 impl;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 96/17/0372 E 26. Jänner 1998Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des Dr. F, Rechtsanwalt in A, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 7. Mai 1996, Zl. UVS-05/K/38/00129/96, betreffend Übertretung des Wiener Parkometergesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Schreiben des Magistrates der Stadt Wien vom 28. März 1995 wurde der Beschwerdeführer unter Hinweis auf § 1a des Parkometergesetzes, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 47/1974, als Zulassungsbesitzer ersucht, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens Auskunft darüber zu geben, wem er ein näher bezeichnetes Fahrzeug am 18. Jänner 1995 um 09.26 Uhr überlassen gehabt habe; dieses Fahrzeug sei zu dem angegebenen Zeitpunkt in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Wien an einem näher bezeichneten Ort abgestellt gewesen.
Der Beschwerdeführer beantwortete diese Anfrage schriftlich dahin, daß er eine bestimmte Person (seinen Bruder) namentlich bezeichnete und als dessen Anschrift "derzeit Australien" angab.
1.2. Die Erstbehörde legte daraufhin in ihrer Strafverfügung vom 10. Mai 1995 (dem Beschwerdeführer zugestellt durch Hinterlegung am 30. Mai 1995) zur Last, er habe als Zulassungsbesitzer eines näher bezeichneten Fahrzeuges dem am 3. April 1995 ordnungsgemäß zugestellten Verlangen des Magistrats vom 28. März 1995 dadurch nicht entsprochen, daß die am 10. April 1995 erteilte Auskunft "unvollständig" gewesen sei; der Beschwerdeführer habe dadurch § 1a iVm § 4 Abs. 2 des (Wiener) Parkometergesetzes verletzt. Über ihn wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Der Beschwerdeführer erhob dagegen einen mit 11. Juni 1995 datierten und am 12. Juni 1995 bei der Erstbehörde eingelangten Einspruch.
In der Folge begründete der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 7. September 1995 (eingelangt bei der Erstbehörde am 8. September 1995) den erwähnten Einspruch dahin, daß sich sein Bruder auf einer mindestens zweijährigen Studienreise in Australien und Neuseeland befinde. Bei dieser Reise seien keine festen Aufenthalte eingeplant, sodaß nicht bekannt sei, wo sich der Bruder des Beschwerdeführers befinde. Eine genauere Angabe als "derzeit Australien" sei nicht möglich.
1.3. Mit Straferkenntnis vom 29. November 1995 (zugestellt dem Beschwerdeführer am 15. Dezember 1995) legte die Behörde erster Instanz dem Beschwerdeführer zur Last, er habe als Zulassungsbesitzer dem am 3. April 1995 ordnungsgemäß zugestellten Verlangen des Magistrats vom 28. März 1995 des näher beschriebenen Inhaltes dadurch nicht entsprochen, daß die am 10. April 1995 erteilte Auskunft "unvollständig" gewesen sei; der Beschwerdeführer habe dadurch § 1a iVm § 4 Abs. 2 des (Wiener) Parkometergesetzes verletzt. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Der Einwand des Beschwerdeführers, derzeit keine genaueren Daten bekannt geben zu können, gehe ins Leere, da er nach den Bestimmungen des § 1a des (Wiener) Parkometergesetzes - gegebenenfalls unter Führung entsprechender Aufzeichnugen - zur Auskunftserteilung verpflichtet sei. Die erteilte Lenkerauskunft habe sich daher als unvollständig erwiesen, der Beschwerdeführer den Tatbestand der Übertretung des § 1a des (Wiener) Parkometergesetzes verwirklicht.
In seiner dagegen erhobenen Berufung vom 26. Dezember 1995 (eingelangt bei der Erstbehörde am 27. Dezember 1995) verwies der Beschwerdeführer abermals darauf, daß ihm eine genaue, zustellfähige Adresse seines Bruders bekanntzugeben aus den bereits erwähnten Gründen unmöglich gewesen sei.
1.4. In der in Gegenwart des Beschwerdeführers am 26. März 1996 durchgeführten mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde führte der als Zeuge einvernommene Bruder des Beschwerdeführers an, daß er das verfahrensgegenständliche Fahrzeug nicht am Tatort abgestellt habe; er sei vom 21. Oktober 1994 bis zum 17. Oktober 1995 nicht in Wien und auch von seiner Anschrift in Wien abgemeldet gewesen. Er nehme an, daß dem Beschwerdeführer bekannt gewesen sei, daß er sich zum Tatzeitpunkt nicht in Wien sondern in Australien aufgehalten habe. Er habe sich alle zwei Monate telefonisch bei seinen Eltern gemeldet. Eine Anschrift in Australien habe er nicht bekanntgegeben.
Der Beschwerdeführer brachte in dieser Verhandlung vor, daß er zum Zeitpunkt der Auskunftserteilung davon ausgegangen sei, daß der Zeuge (sein Bruder) das Fahrzeug gelenkt habe, was dieser sehr oft getan habe. Eine Anschrift in Australien sei ihm nicht bekannt gewesen.
Am 29. April 1996 langte bei der Erstbehörde eine Stellungnahme des Bruders des Beschwerdeführers ein, in der er angab, daß ihm das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug "prinzipiell von Zeit zu Zeit" überlassen worden sei; am 18. Jänner 1995 habe er jedoch das Fahrzeug nicht in seiner "Verfügungsgewalt" gehabt. Die Lenkerauskunft des Halters sei daher unrichtig gewesen.
1.5. Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid der belangten Behörde vom 7. Mai 1996 gab diese der Berufung keine Folge und bestätigte das angefochtene Straferkenntnis mit der "Maßgabe", daß die Wortfolge "da die am 10.4.1995 erteilte Auskunft unvollständig war" entfalle.
Die belangte Behörde folgte im wesentlichen den Angaben des vernommenen Zeugen und kam so zur Schlußfolgerung, daß die vom Beschwerdeführer erteilte Lenkerauskunft vom 10. April 1995 unrichtig gewesen sei. Der Zeuge habe schlüssig dargelegt, daß er sich in der fraglichen Zeit in Australien aufgehalten habe.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht auf Nichtbestrafung nach § 1a iVm § 4 Abs. 2 des (Wiener) ParkometerG und in seinem Recht auf ordnungsgemäße Bescheidbegründung verletzt, behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, beantragt Bescheidaufhebung (nur) wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und führt in der Beschwerde auch nur den Beschwerdegrund der inhaltlichen Rechtswidrigkeit aus.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, erstattet.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
2.1. Der Beschwerdeführer bekämpft die Ansicht der belangten Behörde, daß die Erteilung einer unrichtigen oder einer unvollständigen Auskunft der Nichterteilung einer Auskunft gleichzuhalten sei. Es handle sich - nach Ansicht des Beschwerdeführers - "um zwei verschiedene Tatbegehungen, ob der Zulassungsbesitzer eine unrichtige oder eine unvollständige Lenkerauskunft erteilt". Die Behörde habe erstmals in der Verhandlung vom 26. März 1996 (offenbar durch die Zeugenaussage des Bruders des Beschwerdeführers) davon Kenntnis erlangt, daß eine "unrichtige Lenkerauskunft" vorliege; diese Tathandlung sei zu dem Zeitpunkt bereits verjährt gewesen.
2.2. § 1a des Parkometergesetzes, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 47/1974 idF Landesgesetzblatt für Wien Nr. 24/1987, lautet wie folgt:
"(1) Der Zulassungsbesitzer und jeder, der einem Dritten das Lenken eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges oder die Verwendung eines mehrspurigen Fahrzeuges überläßt, für deren Abstellen Parkometerabgabe zu entrichten war, hat, falls das Kraftfahrzeug oder das Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt war, dem Magistrat darüber Auskunft zu geben, wem er das Kraftfahrzeug oder das Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen gehabt hat.
(2) Die Auskunft, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten muß, ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnung nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen."
Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2 VStG) vorgenommen worden ist. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesbestimmung beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.
Nach dem oben erwähnten § 32 Abs. 2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung udgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.
2.3. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur insofern vergleichbaren Bestimmung des § 103 Abs. 2 KFG ist die Erteilung einer unrichtigen oder einer unvollständigen Auskunft der Nichterteilung einer Auskunft gleichzuhalten; es handelt sich hiebei nicht um voneinander zu unterscheidende strafbare Handlungen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1992, Zl. 91/02/0128, mwH). Der Vorwurf der Unvollständigkeit ist daher kein vom Tatbestand her gesehen wesentliches Merkmal. Die Verjährung wurde demzufolge durch die Strafverfügung vom 10. Mai 1995 fristgerecht unterbrochen. Es liegt aber auch kein gemäß § 66 Abs. 4 AVG unzulässiger Tataustausch vor, weil von der belangten Behörde die Tatumschreibung nur präzisiert wurde.
Der Beschwerdeführer bekämpft vor dem Gerichtshof aber nicht, daß seine auf die Aufforderung vom 28. März 1995 hin erteilte Auskunft unrichtig war, da er seinem Bruder den fraglichen PKW zum Tatzeitpunkt nicht überlassen hatte. Hinweise darauf, daß dem Bruder des Beschwerdeführers vor seiner Abreise nach Australien das Fahrzeug überlassen worden sei und dieser es an einen Dritten weitergegeben habe, sind dem Akt nicht zu entnehmen; eine derartige Behauptung hat auch der Beschwerdeführer weder vor den Verwaltungsbehörden noch vor dem Gerichtshof aufgestellt.
2.4. Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
2.5. Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war schon im Hinblick auf die bereits vor dem belangten Tribunal durchgeführte öffentliche mündliche Verhandlung auch nicht unter dem Aspekt des Art. 6 MRK erforderlich.
2.6. Der Ausspruch über den Vorlageaufwand beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
2.7. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996170345.X00Im RIS seit
26.11.2001