TE Vfgh Beschluss 1996/3/6 KI-13/95

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Veröffentlicht am 06.03.1996
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art138 Abs1 lita

Leitsatz

Zurückweisung eines Antrags auf Entscheidung eines Kompetenzkonfliktes zwischen einem Gericht und dem Unabhängigen Verwaltungssenat mangels Verneinung der Zuständigkeit durch das Gericht

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.1. Mit durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebrachtem Schriftsatz vom 23.10.1995 begehrt der Einschreiter, der zur Zeit aufgrund eines rechtskräftigen Urteiles des Obersten Gerichtshofes vom 2.7.1986 in der Justizanstalt Mittersteig eine lebenslange Freiheitsstrafe verbüßt, die Entscheidung eines negativen Kompetenzkonfliktes gemäß Art138 Abs1 lita B-VG zwischen dem Landesgericht für Strafsachen Wien und dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien.

Diesem Begehren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.2. Mit Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 18.10.1995 wurde das Begehren des nunmehrigen Antragstellers, der gestützt auf Art5 Abs4 iVm Art5 Abs1 lita EMRK und Art6 Abs1 PersFrG sowie aufgrund des Urteiles des EGMR vom 21.9.1993, Z29/1992/374/448, die Konventionswidrigkeit des Haftvollzuges behauptete, auf sofortige Entlassung aus der Strafhaft zurückgewiesen.

Diese Entscheidung wurde lediglich damit begründet, daß "sich der Verurteilte in rechtmäßiger Strafhaft befindet".

1.3. Am 1.12.1994 brachte der nunmehrige Antragsteller beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien je eine Beschwerde gegen den Leiter der Justizanstalt Mittersteig, den Bundesminister für Justiz, den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten, den Bundeskanzler und die Bundesregierung wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ein, in denen er - unter Berufung auf das schon genannte Urteil des EGMR - u.a. begehrte, seine (weitere) Anhaltung in der Justizanstalt Mittersteig für rechts- und konventionswidrig zu erklären und der (jeweils) belangten Behörde aufzutragen, ihn sofort zu entlassen.

Diese Beschwerden wurden mit Bescheiden vom 6. und 7.12.1994 gemäß §67 c Abs3 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

Die Bescheide wurden im wesentlichen damit begründet, daß das Urteil des Obersten Gerichtshofes, das die Rechtsgrundlage für die Anhaltung des Beschwerdeführers bildet, weiterhin dem Rechtsbestand angehöre, weshalb die die Haft ausführenden Verwaltungsorgane auf Anordnung des Gerichtes tätig seien, sodaß es sich bei der bekämpften Anhaltung nicht um einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt handle. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien sei daher zur Prüfung der Rechtmäßigkeit dieser Anhaltung nicht zuständig.

Die Behandlung der gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 15.3.1995, B44- 48/95, abgelehnt. In weiterer Folge sind sie aufgrund eines nachträglichen Antrages an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten worden.

2. Der Antrag ist unzulässig.

Ein verneinender (negativer) Kompetenzkonflikt iSd Art138 Abs1 lita B-VG liegt vor, wenn zwei Behörden in derselben Sache angerufen wurden und beide Behörden die Entscheidung in der Sache abgelehnt haben, aber eine zu Unrecht (VfSlg. 2429/1952, 4554/1963, 6046/1969). Die Voraussetzungen für einen verneinenden Kompetenzkonflikt liegen jedoch nicht vor, wenn eine der angerufenen Behörden den gestellten Antrag nicht wegen Unzuständigkeit, sondern deshalb abgewiesen hat, weil dem Antragsteller die Legitimation fehlt, die Aufhebung eines bestimmten ihm gegenüber in Rechtskraft erwachsenen Verwaltungsaktes zu begehren (VfSlg. 383/1925).

Wie sich aus dem Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 18.10.1995 ergibt, hat sich das Gericht nicht für unzuständig erachtet. Es hat vielmehr den Enthaftungsantrag deshalb zurückgewiesen, weil es die Strafhaft, in welcher sich der Verurteilte befindet, als rechtmäßig qualifizierte. Es ging damit, auch wenn es das nicht im Detail ausgeführt hat, davon aus, daß dem Begehren des Antragstellers aufgrund des vorangegangenen, mit Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 2.7.1986 rechtskräftig beendeten Strafverfahrens keine Berechtigung zukomme. Es hat folglich - der Hinweis darauf, daß sich "der Verurteilte in rechtmäßiger Strafhaft" befindet, ist eindeutig - lediglich die Legitimation des Antragstellers zur Stellung eines Enthaftungsantrages, nicht aber seine Zuständigkeit verneint (vgl. VfGH 27.11.1995 KI-11/95).

Da somit eine Behörde ihre Zuständigkeit nicht verneint hat, liegt schon deshalb ein verneinender Kompetenzkonflikt nicht vor. Der Antrag war daher zurückzuweisen, ohne daß zu prüfen war, ob weitere Zurückweisungsgründe vorliegen.

3. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Kompetenzkonflikt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1996:KI13.1995

Dokumentnummer

JFT_10039694_95K0I013_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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